[1] Jena d. 28 Febr 1800
Ihre Sendung überraschte mich sehr angenehm, ich glaubte der Druck Ihrer Gedichte wäre schon angefangen und Sie hätten eine zweyte Mittheilung nicht nöthig gefunden.
Ich habe sogleich mit dem größten Vergnügen die beyden Abschriften der Elegieen verglichen, indessen will ich nicht dafür einstehn, daß Sie unter meinen beygelegten neuen Vorschlägen etwas brauchbares finden werden. Ich bin ganz Ihrer Meynung, daß man manches nicht darf erzwingen wollen, in vielen Fällen habe ich daher gegen die Beybehaltung der alten Lesearten nichts einzuwenden. Die Liebe zu diesen erwacht auch immer wieder, wenn man nicht grade in der corrigirenden Stimmung oder incorrigibel correct ist, was man doch dem Himmel sey Dank bey den meisten Lesern nicht voraussetzen darf.
In andern Punkten, z. B. wo es auf aus[2]ländische Wörter ankommt, ist der Rigorismus überhaupt nicht so wesentlich: und so mag sich Malbrough immerhin gefallen lassen, was ja dem Mars beym Homer widerfährt, (Ᾱρἐς Ἀρε̄ς βροτολοιγε) einmal als Jambus und einmal als Trochäe scandirt zu werden.
Hoffentlich wird doch der neue Band nun noch auf die Ostermesse erscheinen? In der Ungerschen Officin kann, wenn es darauf ankömmt, äußerst schnell gedruckt werden.
Es thut uns allen sehr leid, daß sich die Aussicht, Sie wieder hier zu sehen, so weit hinausschiebt. Ich hoffe nun gewiß, Sie vorher noch einmal in Weimar mit einiger Ruhe zu sprechen.
Wir erheitern uns den langen und trüben Winter so viel möglich durch Fleiß und Geselligkeit. Leider ist unser Freund Tieck immer noch in dem nehmlichen Zustande, er leidet viel von gichtischen Schmerzen und wird auch sehr von seinen Arbeiten abgehalten. Dabey ist er [3] so abgezehrt und matt, daß er uns zuweilen rechte Sorge für seine Gesundheit gemacht hat. Er kommt zwar Mittags zu uns, muß sich aber immer von einem von uns führen lassen. Am meisten zerstreut er sich, wenn er Abends irgend ein lustiges Schauspiel vorlesen kann, wo er seine ganze Lehrhaftigkeit wieder bekömmt.
Mein Bruder arbeitet fleißig am zweyten Theile der Lucinde, und wird da sowohl wie im nächsten Stück des Athenaeum zum Theil auf eine neue Weise erscheinen.
Ich bin jetzt mit den beyden Theilen von Heinrich IV fertig, wovon mir besonders der zweyte sehr viel Mühe gemacht hat. Der Druck meiner Gedichte, unter denen besonders in den Sonetten Sie noch einiges Neue finden werden, ist schon ziemlich weit vorgerückt. Ich hoffe also bald mit einer oder der andern gedruckten Neuigkeit aufwarten zu können.
Es werden mir von allen die angelegentl[4]ichsten Empfehlungen aufgetragen. Haben Sie die Güte, mich insbesondre H. Professor Meyer zu empfehlen. Leben Sie recht wohl und behalten Sie uns in gutem Andenken.
AWSchlegel
Ihre Sendung überraschte mich sehr angenehm, ich glaubte der Druck Ihrer Gedichte wäre schon angefangen und Sie hätten eine zweyte Mittheilung nicht nöthig gefunden.
Ich habe sogleich mit dem größten Vergnügen die beyden Abschriften der Elegieen verglichen, indessen will ich nicht dafür einstehn, daß Sie unter meinen beygelegten neuen Vorschlägen etwas brauchbares finden werden. Ich bin ganz Ihrer Meynung, daß man manches nicht darf erzwingen wollen, in vielen Fällen habe ich daher gegen die Beybehaltung der alten Lesearten nichts einzuwenden. Die Liebe zu diesen erwacht auch immer wieder, wenn man nicht grade in der corrigirenden Stimmung oder incorrigibel correct ist, was man doch dem Himmel sey Dank bey den meisten Lesern nicht voraussetzen darf.
In andern Punkten, z. B. wo es auf aus[2]ländische Wörter ankommt, ist der Rigorismus überhaupt nicht so wesentlich: und so mag sich Malbrough immerhin gefallen lassen, was ja dem Mars beym Homer widerfährt, (Ᾱρἐς Ἀρε̄ς βροτολοιγε) einmal als Jambus und einmal als Trochäe scandirt zu werden.
Hoffentlich wird doch der neue Band nun noch auf die Ostermesse erscheinen? In der Ungerschen Officin kann, wenn es darauf ankömmt, äußerst schnell gedruckt werden.
Es thut uns allen sehr leid, daß sich die Aussicht, Sie wieder hier zu sehen, so weit hinausschiebt. Ich hoffe nun gewiß, Sie vorher noch einmal in Weimar mit einiger Ruhe zu sprechen.
Wir erheitern uns den langen und trüben Winter so viel möglich durch Fleiß und Geselligkeit. Leider ist unser Freund Tieck immer noch in dem nehmlichen Zustande, er leidet viel von gichtischen Schmerzen und wird auch sehr von seinen Arbeiten abgehalten. Dabey ist er [3] so abgezehrt und matt, daß er uns zuweilen rechte Sorge für seine Gesundheit gemacht hat. Er kommt zwar Mittags zu uns, muß sich aber immer von einem von uns führen lassen. Am meisten zerstreut er sich, wenn er Abends irgend ein lustiges Schauspiel vorlesen kann, wo er seine ganze Lehrhaftigkeit wieder bekömmt.
Mein Bruder arbeitet fleißig am zweyten Theile der Lucinde, und wird da sowohl wie im nächsten Stück des Athenaeum zum Theil auf eine neue Weise erscheinen.
Ich bin jetzt mit den beyden Theilen von Heinrich IV fertig, wovon mir besonders der zweyte sehr viel Mühe gemacht hat. Der Druck meiner Gedichte, unter denen besonders in den Sonetten Sie noch einiges Neue finden werden, ist schon ziemlich weit vorgerückt. Ich hoffe also bald mit einer oder der andern gedruckten Neuigkeit aufwarten zu können.
Es werden mir von allen die angelegentl[4]ichsten Empfehlungen aufgetragen. Haben Sie die Güte, mich insbesondre H. Professor Meyer zu empfehlen. Leben Sie recht wohl und behalten Sie uns in gutem Andenken.
AWSchlegel