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Johann Daniel Falk to August Wilhelm von Schlegel

[1] Halle im Febr.
Mein theuerster
innigst geliebter
Schlegel.
Ich habe den Entschluss gefasst wieder eine Zeitlang im Zirkel meiner hallischen Freunde zu verleben. Wie sehr bedaure ich es
unsern vortreflichen Schiller, den liebenswürdigen Humbold und vor allen Dingen Sie selbst und Schütz vor meiner Abreise aus den dortigen Gegenden nicht gesehen zu haben! Sie wissen die Ursachen, die mich von der Ueberfahrt nach Jena abhielten, mein theuest [2] Schlegel, und werden mich entschuldigen. Eine mildere Jahreszeit und günstiger zusammentreffende Umstände machen mir vielleicht auf Ostern die Ausführung dieses längst gehegten Lieblingswunsches möglich. Versichern sie unterdess Schiller meiner aufrichtigsten Achtung und Liebe. Es freut mich, dass der Verfasser jener Anzeige in der Hamb. Zeit. jetzt allgemein bekannt ist.
Nie, nie wird sich
mein Satyr auf irgend eine Auctorität in der Welt, sie heisse auch, wie sie wolle, durch Angriffe an Genie und Kunst versündigen.
[3] An die Cosmopoliten.
über meine persönlichen Angriffe.

Ach liebe Herren, habt Geduld!
Nicht ich – der Reim allein ist Schuld.
Wie gerne pries ich Armer nicht
Durch ein erhabnes Lobgedicht
Den hallischen Cosmopoliten!
Ach! warum reimt auf
Rübezahl ++
Sich weiter nichts als – kahl und Schaal
Und – Nieten nichts als kahle Nieten.
Rübezahl s. das erst – St. vom Cosmopolit. und
die Erzählung unter diesem Nahmen.

Ihr fragt wie das Journal, bey Schiff
Das Publicum empfing? – Es pfiff
Antwortet mir der Reim zum Possen.
Statt
Fichte nennt der Reim mir Bek,
Und will ich
Schiller oder Schrökch
So tölpelt Er daher – mit
Vossen.
[4] Oft denk ich so in meinem Sin:
Falk, setz dich an den Schreibtisch hin,
Vergleiche
La Fontain mit Göthen,
Mit
xxx xxx Manso,Herder, Voss und Gleim:
Dass Gott erbarm, da komt der Reim
Und mit dem Reim – das Schamerröthen
Ihr Musen, hebʼ ich pomphaft an:
Wer dichtete den
Heimer an?
O reimt ein Lob auf La Fontainen!
Die Muse lächelt und ist Still
Und zwingt, so gern ich weinen will
Bey
Claras Briefen mich – zu gähnen.
Drum, liebe Herren, habt Geduld!
Nicht ich – der Reim allein ist Schuld.

[5] Was sagen sie zu dem unsäglich platten Gewäsch über die Xenien in dem hallischen Cosmopoliten? St. 1. So viel Arroganz mit so viel beygemischter Plumpheit und einer gänzlichen Unwissenheit der gemeinsten Gegenstände, ist doch wohl nur in Deutschland einheimisch.– Nicht Nicht die gewöhnlichsten Beziehungen kan auf Mythologie und Literaturgeschichte sind diesem Recens. geläufig. – Sie können denken was ich mit Wolf mich darüber ganz öffentlich lustig mache!
Aber aber die Wehen kommen nach!
[6] Dieser vortrefliche Kopf, Herr Krause, Lehrer am Pädagogium Sprachorgan des Herrn Prof. Niemeyers, vertrauter Freund von dem grossen Geschichtschreiber Voss, un der da ist ein Freund des noch grössern Romanschreibers La Fontaines, und des unsterblichen Herausgebers der Annalen, hatte schon in dieser letzten Zeitschrift durch die Recension der Horen sein kritisches Talent hinlänglich bewährt., beglaubigt und beurkundet. Man hatte schon bey Gelegenheit der Annalen alles [7] aufgeboten, um mich zu einem Partheygänger zu machen. Da ich dies aber, ganz rund von der Hand wies, und nie ein Jota in die Annalen schickte, so ergrimmten sie darob in ihrem Herzen, und Herr Krause macht im zweyten Stücke des Cosmopoliten einen Versuch mich in den Koth zu treten. – Diese Herren (Niemeyer La Fontaine) kennen keinen andern Zweck der Poesie und Kunst als Poesie Moral und Humanität. Denken sie nun selbst wie weit [8] nach dieser engbrüstigen Theorie La Fontain über Göthen Niemeyer über Schillern erhaben ist. Ueber Auf die Xenien sind sie bitterböse. Es ist so moralisch schön die Parthey der Leidenden zu nehmen. – Auch zweifle ich nicht der Herr Conststorialrath Niemey werde in seinem Philotas für Leidende, bey einer neuen Ausgabe, als Gegengift der Xenien einen ausdrücklichen Appendix zum Trost für elende Scribenten anhängen.– Wären diese cosmopolitischen Flugblätter nicht zu dunkel und unbedeutend, um ihnen durch Angriffe Wichtigkeit zu geben, so würde ich gerade zu die Herren aus ihrer Anonymität hervorziehn. [9] Längst schon habe ich daran gedacht unserm Schiller etwas in die Horen einzuschicken, – und so sonderbar es klingt, so war es doch bloss meine Keckheit, die mich Schüchtern machte. Die zuweilen eingemischten Persönlichkeiten meiner Satiren machten mich sind für den Zweck dieser Zeitschrift bedenklich. – So bald mir irgend etwas gelingt, dass nicht ganz, mit Schiller oder Göthen zu reden, über den Schlagbaum wegzieht, so schreib ich selbst an Schiller den Herausgeber. – Wolf ist recht munter. Er lässt sie und ihren Bruder herzlich grüssen. Wir sprechen Uns täglich. Er fand es ausserordendtlich brav, dass sie in ihrer Recens. [10] der Almanache den Göttingern uber ihren Kaltsinn gegen den verewigten Bürger so unverhohlen die Meinung heraussagen. –.– Bey Voss wünschte Er etwas mehr mildernde Schonung in Ausdrücken und, in der Tonart, liebster Freund, ich kann ihnen selbst meine HerzensMeinung hierüber nicht verbergen, auch ich wünschte es –, besonders in Rücksicht der kränklichen Umstände des Dichters, die sie freylich als Kritiker weniger als seine Herzensfreunde angehen, solche Ausdrücke als „Gipfel hausbackner Poesie“ aus ihrer trefflichen Recension hinweg. Uebrigens so ungern ich dies Geständniss thue, lieber Schlegel, so muss ich dennoch zur Steuer der Wahrheit bekennen [11] dass ihr Tadel einzelne Puncte ausgenommen, gerecht, und mir wie aus der Seele geschrieben ist. – Ueberhaupt scheint mir die erste Recension des Voss. Alm. eine der glänzensten, die ich seit langer Zeit in der allg. Litt. gelesen habe, auch in Rücksicht desr Stils Diction hat sie sehr ausgezeichnete Vorzüge. – Sie oder keiner, lieber Schl. haben die unerlässliche Verbindlichkeit auf sich ein classischer Schriffteller bey unsrer Nation zu werden. Auf die Fortsetzung der Agn. von Lili. ist man hier, wie in Weimar, allgemein gespant. So schön dies Stück ist, scheint es mir dennoch durchaus nicht von [12]then. Dies erbiete ich mich, wenn ihnen etwas daran liegt, aus unwiderleglichen Criterien darzuthun. – – Leben sie wohl liebst Schlegel grüssen sie Schiller, Schütz, Humbold, ihren Bruder (dessen Bemerkungen uber die griechisch Liter. ich jetzt einen sehr schönen geistigen Genuss verdanke) Hufeland, Woltman und ihr liebes, herrliches Weib. – Unabänderlich ihr
Freund F.
P. S.
Sie wollen so gefällig seyn
eine Anzeige von meinem Taschenbuch zu übernehmen. Dürft ich sie dringend bitten diesen freundschaftlichen Entschluss bald und vor Ostern auszuführen. – Sie wissen dass die Comissionsartikel vor Ostern remittirt werden. – Wollen sie also auf die Verbreitung des Büchleins einigermassen wirken, so kann dies nicht bald genug geschehen. – Uebrigens verstehet es sich von selbst, dass mir jed. mit Gründen belegter Tadel von einem so fein fühlenden Kunstrichter, wie sie, willkommen ist.
Places
Personen
Corporations
Journals
Works
  • Falk, Johann Daniel   grüßen  Schiller, Friedrich
  • Falk, Johann Daniel   grüßen  Schütz, Christian Gottfried
  • Falk, Johann Daniel   grüßen  Humboldt, Wilhelm von
  • Falk, Johann Daniel   grüßen  Schlegel, Friedrich von
  • Falk, Johann Daniel   grüßen  Hufeland, Gottlieb
  • Falk, Johann Daniel   grüßen  Woltmann, Karl Ludwig von
  • Falk, Johann Daniel   grüßen  Schelling, Caroline von
  • Falk, Johann Daniel   grüßen lassen  Schlegel, August Wilhelm von
  • Falk, Johann Daniel   Nicht-Begegnung  beklagen  Schiller, Friedrich
  • Falk, Johann Daniel   Nicht-Begegnung  beklagen  Humboldt, Wilhelm von
  • Falk, Johann Daniel   Nicht-Begegnung  beklagen  Schlegel, August Wilhelm von
  • Falk, Johann Daniel   Nicht-Begegnung  beklagen  Schütz, Christian Gottfried
  • Falk, Johann Daniel   Nicht-Begegnung  sich entschuldigen  Schlegel, August Wilhelm von
  • Falk, Johann Daniel   Begegnung  erhoffen  Schlegel, August Wilhelm von
  • Falk, Johann Daniel   wertschätzen  Schiller, Friedrich
  • Falk, Johann Daniel   Abschrift  Falk, Johann Daniel: An die Cosmopoliten über meine persönlichen Angriffe
  • Falk, Johann Daniel   Meinungsäußerung  erbitten  Anonymus: Die Xenien in Schillers Almanache für das Jahr 1797 (Rezension)
  • Falk, Johann Daniel   Meinungsäußerung  erbitten  Anonymus: Relation von dem durch die Xenien veranlaßten Wesen und Unwesen in der litterärischen Welt; in Briefen an einen außerhalb dieser Welt lebenden Freund (1797)
  • Falk, Johann Daniel   Meinungsäußerung  erbitten  Schlegel, August Wilhelm von
  • Falk, Johann Daniel   negativ bewerten  Anonymus: Die Xenien in Schillers Almanache für das Jahr 1797 (Rezension)
  • Falk, Johann Daniel   negativ bewerten  Anonymus: Relation von dem durch die Xenien veranlaßten Wesen und Unwesen in der litterärischen Welt; in Briefen an einen außerhalb dieser Welt lebenden Freund (1797)
  • Falk, Johann Daniel   verspotten  Anonymus: Die Xenien in Schillers Almanache für das Jahr 1797 (Rezension)
  • Wolf, Friedrich August  verspotten  Anonymus: Die Xenien in Schillers Almanache für das Jahr 1797 (Rezension)
  • Falk, Johann Daniel   verspotten  Anonymus: Relation von dem durch die Xenien veranlaßten Wesen und Unwesen in der litterärischen Welt; in Briefen an einen außerhalb dieser Welt lebenden Freund (1797)
  • Wolf, Friedrich August  verspotten  Anonymus: Relation von dem durch die Xenien veranlaßten Wesen und Unwesen in der litterärischen Welt; in Briefen an einen außerhalb dieser Welt lebenden Freund (1797)
  • Falk, Johann Daniel   Autorschaftsattribution  Anonymus: Urtheil über Falks satirischen Almanach
  • Falk, Johann Daniel   Autorschaftsattribution  Krause, Christian Siegmund
  • Falk, Johann Daniel   tadeln  Niemeyer, August Hermann
  • Falk, Johann Daniel   tadeln  Lafontaine, August Heinrich Julius
  • Falk, Johann Daniel   Manuskriptsendung  ankündigen  Schiller, Friedrich
  • Wolf, Friedrich August  grüßen  Schlegel, August Wilhelm von
  • Wolf, Friedrich August  grüßen  Schlegel, Friedrich von
  • Wolf, Friedrich August  grüßen lassen  Falk, Johann Daniel
  • Wolf, Friedrich August  positiv bewerten  Schlegel, August Wilhelm von: Almanache von Voß und Reinhard (Rezension)
  • Schlegel, August Wilhelm von  verteidigen  Bürger, Gottfried August
  • Schlegel, August Wilhelm von  tadeln  Voß, Johann Heinrich
  • Wolf, Friedrich August  tadeln  Schlegel, August Wilhelm von
  • Falk, Johann Daniel   tadeln  Schlegel, August Wilhelm von
  • Falk, Johann Daniel   positiv bewerten  Schlegel, August Wilhelm von: Almanache von Voß und Reinhard (Rezension)
  • Falk, Johann Daniel   Fortsetzung  interessiert sein  Wolzogen, Karoline von: Agnes von Lilien
  • Falk, Johann Daniel   positiv bewerten  Wolzogen, Karoline von: Agnes von Lilien
  • Falk, Johann Daniel   Rezension  erinnern  Schlegel, August Wilhelm von: Falk, Johann Daniel: Taschenbuch für Freunde des Scherzes und der Satire (Rezension)
Metadata Concerning Header
  • Date: Februar [1797]
  • Sender: Johann Daniel Falk ·
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel ·
  • Place of Dispatch: Halle (Saale) · ·
  • Place of Destination: Jena · ·
Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 343347008
  • Bibliography: Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Gesammelt und erläutert durch Josef Körner. Bd. 1. Zürich u.a. 1930, S. 54‒55.
Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-1a-33563
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.8,Nr.6 und Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.8,Nr.5
  • Number of Pages: 12 S. auf Doppelbl., hs.
  • Format: 17,4 x 10,7 cm
Language
  • German
Editors
  • Bamberg, Claudia
  • Varwig, Olivia

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