[1] Liebster Freund und Bruder
Ich hatte mir vorgenommen, Dir einmal einen Brief aus innerstem Herzen zu schreiben. Das soll zwar noch geschehen, doch muß ich es nur in wenige Zeilen fassen, da ich die Zeit mit vielen anderen Briefen mir verstrichen ist. Ich bin mit der Tochter des sel. Professors Erxleben in Göttingen (des Lehrers der Physik) versprochen, einem sehr liebenswürdigen [2] Mädchen, die gewiß Deiner brüderlichen Freundschaft werth ist – Liebe und Gegenliebe wird uns glücklich machen, und darf ich mir eine frohe Zukunft versprechen. Du bist zu theilnehmend, als daß ich es einen Posttag länger hätte aufschieben können, Dir dieß zu melden. – Billig sollte ich sie Dir schildern, aber die Schilderungen genügen mir nicht. Schönheit rechne ich gewiß nicht doch für ihren [3] einzigen Vorzug. Bey Mit den schönsten Anlagen des Geistes verbindet sie ächten weiblichen Sinn, Zartheit der Empfindung, und Natur; und ist sie für alle Freuden der Freundschaft, und Natur ofen. – Doch dieß alles kann Dir kein Bild von ihr geben, komm also und lerne sie kennen. Sie will Dir nächstens schreiben. – Vermögen hat sie nicht, doch da jezt der Consist. Secr. Müller tod ist, und mir dabey sehr angenehme Versicherungen [4] gegeben sind, so darf ich hoffen, ohne Sorgen mit ihr zu leben. Für das Glänzende sind wird ja beyde nicht; häusliches Glück aber werden wir gewiß finden. Auch sind Papens, die sie nur noch wenig kennen, bereits günstig für sie gestimmt, und auch das ist mir wichtig, da ich nie ein Opfer der Art ertragen könnte, und mir Liebe und Freundschaft gleich unentbehrlich sind
Karl Schlegel
Ihre Mutter lebt jezt hier und hat Pensionairs bey sich. Ihre ältere Schwester ist an den Reiter Crause auf hiesiger Altstadt, einem sehr gebildetem Mann [3] und Geschickten Philologen, der sich nächstens bekannt machen wird, verheirathet. Er läßt sich dir empfehlen.
Ich hatte mir vorgenommen, Dir einmal einen Brief aus innerstem Herzen zu schreiben. Das soll zwar noch geschehen, doch muß ich es nur in wenige Zeilen fassen, da ich die Zeit mit vielen anderen Briefen mir verstrichen ist. Ich bin mit der Tochter des sel. Professors Erxleben in Göttingen (des Lehrers der Physik) versprochen, einem sehr liebenswürdigen [2] Mädchen, die gewiß Deiner brüderlichen Freundschaft werth ist – Liebe und Gegenliebe wird uns glücklich machen, und darf ich mir eine frohe Zukunft versprechen. Du bist zu theilnehmend, als daß ich es einen Posttag länger hätte aufschieben können, Dir dieß zu melden. – Billig sollte ich sie Dir schildern, aber die Schilderungen genügen mir nicht. Schönheit rechne ich gewiß nicht doch für ihren [3] einzigen Vorzug. Bey Mit den schönsten Anlagen des Geistes verbindet sie ächten weiblichen Sinn, Zartheit der Empfindung, und Natur; und ist sie für alle Freuden der Freundschaft, und Natur ofen. – Doch dieß alles kann Dir kein Bild von ihr geben, komm also und lerne sie kennen. Sie will Dir nächstens schreiben. – Vermögen hat sie nicht, doch da jezt der Consist. Secr. Müller tod ist, und mir dabey sehr angenehme Versicherungen [4] gegeben sind, so darf ich hoffen, ohne Sorgen mit ihr zu leben. Für das Glänzende sind wird ja beyde nicht; häusliches Glück aber werden wir gewiß finden. Auch sind Papens, die sie nur noch wenig kennen, bereits günstig für sie gestimmt, und auch das ist mir wichtig, da ich nie ein Opfer der Art ertragen könnte, und mir Liebe und Freundschaft gleich unentbehrlich sind
Karl Schlegel
Ihre Mutter lebt jezt hier und hat Pensionairs bey sich. Ihre ältere Schwester ist an den Reiter Crause auf hiesiger Altstadt, einem sehr gebildetem Mann [3] und Geschickten Philologen, der sich nächstens bekannt machen wird, verheirathet. Er läßt sich dir empfehlen.