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Friedrich von Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

[1] Dreßden den 18ten Novemb[er] 1794.
Dein Unmuth, liebster Wilhelm, über unsre mislungne Plane schmerzt mich ungemein; ich kann nicht eher ruhig seyn, als bis es auf eine oder andre Weise gelungen ist. Ich wünschte daß Du Dich gleich wieder mit neuen Planen beschäftigtest, um Dich nicht von der Hoffnung zu trennen. Findest Du es aber nicht der Mühe werth, meinen neulichen Vorschlag in ernstliche Ueberlegung zu nehmen? Entschließe Dich nach Deutschland zurückzukehren, und Euer Wille ist erreicht. Zerschneide die Schwierigkeiten, die sich nicht lösen laßen. Karoline ist in Gotha nicht zufrieden. Gut! Aber wo findet sie es iezt beßer, nur so gut? Sie hat wahre Freunde da und Gotha ist ziemlich wohlfeil. Wärest Du in ihrer Nähe so würde sie es gewiß ertragen können. Jena hätte für Dich sehr viel vortheilhaftes. Für alle Deine litterarischen Unternehmungen wärest Du am rechten Orte; selbst mit den Buchhändlern kann man von da aus sehr gut in Verbindung kommen. In dieser Rücksicht hätte es unläugbare Vorzüge vor Dr.[esden] selbst; noch in einer andern. Zwar ist es hier nicht theuer, aber in Jena ist es bekanntlich ganz unerhört wohlfeil. Gefällt es Dir nicht, so bist Du gar nicht gebunden, und suchst Dir einen andern Wohnort in der Nähe. Du findest dort Humbold. Du hast Weimar ganz in der Nähe, also Herder und Göthe. Hast Du nachher Plane für andre Orte, wie Braunschweig, so bist Du nicht so entfernt als in Amsterd[am], selbst nicht als in Dreßden. Du findest keine Kunstsammlungen aber eine schöne Natur in Jena, Du kannst in Gotha seyn, wann und wie und wie lange Du willst. Es kann Dir nicht schwer werden, von Jena aus, mit allen Journalen oder gelehrten Zeitungen, an denen Du Theil nehmen willst, in Verbindung zu treten, [2] für Deine eigne Arbeiten Verleger zu finden, und zu Uebersetzungen. Wenn Du Dich mit den leztern einlaßen willst, so kannst Du gewiß sehr viel damit verdienen, und das ist gewiß eine erträglichere Beschäftigung als Deine ietzige. Du bist doch frey, Du kannst thun und laßen was Du willst, Du bist Dein, Dein eigen. Ich glaube Du bist wegen des Geldes zu ängstlich; was sind die 1 000 Fl. jährlicher Gewinn dagegen, daß Du hier mit jedem Jahre für künftige Aussichten vorwärts, dort rückwärts gehst. Aber auch für Dich, für Deine Zufriedenheit ist der Aufenthalt dort so peinigend und so verderbend, daß Du ihn nicht länger ertragen darfst. Du wirst einwenden, daß Du doch nicht in einem Orte mit Kar.[oline] bist: wer hindert Dich, Monathe lang in Gotha zu seyn. Selbst in Jena bist Du doch sehr nahe. Häufiges Wiedersehn ist doch beßer als völlige Trennung. Ja ich sehe nicht ein, warum Du nicht einmal ein halbes Jahr in Gotha leben könntest. Gefällt es Dir in Jena nicht, so ziehst Du nach Weimar. Ich rathe Dir ohne alle Rücksicht auf mich; selbst ohne Rücksicht auf Kar.[oline] würde ich Dir rathen <müßen> zurückzukehren, und die Vorzüge von Dreßden und Jena würden sich so sehr die Wage halten, daß ich vielleicht für das lezte eher entscheiden würde. – Schreibe mir bald, was Du beschließest: es wäre auch beßer Deine Klagen auszuschütten, als sie in Unmuth zu verschließen: iezt aber ist gar nicht die Zeit zu Klagen, sondern einen schnellen Entschluß zu faßen. Ich bitte Dich recht sehr, mir Deine Gedanken, Deine neuen Plane, Dein Urtheil über meinen Vorschlag bald mit zutheilen. – Noch einen Einwurf wirst Du oder Kar.[oline] vielleicht machen. Nehmlich wenn Du auf etwas längere Zeit in Gotha [weilst], so wird [3] das für ihre Verbindungen und Lage unangenehme Folgen haben. Allein Ihr mögt Euch sehen, wo Ihr wollt, so wird man darüber sprechen; am meisten gewiß dann, wenn sie nach Holland zu Dir reißt. Das lezte muß auf Ihre Familie sehr übel wirken; und das Urtheil ihrer Familie ist denn doch das einzige <Urtheil> was einige Rücksicht verdient. –
Du wirst nun meine beyden Aufsätze schon haben – und ich sehe mit Begierde Deinen Bemerkungen und Kritiken entgegen. Wenn Du auch Deine Griechische Gelehrsamkeit vergeßen hättest (wie Dein Brief doch das Gegentheil beweißt) so bleibt noch ein großes Feld zu Erinnerungen übrig; die ganze Art der Behandlung, die philosophischen Behauptungen, Gesichtspunkte und Resultate, die aesthetischen Urtheile (an welchen sich auch ohne das Werk, worüber geurtheilt wird zu kennen, viel tadeln läßt) der Styl endlich, Sprache, Zusammenhang, Stellung, Haltung des Ganzen. In den beyden lezten Rücksichten bitte ich Dich besonders den Aufsatz über die Komödie zu prüfen; vielleicht hat mein Styl seit der Zeit schon gewonnen, aber die Kritiken werden mir doch immer nüzlich seyn. In dem andern Aufsatz ist der Styl zu schlecht, um eine umständliche Kritik zu verdienen. Ueber den Inhalt habe ich einen weitläuftigen nicht unintereßanten Brief von Humbold vor mir. Ich verspreche mir eine intereßante Korrespondenz mit ihm, weil er sich auch ganz mit dem Studium der Griechen beschäftigt. – Jezt bin ich mit <der Ausarbeitung von> drey größern Abhandlungen beschäftigt; über das Studium der Griechen, über das Studium der Griechischen Poesie (dieß wird fast ein kleines Buch werden) und Beurtheilung des Aeschylus, Sophokles, Euripides. Ich werde Alles für Dich abschreiben, und hoffe bald [4] etwas zu schicken; aber mit der Hand mußt Du Nachsicht haben, denn ich muß sehr eng schreiben, damit das Porto nicht zuviel wird. – Ich behalte mir vor über das Zeitalter des Homer umständlich zu antworten, wenn ich an die Ausarbeitung dieser Zeit kommen werde. Jezt, ehe ich den Eustathius gelesen, wäre es voreilig zu entscheiden, und eine Meynung zu wählen. Du hast die Gründe für und wieder mit großer Klarheit dargestellt; ich neige noch immer dahin, ihn vor die Rückkehr der Herakl.[iden] zu setzen. Es ist in ihm noch keine Spur von dem Nationalhaße und der Charakterverschiedenheit der Jonier und Dorier, und ich finde doch wahrscheinlich, daß der Anfang von beyden so hoch hinaufgeht, als die Rückkehr der Herakliden und die Jonische Wanderung. Sein <gemischter> Dialekt ist auch in der Zeit am erklärlichsten, da die Stämme selbst gemischt, noch nicht auf immer getrennt waren, und sich gegenseitig haßten. Das ganze Alterthum sezt den Hesiodus ohngefähr zu seiner Zeit, bald vor bald nach ihm; seine Fabel und sein Ton ist jonisch, und läßt sich also nicht gut nach der Rückkehr der Herakl.[liden] setzen, wo Boeotien dorisirt wurde. Homer scheint von Kultur in dem eigentlichen Jonien so gar nichts zu wißen, die Art wie er die höchste Cultur unter den Griechen nach Thessalien und Argos legt, scheint sich auf unmittelbare Ansicht zu gründen, und nicht eine Versetzung in vorige Zeit, nachdem der Zustand verändert war. Es ist höchst wahrscheinlich, daß der trojanische Krieg sehr früh ist besungen worden. Homer läßt selbst den Demodokus Gegenstände daraus besingen, und zwar [5] als etwas gewöhnliches. Ulyß sagt ihm, er sänge das ὡς τε που η αυτος παρεων η αλλου ακουσας.
An einer Stelle die ich iezt nicht finden kann, deren ich mich aber sehr deutlich erinnre sagt er ‚der neuste Gesang ist der beste, oder liebsteʻ. Wir finden im Homer allenthalben eine Sängerzunft verbreitet (αοιδοι). War er nicht einer von diesen? Wenn es also außer Asien auf dem festen Lande eine Sängerzunft <zur Zeit des trojanischen Kriegs und gleich nachher> gab, was war natürlicher als daß sie diesen Krieg besangen? – Ist es wohl wahrscheinlich, daß Homer seine <bewunderungswürdig> genaue Länderkunde und Völkerkunde <blos> aus andern nahm (besonders wenn nicht Schrift, sondern nur Sage statt fand) ist es nicht höchst wahrscheinlich, daß er selbst sehr viel reißte? – Der Kampf der beiden Stämme, das allgemeine Wandern, der Kampf zwischen der Caziquen-Verfaßung, die sich in Homer findet, und der republikanischen, muß sehr unruhig gewesen seyn, die Kultur etwas zurückgeführt haben, auch eine Trennung zwischen Asien und dem festen Lande veranlaßt haben, mit der sich das Umfaßende und Ruhige der Homerischen Sage nicht verträgt. – Ich finde nicht wahrscheinlich daß die Jonier erst hinterdrein in Asien sollten den trojanischen Krieg besungen haben. Es ließe sich manches dafür sagen, daß sie Homers Gedichte vom festen Lande mitgebracht hätten, und nachher erst alle die Sagen von seiner Geburth ersonnen. Daß er auf dem festen Lande verlohren gieng, läßt sich wohl erklären, die Nationen, welche am meisten Ruhm bey dem Troj[anischen] Krieg erwarben, wurden vertrieben (nahmen ihn mit). Allgemeine Unruhen und Fehden; die neuen Ankömmlinge, auch die Athenienser hatten <im Vergleich> wenig <oder gar keinen> Antheil am Troj.[anischen] Zuge genom[6]men; die Dorier waren weit roher als die Stämme die sie vertrieben, und auch nachdem sie sich bildeten, war ihr Genie gar nicht episch. – Ich möchte Einwendungen dagegen machen, daß die Jonische Kultur die älteste Griechische sey. Ich finde die Meynung wahrscheinlich, welche die allerälteste nach Thracien legt (Sage von Orpheus pp. Namen der ältesten Musensitze pp. cfr. Heyne). Es folgt eine zweite* in Thessalien und vorzüglich in Argos, im Peloponeß; diese scheint mir bewundernswürdig mit dem Homer zu harmoniren; es ist, möchte ich sagen die höchste Kultur von Wilden, die Blüthe der Griechischen Ritterzeit. Es ist sogar keine Spur in ihm von der ganz neuen Art von Kultur, welche die Jonier nach ihrer Wanderung in Kl.[ein-]Asien erreichten, eine städtische, republikanische. Sie hatten einen großen Vorsprung vor dem festen Lande, waren früher gebildet, und ihre Bildung war überhaupt weit umfaßender, als die Dorische; allein es muß doch ein beträchtlicher Zeitraum nach der Wanderung verfloßen seyn, da ihre ältesten Erfindungen weit später angesezt werden, und da sich auch denken läßt, daß Zeit dazu gehörte, eine ganz neue Form anzunehmen. Doch genung über einen Gegenstand, über welchen das alles noch zu voreilig ist, weil ich die Quellen noch nicht ganz kenne, ja den Homer selbst in dieser Rücksicht noch nicht ganz durchgelesen habe. – Homer vor die Rückkehr der Herakliden und doch nach Klein-Asien zu setzen, scheint mir wieder[7]sprechend. Aber sollte auch diese Schwierigkeit so groß seyn? Auf die Geburth kömmt nichts an, da wir doch einmal annehmen müßen, daß er weit gereißt sey und an vielen Orten verweilt habe, welches auch für einen αοιδος keine üble Lebensart ist, wenngleich es zuweilen schlechte Kost sezt. – Laß ihn also auf den Inseln gebohren seyn, wo es gewiß auch vor der Rückkehr der Herakliden ja selbst vor dem Trojan.[ischen] Kriege einzelne Griech.[ische] Stämme gab; die Frage ist; wo er sich bildete, wo er etwa Meister und Vorbilder fand? – Endlich könnte man sagen, die Homeriden ließen ihn sämtlich in Jonien gebohren werden, weil sie alle Jonier waren, jeder in seiner Stadt. – Nur noch einige Fragen; welches ist die Stelle in der Odyßee, ‚wo man deutlich die Nadel des Kritikers bemerkt, womit er die Lücke zustopfteʻ? Warum nennst Du den Hymnus auf die Afrodite so gradezu nicht-Homerisch? Ich fühle wohl im 24ten Buche der Odyßee etwas Unrechtes, allein ich wünschte bestimmt die Gründe, warum man es für unächt hält? Hat unter den Alten jemand diese Meynung schon gehabt? Ich gebe gern zu daß die Ordnung der Il.[ias] und Odyßee nicht vom Homer herrührt, oder vielmehr daß wir durchaus nicht wißen können, wie willkührlich die Wiederhersteller dieser Ordnung verfahren sind, wenn sie wirklich nur Wiederhersteller waren. Allein das kann ich nicht wahrscheinlich finden, daß jene Gedichte nicht von einem Manne herrühren sollten. Die innere Bestandheit ist so groß, die Einheit des Werks [8] deutet so sehr auf die Einheit des Urhebers, daß ich bey dieser Meynung verbleibe, bis auf die bestimmtesten Beweise vom Gegentheil. Sage mir, würdest Du bey gleicher Unsicherheit der Zeugniße, nicht dennoch die Divina Comedia für das Werk eines Mannes halten? – Es gab eine große Menge solcher Barden, eine große Menge solcher Sagen unter den Griechen. Gut! Allein die Meynung aller Griechen stimmt dahin überein, daß einer unter diesen αοιδοις an Genius über alle andren hervorragte. Die Il.[ias] und Od.[yssee] mußte sich doch wunderbar deutlich von andern Liedern unterscheiden, daß ihr Ruhm alle andern so sehr verdrängte, und daß Aristoteles, Zenon, Strabo pp., welche nur diese beyden und den Margites für ächt hielten, so unzählige andre Werke, die ihm beygelegt wurden, verschieden von jenen fanden. Endlich stimmt aller Meynung überein, daß Homer und Hesiodus in der Mythologie, Epoche gemacht; das ist auch an sich gar nichts unwahrscheinliches. Die Il.[ias] und Od.[yssee] zeichnete sich vor andern epischen Gedichten, die z. B. dem Thucydides und Strabo bekannt seyn mußten, durch die größte geographische und historische Genauigkeit und innre Consistenz in dieser Hinsicht aus, indem er sich in solchen Datis nie wiederspricht. Genauigkeit ist nun wohl nicht grade das Werk einer Reihe von Barden, die jeder der Sage etwas zusetzen (da ließe sich eher erwarten, daß Alles ins Wunderbare stiege, geographische Widersprüche, Anachronismen u.s.w.) es ist aber wohl das Werk eines Mannes von großen Fähigkeiten, Erfahrung und nach Art seiner Zeit, von großen Kenntnißen.
[9] Die Geographie treibe ich sehr ernstlich; mit dem Strabo bin ich bald fertig. Ich lese dabey viel Reisebeschreibungen, finde aber in wenigen viel Brauchbares. Wenn sie nur alle so schön schrieben, wie Savary. Es sind Briefe in ihm, wie schöne Gedichte – ein schwermüthiger, gedankenvoller Seufzer an den Ruinen der Vergangenheit – ein wollüstiger Athemzug der lebendigern Luft, ein Blick unter freyerem Himmel – mit der größten Einfachheit und Tiefe dargestellt. – In Münters Reisen nach Sicilien finde ich manches Gute. Kanntest Du ihn in Göttingen? – Noch möchte ich Dich bitten, mir aus Deinen Reminicenzen etwa mitzutheilen, was Du von den Achäern erforscht hast. Strabo erklärt sie für Aeolier. Näherten sie sich nun mehr den Jonischen oder den Dorischen Sitten? –
Es fällt mir aber noch ein kleines Argument ein, welches meiner Meynung vortheilhaft ist; es findet sich gar keine Spur, daß die Jonier in dem damaligen Aegialos nachherigem Achaja, und selbst in Attika sehr hohe Kultur (im Vergleich mit Argos, Thessalien, Boeotien) gehabt hätten? Woher hätten sie also diese unmittelbar nach ihrer Wanderung erlangen sollen? Wenn gleich ihre Lage es sehr begreiflich macht, daß sie sie bald erlangten, Verkehr mit mehr gebildeten Völkern, Handlung, Schiffarth pp. Mein Resultat ist also, Homer ist kein Jonier sondern ein Achäer, auch sind ja seine Gedichte nicht zum Ruhme der Jonier sondern der Achäer gesungen. Allein freylich nehme ich eine große Aehnlichkeit der Sitten und des Tons unter beyden Nationen an. –
Gestern wurde ich verhindert, Dein Blatt zu Becker zu bringen; es wird heute geschehen. Mit dem Gedichte wirst Du ihm gewiß ein großes Geschenk machen. Das weiß ich schon im voraus. Du weißt doch daß [10] Schiller auch einen Almanach herausgeben wird? bey einem Juden, der vielleicht auch mein Verleger wird. Körner sagte mir neulich, daß Sch[iller] sehr auch auf Dich dabey rechnete: Humb.[oldt] wird wohl an Dich deshalb schreiben. Er meldet mir, daß er im Begriff gewesen sey, an Dich zu schreiben, er verlangt Deine Addreße welches mich Wunder nimmt, da er sie ja wißen muß. –
Verzeih mir ja, daß ich deine gelehrten Anfragen noch nicht beantwortet habe. Es geschieht gewiß in meinem nächsten Briefe. Allein glaube nur, daß es nicht aus Nachläßigkeit geschehn ist. Damit Du siehst, daß dieß die Wahrheit ist – ich bin seit ich hier bin, erst einmal auf der Bibliothek gewesen, und habe mir Alles was ich brauchte hohlen laßen, weil ich dem Aufwärter ein gutes Trinkgeld geben muß, indem er den Sommer Wege für mich gehabt hat, und ich das noch nicht habe machen können. Ich brauche sehr wenig, aber doch etwas, ich muß für Wohnung, Holz und Aufwartung und Wäsche sorgen und außerdem noch Advokaten bezahlen. Das Geld von meiner Mutter ist iezt völlig zu Ende. Aus den Journalen wird so sehr spät nachbezahlt: von der Berlin[er] Monathsschr.[ift] werde ich wohl nichts bekommen, von der Thalia wenigstens kein Geld, weil ich noch eine Bücherschuld bey Göschen habe. Mit dem Verleger zieht sichs auch in die Länge, und er wird mir gewiß nichts vorausbezahlen wollen. Was mich dabey ängstigt ist meine Schwester. Du weißt wie schwer sie zu überreden ist, und ich habe schon iezt alle mögliche Mühe sie zurückzuhalten, daß sie nicht an die Mutter um Geld für mich [11] schreibt. Dieß wäre mir die größte Kränkung. Kannst Du mir noch einen kleinen Zuschuß geben, so würde ich ruhig seyn können; sonst fürchte ich, daß sie an meine Mutter schreibt, <welches ich dann gar nicht hindern kann.> Wenn Du mir könntest 4 Ducaten schicken, so würde es für meine Bedürfniße wohl hinreichen, bis ich Geld bekomme. Sachen habe ich eben nicht zum verkaufen, um mir damit zu helfen; und geliehen kann ich hier nichts bekommen. – Kannst Du es aber, so bitte ich Dich es bald zu thun, da es besonders für die nächste Zeit Noth thut; nach Weihnachten muß ich vom Verleger schon etwas haben.
Ueber meine litterarische Plane in der folgenden Woche. – Wenn Du meine Aufsätze genung gelesen hast, so könntest Du sie gelegentlich nachher an Karl schicken. Könnte ich Dir alles M[anu]script mittheilen, was ich habe, um Dir eine vollständige Uebersicht zu verschaffen.
Lebe wohl und schreibe mir bald wieder.
Friedrich Schlegel

Meine Addreße ist: Neustadt, am Kohlmarkte nro. 20 drey Treppen hoch.
[12]
[6]
* Zunächst ist zwar Homer selbst die Quelle dieser Behauptung, aber die ganze Sage, und die Griech.[ischen] Gelehrten (Strabo, Thucyd[ides]) stimmen dahin überein, Macht, und höhere Kultur um die Zeit des Trojanischen Krieges (auch kurz vor und nach) zu setzen, und zwar grade eine solche Kultur, als Homer darstellt, und als er selbst scheint genoßen zu haben. –
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  • Date: Dienstag, 18. November 1794
  • Sender: Friedrich von Schlegel ·
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel ·
  • Place of Dispatch: Dresden · ·
  • Place of Destination: Amsterdam · ·
Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 23. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Bis zur Begründung der romantischen Schule (15. September 1788 ‒ 15. Juli 1797). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Ernst Behler u.a. Paderborn u.a. 1987, S. 211‒217.
Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-1a-34222
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.24.b,Nr.58
  • Number of Pages: 11 S. auf Doppelbl., hs. u. U.
  • Format: 18,8 x 11,6 cm
Language
  • German

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