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Friedrich von Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

Hier ist wenigstens etwas, um Deine letzte so reiche Sendung zu erwidern! – In dem Dante und Ariost blitzt der göttliche Funken am hellsten; Ariost ist durchaus glücklich, Dante groß gewendet. Nächstdem setze ich den Bocc.[accio] dann Guarini, Petrarca und zuletzt Tasso. In den drey letztern ist der eigentliche Geist der Dichter nicht so tiefsinnig zurückgespiegelt wie in den ersten. – Meine Wahl beten wir einmüthig an. Das ist eben mein Ideal von Romanzen. Das Canzonechen ist zierlich und nett concettirt. Das an Schelling am wenigsten bedeutsam.
Nun sollte ich noch über die Idee des Ganzen der Italiänischen Sonnette etwas sagen. Aber darüber ist nicht viel zu sagen, eben weil sie so ganz auch die meinige ist. Lange habe ichs geahndet, daß solche Gedichte, grade solche gemacht werden müßten. Warum, darüber wie über andre Mysterien der Poesie lieber mündlich. – Ich vermuthe daß sich auch über Shakespear über kurz oder lang auf diese Weise in Dir die Kunst in der Kunst spiegeln wird.
Hier sind Ideen denn so will ich sie schicklicher nennen; der Cardenio zu Schlei[ermache]rs Don Quixote. Ich hoffe ihr werdet wenigstens wie Olivia sagen: Nun das ist eine rechte Hundstagstollheit. Doroth.[ea] meynt es sey Kaviar der Mystik – theils wegen der Form, wie kleiner Froschlaich, theils Kaviar fürs Volk, theils wegen des hitzigen Geschmacks und noch aus mehr andern Gründen.
Indessen habe ich doch – nach Beschaffenheit der Umstände – sehr leise angefangen, und wenn diese Ideen erst erstiegen sind, so sollen dann Hieroglyphen erscheinen.
Herzlichen Gruß von Dor.[othea]. Das mündliche rückt nun immer näher. Wüßten wir doch endlich, ob Ihr kommen werdet.
Bernhardi möchte gern sein Meisterstück an der Metakritik machen. Ich habe zu so etwas gar keine Geduld mehr. Schlei.[ermacher] will auch nicht anbeißen, dagegen möchte er wohl den Reinhold vornehmen.
Was mein Für Fichte betrift, so wird es nach gemeinschaftlicher Berathschlagung später aber größer und nach einem andern Plane erscheinen. Mündlich viel darüber.
Daß Schellings Neigung <sich> zur Poesie wendet, freut mich sehr; es ist gewiß für ihn der nächste und der wahre Weg sich aus der Rohheit herauszuarbeiten und ein Genosse der Hanse zu werden.
Gruß und Brüderschaft.
Friedrich.
  • Schlegel, Friedrich von  danken  Schlegel, August Wilhelm von: Die italiänischen Dichter
  • Schlegel, Friedrich von  redigieren  Schlegel, August Wilhelm von: Dante
  • Schlegel, Friedrich von  redigieren  Schlegel, August Wilhelm von: Ariosto
  • Schlegel, Friedrich von  redigieren  Schlegel, August Wilhelm von: Boccaccio
  • Schlegel, Friedrich von  redigieren  Schlegel, August Wilhelm von: Guarini
  • Schlegel, Friedrich von  redigieren  Schlegel, August Wilhelm von: Petrarca
  • Schlegel, Friedrich von  redigieren  Schlegel, August Wilhelm von: Torquato Tasso
  • Schlegel, Friedrich von  redigieren  Schlegel, August Wilhelm von: Die Warnung
  • Schlegel, Friedrich von  redigieren  Schlegel, August Wilhelm von: An Schelling
  • Schlegel, Friedrich von  Manuskript  senden  Schlegel, Friedrich von: Ideen
  • Schlegel, Dorothea von  grüßen lassen  Schlegel, Friedrich von
  • Schlegel, Dorothea von  grüßen  Schlegel, August Wilhelm von
  • Schlegel, Friedrich von  einladen  Schlegel, August Wilhelm von
  • Schlegel, Friedrich von  einladen  Schelling, Caroline von
  • Schlegel, Friedrich von  Rezension  ankündigen  Bernhardi, August Ferdinand: Herder, Johann Gottfried von: Verstand und Erfahrung. Eine Metakritik zur Kritik der reinen Vernunft (Rezension)
  • Schlegel, Friedrich von  Publikationsprojekt  aufschieben  Schlegel, Friedrich von: Für Fichte. An die Deutschen
  • Schlegel, Friedrich von  ermutigen  Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von
Metadata Concerning Header
  • Date: [August 1799]
  • Sender: Friedrich von Schlegel ·
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel ·
  • Place of Dispatch: Berlin · ·
  • Place of Destination: Jena · ·
Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 24. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Die Periode des Athenäums (25. Juli 1797 ‒ Ende August 1799). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Raymond Immerwahr. Paderborn 1985, S. 308‒309.
Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-1a-34237
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.24.c,Nr.143
  • Number of Pages: 4S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 19 x 11,5 cm
Language
  • German

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