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Johanna Christiane Erdmuthe Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

[1] Lieber Willhelm
Vielen Dank daß Du geschrieben hast, und uns nicht länger warden lassen. Es macht mir immer Aengstlichkeit, wenn die Briefe von meinen Lieben Kindern so lange außen bleiben. Du wirst dencken wir hätten auch wohl schreiben könen, aber ich dachte immer ich wollte erst die völlige Entscheidung Deines Schücksals abwarten. Es ist fatal daß es so lange währt, wir haben die Sache schon so gut als entschieden an gesehn, Den in den Haubt Dingen, ward ihr ja schon einig. und da Deine Lagen u Aussichten wie sie gegenwärdig sind so sind, daß ich es wünschen mußte daß es so kämme so rathe ich Dir auch Lieber Willhelm, wenn es nicht Haubt Dinge sind, nicht so sehr darauf zu bestehn. Die Rehbergen der ich es im Vertrauen sagte nahm es als ein Glück, besonders die Aussicht auf die Reiße die paar Jahr in Amsterdam gehn ja bald hin, dann wird doch Deine Lage beßer in vielen Betracht, und ich brünge dem Vortheil auch sehr in Anschlag daß Du noch Jura stutiren kannst, Du past Dich hernach in mehrere Fächer u Du must doch am Ende ein gut Capital zusammen sparen, wenn Du Haus hälst wie ich es Dir zutraue. Den was sind die Eitelkeiten u vergnügungen, gegen die Ruhe die es Dir geben würde, wenn Du am Ende der 8 Jahr so viel hättest, daß Du zur noth leben könntest. Fündest Du es unnatürlich, vor eine Dich liebenden Mutter, daß sie wünscht daß Du Dich auf die Art verbündet, so muß ich Dir sagen daß mich daß hohe Alter, u die zu nehmende Schwäche des Vatte Vaters dazu gestümmt hat. Der Vater ist zwar itzo wieder beßer [2] u verrichtet sein Amt wieder, aber der Husten ist nicht ganz weg, u die Unpäßlichkeiten kommen zu oft u der Körper wird doch fast jedes mal etwas schwächer, was durch Gute Pflege geschehn kann geschied, übrigens muß man die Sachen gehen lassen wie sie gehen. Übermäßig viel arbeiten ist nun ein mal sein Bedürfniß, u dabey gar keine Bewegung. Nun Lieber Willhelm es komme nun mit Dir wie es wolle so sey ruhig Du wirst bey uns mit Freuden aufgenommen u der Himmel wird wieder helfen. Daß Du armes Kind so frieren must ist fatal, kann den da vor gar keine Anstalt gemacht werden. Ziehe Dich ja recht warm an daß Du Dich nicht ein mal verkäldest. Die Witterung ist hier auch sehr veränderlich, am meisten neblich u feigt u also ungesund. Hier wüste ich eben nicht viel Neues, daß Dich intereßirte. F v Berlepschen ist itzo hier. Sie giebt zu weilen Feten, wo statt des Spielen geleßen wird, das möchte recht gut seyn, wenn sich der Ehrgeiz u Eidelkeit nicht so sehr ins Spiel mischte, man preparirt sich so lange, u dan leßen doch nur wenige gut, zu erst haben sie von Göten die Ifigenia, dann Emilia Galoti, u am Morgen Don Carlos gelesen. Rehbergs sind dabey, zum zu hören, Morgen wird Herr Rehberg auch lesen, doch nur eine neben Rolle. Caroline hat sich selbst gezeichnet um es an die Vogten zu schücken. Es ist allerliebst gerathen. Ruthlof ist nun seit einigen Wochen von Dreßden wieder hier, er hat so viel Schulden gemacht, daß er nicht erst hat weg kommen können. er hat so schlecht gelebt, daß es ein Greul ist ihm an zu sehn, wie ein Gespenst, soll er aus sehen mit rothen Augen, die Haar zum thei ausgegangen. Ach was machen sich doch die Jungen Leute ungelücklich, wahrscheinlich auf lebens lang. wenn sich nicht der Tot über sie erbarmt u sie bald [3] dahin raft, in Schulden ist er auch zum Theil durch unvorsichtigkeit gekommen. Ruthlof ist ein mal auf den Billard, u Spielt mit den Marqeur u glaubt um sonst, u am Ende hat der 3000 r. angeschriben, welches auch häßlich war, doch hat ihm die Sache viel Verdruß u bey seines gleichen keine Ehre gemacht, besonders weil er nicht zu bezahlen hat es ist auf 3 bis 400 r. herunter acretirt worden. Itzo ist er hier ohne Tittel u ohne Gage muß fleißig arbeiten um bald nach Zelle zu gehen wird gewiß von den seinigen nicht gut aufgenommen seyn. Mit Bürgern seiner Heyrath ist es ja schlecht aus gefallen. man sagt er würde sehr weit herunter kommen. Es ist eine kleine Schrift heraus gekommen, der Tittel ist ohngefehr so, Das letzte Wort an Göttingen. Es sollen Satien auf verschiedene Profeßoren besonders Püttner, die Regirung hätte auch ursache etwas übel zu nehmen. auch soll gesagt seyn, man sähe nun wie es gieng das Heynen die Macht bey Besetzungen, aus den Händen gewunden wäre, auch wegen der Juden daß die das Verderben der Jungen Leute wären. was ich Dir hier von schreibe hat mir die Branze gesagt, ich kann es nicht zu lessen bekommen, ob man es etwann unter Drickt weiß ich nicht. Lottchen mit ihren Mann Befündet sich wohl. In Harburg nicht also. Das arme Minchen hat die Blattern, doch sehr gut, Moritz schreibt sie fingen schon an zu eitern, u so wird sie hofentlich gut durch kommen u es kann guten Einfluß auf ihre Gesundheit haben die noch immer Schwächlich geweßen. Nun ist noch der kleine [4] der mach den Aeltern u uns noch Sorge, er ist zwar gesund u starck, aber die fetten u starcken Kinder sind am meisten in Gefahr, unser Trost ist das die Blattern in Haarburg überhaubt gut artig seyn sollen. Wie geht das zu das Deine Brief nicht wie zu Anfange durch Herrn Milmann besorgt werden? Nun lieber Willhelm lebe wohl. Ich wünsche von Hertze daß es mit Dir so ausfällt wie es vor Deine itzige zufriedenheit u Dein zukünftiges Glück an best ist. Der Vater grüßt Dich hertzlich u wird Dir auch bald schreiben
Mutter Schlegeln
Es freut mich sehr daß Du auf Die Reitbahn gehst
wenn Du nur vor das friren, ausser den warm anziehen rath wistest. Noch eins mir ist ein gefallen ob der Vorschlag von Dir, nehmlich, daß die Belonung nicht zu Ende der Zeit, sondern Jedes Jahr besonders seyn sollte u daß also von beyden Seiden Jedes Jahr könnte abgebrochen werden, Er mag nun wohl glauben, daß wenn Dir was gutes vorfiel, er um Dich wäre. Wenn ich es anders recht verstanden habe, es heist nun zwar Tottesfälle oder Mißvergnügen von einer oder Seide, aber Mißvergnügen, da könnte was von Zaune gebrochen werden wenn man gerne davon wollte. Mir deucht die Belonung am Ende ist davor daß man manches in so langer Zeit sich verschlägt. u vor sein glück nicht so viel thun kann schreib ja bald.
  • Schlegel, Johanna Christiane Erdmuthe  Zeitverzug  besorgt sein  Schlegel, August Wilhelm von
  • Schlegel, Johanna Christiane Erdmuthe  Arbeitsplatz  beraten  Schlegel, August Wilhelm von
  • Schlegel, Johanna Christiane Erdmuthe  Gesundheit  mitteilen  Schlegel, Johann Adolf
  • Schlegel, Johanna Christiane Erdmuthe  Anteilnahme  ausdrücken  Schlegel, August Wilhelm von
  • Berlepsch, Emilie von  Kollektive Lektüre  einladen  Goethe, Johann Wolfgang von: Iphigenie auf Tauris
  • Berlepsch, Emilie von  Kollektive Lektüre  einladen  Lessing, Gotthold Ephraim: Emilia Galotti
  • Berlepsch, Emilie von  Kollektive Lektüre  einladen  Schiller, Friedrich: Don Carlos
  • Schlegel, Johanna Christiane Erdmuthe  Gemälde  loben  Rehberg, Caroline
  • Schlegel, Johanna Christiane Erdmuthe  Schulden  mitteilen  Rudloff, Wilhelm August
  • Brandes, Marie Friederike  mitteilen  Mackensen, Wilhelm Friedrich August: Letztes Wort über Göttingen und seine Lehrer
  • Schlegel, Johanna Christiane Erdmuthe  Gesundheit  mitteilen  Spall, Wilhelmine
  • Schlegel, Karl August Moritz  Gesundheit  besorgt sein  Schlegel, Johann August Adolph
  • Schlegel, Charlotte   Gesundheit  besorgt sein  Schlegel, Johann August Adolph
  • Muilman, Hendrik  Briefsendung  Schlegel, August Wilhelm von
  • Schlegel, Johann Adolf  grüßen  Schlegel, August Wilhelm von
  • Schlegel, Johann Adolf  grüßen lassen  Schlegel, Johanna Christiane Erdmuthe
Metadata Concerning Header
  • Date: [ca. 15. Februar 1792]
  • Sender: Johanna Christiane Erdmuthe Schlegel ·
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel ·
  • Place of Dispatch: Hannover · ·
  • Place of Destination: Amsterdam · ·
Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-611-36881
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.21,Nr.14
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 27,2 x 18,5 cm
Language
  • German
Editors
  • Bamberg, Claudia

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