[1] Jena, den 8. November 1797
Mein werthester Herr und Freund!
Sie haben meiner Frau ein sehr angenehmes Geschenk mit Hermann und Dorothea gemacht, wofür ich Ihnen in ihrem und meinem Namen den verbindlichsten Dank abstatte. Wir haben dieses, nicht nur in unserm Zeitalter sondern auch unter Göthe’s Werken, einzige Meisterstück wiederhohlt mit Entzücken gelesen. Ich bin noch anhaltender damit beschäftigt, weil ich mit einer Beurtheilung desselben für die Allg. Litt. Zeitung umgehe, die, wenn keine unvermuthete Hindernisse dazwischen kommen, zu Anfang des nächsten Jahres erscheinen soll. Doch bitte ich Sie, dieß nicht zu erwähnen, bis die Recension wirklich erschienen ist.
Es war mir sehr lieb, von meinem Bruder zu erfahren, daß Sie nicht abgeneigt von einer Unternehmung scheinen, die lange zu unsern Lieblingsplanen gehört hat: nämlich eine Zeitschrift, zu der wir beyden Brüder uns gemeinschaftlich als Herausgeber und Verfasser nennen würden, so daß wir, ohne alle sonstigen regelmäßigen Mitarbeiter, nichts von Andern aufnehmen dürften, als was in seiner Art so gut wäre, wie wir selbst es uns irgend zu machen getrauten. Unsre Absicht ist sowohl dem Inhalte als der Form nach, die möglichste [2] Freymüthigkeit und Liberalität zu behaupten; das Allgemeinere aus der Philosophie des Schönen und der Kunst durch anziehende Darstellung, Kritiken über einzelne Werke durch Schärfe der Untersuchung, und wo es nöthig wäre, durch nicht schonende Polemik zu würzen; aus der Litterargeschichte, Alterthumskunde und Philosophie aber nur solche Gegenstände zu behandeln, die sich interessant und populär – das heißt mit Vermeidung der Schulform, aber doch für gebildete Leser – vortragen lassen. Wir würden dabey auf den Gang der Zeit Rücksicht nehmen, und zuweilen allgemeine Blicke auf den Zustand der deutschen Litteratur werfen. Briefe, kurze zusammengedrängte Bemerkungen, auch wohl Gespräche würden mit längeren Aufsätzen und eigentlichen Abhandlungen abwechseln.
Da wir natürlich alle unsre Kräfte daran setzen würden, um bey einer Zeitschrift, für die wir allein einstehen, der öffentlichen Erwartung zu entsprechen, und ihr so viel Gewicht als möglich zu geben, so denke ich, wären vier Stücke jährlich, jedes zu 12–15 Bogen das rechte Maaß, wenigstens fürs erste; gelänge es uns ein zahlreiches Publikum zu finden, und hätten wir gewisse Aussichten auf beträchtliche fremde Beyträge so könnten wir in der Folge 6 Stücke liefern. Wir brauchten uns aber wohl nicht genau an eine gewisse Zeit der Erscheinung [3] zu binden: ein Zwang, der leider so häufig bey Zeitschriften Übereilungen und Vernachlässigungen nach sich zieht. – Meine Forderung wäre dann 3 Lsd. für den Bogen in gewöhnlichem Oktav. – Über Format und Druck müßten wir, wenn wir über die Hauptsache einig sind, Verabredung treffen; so wie ich mit meinem Bruder über die Wahl des Titels (der gewiß nicht unbedeutend ist) und über manche Punkte der inneren Einrichtung noch korrespondire, der Ihnen alsdann das, was wir ausgemacht, mündlich mittheilen kann.
Auf jeden Fall bitte ich Sie, gegen Niemanden von diesem Vorschlage etwas zu erwähnen, da es gewiß zum glücklichen Erfolge mit beytragen wird, wenn wir ganz unerwartet anfangen.
Leben Sie recht wohl, und empfehlen Sie mich bestens Ihrer Frau Gemahlin, an die auch meine Frau ihre herzlichen Grüße zu bestellen bittet.
Ihr ganz ergebener
AW Schlegel
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Mein werthester Herr und Freund!
Sie haben meiner Frau ein sehr angenehmes Geschenk mit Hermann und Dorothea gemacht, wofür ich Ihnen in ihrem und meinem Namen den verbindlichsten Dank abstatte. Wir haben dieses, nicht nur in unserm Zeitalter sondern auch unter Göthe’s Werken, einzige Meisterstück wiederhohlt mit Entzücken gelesen. Ich bin noch anhaltender damit beschäftigt, weil ich mit einer Beurtheilung desselben für die Allg. Litt. Zeitung umgehe, die, wenn keine unvermuthete Hindernisse dazwischen kommen, zu Anfang des nächsten Jahres erscheinen soll. Doch bitte ich Sie, dieß nicht zu erwähnen, bis die Recension wirklich erschienen ist.
Es war mir sehr lieb, von meinem Bruder zu erfahren, daß Sie nicht abgeneigt von einer Unternehmung scheinen, die lange zu unsern Lieblingsplanen gehört hat: nämlich eine Zeitschrift, zu der wir beyden Brüder uns gemeinschaftlich als Herausgeber und Verfasser nennen würden, so daß wir, ohne alle sonstigen regelmäßigen Mitarbeiter, nichts von Andern aufnehmen dürften, als was in seiner Art so gut wäre, wie wir selbst es uns irgend zu machen getrauten. Unsre Absicht ist sowohl dem Inhalte als der Form nach, die möglichste [2] Freymüthigkeit und Liberalität zu behaupten; das Allgemeinere aus der Philosophie des Schönen und der Kunst durch anziehende Darstellung, Kritiken über einzelne Werke durch Schärfe der Untersuchung, und wo es nöthig wäre, durch nicht schonende Polemik zu würzen; aus der Litterargeschichte, Alterthumskunde und Philosophie aber nur solche Gegenstände zu behandeln, die sich interessant und populär – das heißt mit Vermeidung der Schulform, aber doch für gebildete Leser – vortragen lassen. Wir würden dabey auf den Gang der Zeit Rücksicht nehmen, und zuweilen allgemeine Blicke auf den Zustand der deutschen Litteratur werfen. Briefe, kurze zusammengedrängte Bemerkungen, auch wohl Gespräche würden mit längeren Aufsätzen und eigentlichen Abhandlungen abwechseln.
Da wir natürlich alle unsre Kräfte daran setzen würden, um bey einer Zeitschrift, für die wir allein einstehen, der öffentlichen Erwartung zu entsprechen, und ihr so viel Gewicht als möglich zu geben, so denke ich, wären vier Stücke jährlich, jedes zu 12–15 Bogen das rechte Maaß, wenigstens fürs erste; gelänge es uns ein zahlreiches Publikum zu finden, und hätten wir gewisse Aussichten auf beträchtliche fremde Beyträge so könnten wir in der Folge 6 Stücke liefern. Wir brauchten uns aber wohl nicht genau an eine gewisse Zeit der Erscheinung [3] zu binden: ein Zwang, der leider so häufig bey Zeitschriften Übereilungen und Vernachlässigungen nach sich zieht. – Meine Forderung wäre dann 3 Lsd. für den Bogen in gewöhnlichem Oktav. – Über Format und Druck müßten wir, wenn wir über die Hauptsache einig sind, Verabredung treffen; so wie ich mit meinem Bruder über die Wahl des Titels (der gewiß nicht unbedeutend ist) und über manche Punkte der inneren Einrichtung noch korrespondire, der Ihnen alsdann das, was wir ausgemacht, mündlich mittheilen kann.
Auf jeden Fall bitte ich Sie, gegen Niemanden von diesem Vorschlage etwas zu erwähnen, da es gewiß zum glücklichen Erfolge mit beytragen wird, wenn wir ganz unerwartet anfangen.
Leben Sie recht wohl, und empfehlen Sie mich bestens Ihrer Frau Gemahlin, an die auch meine Frau ihre herzlichen Grüße zu bestellen bittet.
Ihr ganz ergebener
AW Schlegel
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