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Sigmund Ernst to August Wilhelm von Schlegel

[1] Liebster Freund,
Ich erhielt Ihren Brief unter ganz andern Umständen, als die sind, in welchen meine Antwort erfolgt. Sie woll. es, ich soll Sie von diesem traurigen Fall unterhalten, und ich samle, was mir mein Gedächtniß an die Hand giebt. Sie wißen die Hauptumstände seiner Krankheit; sie wurde schlimmer nach einer Verkältung aber dieß war nicht die einzige Ursache seines Todes. Wichmann nannte sie ein chronisches Brustübel, und gegen andre hatte er im Vertrauen geäusert, wenn auch der seel. Vater diese Krankheit überwände, so würde er doch nur eine Frist von 1 oder 1½ Jahr erhalt. haben, u an der Auszehrung gestorben seyn. Er hat wenig geschlafen, während seiner Krankheit; er hat viel gelitten von Beängstigungen, und, wenn in den letzten Tagen, wenn er seine Arzney einnahm. Des Morgens war er am ruhigsten, und sogar oft heiter. Auch sein Witz verließ ihn in seiner Krankheit nicht. Einmal, da Madam Rehberg ihm die Fliegen vom Gesichte scheuchte, sagte er, muß sich daß der grose Mogul gefall. lassen, daß sich Fliegen ihm auf die Nase setzen. Er fragte nach allen seinen Kindern: ach nur der, der es zu seyn wünschte konte um sein Sterbebette seyn! Und das auch nicht immer, denn ich mußte der Frau Mutter oft zur Hand seyn, die von einem 5fachen Schlage getroffen, wirklig bedaurenswürdig litt. Dazumal wußten wir noch nicht ob alle die übrig. Krank. ihr Bette wieder verlaßen dürften. Doch sie habenʼs alle verlassen, aber Jettchen u Carl mußten sehr behutsam behandelt werd., wenn der Verlust der uns beugte, sie nicht niederstrecken sollte. Und einige Tage nach dem Tode des seel. Vaters mußte sie in die Stadt gebracht werd. – Nun das ist glüklich vorübergegangen, und ich danke der Vorsicht. Daß der seel. Vater mit der ruhigen Faßung eines Christen starb, könn. sie von ihm nicht anders erwarten. Caroline aus Ohßen blieb eine Nacht bey ihm, u er hat bey nahe die ganze Nacht hindurch mit ihr gebetet. Er hätte gern noch länger gelebt; an einem Morgen, da ein Clystier ihm Erleichterung verschaft hatte, fieng er an Hofnung zu schöpfen, u äuserte diese Hofnung mit sichtbarer Freude. Aber sie dauerte nur bis gegen Mittag. Ein andermal äuserte er geg. seine Schwester: Ich werde mich wohl nun zu meiner gros. Reise müßen gefaßt machen. Gegen mich [2] äuserte er, da ich ihm meine Hofnung zu seiner Genesung bezeugte: Wie Gott will! Ihm habʼ ich mich ergeben p. Den Tag vor seinem Ende sprach er wenig. Gegen Abend konte er nichts mehr verschließen. Wichmann glaubte nicht daß er die Nacht überleben würde, ich nahm stillschweigend von ihm Abschied. Ich habe ihn auch nicht lebendig wiedergetroff. den andern Morg. als ich auf d. Gart. kam war er verschieden. Aber Ruhe u Heiterkeit lag auf seinem Gesichte.
Des Abends war ich immer bey Carln; Wir suchten einander aufzurichten, macht. einander Hofnung, u Carl examinirte meine Aug. ob er ihr trauen dürfte; Meine Kräfte erschöpft. sich, aber meine Faßung habe ich doch nie verlohr., wo ich sie nöthig hatte. Das habe ich den Besorgungen u Zerstreuung. zu dank., die mich selt. zu mir selbst komm. ließen.
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  • Schlegel, Caroline (Tante Caroline)  Begegnung  Schlegel, Johann Adolf
  • Ernst, Sigmund  Begegnung  Schlegel, Johann Carl Fürchtegott
Metadata Concerning Header
  • Date: [September 1793]
  • Sender: Sigmund Ernst ·
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel ·
  • Place of Dispatch: Hannover · ·
  • Place of Destination: Amsterdam · ·
Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-1a-33449
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.7,Nr.39
  • Number of Pages: 2S. auf Doppelbl., hs.
  • Format: 18,6 x 11,8 cm
Language
  • German
Editors
  • Bamberg, Claudia

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