[1] [Jena] Montag d. 22 Febr. [1802].
Immer muß ich noch schreiben statt reisen. Mein Kutscher kam gestern zu mir und versicherte in seinem Sontagwamms, er würde nicht fahren, wenn er auch 100 rh. damit verdienen könnte, und bey so gestaltem Wetter bedarf denn dieses auch keiner langen Erklärung. Da es indessen jetzt so tüchtig thauet und regnet, so zeigt sich für künftige Woche einige Aussicht, daß sich die Wasser verlaufen haben können, was ich in Geduld abwarte, und besonders noch einen Brief von Dir, ehe ich mich auf den Weg mache. Nach dem lezten, welchen Du an Goethe geschrieben, zu schließen, wird Ion vielleicht am 10ten März noch nicht aufgeführt, nehmlich Du hättest es sonst wohl ausdrücklich bemerkt. Daß Ifland sich höflich bezeugt hat, haben wir nun auf diese Art erfahren; Goethe hatte indeß vorgestern noch nicht den Brief, von dem Ifland gesprochen hat, [2] gesehn, vermuthlich weil er an Kirmes gegangen ist, und G. bis gestern hier war; Mittwoch kommt er wieder und wird dann auch von den Bedingungen Rechenschaft zu geben wissen, doch hoff ich, Du theilst sie mir selbst um die Zeit mit, denn daß ich noch nicht unterwegens bin, wirst Du aus meinen lezten Brief gesehn haben.
Wir haben jetzt den Ion wieder unter den Augen, denn Goethe hat ihn hier gelassen, weil er schnell für das Frankfurter Theater abgeschrieben werden soll, wozu er auch für einen Baumstarken Unteroffizier gesorgt hat, dem Schelling das Manuscript nachsehn muß. G. hat doch noch eine bestimmte Foderung gemacht, und zwar 30 Dukaten. Ist das meinem allerliebsten Schlegel recht? Und will der nicht allernächstens wieder ein Stück machen?
[3] Einige zarte Veränderungen haben wir denn entdeckt mit Bleystift gezeichnet, jene, die ich Dir schon anfangs sagte: Neigung zu der Braut ‒ und wo Ion fragt im lezten Act 1. Sz. (ich schreibe aus dem Gedächtniß):
J. Doch hört ich, euer Bett blieb unfruchtbar.
Xuthus. Das ihre ‒
steht ungefähr:
Daß ihr bisher noch ohne Kinder bliebet.
X. Kreusa ‒
Dann zwischen Ion und Kreusa:
Du weißt wohl, Scham bedrängt die Frauen oft.
ist Scham in etwas von Schickung verwandelt worden, welche die Frauen bedrängt. Es ist genug Dich auf diese Stellen aufmerksam zu machen, so wie Du es überhaupt noch in der Rücksicht durchgehn solltest, denn ich kann Dir nicht bergen, über Anstößigkeit haben sie hintennach doch sehr lamentirt, [4] und das mag auch in der Herzoglichen Loge geschehn seyn. Dies hat nun auf diesem Boden gar nichts zu bedeuten, könnte aber in Berlin nachtheilig werden, so daß, wenn es mit Milderung einiger Ausdrücke gethan ist, Du leicht es darauf noch einmal ansehn magst. Wirklich ist auch die schlichte Rede des Ions: ich höre, ihr habt keine Kinder, in einem kindlichern Ton, wie die andre. Für das Frankfurter Theater wird es mit den kleinen Bleystiftzügen abgeschrieben, aber auch mit denen für Berlin weggelaßnen Reden. Vermuthlich wird die kleine Mlle Bulla, die noch nicht in das Fach der Maitressen einverleibt ist, dort den Ion machen. Hegel erzählt mir, daß sie ein sehr schönes wohlgewachsenes junges Mädchen ist, aber freylich nicht viel mehr wie das.
Ich wünschte, Du schicktest mir derweil noch den berlinischen Aufsatz für die Elegante Zeitung, [5] welche über meine heilige Schwelle nie zu kommen pflegt. Wenn Du es derweil nicht thust, so ists freylich zu spät. Ich habe nichts öffentliches über Turandot sagen mögen, das kann man nun Goethe überlassen für seinen offiziellen Artikel. Um so weniger wollte ich, da sie, denke Dir, ganz allgemein, nach allen Seiten hin, so daß es einem von allen Seiten wieder zukommt, misfallen hat. Die Verständigsten, welche aber darum noch lange nicht verständig sind, sagen, es wäre zu viel Schiller darinn gewesen. Sie haben das wahrscheinlich wo gehört. Es ist ihnen übrigens zu tragisch, zu spashaft, nicht spashaft genug, nicht tragisch zur Gnüge, zu platt, zu hoch, und wenn man nur ausfündig machen könnte, was dem Volk denn eigentlich gefällt, denn was den Nahmen hat, lassen sie sich doch im Grunde nur gefallen. [6] Es hat eine Mlle Maaß aus Berlin mit der Chatinka sehr beyfällig debütirt, Ifland hat sie geschickt, man will etwas Unzeline an ihr bemerken, und der Erfahrung gemäß, daß die Menge alles lieber aus der zweiten Hand nimmt, hat sie sehr mit diesem, vermuthlich sehr schwachen Schimmer entzückt. Goethe giebt sich überhaupt recht viel mit dem Theater ab. Da ich nicht weiß, ob er Dir gleich schreibt, so will ich, selbst auf die Gefahr, daß Du es nicht von mir zuerst hörst, gut seyn und verrathen, was er ungefähr über das eingesandte Intriguenstück denkt. Erstlich hält er es für sehr aufführbar, und er will sehn, daß er die Jagemann dazu anstellt. Es habe den Fehler, daß die Intrigue psychologisch seye, innerlich und nicht sichtbarlich vorgehe. Außerdem aber sey es leicht, grazios, und lustig, kurz er hat es recht gelobt! [7] Du mußt mich nun aber nicht verrathen. Das wäre nicht fein dafür, daß ich Dir nichts vorenthalte. Aus der innerlichen Intrigue schloß ich, so klug wie Zadig beym Voltaire, Du hättest es nicht gemacht, da Du Dich, frisch und kräftig, mit der Psychologie nicht befassest. Hätte ich noch einige Data mehr herausbringen können, als: wie viel löthig das Silber am Gebiß und dergl., so würde ich vielleicht auch dem Verfasser positiv auf die Spur gekommen seyn.
Höre, guter Freund, da Du nun mit Ifland wieder Rede pflegest, kannst Du ihm ja nur grade zu das kleine Stück für die simple Bedingung eines Billets für mich anbieten.
Ich lege Dir auch eine kleine Romanze bey, die Goethe nach einer Volksmelodie, die er kürzlich hier singen hörte, und die [8] vom Rheine kommt, gemacht hat. Man hat mir auch vor Abgang der Post noch die Melodie versprochen, kommt sie, so solst Du sie der Unzelmann von mir geben, da sie doch diese leichten Lieder so artig singt. Sie ist besonders auf der Guitarre sehr schön.
Bey Gelegenheit hab ich Fromman selbst gefragt, ob er mit L. Tiek brouillirt sey. Er sagt, nein, das glaube er nicht zu seyn, er wisse nicht, wie es T. ansehe, aber geschrieben habe ihm dieser, daß er nicht übel nähme, was vorgefallen sey. Leicht kannst Du Dir sagen, was das ist. Fr. hat mir alles erzählt, aber er wünscht, daß es nicht wieder herum komme, also sprich gegen Friedrich Tiek nicht davon. Im Anfang des Sommers hat ihm Tiek schon [9] versichert, alles Manusscript zu dem 3 u. 4ten Heft des poetischen Journals läge fertig, wovon er denn bis diese Stunde noch kein Blatt gesehn hat. Damals hat T. 400 rh. von ihm begehrt, die er ihm auch vermittelst eines auf sich ausgestellten Wechsels gegeben. Nun ist er auch über den Octavian mit ihm einig worden, der besonders erscheinen soll, wozu er das Papier liegen hat usw. Immer kommt nichts, bis um die Zeit, wo ich Dir davon schrieb, ein Stücklein Octavian und dazu, nicht die Bitte, sondern die Forderung, entweder gleich auf der Stelle 200 rh. zu schicken, oder er bekomme das übrige Manusscript nicht. Da dieses nach der Messe fiel, wo Fromman sich ausgegeben hatte, konnte er wirklich nicht so viel entbehren, wie er heilig versichert, und meldet das zurück, in der Oster-Messe wolle er aber das Ganze bezahlen, es möchte fertig seyn oder nicht, worauf sich denn Tiek ganz verzweifelt anstellt, er gerathe in die äußerste Verlegenheit, [10] er habe alles darauf vertröstet und Fr. müsse ihm das Manusscript wieder schicken, damit er es anderwärts vertrödeln könne. ‒ Mich deucht, man kan Fr. keine Malhonettetät darin vorwerfen, daß er sich gegen T. hart hielt, es wäre zu wünschen, daß dieses immer zu rechter Zeit geschähe. ‒ Er sendet ihm das Manusscript wieder zu seiner völligen Disposition, setzt aber hinzu, wenn er es nicht verkaufen könne, so träte er in alle übernommenen Verbindlichkeiten wieder ein, und wolle es nach wie vor verlegen. Er soll es aber noch nicht haben verkaufen können. Nun sag, welch eine Wirthschaft mag dort seyn! Wie mag Charlotte das nehmen, und weiß sie es wohl, daß Friedrich noch weit übler dran ist wie damals? Doch was sag ich übler dran, er ist selbst ein rettungsloses Übel. Ich habe eben [11] auch von Frommans gehört, daß es auf den ärgsten Punkt mit ihm ist, und sie werden ihn noch wie den Heydenreich gefangen setzen. Seine Faulheit oder Unfähigkeit zu arbeiten und seine Schlemmerey ist allenthalben bekannt, wie ich sehe. ‒ Denk, vor ein paar Tagen kommt ein hiesiger Gastwirth und präsentirt mir eine Assignation von 55 rh. auf meinen Hrn. Gemahl. Ich sah gleich, daß es Friedrich galt, und sie kam von einem unbekannten Weinhändler aus einen Winkelstädtchen in der Nachbarschaft. ‒ In vergangner Woche hat Vermehren die hiesigen Handwerker als Schuster, Schneider und dergl. abbezahlt, dafür hat er ihm nun seine Seele und Poesien verkauft. Sein guter Genius ist ganz von ihm gewichen. ‒ Du bist gewaltig [12] bey Frommans gelobt worden, Du könntest was Du wolltest, und thätest was Du könntest, und wärst ein Kleinod von Rechtlichkeit, so auch Schelling.
Dieser hat diesmal Fichtens Wünschen gemäß Goethen den ganzen Hergang von Fichtens Weggang offenbart, worüber dieser denn, bis dahin völlig unwissend, sehr erstaunt ist. Nie zwar habe er sich eingebildet, daß F. ohne Rückhalt handle, aber er hat selbst bis dahin geglaubt, es sey von Niethammer und Schelling die Rede, vielleicht noch von ein paar andern jungen Lehrern.
Fichten hat die Entdeckung Vortheil in seiner Meynung gebracht, und dieser hatte ja geschrieben, es sey ihm an keiner andern Meynung etwas gelegen. Öffentlich wird Schelling nichts darüber sagen.
Ich zweifle sehr, daß sich hier Subscribenten zu Fichtes Büste finden werden. [13] Fromman bezeigt keine Lust, Loder, und dergl. Leute thun es aus Loyalität nicht.
Um die kleinen Änderungen recht bestimmt angeben zu können, habe ich den Ion holen lassen und sie besonders aufgezeichnet.
Wir sind hier sehr fleißig. Von Schelling kommen zwey Hefte spekulative Physik auf einmal, gleich darauf noch zwey, kurz in der Oster-Messe vier ‒ an einem zweiten Heft des kritischen Journals wird gedruckt. Wenn Du mit Unger wieder einig wirst, so wird sich Schelling auch wohl mit ihm einlassen. Er grüßt Dich. Julchen ist noch bey mir und bleibt auch bis zum lezten Tage. Meine Gesundheit ist in so weit gut, daß ich gar keine Schmerzen, keine geschwollne Wangen [14] und solche Akzidenzien habe ‒ nur Schlaflosigkeit, nicht sowohl Mangel an Schlaf, als daß mich jede Nacht aus tiefen Schlaf die Erinnerung weckt, die immer lebendiger mir aus diesem Leben winkt.
Adieu, mein Freund. Kann ich nächsten Postag etwas bestimmtes über meine Ankunft schreiben, so thu ichs. Wo nicht, so sey nur so gut dafür zu sorgen, daß ich auch unvermuthet bey Grattenauer abtreten kann und etwas Holz finde.
Immer muß ich noch schreiben statt reisen. Mein Kutscher kam gestern zu mir und versicherte in seinem Sontagwamms, er würde nicht fahren, wenn er auch 100 rh. damit verdienen könnte, und bey so gestaltem Wetter bedarf denn dieses auch keiner langen Erklärung. Da es indessen jetzt so tüchtig thauet und regnet, so zeigt sich für künftige Woche einige Aussicht, daß sich die Wasser verlaufen haben können, was ich in Geduld abwarte, und besonders noch einen Brief von Dir, ehe ich mich auf den Weg mache. Nach dem lezten, welchen Du an Goethe geschrieben, zu schließen, wird Ion vielleicht am 10ten März noch nicht aufgeführt, nehmlich Du hättest es sonst wohl ausdrücklich bemerkt. Daß Ifland sich höflich bezeugt hat, haben wir nun auf diese Art erfahren; Goethe hatte indeß vorgestern noch nicht den Brief, von dem Ifland gesprochen hat, [2] gesehn, vermuthlich weil er an Kirmes gegangen ist, und G. bis gestern hier war; Mittwoch kommt er wieder und wird dann auch von den Bedingungen Rechenschaft zu geben wissen, doch hoff ich, Du theilst sie mir selbst um die Zeit mit, denn daß ich noch nicht unterwegens bin, wirst Du aus meinen lezten Brief gesehn haben.
Wir haben jetzt den Ion wieder unter den Augen, denn Goethe hat ihn hier gelassen, weil er schnell für das Frankfurter Theater abgeschrieben werden soll, wozu er auch für einen Baumstarken Unteroffizier gesorgt hat, dem Schelling das Manuscript nachsehn muß. G. hat doch noch eine bestimmte Foderung gemacht, und zwar 30 Dukaten. Ist das meinem allerliebsten Schlegel recht? Und will der nicht allernächstens wieder ein Stück machen?
[3] Einige zarte Veränderungen haben wir denn entdeckt mit Bleystift gezeichnet, jene, die ich Dir schon anfangs sagte: Neigung zu der Braut ‒ und wo Ion fragt im lezten Act 1. Sz. (ich schreibe aus dem Gedächtniß):
J. Doch hört ich, euer Bett blieb unfruchtbar.
Xuthus. Das ihre ‒
steht ungefähr:
Daß ihr bisher noch ohne Kinder bliebet.
X. Kreusa ‒
Dann zwischen Ion und Kreusa:
Du weißt wohl, Scham bedrängt die Frauen oft.
ist Scham in etwas von Schickung verwandelt worden, welche die Frauen bedrängt. Es ist genug Dich auf diese Stellen aufmerksam zu machen, so wie Du es überhaupt noch in der Rücksicht durchgehn solltest, denn ich kann Dir nicht bergen, über Anstößigkeit haben sie hintennach doch sehr lamentirt, [4] und das mag auch in der Herzoglichen Loge geschehn seyn. Dies hat nun auf diesem Boden gar nichts zu bedeuten, könnte aber in Berlin nachtheilig werden, so daß, wenn es mit Milderung einiger Ausdrücke gethan ist, Du leicht es darauf noch einmal ansehn magst. Wirklich ist auch die schlichte Rede des Ions: ich höre, ihr habt keine Kinder, in einem kindlichern Ton, wie die andre. Für das Frankfurter Theater wird es mit den kleinen Bleystiftzügen abgeschrieben, aber auch mit denen für Berlin weggelaßnen Reden. Vermuthlich wird die kleine Mlle Bulla, die noch nicht in das Fach der Maitressen einverleibt ist, dort den Ion machen. Hegel erzählt mir, daß sie ein sehr schönes wohlgewachsenes junges Mädchen ist, aber freylich nicht viel mehr wie das.
Ich wünschte, Du schicktest mir derweil noch den berlinischen Aufsatz für die Elegante Zeitung, [5] welche über meine heilige Schwelle nie zu kommen pflegt. Wenn Du es derweil nicht thust, so ists freylich zu spät. Ich habe nichts öffentliches über Turandot sagen mögen, das kann man nun Goethe überlassen für seinen offiziellen Artikel. Um so weniger wollte ich, da sie, denke Dir, ganz allgemein, nach allen Seiten hin, so daß es einem von allen Seiten wieder zukommt, misfallen hat. Die Verständigsten, welche aber darum noch lange nicht verständig sind, sagen, es wäre zu viel Schiller darinn gewesen. Sie haben das wahrscheinlich wo gehört. Es ist ihnen übrigens zu tragisch, zu spashaft, nicht spashaft genug, nicht tragisch zur Gnüge, zu platt, zu hoch, und wenn man nur ausfündig machen könnte, was dem Volk denn eigentlich gefällt, denn was den Nahmen hat, lassen sie sich doch im Grunde nur gefallen. [6] Es hat eine Mlle Maaß aus Berlin mit der Chatinka sehr beyfällig debütirt, Ifland hat sie geschickt, man will etwas Unzeline an ihr bemerken, und der Erfahrung gemäß, daß die Menge alles lieber aus der zweiten Hand nimmt, hat sie sehr mit diesem, vermuthlich sehr schwachen Schimmer entzückt. Goethe giebt sich überhaupt recht viel mit dem Theater ab. Da ich nicht weiß, ob er Dir gleich schreibt, so will ich, selbst auf die Gefahr, daß Du es nicht von mir zuerst hörst, gut seyn und verrathen, was er ungefähr über das eingesandte Intriguenstück denkt. Erstlich hält er es für sehr aufführbar, und er will sehn, daß er die Jagemann dazu anstellt. Es habe den Fehler, daß die Intrigue psychologisch seye, innerlich und nicht sichtbarlich vorgehe. Außerdem aber sey es leicht, grazios, und lustig, kurz er hat es recht gelobt! [7] Du mußt mich nun aber nicht verrathen. Das wäre nicht fein dafür, daß ich Dir nichts vorenthalte. Aus der innerlichen Intrigue schloß ich, so klug wie Zadig beym Voltaire, Du hättest es nicht gemacht, da Du Dich, frisch und kräftig, mit der Psychologie nicht befassest. Hätte ich noch einige Data mehr herausbringen können, als: wie viel löthig das Silber am Gebiß und dergl., so würde ich vielleicht auch dem Verfasser positiv auf die Spur gekommen seyn.
Höre, guter Freund, da Du nun mit Ifland wieder Rede pflegest, kannst Du ihm ja nur grade zu das kleine Stück für die simple Bedingung eines Billets für mich anbieten.
Ich lege Dir auch eine kleine Romanze bey, die Goethe nach einer Volksmelodie, die er kürzlich hier singen hörte, und die [8] vom Rheine kommt, gemacht hat. Man hat mir auch vor Abgang der Post noch die Melodie versprochen, kommt sie, so solst Du sie der Unzelmann von mir geben, da sie doch diese leichten Lieder so artig singt. Sie ist besonders auf der Guitarre sehr schön.
Bey Gelegenheit hab ich Fromman selbst gefragt, ob er mit L. Tiek brouillirt sey. Er sagt, nein, das glaube er nicht zu seyn, er wisse nicht, wie es T. ansehe, aber geschrieben habe ihm dieser, daß er nicht übel nähme, was vorgefallen sey. Leicht kannst Du Dir sagen, was das ist. Fr. hat mir alles erzählt, aber er wünscht, daß es nicht wieder herum komme, also sprich gegen Friedrich Tiek nicht davon. Im Anfang des Sommers hat ihm Tiek schon [9] versichert, alles Manusscript zu dem 3 u. 4ten Heft des poetischen Journals läge fertig, wovon er denn bis diese Stunde noch kein Blatt gesehn hat. Damals hat T. 400 rh. von ihm begehrt, die er ihm auch vermittelst eines auf sich ausgestellten Wechsels gegeben. Nun ist er auch über den Octavian mit ihm einig worden, der besonders erscheinen soll, wozu er das Papier liegen hat usw. Immer kommt nichts, bis um die Zeit, wo ich Dir davon schrieb, ein Stücklein Octavian und dazu, nicht die Bitte, sondern die Forderung, entweder gleich auf der Stelle 200 rh. zu schicken, oder er bekomme das übrige Manusscript nicht. Da dieses nach der Messe fiel, wo Fromman sich ausgegeben hatte, konnte er wirklich nicht so viel entbehren, wie er heilig versichert, und meldet das zurück, in der Oster-Messe wolle er aber das Ganze bezahlen, es möchte fertig seyn oder nicht, worauf sich denn Tiek ganz verzweifelt anstellt, er gerathe in die äußerste Verlegenheit, [10] er habe alles darauf vertröstet und Fr. müsse ihm das Manusscript wieder schicken, damit er es anderwärts vertrödeln könne. ‒ Mich deucht, man kan Fr. keine Malhonettetät darin vorwerfen, daß er sich gegen T. hart hielt, es wäre zu wünschen, daß dieses immer zu rechter Zeit geschähe. ‒ Er sendet ihm das Manusscript wieder zu seiner völligen Disposition, setzt aber hinzu, wenn er es nicht verkaufen könne, so träte er in alle übernommenen Verbindlichkeiten wieder ein, und wolle es nach wie vor verlegen. Er soll es aber noch nicht haben verkaufen können. Nun sag, welch eine Wirthschaft mag dort seyn! Wie mag Charlotte das nehmen, und weiß sie es wohl, daß Friedrich noch weit übler dran ist wie damals? Doch was sag ich übler dran, er ist selbst ein rettungsloses Übel. Ich habe eben [11] auch von Frommans gehört, daß es auf den ärgsten Punkt mit ihm ist, und sie werden ihn noch wie den Heydenreich gefangen setzen. Seine Faulheit oder Unfähigkeit zu arbeiten und seine Schlemmerey ist allenthalben bekannt, wie ich sehe. ‒ Denk, vor ein paar Tagen kommt ein hiesiger Gastwirth und präsentirt mir eine Assignation von 55 rh. auf meinen Hrn. Gemahl. Ich sah gleich, daß es Friedrich galt, und sie kam von einem unbekannten Weinhändler aus einen Winkelstädtchen in der Nachbarschaft. ‒ In vergangner Woche hat Vermehren die hiesigen Handwerker als Schuster, Schneider und dergl. abbezahlt, dafür hat er ihm nun seine Seele und Poesien verkauft. Sein guter Genius ist ganz von ihm gewichen. ‒ Du bist gewaltig [12] bey Frommans gelobt worden, Du könntest was Du wolltest, und thätest was Du könntest, und wärst ein Kleinod von Rechtlichkeit, so auch Schelling.
Dieser hat diesmal Fichtens Wünschen gemäß Goethen den ganzen Hergang von Fichtens Weggang offenbart, worüber dieser denn, bis dahin völlig unwissend, sehr erstaunt ist. Nie zwar habe er sich eingebildet, daß F. ohne Rückhalt handle, aber er hat selbst bis dahin geglaubt, es sey von Niethammer und Schelling die Rede, vielleicht noch von ein paar andern jungen Lehrern.
Fichten hat die Entdeckung Vortheil in seiner Meynung gebracht, und dieser hatte ja geschrieben, es sey ihm an keiner andern Meynung etwas gelegen. Öffentlich wird Schelling nichts darüber sagen.
Ich zweifle sehr, daß sich hier Subscribenten zu Fichtes Büste finden werden. [13] Fromman bezeigt keine Lust, Loder, und dergl. Leute thun es aus Loyalität nicht.
Um die kleinen Änderungen recht bestimmt angeben zu können, habe ich den Ion holen lassen und sie besonders aufgezeichnet.
Wir sind hier sehr fleißig. Von Schelling kommen zwey Hefte spekulative Physik auf einmal, gleich darauf noch zwey, kurz in der Oster-Messe vier ‒ an einem zweiten Heft des kritischen Journals wird gedruckt. Wenn Du mit Unger wieder einig wirst, so wird sich Schelling auch wohl mit ihm einlassen. Er grüßt Dich. Julchen ist noch bey mir und bleibt auch bis zum lezten Tage. Meine Gesundheit ist in so weit gut, daß ich gar keine Schmerzen, keine geschwollne Wangen [14] und solche Akzidenzien habe ‒ nur Schlaflosigkeit, nicht sowohl Mangel an Schlaf, als daß mich jede Nacht aus tiefen Schlaf die Erinnerung weckt, die immer lebendiger mir aus diesem Leben winkt.
Adieu, mein Freund. Kann ich nächsten Postag etwas bestimmtes über meine Ankunft schreiben, so thu ichs. Wo nicht, so sey nur so gut dafür zu sorgen, daß ich auch unvermuthet bey Grattenauer abtreten kann und etwas Holz finde.