[1] Ihr vorjähriger Aufenthalt bey uns in Dresden, und Ihre öftern Besuche auf unsrer herrlichen Bibliothek und vorzüglich Ihre so zutrauvolle Annäherung an mich, und die daher entstandnen litterarischen Herzensergießungen gehören, mein Theurester Herr Profeßor, unter meine angenehmsten Reminiscenzen, – so wie Ihre schriftstellerischen Arbeiten unter meine angenehmsten Lektüren, weil sie den unverkennbaren Stempel eines eignen selbständigen, von allem fremden Einfluße entfernten Urtheils, eines izt so seltnen wißenschaftlichen Scharfsinns, und einer hohen ästhetischen Genialität tragen, welches einem Manne so wohl thut, der oft aus Pflicht manches lesen muß, was er aus Neigung nicht lesen würde, und der, wenn er so oft auf prunkvolle Leerheit, aufgedunsene Unbedeutsamkeit, und ängstlich zugespizten Unsinn gestoßen, dann freilich mit desto größeren Vergnügen zu den reinen Resultaten einer wahren und eigenthümlichen Geistes und Herzensfülle zurückkehrt. Als solche betrachtʼ ich schon im voraus die Sammlung Ihrer Gedichte, die Sie mir für die künftige Ostermeße ankündigen, und auf deren Genuß ich mich schon von itzt an herzlich freue.
Mit wahrem Vergnügen sendʼ ich Ihnen den Lancelot u Tristan die Sie so angelegentlich wünschen, von denen Sie, oder Ihr geistreicher Freund und würdiger Bruder im Apoll Herr Tieck, den ich aufrichtig schätze, gewiß einen guten Gebrauch [2] machen, und dabey die edle Discretion haben werden, mir solche am Ende des künftigen Monaths Januar durch Ihren Herrn Schwager den H. Hof-Secretair Ernst wieder zurück zu schicken, und mich durch ein längeres Zurückbehalten nicht in Verlegenheit zu setzen.
Daß Sie diese beiden Bücher nicht eher erhalten, liegt theils daran, daß ich Ihren vom 4ten November datirten Brief erst den 24sten erhalten, und daß die Ihrem Herrn Schwager sogleich freundschaftlich zugesicherten Bücher von ihm nicht eher abgeholt worden, welches wohl in einem kleinen gewöhnlichen und Ihnen nicht unbekandten Zerstreuungsfehler deßelben seinen Grund haben mag, den man ihm bey so vieler Herzensgüte wohl verzeihen muß. Meine gute Frau und Kinder, nach deren Befinden Sie sich so gütig erkundigen, sind wohl, und haben nun wieder, nach ihrem Aufenthalte auf dem Weinberge, ihren engern Familien Kreis um mich geschloßen, in welchen ich, wenn ich von meinen toden Freunden zurück komme, so gern eintrete, und auch am liebsten verweile, weil mir ihre gewißenhafte wißenschaftliche und sittliche Bildung mehr am Herzen liegt, als aller so trüglich täuschender und so schnell vorüber rauschender Autor Ruhm. – Wenn gleich der Ertrag der heurigen Weinlese sehr kärglich und mehr negativ als positiv war, so ist doch der frohe Ertrag einer allgemeinen Famlien Gesundheit für den an allem so innig theilnehmenden Hausvater kein unbeträchtlicher Gewinst gewesen.
Haben Sie doch die freundschaftliche Güte, und erneuern Sie mein Andenken bey Ihrer Frau Gemahlin, Ihrem Herrn Bruder, und quicquid est hominem venustiorum, worunter [3] dann auch vorzüglich Herr Tieck mit gehört, und seyn Sie überzeugt daß ich jederzeit mit herzlicher Theilnahme an allem, was Ihnen theuer und werth ist, seyn werde
Dero
ganz ergebenster
KarlWilhelmDaßdorf
Dresden
d. 1sten Decbr 1799.
Inliegenden Brief ersuchʼ ich baldigst, nebst dem hier beygelegten Porto bis Weimar, auf die Post zu schicken, weil dem mühsamen und würdigen Herausgeber des Phaedri, H. Conrector Schwabe, an der Inlage und den wirklich beträchtlichen litterarischen Beiträgen und Berichtigungen sehr viel gelegen seyn muß.
[4] [leer]
Mit wahrem Vergnügen sendʼ ich Ihnen den Lancelot u Tristan die Sie so angelegentlich wünschen, von denen Sie, oder Ihr geistreicher Freund und würdiger Bruder im Apoll Herr Tieck, den ich aufrichtig schätze, gewiß einen guten Gebrauch [2] machen, und dabey die edle Discretion haben werden, mir solche am Ende des künftigen Monaths Januar durch Ihren Herrn Schwager den H. Hof-Secretair Ernst wieder zurück zu schicken, und mich durch ein längeres Zurückbehalten nicht in Verlegenheit zu setzen.
Daß Sie diese beiden Bücher nicht eher erhalten, liegt theils daran, daß ich Ihren vom 4ten November datirten Brief erst den 24sten erhalten, und daß die Ihrem Herrn Schwager sogleich freundschaftlich zugesicherten Bücher von ihm nicht eher abgeholt worden, welches wohl in einem kleinen gewöhnlichen und Ihnen nicht unbekandten Zerstreuungsfehler deßelben seinen Grund haben mag, den man ihm bey so vieler Herzensgüte wohl verzeihen muß. Meine gute Frau und Kinder, nach deren Befinden Sie sich so gütig erkundigen, sind wohl, und haben nun wieder, nach ihrem Aufenthalte auf dem Weinberge, ihren engern Familien Kreis um mich geschloßen, in welchen ich, wenn ich von meinen toden Freunden zurück komme, so gern eintrete, und auch am liebsten verweile, weil mir ihre gewißenhafte wißenschaftliche und sittliche Bildung mehr am Herzen liegt, als aller so trüglich täuschender und so schnell vorüber rauschender Autor Ruhm. – Wenn gleich der Ertrag der heurigen Weinlese sehr kärglich und mehr negativ als positiv war, so ist doch der frohe Ertrag einer allgemeinen Famlien Gesundheit für den an allem so innig theilnehmenden Hausvater kein unbeträchtlicher Gewinst gewesen.
Haben Sie doch die freundschaftliche Güte, und erneuern Sie mein Andenken bey Ihrer Frau Gemahlin, Ihrem Herrn Bruder, und quicquid est hominem venustiorum, worunter [3] dann auch vorzüglich Herr Tieck mit gehört, und seyn Sie überzeugt daß ich jederzeit mit herzlicher Theilnahme an allem, was Ihnen theuer und werth ist, seyn werde
Dero
ganz ergebenster
KarlWilhelmDaßdorf
Dresden
d. 1sten Decbr 1799.
Inliegenden Brief ersuchʼ ich baldigst, nebst dem hier beygelegten Porto bis Weimar, auf die Post zu schicken, weil dem mühsamen und würdigen Herausgeber des Phaedri, H. Conrector Schwabe, an der Inlage und den wirklich beträchtlichen litterarischen Beiträgen und Berichtigungen sehr viel gelegen seyn muß.
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