[1] Kammerswaldau d. 20 May [17]99
Sie haben es mir nicht verboten und ich sende Ihnen das trokne Leben des Opitz. Machen Sie damit, was Sie wollen; sehen Sie es als Materialien an, oder beleben Sie die todte Maße durch Ihre Hand. Nach meiner Idee sollte es nur historische Beigabe, zu Ihrer Würdigung der Verdienste des Dichters seyn, die ich um dieser Rücksicht willen, nicht ohne Ihre Durchsicht geben wollte. Die Abschrift ist übrigens von der Hand der Frl. von Burgsdorff, die Sie kennen.
Noch harre ich auf Ihr Urtheil über Pietro dʼAlbi: doch nicht so wohl auf Ihr Urtheil über das Buch, als über mich selbst. Ich erkenne die aesthetischen Fehler der Darstellung, die Unverhältnißmäßigkeit der 2ten größern Hälfte, zu der ersten, die vor 5 Jahren, ohne die später entstandne Tendenz, geschrieben ward, den großen Uebelstand, daß die Darstellung der Personen und Charaktere unter der Darlegung der Ideen gelitten hat, kenne die Longueurs die die Erzehlung unter den Versuchen philosophischer Exposition erfahren hat, und [2] daß mehr, als ich bei einer 2ten Bearbeitung leisten könnte, fehlt, den Roman zu einem abgerundeten Ganzen zu machen; wobei man es immer noch verzeihen muß, daß die Charaktere in einer niedrigern Region weben und vielleicht nur die einzige Giannetta eine höhere Natur ahnen läßt. – Mit so vielem Dank ich aber auch eine Kritik über das Buch aufnehmen würde, mit so größerm würde ich es erkennen, wenn Sie die Güte haben wollten, mich, nach diesem Buche in dem ich einen großen Teil meiner Individualität niedergelegt habe, über mich selbst zu verständigen. Diese Belehrung thut mir Noth und ich sehne mich darnach. Sie soll der Leitstern meiner künftigen Versuche seyn.
Sie werden sich nicht wundern, daß ich nur von mir an Sie schreibe; ich kan nichts thun, als Sie auf Ihrem schönen Pfade mit Bewunderung begleiten. Den Muth, Ihnen meine Bedürfniße vorzutragen, gab mir Ihre seltne Humanität, die ich nie zu ehren aufhören werde.
Immer noch rechnen wir den Gewinn Ihrer und Ihrer Gattin Bekantschaft unter den besten von unsrem Jenaischen Aufenthalt, noch nie hat uns die Sehnsucht nach [3] Ihrem Umgange verlaßen. Laßen Sie Beide, uns Ihrem Andenken empfohlen bleiben. Mit der wahrsten Hochachtung habe ich die Ehre zu seyn
Ihr
Sie verehrender
Fischer
Ihre Antwort findet mich von Johannis an in Schmiedeberg.
[4]
Sie haben es mir nicht verboten und ich sende Ihnen das trokne Leben des Opitz. Machen Sie damit, was Sie wollen; sehen Sie es als Materialien an, oder beleben Sie die todte Maße durch Ihre Hand. Nach meiner Idee sollte es nur historische Beigabe, zu Ihrer Würdigung der Verdienste des Dichters seyn, die ich um dieser Rücksicht willen, nicht ohne Ihre Durchsicht geben wollte. Die Abschrift ist übrigens von der Hand der Frl. von Burgsdorff, die Sie kennen.
Noch harre ich auf Ihr Urtheil über Pietro dʼAlbi: doch nicht so wohl auf Ihr Urtheil über das Buch, als über mich selbst. Ich erkenne die aesthetischen Fehler der Darstellung, die Unverhältnißmäßigkeit der 2ten größern Hälfte, zu der ersten, die vor 5 Jahren, ohne die später entstandne Tendenz, geschrieben ward, den großen Uebelstand, daß die Darstellung der Personen und Charaktere unter der Darlegung der Ideen gelitten hat, kenne die Longueurs die die Erzehlung unter den Versuchen philosophischer Exposition erfahren hat, und [2] daß mehr, als ich bei einer 2ten Bearbeitung leisten könnte, fehlt, den Roman zu einem abgerundeten Ganzen zu machen; wobei man es immer noch verzeihen muß, daß die Charaktere in einer niedrigern Region weben und vielleicht nur die einzige Giannetta eine höhere Natur ahnen läßt. – Mit so vielem Dank ich aber auch eine Kritik über das Buch aufnehmen würde, mit so größerm würde ich es erkennen, wenn Sie die Güte haben wollten, mich, nach diesem Buche in dem ich einen großen Teil meiner Individualität niedergelegt habe, über mich selbst zu verständigen. Diese Belehrung thut mir Noth und ich sehne mich darnach. Sie soll der Leitstern meiner künftigen Versuche seyn.
Sie werden sich nicht wundern, daß ich nur von mir an Sie schreibe; ich kan nichts thun, als Sie auf Ihrem schönen Pfade mit Bewunderung begleiten. Den Muth, Ihnen meine Bedürfniße vorzutragen, gab mir Ihre seltne Humanität, die ich nie zu ehren aufhören werde.
Immer noch rechnen wir den Gewinn Ihrer und Ihrer Gattin Bekantschaft unter den besten von unsrem Jenaischen Aufenthalt, noch nie hat uns die Sehnsucht nach [3] Ihrem Umgange verlaßen. Laßen Sie Beide, uns Ihrem Andenken empfohlen bleiben. Mit der wahrsten Hochachtung habe ich die Ehre zu seyn
Ihr
Sie verehrender
Fischer
Ihre Antwort findet mich von Johannis an in Schmiedeberg.
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