[1] Halle im Febr.
Mein theuerster
innigst geliebter
Schlegel.
Ich habe den Entschluss gefasst wieder eine Zeitlang im Zirkel meiner hallischen Freunde zu verleben. Wie sehr bedaure ich es unsern vortreflichen Schiller, den liebenswürdigen Humbold und vor allen Dingen Sie selbst und Schütz vor meiner Abreise aus den dortigen Gegenden nicht gesehen zu haben! Sie wissen die Ursachen, die mich von der Ueberfahrt nach Jena abhielten, mein theuest [2] Schlegel, und werden mich entschuldigen. Eine mildere Jahreszeit und günstiger zusammentreffende Umstände machen mir vielleicht auf Ostern die Ausführung dieses längst gehegten Lieblingswunsches möglich. Versichern sie unterdess Schiller meiner aufrichtigsten Achtung und Liebe. Es freut mich, dass der Verfasser jener Anzeige in der Hamb. Zeit. jetzt allgemein bekannt ist.
Nie, nie wird sich mein Satyr auf irgend eine Auctorität in der Welt, sie heisse auch, wie sie wolle, durch Angriffe an Genie und Kunst versündigen.
[3] An die Cosmopoliten.
über meine persönlichen Angriffe.
Ach liebe Herren, habt Geduld!
Nicht ich – der Reim allein ist Schuld.
Wie gerne pries ich Armer nicht
Durch ein erhabnes Lobgedicht
Den hallischen Cosmopoliten!
Ach! warum reimt auf Rübezahl ++
Sich weiter nichts als – kahl und Schaal
Und – Nieten nichts als kahle Nieten.
Rübezahl s. das erst – St. vom Cosmopolit. und die Erzählung unter diesem Nahmen.
–
Ihr fragt wie das Journal, bey Schiff
Das Publicum empfing? – Es pfiff
Antwortet mir der Reim zum Possen.
Statt Fichte nennt der Reim mir Bek,
Und will ich Schiller oder Schrökch
So tölpelt Er daher – mit Vossen.
[4] Oft denk ich so in meinem Sin:
Falk, setz dich an den Schreibtisch hin,
Vergleiche La Fontain mit Göthen,
Mit xxx xxx Manso, – Herder, Voss und Gleim:
Dass Gott erbarm, da komt der Reim
Und mit dem Reim – das Schamerröthen
Ihr Musen, hebʼ ich pomphaft an:
Wer dichtete den Heimer an?
O reimt ein Lob auf La Fontainen!
Die Muse lächelt und ist Still
Und zwingt, so gern ich weinen will
Bey Claras Briefen mich – zu gähnen.
Drum, liebe Herren, habt Geduld!
Nicht ich – der Reim allein ist Schuld.
[5] Was sagen sie zu dem unsäglich platten Gewäsch über die Xenien in dem hallischen Cosmopoliten? St. 1. So viel Arroganz mit so viel beygemischter Plumpheit und einer gänzlichen Unwissenheit der gemeinsten Gegenstände, ist doch wohl nur in Deutschland einheimisch.– Nicht Nicht die gewöhnlichsten Beziehungen kan auf Mythologie und Literaturgeschichte sind diesem Recens. geläufig. – Sie können denken was ich mit Wolf mich darüber ganz öffentlich lustig mache!
Aber aber die Wehen kommen nach! [6] Dieser vortrefliche Kopf, Herr Krause, Lehrer am Pädagogium Sprachorgan des Herrn Prof. Niemeyers, vertrauter Freund von dem grossen Geschichtschreiber Voss, un der da ist ein Freund des noch grössern Romanschreibers La Fontaines, und des unsterblichen Herausgebers der Annalen, hatte schon in dieser letzten Zeitschrift durch die Recension der Horen sein kritisches Talent hinlänglich bewährt., beglaubigt und beurkundet. Man hatte schon bey Gelegenheit der Annalen alles [7] aufgeboten, um mich zu einem Partheygänger zu machen. Da ich dies aber, ganz rund von der Hand wies, und nie ein Jota in die Annalen schickte, so ergrimmten sie darob in ihrem Herzen, und Herr Krause macht im zweyten Stücke des Cosmopoliten einen Versuch mich in den Koth zu treten. – Diese Herren (Niemeyer La Fontaine) kennen keinen andern Zweck der Poesie und Kunst als Poesie Moral und Humanität. Denken sie nun selbst wie weit [8] nach dieser engbrüstigen Theorie La Fontain über Göthen Niemeyer über Schillern erhaben ist. Ueber Auf die Xenien sind sie bitterböse. Es ist so moralisch schön die Parthey der Leidenden zu nehmen. – Auch zweifle ich nicht der Herr Conststorialrath Niemey werde in seinem Philotas für Leidende, bey einer neuen Ausgabe, als Gegengift der Xenien einen ausdrücklichen Appendix zum Trost für elende Scribenten anhängen.– Wären diese cosmopolitischen Flugblätter nicht zu dunkel und unbedeutend, um ihnen durch Angriffe Wichtigkeit zu geben, so würde ich gerade zu die Herren aus ihrer Anonymität hervorziehn. [9] Längst schon habe ich daran gedacht unserm Schiller etwas in die Horen einzuschicken, – und so sonderbar es klingt, so war es doch bloss meine Keckheit, die mich Schüchtern machte. Die zuweilen eingemischten Persönlichkeiten meiner Satiren machten mich sind für den Zweck dieser Zeitschrift bedenklich. – So bald mir irgend etwas gelingt, dass nicht ganz, mit Schiller oder Göthen zu reden, über den Schlagbaum wegzieht, so schreib ich selbst an Schiller den Herausgeber. – Wolf ist recht munter. Er lässt sie und ihren Bruder herzlich grüssen. Wir sprechen Uns täglich. Er fand es ausserordendtlich brav, dass sie in ihrer Recens. [10] der Almanache den Göttingern uber ihren Kaltsinn gegen den verewigten Bürger so unverhohlen die Meinung heraussagen. –.– Bey Voss wünschte Er etwas mehr mildernde Schonung in Ausdrücken und, in der Tonart, liebster Freund, ich kann ihnen selbst meine HerzensMeinung hierüber nicht verbergen, auch ich wünschte es –, besonders in Rücksicht der kränklichen Umstände des Dichters, die sie freylich als Kritiker weniger als seine Herzensfreunde angehen, solche Ausdrücke als „Gipfel hausbackner Poesie“ aus ihrer trefflichen Recension hinweg. Uebrigens so ungern ich dies Geständniss thue, lieber Schlegel, so muss ich dennoch zur Steuer der Wahrheit bekennen [11] dass ihr Tadel einzelne Puncte ausgenommen, gerecht, und mir wie aus der Seele geschrieben ist. – Ueberhaupt scheint mir die erste Recension des Voss. Alm. eine der glänzensten, die ich seit langer Zeit in der allg. Litt. gelesen habe, auch in Rücksicht desr Stils Diction hat sie sehr ausgezeichnete Vorzüge. – Sie oder keiner, lieber Schl. haben die unerlässliche Verbindlichkeit auf sich ein classischer Schriffteller bey unsrer Nation zu werden. Auf die Fortsetzung der Agn. von Lili. ist man hier, wie in Weimar, allgemein gespant. So schön dies Stück ist, scheint es mir dennoch durchaus nicht von Gö[12]then. Dies erbiete ich mich, wenn ihnen etwas daran liegt, aus unwiderleglichen Criterien darzuthun. – – Leben sie wohl liebst Schlegel grüssen sie Schiller, Schütz, Humbold, ihren Bruder (dessen Bemerkungen uber die griechisch Liter. ich jetzt einen sehr schönen geistigen Genuss verdanke) Hufeland, Woltman und ihr liebes, herrliches Weib. – Unabänderlich ihr
Freund F.
P. S.
Sie wollen so gefällig seyn eine Anzeige von meinem Taschenbuch zu übernehmen. Dürft ich sie dringend bitten diesen freundschaftlichen Entschluss bald und vor Ostern auszuführen. – Sie wissen dass die Comissionsartikel vor Ostern remittirt werden. – Wollen sie also auf die Verbreitung des Büchleins einigermassen wirken, so kann dies nicht bald genug geschehen. – Uebrigens verstehet es sich von selbst, dass mir jed. mit Gründen belegter Tadel von einem so fein fühlenden Kunstrichter, wie sie, willkommen ist.
Mein theuerster
innigst geliebter
Schlegel.
Ich habe den Entschluss gefasst wieder eine Zeitlang im Zirkel meiner hallischen Freunde zu verleben. Wie sehr bedaure ich es unsern vortreflichen Schiller, den liebenswürdigen Humbold und vor allen Dingen Sie selbst und Schütz vor meiner Abreise aus den dortigen Gegenden nicht gesehen zu haben! Sie wissen die Ursachen, die mich von der Ueberfahrt nach Jena abhielten, mein theuest [2] Schlegel, und werden mich entschuldigen. Eine mildere Jahreszeit und günstiger zusammentreffende Umstände machen mir vielleicht auf Ostern die Ausführung dieses längst gehegten Lieblingswunsches möglich. Versichern sie unterdess Schiller meiner aufrichtigsten Achtung und Liebe. Es freut mich, dass der Verfasser jener Anzeige in der Hamb. Zeit. jetzt allgemein bekannt ist.
Nie, nie wird sich mein Satyr auf irgend eine Auctorität in der Welt, sie heisse auch, wie sie wolle, durch Angriffe an Genie und Kunst versündigen.
[3] An die Cosmopoliten.
über meine persönlichen Angriffe.
Ach liebe Herren, habt Geduld!
Nicht ich – der Reim allein ist Schuld.
Wie gerne pries ich Armer nicht
Durch ein erhabnes Lobgedicht
Den hallischen Cosmopoliten!
Ach! warum reimt auf Rübezahl ++
Sich weiter nichts als – kahl und Schaal
Und – Nieten nichts als kahle Nieten.
Rübezahl s. das erst – St. vom Cosmopolit. und die Erzählung unter diesem Nahmen.
–
Ihr fragt wie das Journal, bey Schiff
Das Publicum empfing? – Es pfiff
Antwortet mir der Reim zum Possen.
Statt Fichte nennt der Reim mir Bek,
Und will ich Schiller oder Schrökch
So tölpelt Er daher – mit Vossen.
[4] Oft denk ich so in meinem Sin:
Falk, setz dich an den Schreibtisch hin,
Vergleiche La Fontain mit Göthen,
Mit xxx xxx Manso, – Herder, Voss und Gleim:
Dass Gott erbarm, da komt der Reim
Und mit dem Reim – das Schamerröthen
Ihr Musen, hebʼ ich pomphaft an:
Wer dichtete den Heimer an?
O reimt ein Lob auf La Fontainen!
Die Muse lächelt und ist Still
Und zwingt, so gern ich weinen will
Bey Claras Briefen mich – zu gähnen.
Drum, liebe Herren, habt Geduld!
Nicht ich – der Reim allein ist Schuld.
[5] Was sagen sie zu dem unsäglich platten Gewäsch über die Xenien in dem hallischen Cosmopoliten? St. 1. So viel Arroganz mit so viel beygemischter Plumpheit und einer gänzlichen Unwissenheit der gemeinsten Gegenstände, ist doch wohl nur in Deutschland einheimisch.– Nicht Nicht die gewöhnlichsten Beziehungen kan auf Mythologie und Literaturgeschichte sind diesem Recens. geläufig. – Sie können denken was ich mit Wolf mich darüber ganz öffentlich lustig mache!
Aber aber die Wehen kommen nach! [6] Dieser vortrefliche Kopf, Herr Krause, Lehrer am Pädagogium Sprachorgan des Herrn Prof. Niemeyers, vertrauter Freund von dem grossen Geschichtschreiber Voss, un der da ist ein Freund des noch grössern Romanschreibers La Fontaines, und des unsterblichen Herausgebers der Annalen, hatte schon in dieser letzten Zeitschrift durch die Recension der Horen sein kritisches Talent hinlänglich bewährt., beglaubigt und beurkundet. Man hatte schon bey Gelegenheit der Annalen alles [7] aufgeboten, um mich zu einem Partheygänger zu machen. Da ich dies aber, ganz rund von der Hand wies, und nie ein Jota in die Annalen schickte, so ergrimmten sie darob in ihrem Herzen, und Herr Krause macht im zweyten Stücke des Cosmopoliten einen Versuch mich in den Koth zu treten. – Diese Herren (Niemeyer La Fontaine) kennen keinen andern Zweck der Poesie und Kunst als Poesie Moral und Humanität. Denken sie nun selbst wie weit [8] nach dieser engbrüstigen Theorie La Fontain über Göthen Niemeyer über Schillern erhaben ist. Ueber Auf die Xenien sind sie bitterböse. Es ist so moralisch schön die Parthey der Leidenden zu nehmen. – Auch zweifle ich nicht der Herr Conststorialrath Niemey werde in seinem Philotas für Leidende, bey einer neuen Ausgabe, als Gegengift der Xenien einen ausdrücklichen Appendix zum Trost für elende Scribenten anhängen.– Wären diese cosmopolitischen Flugblätter nicht zu dunkel und unbedeutend, um ihnen durch Angriffe Wichtigkeit zu geben, so würde ich gerade zu die Herren aus ihrer Anonymität hervorziehn. [9] Längst schon habe ich daran gedacht unserm Schiller etwas in die Horen einzuschicken, – und so sonderbar es klingt, so war es doch bloss meine Keckheit, die mich Schüchtern machte. Die zuweilen eingemischten Persönlichkeiten meiner Satiren machten mich sind für den Zweck dieser Zeitschrift bedenklich. – So bald mir irgend etwas gelingt, dass nicht ganz, mit Schiller oder Göthen zu reden, über den Schlagbaum wegzieht, so schreib ich selbst an Schiller den Herausgeber. – Wolf ist recht munter. Er lässt sie und ihren Bruder herzlich grüssen. Wir sprechen Uns täglich. Er fand es ausserordendtlich brav, dass sie in ihrer Recens. [10] der Almanache den Göttingern uber ihren Kaltsinn gegen den verewigten Bürger so unverhohlen die Meinung heraussagen. –.– Bey Voss wünschte Er etwas mehr mildernde Schonung in Ausdrücken und, in der Tonart, liebster Freund, ich kann ihnen selbst meine HerzensMeinung hierüber nicht verbergen, auch ich wünschte es –, besonders in Rücksicht der kränklichen Umstände des Dichters, die sie freylich als Kritiker weniger als seine Herzensfreunde angehen, solche Ausdrücke als „Gipfel hausbackner Poesie“ aus ihrer trefflichen Recension hinweg. Uebrigens so ungern ich dies Geständniss thue, lieber Schlegel, so muss ich dennoch zur Steuer der Wahrheit bekennen [11] dass ihr Tadel einzelne Puncte ausgenommen, gerecht, und mir wie aus der Seele geschrieben ist. – Ueberhaupt scheint mir die erste Recension des Voss. Alm. eine der glänzensten, die ich seit langer Zeit in der allg. Litt. gelesen habe, auch in Rücksicht desr Stils Diction hat sie sehr ausgezeichnete Vorzüge. – Sie oder keiner, lieber Schl. haben die unerlässliche Verbindlichkeit auf sich ein classischer Schriffteller bey unsrer Nation zu werden. Auf die Fortsetzung der Agn. von Lili. ist man hier, wie in Weimar, allgemein gespant. So schön dies Stück ist, scheint es mir dennoch durchaus nicht von Gö[12]then. Dies erbiete ich mich, wenn ihnen etwas daran liegt, aus unwiderleglichen Criterien darzuthun. – – Leben sie wohl liebst Schlegel grüssen sie Schiller, Schütz, Humbold, ihren Bruder (dessen Bemerkungen uber die griechisch Liter. ich jetzt einen sehr schönen geistigen Genuss verdanke) Hufeland, Woltman und ihr liebes, herrliches Weib. – Unabänderlich ihr
Freund F.
P. S.
Sie wollen so gefällig seyn eine Anzeige von meinem Taschenbuch zu übernehmen. Dürft ich sie dringend bitten diesen freundschaftlichen Entschluss bald und vor Ostern auszuführen. – Sie wissen dass die Comissionsartikel vor Ostern remittirt werden. – Wollen sie also auf die Verbreitung des Büchleins einigermassen wirken, so kann dies nicht bald genug geschehen. – Uebrigens verstehet es sich von selbst, dass mir jed. mit Gründen belegter Tadel von einem so fein fühlenden Kunstrichter, wie sie, willkommen ist.