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Johann Joachim Eschenburg to August Wilhelm von Schlegel

[1] Braunschweig, d. 5. Jun. 97.
Es konnte mir nicht anders als sehr angenehm und erfreulich seyn, mein theuerster Herr Rath, den Anfang Ihrer metrischen Uebersetzung des Shakspeare, deren Verdienste und Vorzüge ich willig anerkenne, aus den Händen ihres von mir längst hochgeschätzten Verfassers selbst zu erhalten. Empfangen Sie also für diesen Beweis Ihrer freundschaftlichen Gewogenheit meinen wärmsten Dank. Ueberzeugt von den wesentlichen Vortheilen, welche die deutschen Leser des Dichters durch Ihre glückliche und talentvolle Bearbeitung erhalten würden, war ich wirklich schon so gut wie entschlossen, meine bisherige Hoffnung und vorläufige Veranstaltung einer neuen Ausgabe der ältern Uebersetzung völlig aufzugeben, vollends nachdem ich erfuhr, daß Sie mit meinen Verlegern in Zürich über den Verlag Ihrer Arbeit in Unterhandlungen begriffen wären, deren Vollziehung dann von selbst jene Hoffnung würde vereitelt, und die neue Uebersetzung ganz in die Stelle der alten würde gesetzt haben. Ich hatte ohnehin der litterarischen Beschäftigungen genug, um die Aufopferung dieser so sehr nicht bereuen zu dürfen, und meine Eigenliebe müßte [2] sehr groß gewesen seyn, wenn ich diese Aufopferung für sonderlichen Verlust für unser deutsches Publikum hätte halten können. Ich kann es daher auch nur für eine allzu höfliche und schmeichelhafte Aeußerung Ihres Briefes ansehen, wenn Sie mir, bei meinem Bewußtsein von jenen Unterhandlungen, die Versicherung geben, Ihre Arbeit habe auf keine Weise ein Hinderniß an der Wiederholung der meinigen seyn sollen und können, und Sie würden sich aus der Unterbleibung der letztern einen Vorwurf gemacht haben, wenn ich bei meinem Entschlusse, den ich Ihnen im vorigen Sommer mündlich, und nicht lange hernach in der deutschen Monatsschrift öffentlich äußerte, geblieben wäre. Auf Ehre kann ich Ihnen versichern, daß es mir mit diesem Entschlusse voller Ernst war, und daß ich meiner Seits keinen Schritt gethan habe, ihm zuwider zu handeln. Daß ich ihm aber nicht treu blieb, wurde durch den Antrag meiner Verleger veranlaßt, die mir meldeten, daß sich die Unterhandlungen mit Ihnen zerschlagen hätten, und daß sie Willens wären, eine zwiefache neue Auflage der von mir besorgten Uebersetzung zu veranstalten. Jetzt glaubte ich es mir und den Meinigen schuldig zu seyn, diesen Antrag nicht von der Hand zu weisen, zumal da die Verleger meine Bedingungen ohne [3] Bedenken eingiengen, und da die Rede von einer Arbeit war, zu der ich mich schon mehrere Jahre hindurch angeschickt hatte, und auf deren Veranstaltung ich bisher einiges gegründete und nächste Recht zu haben glaubte. Ich machte mich also daran, und habe die neue Durchsicht des ersten Bandes schon vor zwei Monaten vollendet, und nach Zürich übersandt. So verhält sich die Sache buchstäblich; und bei unsern bisherigen freundschaftlichen Verhältnissen glaube ich Ihnen diese freimüthige Eröffnung schuldig zu seyn. Ich bin außer Verantwortung, wenn die Unternehmung meiner Verleger mißlingt, wenn das Publikum, das immer gern nach allgemeiner Vergleichung urtheilt, hier aber nicht blos dem Neuen, sondern auch dem Bessern, den Vorzug geben würde, eine neue Auflage der ältern Uebersetzung gleichgültig aufnimmt.
Bei der neuen Ausgabe werde ich die in den neuesten Ausgaben des Originals gewählte Ordnung der Schauspiele befolgen; und der erste Band wird den Sturm, die beiden Veroneser, und die lustigen Weiber zu Windsor enthalten.
Mir, dem häusliche Glückseligkeit mehr gilt, als aller gelehrte Ruhm, kann es nicht anders, als äußerst angenehm seyn, daß Sie die meinige immer noch interessirt, und daß auch Sie dieses auf die Dauer doch gewiß vorzüglichsten Glücks [4] gleichfalls genießen. Wir sind alle wohl; mein ältester Sohn ist vor fünf Wochen, die Rechte zu studiren, nach Göttingen abgegangen, wo er bei dem Sup. Wagemann Wohnung und Tisch gefunden hat, und sehr gut aufgehoben ist.
Ihrer würdigen Frau Gemahlin und Ihrem Herrn Bruder, dessen öffentliche Arbeiten mich freuen und belehren, empfehlen Sie mein und meiner guten Frau ferneres Andenken.
Der Ihrige,
Eschenburg.
Herrn Justizrath Hufeland und Hofr. Schütz empfehle ich mich bestens.
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  • Eschenburg, Johann Joachim  grüßen lassen  Schlegel, August Wilhelm von
  • Eschenburg, Marie Dorothea  grüßen  Schelling, Caroline von
  • Eschenburg, Marie Dorothea  grüßen  Schlegel, Friedrich von
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Metadata Concerning Header
  • Date: Montag, 5. Juni 1797
  • Sender: Johann Joachim Eschenburg ·
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel ·
  • Place of Dispatch: Braunschweig · ·
  • Place of Destination: Jena · ·
Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 362653771
  • Bibliography: Bernays, Michael: Zur Entstehungsgeschichte des Schlegelschen Shakespeare. Leipzig 1872, S. 256‒257.
Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-1a-33449
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.7,Nr.86
  • Number of Pages: 4S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 20,4 x 12,5 cm
Language
  • German

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