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August Wilhelm von Schlegel an Sophie Bernhardi

[1] Jena d. 14 Aug [180]1
Bernhardi wird Ihnen bezeugt haben, wertheste Freundin, wie heldenmüthig ich mich aus seinen Armen in die Regulus-Tonne des Postwagens begeben habe. Es ist mir, bis auf die etwas platte und geschwätzige Gesellschaft leidlich darin ergangen. In Halle nahm ich sogleich Extrapost, und kam Dienstag Nachmittag hier an. Wenn ich nicht in der Nacht zwischen Halle und Merseburg durch das ausgetretne Wasser und dann durch die Zögerung einer Fähre wäre aufgehalten worden, hätte meine Reise schon Dienstags Vormittag vollbracht seyn müssen. Carolinen fand ich leider im Bette und schon seit vierzehn Tagen krank. Indessen hat das Fieber sie nun verlassen, sie ist auf der Besserung und erhohlt sich schnell wieder. Die übrigen vier liebenswürdigen Frauenzimmer befinden sich wohl, sind über die mitgebrachten Sachen sehr erfreut gewesen, und Ihnen für die geschmackvolle Auswahl sehr dankbar.
Ich dachte Ihnen heute schon mit rechter Ruhe schreiben zu können, allein die Zeit ist mir unter nothwendigen Besuchen hingegangen, und Sie müssen schon mit einigen flüchtigen Zeilen vorlieb nehmen. Diese Tage habe ich nach der Erhohlung von der ersten Müdig[2]keit mit Kramen in meinen Papieren und Büchern und dann mit freundschaftlichen Gesprächen hingebracht, ohne noch zu einer andern Beschäftigung kommen zu können. Daß ich das wichtigste nicht versäume, so hat Humboldt grade heute vor acht Tagen einen Besuch bey Carolinen gemacht und gemeldet, Fr. Tieck folge ihm auf dem Fuße nach. Die Ursache seiner verzögerten Abreise von Paris, sey die kurz zuvor geschehene Eröffnung des Italiänischen Salons, den er noch habe studiren wollen. Er habe Bestellung zu Arbeiten im neuen Weimarschen Schlosse bekommen, die er wohl gleich würde vornehmen müssen. Humboldt bezweifelte daher daß er für jetzt nach Berlin kommen würde.
Sagen Sie Buri oder Hummel, wenn Sie einen von ihnen sehen, ich hätte noch nicht nach Weimar gehen können, um die Zeichnungen vorzuweisen, weil Goethe bis jetzt nicht zurück und Meyer ihm entgegengereist sey. – Auch Schiller ist vor wenigen Tagen nach Dresden gegangen.
Meinen Bruder habe ich in diesen Tagen [3] viel gesehen, wir haben alle unsre Arbeiten durchgesprochen. Morgen reist er nach Franken ab, um Mad. V.[eit] aus dem Bade abzuhohlen: er wird nur acht Tage ausbleiben. – Ich fand ihn ganz allein, und wir konnten desto ungestörter mit einander seyn.
Sollte Frölich das Exemplar vom Shakspeare bis zum 6ten Bande für Buri noch nicht geschickt haben, so bestellen Sie es bis auf den 1ten und 2ten Band ab. Von allen folgenden habe ich noch Exemplare vorgefunden, die ich gelegentlich schicken oder selbst mitbringen kann.
Grüßen Sie Bernhardi herzlich; ich hoffe recht auf einen Brief von Ihnen, da Sie vermuthlich so gütig seyn werden die für mich eingelaufnen Briefe mit einigen Zeilen zu begleiten. Geben Sie mir besonders recht ausführliche Nachrichten von Ihrer Gesundheit; wie das Isländische Moos, der Sago und die Chokolate anschlagen. Lassen Sie mich Sie beschwören, nicht soviel Thee mehr zu trinken. Hier im Hause ist er wegen seiner schwächenden Eigenschaft ganz abgeschafft. Wenigstens trinken Sie ihn nicht, ohne [4] ein Ey darin aufzulösen. Warme Bäder sollten Sie auch gebrauchen, das ist doch eine vortreffliche Sache; ich habe hier schon ein paar genommen. Bitte, bitte, schonen Sie sich recht sorgfältig.
Was macht denn die Intrigue-Komödie? Wenn Ihre Lust dazu wieder erwacht ist so ließe sich der so nahe Termin der Einsendung (Mitte September) wohl um etwas verlängern, indem ich es bey Goethe bevorwortete.
Lebt recht wohl, lieben Freunde, ich bin in Gedanken immer noch bey euch.
Verzeihen Sie die Dürftigkeit dieses Briefes. Die Augen fallen mir vor Müdigkeit zu.
Ganz Ihr
A. W. Schlegel
Caroline läßt schönstens grüßen.
  • Schlegel, August Wilhelm von  grüßen  Bernhardi, August Ferdinand
  • Schlegel, August Wilhelm von  grüßen lassen  Bernhardi, Sophie
  • Schelling, Caroline von  grüßen  Bernhardi, Sophie
  • Schelling, Caroline von  grüßen lassen  Schlegel, August Wilhelm von
  • Schlegel, August Wilhelm von  Reisebericht  Bernhardi, Sophie
  • Schlegel, August Wilhelm von  Krankheitsbericht  Schelling, Caroline von
  • Gotter, Julie  Geschenk  sich freuen  Bernhardi, Sophie
  • Welcker, Emma (geb. Wiedemann)  Geschenk  sich freuen  Bernhardi, Sophie
  • Welcker, Minna (geb. Wiedemann)  Geschenk  sich freuen  Bernhardi, Sophie
  • Wiedemann, Luise  Geschenk  sich freuen  Bernhardi, Sophie
  • Schlegel, August Wilhelm von  Ankunft  ankündigen  Tieck, Christian Friedrich
  • Schlegel, August Wilhelm von  Vermittlerdienste  aufschieben  Goethe, Johann Wolfgang von
  • Schlegel, August Wilhelm von  Vermittlerdienste  Bury, Friedrich: Der Kampf Achills mit den Flüssen
  • Schlegel, August Wilhelm von  Vermittlerdienste  Hummel, Johann Erdmann: Der Kampf Achills mit den Flüssen
  • Tieck, Christian Friedrich  Auftrag  Tieck, Christian Friedrich: Basreliefs an der Haupttreppe des Weimarer Schlosses
  • Schlegel, Friedrich von  abholen  Schlegel, Dorothea von
  • Schlegel, August Wilhelm von  Brief  erbitten  Bernhardi, Sophie
  • Schlegel, August Wilhelm von  Gesundheit  besorgt sein  Bernhardi, Sophie
  • Schlegel, August Wilhelm von  Arbeitsbericht  erbitten  Bernhardi, Sophie: Donna Laura
  • Schlegel, August Wilhelm von  Vermittlerdienste  anbieten  Goethe, Johann Wolfgang von
Briefkopfdaten
  • Datum: Freitag, 14. August 1801
  • Absender: August Wilhelm von Schlegel ·
  • Empfänger: Sophie Bernhardi ·
  • Absendeort: Jena · ·
  • Empfangsort: Berlin · ·
Druck
  • Datengeber: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 343347008
  • Bibliographische Angabe: Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Gesammelt und erläutert durch Josef Körner. Bd. 1. Zürich u.a. 1930, S. 127‒128.
Handschrift
  • Datengeber: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-611-37222
  • Signatur: Mscr.Dresd.e.90,XX,Bd.9,Nr.94
  • Blatt-/Seitenzahl: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 18,8 x 11,5 cm
Sprache
  • Deutsch

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