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Johann Georg Ludwig Möller to August Wilhelm von Schlegel

[1] Berlin den 16ten May 1793.
Es war mir zwar äusserst angenehm nach einer so langen Trennung wieder etwas von Dir, Liebster Freund, zu hören, allein die Veranlaßung dazu und besonders die Besorgniß in der ich Dich der guten B. wegen sehe verringerten meine Freude um ein großes. Da ich selbst wegen des Schicksahls der Gefangenen in der größten Ungewißheit war, schrieb ich erst nach Hannover und Göttingen und hohlte von da die zwar unvollständigen aber doch einigermaßen beruhigenden Nachrichten ein, welche ich Dir mitzutheilen eile.
Die B. sowohl als ihre MitGefangenen, die Forkelen, Wedekinden und Mutter der F. werden auf dem Königsstein sehr wohl gehalten, haben Freyheit in der Festung herumzugehen und gehörige Bedienung. Sie werden über die MitGlieder des M. Clubs und die dortigen FreyMäurer p verhört. Der Alte B. in Göttingen hat sich bis jetzt vergebliche Mühe gegeben sie frey zu kriegen. und wird nicht unterlassen sich ferner für sie zu verwenden. [2] Wie tief die B. sich in Dinge eingelassen hat, von denen sie sich hätte ganz entfernt halten sollen, weiß ich in der That nicht, ich gieng 2 Tage nach dem EinMarsch der Franzosen von Maynz fort, und habe nachher fast nichts zuverlässiges von ihr und ihrem Betragen gehört. Allein ich fürchte, daß sie sich nur zu tief eingelassen hat. Ihre Grundsätze hielt sie schon lange nicht mehr zurück, und wenn sie in ihren Ausserungen auch nicht völlig so unvorsichtig wie Forster u dessen Frau war, so machten dieselben und der beständigen Umgang mit diesem Hause seit geraumer Zeit aufmerksam auf sie – Ich habe sie sämmtlich öfters gewarnt und noch als ich fortgieng gebeten sich ruhig zu halten und vorzüglich die B. ersucht M. gleich zu verlassen – Daß sie dies nicht gethan und fast bis auf den letzten Augenblick dort geblieben – Forsters Unvorsichtigkeiten – u mehrere kleine Umstände, Z. B. daß sie mehrere Mahle bey Custine gespeist, lassen mich fürchten, daß sie nicht ganz reine Sache hat. ‒ Mehr [3] als eine kurze Gefangenschaft wird ihr der Handel hoffentlich nicht zu ziehn ‒ Man kann nicht streng gegen sie verfahren, da sie als Fremde in M. war und dem Churfürsten in keiner Rücksicht verpflichtet oder verbunden ist ‒ man wird nachsichtig gegen eine Dame seyn und sie vermuthlich nur so lange gefangen halten bis man weiß was man durch sie zu erfahren hoffen konnte.* Nur in dieser Absicht kann man die Wedekinden und Wedekinds Mutter gefangen halten ‒ Beyde haben sich gewiß um nichts als die Küche bekümmert ‒ und ihr ganzes Vergehen kann nur darin bestehen, daß sie Frau u Mutter eines EinfaltsPinsels sind. Daß ich mich nicht grade zu für sie verwenden kann siehst Du wohl ein ‒ da Du meine Lage und Verhältniße kennst ‒ und meine Vorsicht um so mehr billigen wirst, da ich nicht weiß, was ihr eigentlich zur Last gelegt werden kann. Unrecht wird ihr gewiß nicht geschehen ‒ hat sie sich aber etwas zu Schulden kommen lassen, so ist man gegen Vergehungen der Art jetzt zu sehr erbittert, als daß man dieselben aus blosser Rücksicht gegen ihre Verwandte u Gönner gänzlich übersehen u die Untersuchung niederschlagen sollte. Ich habe an mehrere Personen über die Sache geschrieben und werde nicht verfehlen Dir von Zeit zu Zeit meine erhaltenen Nachrichten ‒ zumahl wenn sie tröstlich seyn sollten ‒ mitzutheilen.
[4] Gesund sind die Damen noch alle ‒ und da sie gut gehalten werden und der frischen Luft nicht beraubt sind wird die Gefangenschaft auch künftig für dieselbe ihre Gesundheit nicht nachtheilig seyn ‒ Großen Kummer wird die Sache der B. nicht machen ‒ ich halte sie für eine gute Philosophin ‒ u fest in ihren Grundsätzen. ‒ Doch hofe ich, daß die Gefangenschaft letztere etwas berichtigen und sie wenigstens in Ausserungen derselben vorsichtiger machen werde.
Von Deiner Lage u ob Du in derselben glücklich und zufrieden bist, schreibst Du mir nichts ‒ ich hoffe Du hast Dir dies auf eine ruhigere Zeit vorbehalten ‒ Ich befinde mich hier ‒ wo ich an Schwarzkopfs Stelle bin ‒ sehr wohl und kann meinen Freunden nichts besseres wünschen als daß sie so vergnügt u zufrieden wie ich seyn mögen.
Dein
JMöller.
Schon d. des Alten Böhmers Verwendung wird die Untersuchung ‒ wenn sie auch ‒ was doch den Umständen nach höchst unwahrscheinlich ist ‒ sonst langsam gegangen wäre ‒ gewiß beschleunigt. ‒ Ob ihr etwas zur Last gelegt werden kann muß sich nun bald ergeben ‒ u ist dies der Fall nicht ‒ wird man sich sehr thätig für sie verwenden ‒ Dann auch ‒ aber eher gewiß nicht ‒ auf T. Ansuchen Pr. August vielleicht. ‒ T. der ohnehin sehr vorsichtig ist, wird es sicher auch in diesem Fall seyn ‒ dabey aber doch nicht unthätig ‒ mehr wirst xxx sie selbst von xxx niemand verlangen ‒
  • Möller, Johann Georg Ludwig  Brief  sich freuen  Schlegel, August Wilhelm von
  • Böhmer, Georg Ludwig  Freilassung  fordern  Schelling, Caroline von
  • Möller, Johann Georg Ludwig  beraten  Schelling, Caroline von
  • Schelling, Caroline von  Kontakt  Forster, Georg
  • Schelling, Caroline von  Kontakt  Huber, Therese
  • Schelling, Caroline von  Kontakt  Custine, Adam Philippe de
  • Möller, Johann Georg Ludwig  loben  Schelling, Caroline von
Metadata Concerning Header
  • Date: Donnerstag, 16. Mai 1793
  • Sender: Johann Georg Ludwig Möller
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel ·
  • Place of Dispatch: Berlin · ·
  • Place of Destination: Amsterdam · ·
Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 362657327
  • Bibliography: Waitz, Georg: Caroline und ihre Freunde. Mittheilungen aus Briefen. Leipzig 1882, S. 23‒25.
Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-1a-34292
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.15,Nr.66
  • Number of Pages: 4S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 22,2 x 18,8 cm
Language
  • German
Editors
  • Bamberg, Claudia
  • Varwig, Olivia

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