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Friedrich von Schlegel to August Wilhelm von Schlegel, Caroline von Schelling

Berlin. den 15ten Dec. 98.
Zwischen Angst und zwischen Hoffen schreibe ich Ihnen, so viel ich noch schreiben kann. Eher konnte ich nicht schreiben, weil ich erst eben von Fröhlich komme, und von Henrietten Botschaft erhalte, die aber freylich so gut wie keine ist. Sie will nächsten Posttag gewiß selbst schreiben, heute kann sie nur grüßen und danken; es sey ihr alles noch zu confus. Mit Wien ist es bis auf das Nähere der Bedingungen richtig: aber auch davon hat sie erst heute Gewißheit. Der Mann ist ein sehr reicher jüdischer Banquier. Da kein Verwandter und Bekannter zur Messe reißt, so hing ihr Reisen nach Leipzig und zu Euch jezt von der Wiener Verhandlung ab. Wenn es damit richtig wäre, meynte sie sonst, wollte sie allenfalls Geld borgen, um Reise und alles nöthige zu bestreiten. Zum Begleiter nimmt sie dann etwa einen von den Kaufleuten die sonst auf der ordinären Post zur Messe reisen, und bezahlt Wagen und Extrapost allein.
So war ihr Entschluß, in dem sie Eure Briefe, die ich ihr gestern geschickt, hoffentlich bestärkt haben. – Wie es aber nun werden wird, da ich der glücklichste aller Menschen bin, und so weit gediehen bin, daß ich nicht mehr hingehen kann, meine Freundin aber übermorgen in ihrem eignen Logis finde, und weiß, daß sie noch vor acht Tagen geschieden seyn wird: das weiß ich nicht. Denn Joseph und eine fatale dritte Schwester, deren Gesicht sogar nur eine Confusion der beyden ursprünglichen und ächten Schwestern ist, die sehr zur Unzeit mitten in das Chaos hineingerathen ist, diese beyden, sage ich, können leicht in der Reise Anstoß finden oder gegen sie geben. Ich habe Henr.[ietten] nun nicht mehr täglich unter meinen Augen, und eine so junge zarte Selbständigkeit bedarf doch einer ununterbrochnen Aufmerksamkeit, und Pflege.
Sie werden Sich wundern, daß alles so schnell und schön entschieden ist. Diesen Winter bleiben wir hier in Berlin, aber im Sommer, denke ich, werden wir wohl in Jena oder in Dresden seyn. Freuen Sie Sich, daß mein Leben nun Grund und Boden, Mittelpunkt und Form hat. Nun können außerordentliche Dinge geschehn!
Eure Gründe gegen [den] neuen Titel unsres Journals sind an sich recht gut. Nur werden wir vielleicht nicht in dem Fall seyn, Gebrauch davon machen zu können. Es wird nämlich gar nicht in unsrer Wahl stehn; sondern wenn Fröhlich mit Vieweg nicht einig werden kann, so ist es für den ersten nothwendig, daß sein Unternehmen von dem Viewegschen Anfang ganz unabhängig gemacht wird, und er wünscht dieß so sehr als möglich. Daß er sich aber gütlich mit ihm über das Athen.[äum] vergleiche, ist mir sehr unwahrscheinlich. Die Sache ist die: geschieht diese Unwahrscheinlichkeit nicht, so muß Fröh.[lich], wenn das nächste Stück unsres Journals als drittes St. 1ten Bandes vom Athen.[äum] oder auch als 1tes St. 2ten Bandes erscheint, eine große Menge Exemplare der vorigen Stücke von Vieweg, und zwar zu dem Ladenpreise kaufen, welches auch mit dem gewöhnlichen Rabatt der Buchhändler eine große Summe machen würde. Dieß ist darum nothwendig, weil man doch von ihm vollständige Exemplare fodern und erwarten würde. Ein ganz andrer Fall ist es, wenn ein Jahrgang oder sonst ein Periodus bey einem Verleger beschlossen ist, und nun ein andrer eintritt; dann geniren sich beyde von selbst schon nicht.
Mit Vieweg werde ich sogleich abschließen, dabey aber von W[ilhelm]s Brief, vielleicht darum keinen Gebrauch machen, weil ich weit entfernt bin dem V.[ieweg] <jezt nach so viel Schlechtem> wie Wilhelm das <erste> Recht an das 3te Stück zuzugestehn. Unter andern Canaillerien hat er Fröhlich auch gesagt, über die Verminderung des Honor.[ars] wäre er schon mit uns übereingekommen, da ich ihm doch gemeldet, Du hättest in meinen Vorschlag keineswegs eingestimmt. Auch hat er <jezt wieder> <gegen Fröhlich> gesagt, das dritte Stück nähme er noch auf jeden Fall. Das soll er aber wohl bleiben lassen, obgleich ich nicht einmal glaube, daß er es will.
Ich habe meine Verabredungen mit Fröhlich also gleich auf den höchst wahrscheinlichen Fall eingerichtet, daß er sich nicht mit Vieweg abfindet, und das Journal nun mit meinem Titel anfängt. <Denn dieß ist dann nothwendig.> Das scheint mir auch nicht unschicklich, da es jedermann einleuchtet, daß, wenn so mitten drin ohne alle Epoche die Verleger verändert werden, diese sonst genirt werden. Und dieß kann ja leicht in der Anzeige gesagt werden; auch wäre es schonender als billig, wenn wir noch irgend eine Schonung gegen Vieweg hätten. Ueberdem wird es doch kein Geheimniß bleiben, daß wir mit diesem brouillirt sind. Zum Ueberfluß hat ja auch Bött.[iger] schon im Merkur gemeldet, daß das Athen.[äum] aufhören würde. Auch wünschte ich, daß W.[ilhelm] in der Anzeige des neuen Journals diesem vorwitzigen Götterboten einen herzhaften Lohn reichte.
Fröhlich will sich auf vier Stücke verbindlich machen, jedes zu 12 Bogen, einen mehr oder weniger, das Stück aber zu 20 Gr. Vieweg hat ihm gesagt, es sey seine Absicht gewesen in der Folge die Bogenzahl zu vermindern, und anfangs nur durch den geringen Preis die Käufer zu locken. Er wird einen schriftlichen Contract mit uns schließen, und ich habe vorläufig 2 Ldrs Honorar aber für ein verhältnißmäßig kleineres Format verabredet. Denn das vom Athen.[äum] ist wirklich größer als billig. Wilh[elm]ʼs Wunsch und Forderung gemäß habe ich Fröhlich gesagt, es solle keinem Vorschuß für das Athen.[äum] gegeben, sondern jedes Stück, wenn es fertig, berechnet werden; jedoch mit der Ausnahme, daß er Dir jezt, da das M[anu]scr[i]pt so lange brach gelegen, den ungefähren Betrag, sobald wir mit V.[ieweg] abgeschlossen, assignirte. – Der Druck kann gleich mit Neujahr anfangen. Nun bitte ich mir zu schreiben, ob <Ihr> an irgend einem dieser Puncte etwas auszusetzen habt! Was meine Schuld betrifft, so werde ich entweder sie durch Henr.[iette] schicken, wenn diese jezt noch reißt, oder sie mit jener Summe zugleich assigniren.
Eure Gründe gegen den Titel Dioskuren überzeugen mich nicht. Aber freylich darf das Journal keinen Titel haben, der Euch unangenehm ist. Nur bitte ich mit nächster Post einen andern zu schicken.
Seyn Sie ja nicht ungehalten, daß ich nicht mehr schreibe. Außer allem übrigen habe ich mich auch noch in den Daumen der rechten Hand geschnitten und muß gleich in die Stadt <zu einem nothwendigen Geschäft.>
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Metadata Concerning Header
  • Date: Samstag, 15. Dezember 1798
  • Sender: Friedrich von Schlegel ·
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel · , Caroline von Schelling ·
  • Place of Dispatch: Berlin · ·
  • Place of Destination: Jena · ·
Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 24. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Die Periode des Athenäums (25. Juli 1797 ‒ Ende August 1799). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Raymond Immerwahr. Paderborn 1985, S. 211‒214.
Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-1a-34237
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.24.c,Nr.119
  • Number of Pages: 8S. auf Doppelbl., hs.
  • Format: 18,9 x 11,7 cm
Language
  • German

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