[1] Deine Rec.[ension] der Preisschriften über Klopstock habe ich endlich gelesen, und zwar mit höchlichem Ergötzen. Es ist auch Grazie darin, aber von der furchtbaren. Wenigstens glaube ich daß es den Autorinen, die das Wetter dießmal getroffen hat, etwas Seelenkolik machen wird. – Aber [ist es] nicht immer – wenigstens so lange fortgesetzt –sündlich, solche Form an solchen Stoff zu verschwenden? – Was wird der Altvater sagen?
Tieck habe ich wegen der Volksmährchen einen Wink gegeben. Er will sie Dir schicken, und so wird er Dir wohl endlich auch schreiben, was nur aus Faulheit nicht geschieht. –
Nun zur Hauptsache, vom – von der noch ungetauften großen Tagesangelegenheit. Unter all Euren Titelvorschlägen scheint mir keiner recht acceptabel. Gegen Dioskuren hätte ich weiter nichts – Aber? – wie verschieden doch die Gefühlsarten sind. Mir scheint Herkules ordentlich kindlich bescheiden gegen Dioskuren: denn das nähmlich können wir doch nicht mit auf den Titel setzen. – Wählt Ihr, und entscheidet. Mythologische Nahmen scheinen mir für ein Journal, dessen Inhalt oder Stoff <gar> nicht bestimmt seyn soll (denn sonst sind dergl.[eichen] Nahmen phil.[osophische], krit.[ische] Journale, Blätter pp. natürlich das Beste), das zweckmäßigste. Schleyermacher meynte Parzen, weil doch wohl mancher litterarische Lebensfaden darin [2] würde abgeschnitten werden. Ich dächte dieser Einfall verdiente Eure ernsthafte Ueberlegung.
Reichardt macht sich so unnütz gegen mich, daß ich ihm den Beschluß des Lessing auf keinen Fall geben kann und will. Da nun doch der Beschluß so bald als möglich erscheinen muß, so müßt Ihr schon, wenn ihr auch sonst was dagegen hättet, aus der Noth eine Tugend machen, und zugeben, daß derselbe in die beyden ersten Stücke kommt. Wenn Du nichts dagegen hast, so laß doch folgendes ins Intell.[igenz]-Blatt der A.[llgemeine] L.[itteratur] Z.[eitung] setzen:
Den Lesern des bey Unger herauskommenden Lyceums zeige ich hierdurch an, daß der Beschluß des von mir im 2ten Stück angefangenen Aufsatzes über Lessing in diesem Journal nicht erscheinen kann, weil ich mit dem Herausgeber nicht mehr in Verbindung stehe.
Berlin. Den 28.ten Novemb.[er] 97. Friedr. Schlegel.
Ihr müßt aber Gründe haben, wenn Ihr sie nicht wollt abdrucken lassen. –
Ich bin nun mit dem <im Reinen>, was ich für die ersten beyden Stücke geben kann und will. 1) den Beschluß des Lessing 2) Vier Briefe über Wilhelm Meister 3) Fragmente. Ich denke hier auch ein großes Fragm.[ent] über Fichte vielleicht auch eins über Kant (– [3] die Rec.[ension] s.[einer] kl.[einen] Schr.[iften] intereßirt mich sehr: ich hoffe sie soll gut und auch bald fertig werden) – zu geben. Ueberhaupt fürchte ja nicht Monotonie und zu große Aehnlichkeit mit den vorigen. Auch denke ich sollen mehr Früchte drin seyn, und weniger bloße Blüthen, worauf Du mich aufmerksam gemacht. Doch was Deinen Satz betrifft, den Du auch nur behauptest: behaupten sey leichter als beweisen: so bin ich nicht Deiner Meynung und getraue mich wohl das Umgekehrte beweisen zu können. In der Jurisprudenz mag es seine Richtigkeit haben: aber in der φ ist gewiß das Behaupten das schwerere, wenn beydes gleich gut geschehen soll. Nichts ist gewöhnlicher als recht gute Demonstrazionen, die nichts helfen, weil sie an schlechte Behauptungen verschwendet sind. Kant und Leibnitz behaupten: Reinhold und Wolf beweisen, Cʼest tout dire. – Fichte behauptet wenn er am meisten Fichte d. h. am meisten φ ist: er demonstrirt wenn er den Professor oder den Autor spielt*). Ich halte Demonstrazionen nur für einen Luxus oder für eine Etikette der Wissenschaft. Doch hat wohl auch hier wie in der Kunst, die επιδειξις der Virtuosen ihren rechtmäßigen Platz. Nur muß sie nicht alles seyn wollen, sonst entsteht Alexandrinismus. –
[4] Was ich letzthin von ein paar philos.[ophischen] Kleinigkeiten schrieb, war natürlich auch nur επιδειξις, ich meyne Scherz, wiewohl ich in der Folge Ernst daraus zu machen denke. So habt Ihrʼs auch wohl verstanden. Zum Anfange taugt das nichts. Dagegen ist mir aber der Gedanke gekommen, daß es gut seyn könnte, von einer Reihe analistischer Rhapsodien über die Philosophie der Tage die erste (die nicht sehr lang <zu> werden braucht, etwa 1½–2 Bogen) in die Ouvertüre der Parzen zu geben. – Ich habe vorher (ehe das Journal verabredet war) schon lange einen Gedanken gehabt, so etwas zu schreiben, wie Schelling in s.[einer] Uebersicht eigentlich schreiben sollte, aber nicht schreibt. Ich meyne Annalen der φ, die ich in Allmanachsform zu bringen dachte. – So ists aber viel besser. Es soll das populärste seyn, was ich schreiben will, und das freyste unter dem zusammenhängenden. Ich denke ihm ganz die Form von Rhapsodien zu geben. Der Titel wäre etwa: Historische Ansichten der Philos.[ophie]. Erste Rhapsodie pp. – An kritischem Geist und Universalität hoffe ich wohl Schelling auch allein zu übertreffen. Um jedoch das höchst mögliche, besonders in Rücksicht auf [5] die letzte zu erreichen, und zugleich um meine Ideen von Symphilosophie auf diese Art <etwas> zu realisiren, sollte mir Schleyermacher helfen, und ich werde auch Hardenberg dazu auffodern. Ich würde natürlich das Ganze redigiren. –
Von Schleyermacher kannst Du Dir leicht eine unrichtige Vorstellung aus den hingeworfenen Worten von mir gebildet haben. Was aber das Paradoxe betrifft, bin ich nicht Deiner Meynung, und ich glaube die Erfahrung setzt es außer Zweifel, daß nur die mittlern Grade der Paradoxie unpopulär sind, die höchsten aber wieder absolut populär. Siehst Du nicht, daß schon Fichte wieder populär wird? Daß seine Paradoxie und seine Popularität in gleichem Verhältnisse zunehmen? – Daß Schl.[eyermacher] Popularität haben kann, ist ein Faktum. So haben mir viele Philister ihn, als einen sehr guten Prediger gerühmt. Denke Dir ja nicht, daß seine Paradoxie so mit der Thüre ins Haus fällt, wie meistens meine. Es ist ihm überall ein gewißer leiser Gang eigen, worin er mit Hülsen große Aehnlichkeit hat, den er aber an dialektischer Kraft weit übertrifft, die recht Fichtisch bey ihm ist. – Er liebt auch die kühnen Kombinazionen, [6] worin er aber weit mehr Hardenberg als mir gleicht. Vor der Hand kann er wohl nichts schreiben als Rhapsodien; aber in diesen hat er auch, was mir in dieser Gattung eigentlich das Höchste zu seyn scheint, den großen Wurf, und den unaufhaltsamen Strom. – Aber schreiben! Ach lieber Freund, Du darfst leider nicht besorgen, daß er zu viel <thätigen> Antheil an unsrer Sache nehmen würde! Denn das ist sein Hauptfehler, daß er kein rechtes Interesse hat, etwas zu machen, obgleich ers kann: aber hier gilts: denken ist leichter als machen. Ich treibe und martre ihn alle Tage, wo ich ihn sehe. –
Was er uns geben kann, ist freylich sehr beschränkt; aber ich weiß, daß es auch in seiner Art vortreflich seyn wird. Was ich von ihm außer den Beyträgen zu meinen Annalen der Philos.[ophie] <vor der Hand> erwarte, ist bloß eine Recension von Kants Metaphysik der Sitten. Sie wird gewiß an Gründlichkeit und Strenge ihres Gleichen suchen, und gewiß eine ungemeine [7] Popularität haben, d. h. großen und allgemeinen Effekt. Daher wünschte ich sehr, daß ich sie noch zeitig genung erhielte zu den beyden ersten Stücken, da sie allerdings zu dem eclat, mit dem wir auftreten müssen, auch das ihrige beytragen könnte. <Da ich sehr viel mit ihm darüber gesprochen und auch ein bedeutendes Stück, was dazu gehört, geschrieben gesehn habe; so wirst Du meinem Urtheil wohl etwas trauen dürfen.>
Schl.[eyermacher] ist ein Mensch, in dem der Mensch gebildet ist, und darum gehört er freylich für mich in eine höhere Kaste. (Tieck z. B. ist doch nur ein ganz gewöhnlicher und roher Mensch, der <ein> seltnes und sehr ausgebildetes Talent hat). Er ist nur drey Jahr älter wie ich, aber an moralischem Verstand übertrifft er mich unendlich weit. Ich hoffe noch viel von ihm zu lernen. – Sein ganzes Wesen ist moralisch, und eigentlich überwiegt unter allen ausgezeichneten Menschen, die ich kenne, bey ihm <am meisten> die Moralität allem andren.
Vom D[on] Q[uixote] bin ich ganz zurückgetreten. Vielleicht ists in so fern recht gut, weil ich doch nicht Ausdauer genung gehabt hätte, so <in> einem Ton vier dicke Bände durchzuübersetzen. –Tieck, <der wie Du sagst, gewiß der rechte Mann dazu ist>, war blos aus Bescheidenheit zurückgetreten, weil er glaubte, ich wollte [8] die Uebersetzung machen. Er wird nun vielleicht mit Eschen rivalisiren, dem Du aber davon ja nichts sagest. Gegen Unger habe ich meine Pflicht gethan, ihn hinlänglich gewarnt, auch <im Vertrauen> mitgetheilt, was Du im Ganzen von Eschens Versuch erwartetest. – Tieck spricht oft vom gemeinschaftlichen Journal, und vielen Planen dazu: besonders von etwas in der Form ganz freyem über alte Englische Poesie. Sehr gute Kenntnisse hat er von dieser. Indessen denke ich warten wir ab, was er über Sh.[akespear] in das Lyc.[ceum] geben wird. Daß er nach einer kurzen Uebung in der Kritik ungefähr eben so viel leisten wird, als in der Poesie, ist mir nicht unwahrscheinlich. Ich habe ihm gesagt, er soll seine Plane nur erst recht formen: zum Druck fände sich dann leicht ein Platz. Vielleicht könnte ich ihm auch einen anweisen, wo er seinen Beytrag nicht ungern hingeben würde. – Es kömmt nur auf Dich an, ob ich ihm etwas von unserm Vorhaben mittheilen darf, oder noch nicht, bis Du etwa [9] einen kritischen Aufsatz von ihm gelesen hast. Ohne Absicht spricht er wohl nicht so oft davon.
Noch eins. Auf dem Titel muß nicht bloß stehen, Herausgegeben von <W.[ilhelm] und F.[riedrich] S.[chlegel]>, sondern gleich von W.[ilhelm] und F.[riedrich] S.[chlegel]. Denn es ist ja der eigentliche Charakter unsres Journals, daß wir es zugleich herausgeben, und es auch in der Regel ganz verfassen.
Ich bin doch eigentlich seit einem Jahre in der Lage, wie Goethes Wilh.[elm], da er den Sh.[akespear] las. Ich kann das Geistergedränge nicht recht zur Ruhe bringen. – Das beschwert mich nicht: es macht mich ordentlich unglücklich. – Etwas froh werde ich seyn, wenn ich das große Werk heraus habe. Es gehet doch nichts darüber, so ein Werk zu bilden worunter man im Gedanken εποιει setzen kann. Ich bin fest entschlossen, auch meine alten Pläne über Röm.[ische] Gesch.[ichte] insofern zu ändern, daß ich ein System draus mache, wenn auch eben kein ganz weitläuftiges. –
In meiner erneuerten antiken Epoche werde ich besonders die historischen und rhetorischen (sogar mit Einschluß der gramm.[atischen] Schriften der Alten zu [10] studiren, und habe auch schon einen sehr guten Anfang gemacht. Ich war doch gleich wieder, wie zu Hause – wie ich seyn werde, wenn ich wieder zu Euch komme. –
An Karoline, an Hardenberg und an Fichte schreibe ich das nächstemahl ganz gewiß, schicke auch an Fichte Fragmente.
Die Musik kann ich Augusten heute noch nicht schicken. Sobald als möglich. –
Wegen des Namens, das macht wie Ihr wollt. Nur wenn ich bitten darf nichts was in die Manier von G.[oethe] und Sch.[iller] fällt. Am simpelsten wären wohl Buchstaben: Du W. ich F. die anderweitigen Mitglieder mit den Anfangsbuchst.[aben] pp. Doch würde ich mich bey den Annalen, oder der Chronik der φ wohl ordentlich nennen. – Eigentlich habe ich für diesen Aufsatz noch keinen Titel, der mir recht gefällt. Weißt Du was bessres?
Treibt doch Hardenb.[erg] mir Hefte zu schicken, und mir zu schreiben. –
[11] – Da kommt der Brief von Vieweg. – Die Lettern taugen nicht viel, wenn sie auch auf Velin gedruckt werden. Was meynst Du dazu? – Mit dem Courant das werden wir nun wohl schon eingehen müssen. Eigentlich ist aber doch eine filzige Bedingung. Wir könntens allenfalls nur fürs erste Jahr zugeben. – Doch gebe ich provisorisch zu Allem, was Du hierüber bestimmen willst, meine Einwilligung. –
Was den Inhalt betrifft und die Popularität, da antworte ihm doch nur ja recht kurz. Er muß an uns glauben, wie ein Renegat, nicht bloß wie ein Christ. – Was die Lettern betrifft, so mußt Du Dir ein Heft von der Deutschen Monatsschrift bey Vieweg zu verschaffen suchen, und sie vergleichen. Das Papier soll so seyn, wie in der Monatsschrift.
Antworte ja bald. <Nächstens mehr. Leb wohl.>
[12] Der Druck des Sh.[akespear] hat noch nicht angefangen. Antwortet mir nur besonders gleich auf meine Projekte zu den beyden ersten Stücken, damit ich gleich anfangen kann.
* Spinoza thut beydes zugleich, und der mag wohl der beste seyn.
Tieck habe ich wegen der Volksmährchen einen Wink gegeben. Er will sie Dir schicken, und so wird er Dir wohl endlich auch schreiben, was nur aus Faulheit nicht geschieht. –
Nun zur Hauptsache, vom – von der noch ungetauften großen Tagesangelegenheit. Unter all Euren Titelvorschlägen scheint mir keiner recht acceptabel. Gegen Dioskuren hätte ich weiter nichts – Aber? – wie verschieden doch die Gefühlsarten sind. Mir scheint Herkules ordentlich kindlich bescheiden gegen Dioskuren: denn das nähmlich können wir doch nicht mit auf den Titel setzen. – Wählt Ihr, und entscheidet. Mythologische Nahmen scheinen mir für ein Journal, dessen Inhalt oder Stoff <gar> nicht bestimmt seyn soll (denn sonst sind dergl.[eichen] Nahmen phil.[osophische], krit.[ische] Journale, Blätter pp. natürlich das Beste), das zweckmäßigste. Schleyermacher meynte Parzen, weil doch wohl mancher litterarische Lebensfaden darin [2] würde abgeschnitten werden. Ich dächte dieser Einfall verdiente Eure ernsthafte Ueberlegung.
Reichardt macht sich so unnütz gegen mich, daß ich ihm den Beschluß des Lessing auf keinen Fall geben kann und will. Da nun doch der Beschluß so bald als möglich erscheinen muß, so müßt Ihr schon, wenn ihr auch sonst was dagegen hättet, aus der Noth eine Tugend machen, und zugeben, daß derselbe in die beyden ersten Stücke kommt. Wenn Du nichts dagegen hast, so laß doch folgendes ins Intell.[igenz]-Blatt der A.[llgemeine] L.[itteratur] Z.[eitung] setzen:
Den Lesern des bey Unger herauskommenden Lyceums zeige ich hierdurch an, daß der Beschluß des von mir im 2ten Stück angefangenen Aufsatzes über Lessing in diesem Journal nicht erscheinen kann, weil ich mit dem Herausgeber nicht mehr in Verbindung stehe.
Berlin. Den 28.ten Novemb.[er] 97. Friedr. Schlegel.
Ihr müßt aber Gründe haben, wenn Ihr sie nicht wollt abdrucken lassen. –
Ich bin nun mit dem <im Reinen>, was ich für die ersten beyden Stücke geben kann und will. 1) den Beschluß des Lessing 2) Vier Briefe über Wilhelm Meister 3) Fragmente. Ich denke hier auch ein großes Fragm.[ent] über Fichte vielleicht auch eins über Kant (– [3] die Rec.[ension] s.[einer] kl.[einen] Schr.[iften] intereßirt mich sehr: ich hoffe sie soll gut und auch bald fertig werden) – zu geben. Ueberhaupt fürchte ja nicht Monotonie und zu große Aehnlichkeit mit den vorigen. Auch denke ich sollen mehr Früchte drin seyn, und weniger bloße Blüthen, worauf Du mich aufmerksam gemacht. Doch was Deinen Satz betrifft, den Du auch nur behauptest: behaupten sey leichter als beweisen: so bin ich nicht Deiner Meynung und getraue mich wohl das Umgekehrte beweisen zu können. In der Jurisprudenz mag es seine Richtigkeit haben: aber in der φ ist gewiß das Behaupten das schwerere, wenn beydes gleich gut geschehen soll. Nichts ist gewöhnlicher als recht gute Demonstrazionen, die nichts helfen, weil sie an schlechte Behauptungen verschwendet sind. Kant und Leibnitz behaupten: Reinhold und Wolf beweisen, Cʼest tout dire. – Fichte behauptet wenn er am meisten Fichte d. h. am meisten φ ist: er demonstrirt wenn er den Professor oder den Autor spielt*). Ich halte Demonstrazionen nur für einen Luxus oder für eine Etikette der Wissenschaft. Doch hat wohl auch hier wie in der Kunst, die επιδειξις der Virtuosen ihren rechtmäßigen Platz. Nur muß sie nicht alles seyn wollen, sonst entsteht Alexandrinismus. –
[4] Was ich letzthin von ein paar philos.[ophischen] Kleinigkeiten schrieb, war natürlich auch nur επιδειξις, ich meyne Scherz, wiewohl ich in der Folge Ernst daraus zu machen denke. So habt Ihrʼs auch wohl verstanden. Zum Anfange taugt das nichts. Dagegen ist mir aber der Gedanke gekommen, daß es gut seyn könnte, von einer Reihe analistischer Rhapsodien über die Philosophie der Tage die erste (die nicht sehr lang <zu> werden braucht, etwa 1½–2 Bogen) in die Ouvertüre der Parzen zu geben. – Ich habe vorher (ehe das Journal verabredet war) schon lange einen Gedanken gehabt, so etwas zu schreiben, wie Schelling in s.[einer] Uebersicht eigentlich schreiben sollte, aber nicht schreibt. Ich meyne Annalen der φ, die ich in Allmanachsform zu bringen dachte. – So ists aber viel besser. Es soll das populärste seyn, was ich schreiben will, und das freyste unter dem zusammenhängenden. Ich denke ihm ganz die Form von Rhapsodien zu geben. Der Titel wäre etwa: Historische Ansichten der Philos.[ophie]. Erste Rhapsodie pp. – An kritischem Geist und Universalität hoffe ich wohl Schelling auch allein zu übertreffen. Um jedoch das höchst mögliche, besonders in Rücksicht auf [5] die letzte zu erreichen, und zugleich um meine Ideen von Symphilosophie auf diese Art <etwas> zu realisiren, sollte mir Schleyermacher helfen, und ich werde auch Hardenberg dazu auffodern. Ich würde natürlich das Ganze redigiren. –
Von Schleyermacher kannst Du Dir leicht eine unrichtige Vorstellung aus den hingeworfenen Worten von mir gebildet haben. Was aber das Paradoxe betrifft, bin ich nicht Deiner Meynung, und ich glaube die Erfahrung setzt es außer Zweifel, daß nur die mittlern Grade der Paradoxie unpopulär sind, die höchsten aber wieder absolut populär. Siehst Du nicht, daß schon Fichte wieder populär wird? Daß seine Paradoxie und seine Popularität in gleichem Verhältnisse zunehmen? – Daß Schl.[eyermacher] Popularität haben kann, ist ein Faktum. So haben mir viele Philister ihn, als einen sehr guten Prediger gerühmt. Denke Dir ja nicht, daß seine Paradoxie so mit der Thüre ins Haus fällt, wie meistens meine. Es ist ihm überall ein gewißer leiser Gang eigen, worin er mit Hülsen große Aehnlichkeit hat, den er aber an dialektischer Kraft weit übertrifft, die recht Fichtisch bey ihm ist. – Er liebt auch die kühnen Kombinazionen, [6] worin er aber weit mehr Hardenberg als mir gleicht. Vor der Hand kann er wohl nichts schreiben als Rhapsodien; aber in diesen hat er auch, was mir in dieser Gattung eigentlich das Höchste zu seyn scheint, den großen Wurf, und den unaufhaltsamen Strom. – Aber schreiben! Ach lieber Freund, Du darfst leider nicht besorgen, daß er zu viel <thätigen> Antheil an unsrer Sache nehmen würde! Denn das ist sein Hauptfehler, daß er kein rechtes Interesse hat, etwas zu machen, obgleich ers kann: aber hier gilts: denken ist leichter als machen. Ich treibe und martre ihn alle Tage, wo ich ihn sehe. –
Was er uns geben kann, ist freylich sehr beschränkt; aber ich weiß, daß es auch in seiner Art vortreflich seyn wird. Was ich von ihm außer den Beyträgen zu meinen Annalen der Philos.[ophie] <vor der Hand> erwarte, ist bloß eine Recension von Kants Metaphysik der Sitten. Sie wird gewiß an Gründlichkeit und Strenge ihres Gleichen suchen, und gewiß eine ungemeine [7] Popularität haben, d. h. großen und allgemeinen Effekt. Daher wünschte ich sehr, daß ich sie noch zeitig genung erhielte zu den beyden ersten Stücken, da sie allerdings zu dem eclat, mit dem wir auftreten müssen, auch das ihrige beytragen könnte. <Da ich sehr viel mit ihm darüber gesprochen und auch ein bedeutendes Stück, was dazu gehört, geschrieben gesehn habe; so wirst Du meinem Urtheil wohl etwas trauen dürfen.>
Schl.[eyermacher] ist ein Mensch, in dem der Mensch gebildet ist, und darum gehört er freylich für mich in eine höhere Kaste. (Tieck z. B. ist doch nur ein ganz gewöhnlicher und roher Mensch, der <ein> seltnes und sehr ausgebildetes Talent hat). Er ist nur drey Jahr älter wie ich, aber an moralischem Verstand übertrifft er mich unendlich weit. Ich hoffe noch viel von ihm zu lernen. – Sein ganzes Wesen ist moralisch, und eigentlich überwiegt unter allen ausgezeichneten Menschen, die ich kenne, bey ihm <am meisten> die Moralität allem andren.
Vom D[on] Q[uixote] bin ich ganz zurückgetreten. Vielleicht ists in so fern recht gut, weil ich doch nicht Ausdauer genung gehabt hätte, so <in> einem Ton vier dicke Bände durchzuübersetzen. –Tieck, <der wie Du sagst, gewiß der rechte Mann dazu ist>, war blos aus Bescheidenheit zurückgetreten, weil er glaubte, ich wollte [8] die Uebersetzung machen. Er wird nun vielleicht mit Eschen rivalisiren, dem Du aber davon ja nichts sagest. Gegen Unger habe ich meine Pflicht gethan, ihn hinlänglich gewarnt, auch <im Vertrauen> mitgetheilt, was Du im Ganzen von Eschens Versuch erwartetest. – Tieck spricht oft vom gemeinschaftlichen Journal, und vielen Planen dazu: besonders von etwas in der Form ganz freyem über alte Englische Poesie. Sehr gute Kenntnisse hat er von dieser. Indessen denke ich warten wir ab, was er über Sh.[akespear] in das Lyc.[ceum] geben wird. Daß er nach einer kurzen Uebung in der Kritik ungefähr eben so viel leisten wird, als in der Poesie, ist mir nicht unwahrscheinlich. Ich habe ihm gesagt, er soll seine Plane nur erst recht formen: zum Druck fände sich dann leicht ein Platz. Vielleicht könnte ich ihm auch einen anweisen, wo er seinen Beytrag nicht ungern hingeben würde. – Es kömmt nur auf Dich an, ob ich ihm etwas von unserm Vorhaben mittheilen darf, oder noch nicht, bis Du etwa [9] einen kritischen Aufsatz von ihm gelesen hast. Ohne Absicht spricht er wohl nicht so oft davon.
Noch eins. Auf dem Titel muß nicht bloß stehen, Herausgegeben von <W.[ilhelm] und F.[riedrich] S.[chlegel]>, sondern gleich von W.[ilhelm] und F.[riedrich] S.[chlegel]. Denn es ist ja der eigentliche Charakter unsres Journals, daß wir es zugleich herausgeben, und es auch in der Regel ganz verfassen.
Ich bin doch eigentlich seit einem Jahre in der Lage, wie Goethes Wilh.[elm], da er den Sh.[akespear] las. Ich kann das Geistergedränge nicht recht zur Ruhe bringen. – Das beschwert mich nicht: es macht mich ordentlich unglücklich. – Etwas froh werde ich seyn, wenn ich das große Werk heraus habe. Es gehet doch nichts darüber, so ein Werk zu bilden worunter man im Gedanken εποιει setzen kann. Ich bin fest entschlossen, auch meine alten Pläne über Röm.[ische] Gesch.[ichte] insofern zu ändern, daß ich ein System draus mache, wenn auch eben kein ganz weitläuftiges. –
In meiner erneuerten antiken Epoche werde ich besonders die historischen und rhetorischen (sogar mit Einschluß der gramm.[atischen] Schriften der Alten zu [10] studiren, und habe auch schon einen sehr guten Anfang gemacht. Ich war doch gleich wieder, wie zu Hause – wie ich seyn werde, wenn ich wieder zu Euch komme. –
An Karoline, an Hardenberg und an Fichte schreibe ich das nächstemahl ganz gewiß, schicke auch an Fichte Fragmente.
Die Musik kann ich Augusten heute noch nicht schicken. Sobald als möglich. –
Wegen des Namens, das macht wie Ihr wollt. Nur wenn ich bitten darf nichts was in die Manier von G.[oethe] und Sch.[iller] fällt. Am simpelsten wären wohl Buchstaben: Du W. ich F. die anderweitigen Mitglieder mit den Anfangsbuchst.[aben] pp. Doch würde ich mich bey den Annalen, oder der Chronik der φ wohl ordentlich nennen. – Eigentlich habe ich für diesen Aufsatz noch keinen Titel, der mir recht gefällt. Weißt Du was bessres?
Treibt doch Hardenb.[erg] mir Hefte zu schicken, und mir zu schreiben. –
[11] – Da kommt der Brief von Vieweg. – Die Lettern taugen nicht viel, wenn sie auch auf Velin gedruckt werden. Was meynst Du dazu? – Mit dem Courant das werden wir nun wohl schon eingehen müssen. Eigentlich ist aber doch eine filzige Bedingung. Wir könntens allenfalls nur fürs erste Jahr zugeben. – Doch gebe ich provisorisch zu Allem, was Du hierüber bestimmen willst, meine Einwilligung. –
Was den Inhalt betrifft und die Popularität, da antworte ihm doch nur ja recht kurz. Er muß an uns glauben, wie ein Renegat, nicht bloß wie ein Christ. – Was die Lettern betrifft, so mußt Du Dir ein Heft von der Deutschen Monatsschrift bey Vieweg zu verschaffen suchen, und sie vergleichen. Das Papier soll so seyn, wie in der Monatsschrift.
Antworte ja bald. <Nächstens mehr. Leb wohl.>
[12] Der Druck des Sh.[akespear] hat noch nicht angefangen. Antwortet mir nur besonders gleich auf meine Projekte zu den beyden ersten Stücken, damit ich gleich anfangen kann.
* Spinoza thut beydes zugleich, und der mag wohl der beste seyn.