den 2. Juni. 1793.
Theuerste Aeltern,
Hier haben Sie eine kleine Beschreibung der Reise, die ich mit T. in den Pfingstferien, ins Baireuthische vorgenommen habe, u die uns so viel Vergnügen gemacht hat. Unser Hauptzweck war, die Merkwürdigkeiten der Natur, die wir v. Erl. so nahe haben, kennen zu lernen, u diese Absicht haben wir auch in vollem Maaße erreicht, so daß wir das Baireuther Land so zieml. kennen. Dabey aber haben wir das Glück gehabt überall so gastfreundschaftl. von Leuten denen wir gänzl. unbekannt waren, aufgenommen zu werden, daß Sie es mir kaum glauben werden. Wenn ich Ihnen erzählen werde wie wir über und unter der Erde herumgeklettert sind, denn ich konnte meiner Neugierde nicht widerstehen, die Gipfel des Fichtelbergs, u ein Paar kleine Bergwerke zu besuchen, so glauben Sie mir nur auf mein Wort, daß wir nie in Gefahr waren, immer von Männern zu denen wir Zutrauen haben konnten, angeführt wurden, u alle mögliche Vorsichtsregeln gebrauchten.
Fast das einzige Buch, das man, außer den Geographieen, vor einer Reise nach dem Baireuthischen, nachlesen kann, u das ich mir auch ein wenig excerpirte, ist: „Unser Tagebuch auf einer Reise durch einen großen Theil d. Fränk. Kreises, v. Füssel. Erl. 1787-91. 8. 3 Theile.“ Es wird Ihnen Vergnügen machen, wenn Sie es lesen wollen, obgleich es freilich mangelhaft ist. Um von Bergwerken einige Idee zu bekommen, sah ich den 1sten Theil v. Gatterers Anleitung den Harz u andre Bergwerke mit Nutzen zu bereisen, durch. Auf der Reise nahm ich die Homannische Specialkarte vom Baireuthischen Oberlande mit; (denn die neuere Güssefeldische konnte ich nicht bekommen.) Auf dieser können Sie meine ganze Reise verfolgen. Die Reise währte etwas über eine Woche.
Früh am Morgen fuhren wir (mit einem Miethsfuhrmann) ab. Das Wetter war herrlich; nachher aber hatten wir immer veränderliches, äußerst unbeständiges Wetter, u im Ganzen rauhe, kalte Luft, die uns jedoch nicht viel that. Sie rührt von der hohen Lage des ganzen Oberlandes her: denn man sieht hier weniger abgerißene steile Felsen, als man / vielmehr immer auf meilenlangen Höhen u erhabenen Gegenden fährt. Dies Jahr ist es indeß auch noch in Erl. itzt so kühl, daß wir noch einheizen müßen; ohngeachtet hier im Sommer die Hitze einen sehr hohen Grad erreichen soll, weil die Stadt von der Nordseite durch Berge vor kühlenden Winden verschlossen ist, von den 3 übrigen Seiten, wo sandige Ebenen sie umgeben, der Sonne ganz offen steht. – Den ersten Vormittag machten wir 4 Meilen, bis Streitberg, einem Dorf das in einem kleinen Bezirk liegt, welcher Baireuthisch ist. Dagegen kommt man auf dem ganzen Wege, die erste Stadt, Baiersdorf ausgenommen, durch lauter Bambergische Dörfer, u durch das Bamberg. Städtchen Ebermannstadt. Am Wege findet man weiße, vergoldete Christusbilder an hohen, rothen Kruzifixen, u kleine Kapellen. Von Erl. bis Baiersdorf geht ein breiter, tiefer Sandweg, auf Berlinische Art. Zur Seite aber hat man die Aussicht auf frische Wiesen, u auf die Rednitz, die sie durch Schöpfräder bewässert. Dies sind große, breite Räder, die durch angehängte Kasten, das Wasser aus dem Flusse schöpfen, u auf die Wiesen ausgießen: sie drehen sich Tag u Nacht, langsam, u mit einem einförmigen Geräusch herum; bringen aber in die Gegend doch Bewegung u Leben. Von Baiersdorf bis Streitberg wird die Gegend immer reizender. Die Berge werden immer etwas höher, behalten aber die sanfteste, reizendste Schönheit. Dörfer, mit Gebüschen u frischgrünenden Bäumen durchwachsen, leuchten von dem Rücken der Anhöhen her, oder ruhen an ihrem Fuße, oder ziehen sich, was den angenehmsten Prospekt giebt, den Abhang hinauf. Die Bamberg. Dörfer sehen größtentheils so gut wie Flecken aus. Der Weg geht oft quer über kleine Bäche, oder gar eine Strecke lang in den Bächen fort, was in bergigen / Gegenden nichts neues ist. Doch ist er hier noch immer eben; windet sich aber oft sehr krumm. Wir haben uns auf der ganzen Reise nie eigentlich verirrt, sondern uns immer sehr gut durchgefragt. Dörfer sind häufig; u die Leute zeigen mit der größten Höfflichkeit den Weg; sehen einem wohl gar nach, ob man recht fährt. Im Bambergischen sprechen sie am undeutlichsten, u verwirrtesten. In ganz Franken wird man, wenn man nach dem Wege frägt, gewöhnl. so, mit einem breiten, vollen Munde zurechtgewiesen: „Do gechts immer kerzengrod, (so grade wie ein Licht) ‘nunter, nit rechts u nit links.“ Doch, von den vielen sonderbaren Provincialismen, u der undeutlichen Aussprache der Franken, besonders gemeiner Leute, ein andermal: die Sprache gränzt sehr nahe an die Österreichische u das Flickwort: halt, hört man z. B. jeden Augenblick.
Leider werde ich immer mehr überzeugt, daß es unmöglich ist, durch Worte einem andern die getreue Darstellung einer Gegend mitzutheilen, wie man sie beym eigenen Anblick, u zum Theil auch noch nachher hat. Wenn ich auch genau aufzähle, was die Schönheit einer Aussicht ausmachte, Bäume u Felsen, oder Wasser u Wiesen; wenn ich auch die Beschaffenheit, die Lage u die Entfernung aller dieser einzelnen Gegenstände bestimme; so kann ich doch nie die Idee von der individuellen Gegend lebhaft erwecken, die ich dem andern vor die Augen bringen will. Ich kann durchaus nicht die Höhe jenes Berges, die Breite dieses Wassers, die mannigfaltig gestalteten u gefärbten Baumparthien, in Ihre Einbildung übertragen; Maaß u Zahl geben Begriffe, nicht sinnliche Vorstellungen, u vieles kann ich auch nicht einmal durch Maaß u Zahl ausdrücken. Das Charakteristische, das Kolorit der Gegend erräth der andre nie; er kann nichts als sich aus denselben Ingredienzen, eine neue Gegend zusammensetzen, die dem Wirklichen wovon sie ein Bild seyn soll, oft sehr unähnlich seyn mag. / Die sinnlichen Schönheiten fürs Auge, können nur durchs Auge, im Original der Natur, oder in Nachahmungen des Pinsels, vollkommen empfunden werden. – Doch ich schwatze zuviel, da ich Ihnen bloß sagen wollte, daß ich Ihnen unmöglich ein treues Gemählde von der Folge einzelner Romantischer Aussichten, die wir diesen Vormittag u auf der ganzen Reise hatten, geben kann. Doch werde ich thun, so viel ich kann.
Um Streitberg ist eine der schönsten Gegenden, die wir auf der ganzen Reise gesehen haben. Das Dorf liegt am Eingange eines Thales, das sich in mäßiger Breite zwischen bewaldeten Felsen, aus denen aber viele nackte Blöcke u Pfeiler hervorragen, in manchen Krümmungen durchwindet. Durch das Thal schlängelt sich die Wisent, von kleinen Büschen eingefaßt, u von frischen Wiesen umgeben. Der kleine Fluß ist merkwürdig, weil er die größesten u wohlschmeckendsten Forellen giebt, die man hier beständig haben kann. An dem äußersten Ende eines bewaldeten Berges, der ins Thal vorspringt, wo es eine Ecke bildet, thürmen sich, auf einer Grundlage von nakten Felsen, die großen Ruinen der Burg Neidek, mit einem hohen Thurme, pyramidalisch in die Höhe. Ich habe nicht größere u schönere Ruinen gesehen. Wir drängten uns durch die Felsenstücke u die dichte Waldung, die die Abhänge des Berges einnimmt, hinauf, u bewunderten die großen Trümmer. Der Burggraben war verwachsen; einige Wände standen noch auf wenigen Steinen. Das Mauerwerk ist bey diesen Schlössern meist v. Felsenstücken, u durch einen sehr festen Kalk zusammengekittet, doch zuweilen durch Zeit u Luft sehr mürbe gemacht; meistentheils aber noch felsenfest. – –
Bald erhalten Sie Fortsetzung u Beschluß der Reisebeschreibung. /
Erl. 3. Juni. 1793.
Theuerste Aeltern,
In meiner Reisebeschreibung bin ich neulich auf der Burg Neidek stehen geblieben. Von oben erblickt man unter sich Streitberg, u auf der andern Seite, in einer Entfernung von einer guten Viertelmeile, Muggendorf, das zwischen den Bergen wie eingeklemmt liegt, u wegen der benachbarten Höhlen merkwürdig ist. Die Wiesen im Thal sind zum Theil mit schnurgeraden, parallelen Graben bewässert, die sich von oben gesehen, wie glänzende Silberfäden durch das Grün durchziehen. Diese Aussichten sieht man, wenn man zwischen dem Gemäuer der Burg steht, durch die noch erhaltenen Fenster nach allen Seiten zu, wo sie wie Gemählde in einen Rahm gefaßt, erscheinen. Der Burg Neidek gegenüber, auf der andern Seite des Dorfes, hängt die Burg Streitberg an kahlen Felsenklippen: sie ist nur ein kleines weißes Haus.
In Streitberg trafen wir den Hn Meyer, den ich beym Hoffr. Klüber kennen gelernt hatte; er wollte zu Fuß nach Culmbach, um seine Mutter zu besuchen. Wir nahmen ihn bis Sanspareil mit, wo wir die erste Nacht zubrachten. Wir hatten 3 Meil. bis dahin. Gleich hinter Streitberg fährt man in einem langen Hohlweg den Berg hinauf; ist man oben, so sieht man vor sich, Ebene, hinter sich aber das herrliche Thal das man eben verlassen hat, u die ganze Gegend bis Erlangen, u Erl. selbst. Der Weg ist anfangs eben, nachher aber sehr felsig, steinig, u bergig. Besonders ist um Sanspareil aller Acker mit Steinen dicht übersäet, u die Wege sind eng, höckerig, u ganz voller Steine. Doch dergl. sahen wir nachher auf der Reise noch öfter. Die Gegend ist auch zum Theil öde; und die grauen u schwarzen Felsenstücke, die in der Gegend v. Sanspareil, wie Pilze aus blosser Erde gewachsen, wohl an 30, 50 u mehr Fuß, auf dem Felde hervorstehen, geben der dortigen Natur ein wirklich bizarres Ansehen; ich kann es nicht anders nennen. Auf dem Wege kamen wir / durch einen reizenden Wald, auch zwischen Hecken u Schleedornen u andere Sträucher, wie sie in diesen Gegenden nicht selten eine angenehme Zierde der Wege sind; wir sahen neben uns ein Paarmal, grüne Thäler, mit kleinen Bächen, und in der Ferne stellten sich blaue Berge uns vor. Wir kamen auch durch das Bamberg. Städtchen Holfeld. Vorher hatten wir eine interressante Begegnung. Eine Menge von Männern u Frauen hatten sich am Wege gelagert, u sangen, oder beteten vielmehr Lieder ganz unverständlich her. Es war eine Wallfahrt: mir eine ganz neue Erscheinung. 1/4 Meile vor Sanspareil liegt Wonsees, ein schlechter, offener Flecken, wo wir die Stube sahen, wo der gelehrte Philolog u Spaßmacher Taubmann gebohren ist. Die Inschrift außen am Hause, sagt, er sey hier 1565, gebohren, u 1613 als Prof. zu Wittenberg, gestorben; sein Vater sey Schuhmacher, u zugleich Burgemeister gewesen.
Sanspareil, (eigentlich heißt das Dorf: Zwernitz, unter welchem Namen es auch auf der Karte, 3 Meil. westl. von Baireuth, steht,) ist einer der 3 berühmten Lustgärten des sonstigen Baireuth. Hofes. Friedrichs 2. Schwester, Markgräfin v. Baireuth, hat ihn angelegt. Man macht sich eine falsche Vorstellung davon, wenn man es für einen künstlichen Garten mit einem prächtigen Lustschlosse hält. Es ist, kurz gesagt, nichts, als ein ganz offener Wald, mit natürlichen Felsenstücken. Er ist so offen als der Wörlitzer Garten, einer kann durchfahren u reiten. Im Umfang ist er nicht sehr groß. Die Bäume sind die herrlichsten Weißbuchen, die ich je gesehn habe: fast alle gleich grade, stark, u hoch. Die jetzige Jahrszeit, die für das Grün des Laubes die günstigste ist, gab diesem dichten Hain vorzügliche Schönheiten. Wie aber die Natur diesen kleinen Platz durch die interressantesten Felsengruppen zum Lustort gebildet hat, kann kaum jemand glauben, der nicht diese Art v. Felsen selbst gesehen hat. Es erheben sich nicht nur große, bemooste Felsenmassen aus der Erde, zwischen den Bäumen, so daß sie durch Kunst ausgehauen u aufeinander gestellt scheinen; sondern / sie bilden auch mehrere große u kleine Nischen, Grotten u Höhlen, indem der Felsen oben weit herüberhängt, u inwendig wie mit einem Meißel glatt u hohl ausgearbeitet ist; auch lehnen sich an einigen Stellen 2 große Felsenstücke oben aneinander, u lassen eine breite Spalte oder Kluft zum Durchgehen, zwischen sich. Hinten, auf einem Platz voll kleines Gebüsches, findet man einen ganz isolirten, pyramidal. Felsen, worauf ein Lusthäuschen steht; u einen andern, röthlichen Felsen, der einen flachen, aber breiten Schwibbogen bildet. Nun kann ich mir denken, daß es auch wirklich solche natürliche Ehrenpforten giebt, wie in unserm Gartensaal an der einen schmalen Wand vorgestellt sind. Hinter dem Schwibbogen ist sehr artig ein kleines Theater, (es besteht aus 3-4 gemauerten, u mit bunten Steinen grottirten Bogen,) im Felsen angebracht. – Die Einbildung hat den romantischen Hayn zum Aufenthalt des Telemach, zur Insel der Kalypso umgeschaffen: daher findet man hier die Grotte der Kalypso, der Sibylle, des Vulkans, des Amors; den Tempel des Aeolus; das Denkmal des Ulysses; usw. Diese Allegorie ließ ich mir gern gefallen; denn ich ward wirklich beym ersten Anblick dieser sonderbaren Felsenbildungen, in eine ganz fremde Welt gezaubert. Allein der schönen Insel, fehlt das Wasser. Man hat indeß davon den Vortheil, daß man im Gebüsch keine Insekten im Sommer zu fürchten braucht. In den heißesten Sommertagen ist überhaupt dieser Ort nur erst recht zu schätzen, denn die Felsenhöhlen u dichten Schatten der Bäume machen ihn zu anderen Zeiten fast immer zu kühl. Die Grotte des Vulkans ist die größeste Aushöhlung im Felsen: sie ist ein kleiner offener Saal. Die Sitze sind darin in den Stein gehauen. – Der ganze Wald frappirte mich das / erstemal sehr mit seinen überraschenden, mir ganz neuen Scenen. Allein ich fand nachher, zumal da ich auf unserer Rückreise wieder Sanspareil passirte, u ihn wieder besuchte, daß er doch beynahe einen zu eingeschränkten Charakter hat, u bald ermüdet: er ist sehr zauberhaft u feenartig; aber auch nichts mehr, u das sonderbare, fremde wird man in der sinnlichen Welt, wie mich dünkt, am ersten überdrüßig. Darum ermüdet auch eine Redoute so bald.
In Sanspareil führte uns ein Kastellan herum. Im Garten liegen mehrere kleine Häuserchen, u vorn 4 größere Gebäude, auswendig mit bunten Steinen sehr artig grottirt. In der Waltherschen Buchhandl. kommen 12 sehr artige Prospekte vom Garten, (schwarz u illuminirt,) recht wohlfeil heraus. Die 4 die heraus sind, habe ich gesehen. Ich wünschte sie Ihnen mit Gelegenheit einmal zu schicken. – Im Dorf bestiegen wir einen alten runden Thurm auf einer Anhöhe, den man weit sieht, u von dem man eine gute Aussicht hat.
Am Morgen nahmen wir von dem Hn Meyer Abschied den wir vielleicht noch in Culmbach zu besuchen versprachen u fuhren nach Baireuth (3 Meil.) Der Weg ist größtenteils sehr steinig; die Aussichten stellen nur einsame, öde, flache Anhöhen dar. Am Ende kommt man durch einen schönen Wald, u auf eine sehr gute Chaussee. 1/2 Meile vor der Stadt kommt man das Lustschloß Fantaisie vorbey. Dabey steht am Wege, eine Linde, die, glaube ich, 19 Ellen im Umfange hat.
Baireuth ist größer als Erlangen, u hat meistentheils sehr gute Häuser, u breite Straßen. Das Pflaster ist sehr eben von glatten Steinen, so daß die Pferde leicht fallen. Die Stadt liegt am rothen Mayn. Die Vorstädte sind groß, u zum Theil selbst mit Berlinischen Häusern u Säulen-Façaden geziert. Eine Strecke von der Stadt liegt der Brandenburger, oder St. Georg am See (der See ist ausgetrocknet;) eine kleine Vor- oder Neben-Stadt, die zu Baireuth gehört. Dahin führen 2 prächtige Alleen v. großen, gleichgewachsenen, schattigen Bäumen. Dergleichen / recht auserlesene Alleen sind mehrere vor der Stadt: sie gewähren die angenehmsten Spaziergänge. Vor der Stadt in einer Wiese liegt die Kaserne, die in Gestalt u Farbe viel Ähnlichkeit mit dem Berlinischen Belle Vue hat. Viele Häuser sind ganz v. Sandsteinen. Die Stadt hat ein altes u ein neues Schloß; (letzteres ist nicht übel gebaut, u steht an einem Platze wo eine Fontaine, oder gemauertes Bassin od. Brunnen wie man es in diesen Gegenden häufig findet, mit einem vergoldeten Reiter;) eine antike große Stadtkirche, mit vielen Figuren auswendig; ein Waisenhaus; ein Gymnasium; eine Münze; eine Porcellanfabrik, worin itzt aber nicht mehr Porcellan, sondern Englisches Steingut gemacht wird; ein Reithaus, worin itzt, auf einem recht guten Theater, die Webersche Truppe agirte; ein Opernhaus, (das von außen mit einem sehr großen ungeschickten Balkon versehen, inwendig sehr reich u prächtig, aber eben so altmodisch u geschmacklos mit Gold verziert, übrigens aber wohl fast so groß als das Berliner Opernhaus, u als eines der größten u prächtigsten Opernhäuser in der Welt berufen ist;) usw. Ein Paar Kirchen die wir inwendig besahen, sind heiter u nett. In einer ist die Gruft der Regenten, v. schwarzem u weißem Baireuth. Marmor. Als Gouverneur des Landes wohnt ein Bruder des regierenden Herzogs v. Würtemberg in dem neuen Schlosse. Die Gegend um Baireuth ist schön: es ist in einem weiten Cirkel von Bergen umschlossen. Von dem nahen Sophienberge hätten wir gern die Aussicht genossen, wenn es uns die Zeit erlaubt hätte. Wir logirten sehr gut im Anker, u speisten dort an der table d’hôte mit Preußisch. Officieren. Die Garnison ist v. Wesel hiehergekommen.
Aber genug von diesen Sachen: ich kann mich nicht länger enthalten, Ihnen die vortreffliche, unerwartete Aufnahme zu rühmen, die wir hier in Baireuth genossen. Ein Paar Tage vor meiner Abreise hatte ich den Hn Prof. Mehmel, mit dem ich von selbst ein wenig bekannt geworden bin, u der in Baireuth bekannt ist, in aller Eil gebeten, mir, / wenn er könnte, eine kleine Adresse mitzugeben. Er gab mir 3 Briefe mit: an einen gewissen jungen Hn Boie, der uns in und außer der Stadt herum, auch nach der Fantaisie hinführte; an den Hn Hoffkammerrath Schlupper, einen alten, ehrlichen, sehr ungenirten Mann, der mit uns nach der Eremitage hinfuhr, u uns zum Abendessen behalten haben würde, wenn wir nicht schon beym Hn Regierungsrath Spieß versagt gewesen wären; u an den Hn Hoffkammerrath Turnesi, einen äußerst gebildeten, feinen, geschickten, gefälligen u einnehmenden Mann, der uns, nachdem er sich ein Paar Stunden mit uns unterhalten, u wir ein Frühstück bey ihm genossen hatten, sogleich wieder 3 Empfehlungsbriefe nach Naila, Wunsiedel u Bischoffsgrün in unser Wirthshaus zusandte. Was diese für Wirkungen gehabt haben, sollen Sie nachher erfahren. H. Reg. R. Spieß endlich, den ich erst allein besuchte, bat sogleich, da ich nur erwähnte daß ich einen Reisegefährten hatte, uns beide auf den Abend zu Gaste, u that, als gehörten wir zu seiner Familie. Er ist ganz ohne Complimente: ein sehr guter Mann. Er hat 2 große Töchter. Nach Tische ward ein wenig getanzt: er spielte u sang auch von seiner eigenen Composition. – Hatten wir nicht Ursache über diese Aufnahme sehr vergnügt zu seyn? Wir genossen sie ganz unverdienter Weise.
Vom Archiv habe ich nichts gesehen: es ist auf der Festung Plassenburg bey Culmbach. Die Eremitage, 1/2 Meile v. Baireuth, (es führt eine vortreffl. Chaussee dahin,) ist auch ein offener Garten. Zum Theil hat er künstliche Grotten v. Feldsteinen, Bassins, Springbrunnen, Einsiedeleyen; ein sehr langes schönes Berceau, ein Paar kleine Gebäude mit Säulen, / auch mit lauter bunten Steinchen belegt, einen runden Pavillon (der Sonnentempel genannt,) der inwendig ganz u gar mit baireuthischem Marmor von allerhand Farben ausgeschmückt ist, (die Pilaster haben vergoldete Füße u Kapitäle,) usw. Von den Wasserkünsten etc. wird, was verfallen ist, wieder hergestellt. Eine Kaskade ist eingegangen. An dem größten Bassin sind längs demselben in einiger Entfernung eine Reihe v. Nischen angebracht; wenn aus diesen oben eine Menge v. Wasserstrahlen in einem Bogen ins Bassin springt, so geht man zwischen diesem u den Nischen, unter einem Berceau v. Wasserstrahlen. Der größte Theil des Gartens ist aber ein ganz kunstloser Wald, mit geraden Gängen, durch welche man überall schöne u weite Aussichten auf Anhöhen u Thäler, Häuser, Dörfer, Wiesen u Felder hat. In dem Küchengarten sind große Glashäuser. – Fantaisie ist wieder fast ganz eine Anlage der Natur; vorn ist ein Schloß. Das Dorf worin es liegt, heißt eigentl. Dondorf (so steht es auch auf der Karte.) Der Garten ist offen; an einer Stelle hat er künstl. Bogengänge; sonst aber ist es ein Wald mit Wiesen, krummen Gängen, u kleinen hervorstechenden Felsen. Ich bin ihn nicht ganz durchgangen. – Der Hoffgarten, (so heißt hier jeder Schloßgarten,) in der Stadt, hat ein Bassin u artige Bogengänge u Hecken. Der HoffGärtner Rosengarten, den H. Reichenow kennt, lebt noch; ich hatte aber nicht Zeit ihn zu besuchen. – In dem sogenannten Brandenburger liegt ein sehr gut eingerichtetes Irrenhaus, u ein Zuchthaus, worin H. Hoffkammerrath Turnesi wohnt, der darüber die Aufsicht hat. Die Züchtlinge u andre Künstler verarbeiten den Baireuthischen Marmor sehr gut. In der ansehnlichen Niederlage sahen wir viele sehr schöne Tisch/blätter, Apothekerschaalen, Tabaksdosen, Vasen, usw., alles herrlich polirt. Man zeigte uns auch eine Musterkarte von 33 Hauptarten u 27 Spielarten des Baireuth. Marmors, in kleinen Platten auf Schiefer befestigt: hätte ich dies Stück nur gleich in unser Kabinet schaffen können; es würde Ihnen sehr gefallen haben. Ich sah weißen, schwarzen, gelben, bläulichen, röthlichen, grauen Marmor, fast so schön wie Italiänischen, manchen auch mit Versteinerungen. Der gelbe kommt v. Streitberg; der weiße wird in großer Menge in den sogenannten Sechsämtern, worin Wunsiedel die Hauptstadt ist, gefunden, er ist schneeweiß, nur leider etwas zu weich, daher er splittert u verwittert; bey Naila sind auch große Marmorbrüche, und überhaupt sind sehr ergiebige, durchs ganze Land in Menge verstreut. Sie werden sich wundern, wenn ich Ihnen sage, daß im Baireuthischen, kleine u große Marmorstücke uns in manchen Gegenden alle Augenblicke im Wege lagen.
Von Baireuth aus machten wir nun ein Cirkel durchs ganze Baireuth. Land, um die Natur über u unter der Erde kennen zu lernen. Zuerst wandten wir uns nach Naila, also gen Norden, weil hier die beßten Bergwerke sind. Wir reisten über Berneck, dann aber nicht über die Städtchen Gefrees u Münchberg, sondern einen nähern Weg über das Dorf Stambach, u das Städtchen Helmbrechts. Berneck ist von Baireuth 11/2 Meile, Stambach 3 M., Helmbrechts 4 M., Naila 51/2 M. Bis Berneck geht eine herrliche Chaussee; zum Theil gekrümmt u bergauf u bergab. Uns begegneten eine Menge Bauern mit Bündeln, mit Wagen oder mit Ochsen, die zum Pfingstmarkt nach Baireuth zogen. Die Aussichten die wir hatten waren sehr angenehm. / Aber dicht vor Berneck wird man durch einen Anblick überrascht, der nebst der Gegend v. Streitberg zu den schönsten Prospekten gehört die wir gehabt haben. Man fährt mit einemmale zwischen hohen Bergen, in ein enges Thal hinein, worin das Städtchen in einem engen Raum eingeklemmt liegt. Alles ist schwarz, finster: aus den Bergen ragen schwarze Felsenmassen hervor; über die Stadt erhebt sich der schwarze spitze Kirchthurm; daneben steigt der kühnere Thurm einer alten Burg wohl noch einmal so hoch in die Lüfte empor, u scheint über die Stadt zu hängen u hineinstürzen zu wollen, so verwegen streckt er sich zum Himmel hinauf. Alles dies ist in ein enges Thal eingeschränkt, das der weiße Main durchrinnt. Der hohe, 4eckige Thurm war die Burg der Grafen v. Orlamünde. Dahinter liegen noch die Ruinen der Burg der Grafen von Wallenrode, (mit kleinen Gewölben,) u der dazugehörigen Kapelle. Diese hat neben der gothisch gewölbten Thür noch folgende in den Stein gehauene merkwürdige alte Inschrift, mit ganz alten, den lateinischen ähnlichen Buchstaben: da . man . zalt. nach. XΡ̅I. (Christi) gepurt . m. cccc . Ixxx . (1480) iar. an. sant. gurgē . abent . durch . veit . von . wallenrod . ist . der . erst . steyn̅ . an. disse . kappellē . gelegt. Bey unsrer Rückreise über Berneck kaufte ich vom Hn Postmeister die kleine Schrift zum Andenken: Berneck, ein histor. Versuch, von J. G. Hentze. Baireuth. 1790. 4. 48 Seiten, worin die Geschichte Bernecks u der alten Burgen erzählt, einige Nachrichten von der alten Slawischen Religion enthalten, u einige altdeutsche Urkunden abgedruckt sind, auch 2 kleine Kupfer v. der Gegend v. Berneck stehen. – Die Drathzieherey in Berneck konnten wir nicht sehen, da es Feiertag war. Uebrigens werden hier in einem kleinen flachen Bache, auch Perlen gefischt, jährl. etwa 100 Stück. Sie sollen an Güte den Oriental. nahe kommen. Ich habe keine sehen können. Außer einigen andern Städten des Oberlandes ist vornehmlich noch das Städtchen / Rehau (auf dem Wege v. Hoff nach Eger,) des Perlenfangs wegen bekannt. Hier und in Berneck wohnt ein eigener Perleninspektor. Man sagt, die Perlenmuscheln wären aus Sachsen, wo sie sich auch finden, einmal ins Baireuthische gebracht, u hätten sich hier nun fortgepflanzt.
Von Berneck aus auf unserm ganzen Cirkelwege durchs Oberland, bis nach Berneck zurück, sahen wir nun ein Land von einer ganz eigenen Beschaffenheit. Der Boden ist durchaus sehr hoch; die Luft immer etwas rauh u kühl; die Anhöhen mehrentheils nicht steil u hoch; die Gegenden oft felsig, steinig, wüst u einsam; die Dörfer lange nicht so häufig als im Bambergischen u südlichen Franken. Alle Früchte u das Getreide kommen hier später zur Reife. Die Hauptnahrungszweige, die aber auch sehr bedeutend sind, sind: Bergbau, (der fast lauter Eisen betrifft, da die Goldbergwerke in Goldkronach itzt ruhen,) Viehzucht, Flachsbau, u auch Getreidebau. Die Wiesen sind vortrefflich. Ochsen findet man in gewaltiger Menge; aber man sieht auch fast nichts als Ochsen; sie spannt der Bauer vor Wagen u Pflug: Kühe sind seltner; Pferde wird man fast gar nicht gewahr; aber dagegen auch sehr gute Schaafe u Ziegen. Jene beschäftigen viele gute Wollenwebereien. Die Ziegen haben viel weißeres schöneres Fell in diesem Berglande, als bey uns. Die Einwohner sind ein sehr höfliches, gutmüthiges u treues Volk. Wegen der großen Viehzucht findet man hier viele Schlächter. Die Weiber tragen große runde Filzhüte, welches sie nicht übel kleidet. Die Dörfer haben hier überall ein sonderbares Ansehen. Sie bestehen aus einzeln stehenden sehr simpeln, kleinen Häuschen, die alle mit Schindeln gedeckt, auch wohl ganz hölzern sind, / u nie in bloßer Erde, sondern immer auf grün bekleidetem Boden, zwischen Anhöhen, oder am Abhange, wie graue Kartenhäuschen, aufgesetzt stehen. Kleine Bäche, herauf u heruntergehende, u steinige Wege sind häufig. – Alles dies gilt vom ganzen Oberlande, nordöstlich v. Baireuth u Berneck.
Hinter Berneck fährt man noch etwas die Chaussee in einem schönen, tiefen Hohlwege, weiter. Dann verläßt man sie, u kommt durch etwas öde Gegenden, (wenigstens scheinen sie so, wenn man von Streitberg, Berneck u Baireuth kommt, wiewohl man sich freil., wie ich gemerkt habe, gar zu leicht durch so reizende Gegenden verwöhnt, u gegen minder schöne ein wenig unerkenntlich wird,) nach Stambach u Helmbrechts, wo in den Schenken der Feiertag mit lauten Späßen u Betrunkenheit gefeiert ward. Ich möchte beinahe den Rath geben, an Feiertagen sich nicht viel auf Dörfern aufzuhalten. Von Helmbrechts geht es über 2 kleine, schlechte, dorfähnliche Flecken, Schauenstein u Selbiz, nach Naila. Der Weg geht fast beständig auf naktem Felsen fort, u ist so eben wie eine Chaussee. An einer Stelle kommt man sehr schwarzen Felsen vorbey.
Naila, ein kleines, schlechtes Städtchen, liegt an der Selbiz, über die hier eine marmorne Brücke geht. Auch die meisten Häuser in der Stadt sind von Marmor. Dies klingt zwar in Berlin sehr prächtig, wo es gewiß schon sehr bewundert wird, wenn man von Häusern in Sächsischen Dörfern hört, die ganz v . Sandstein gebaut sind. Allein wenn man bedenkt, daß der Marmor, der doch auch nur ein edlerer Kalkstein ist, hier so sehr häufig ist, daß man bey weitem wohlfeiler damit baut, als mit Holz u Backsteinen, so / begreift man es schon. Der Marmor in Gebäuden sieht übrigens, wenn man ihn nur obenhin ansieht, um nichts besser aus als Kalk- oder Sandstein. – In Naila trafen wir gerade den Markt. Auf dem Markte, (wo wir, im rothen Roß, logirten,) war alles gedrängt voll, so daß es uns gar sonderbar dünkte, da wir ihn den andern Tag ganz von Menschen entblößt sahen.
Ueber einen halben Tag wandte der H. Vicebergmeister Ullmann, an den wir vom Hn Hoffkammerrath Turnesi rekommandirt waren, an uns, u ließ sich, zu meiner Verwunderung nicht verdrießen, uns nach Kembles (über 1 Meile nördl. v. Naila, ganz dicht an der Sächs. Gränze,) hinzuführen, u hier mit uns in ein Bergwerk einzufahren: eine Gefälligkeit die wahrlich nur ein Bergmann selber haben kann. Die Gegend nördl. von Naila hat Anhöhen, u finstre, schwarze Waldungen; und einen kalten, trockenen Anstrich. Die Selbiz treibt hier eine außerordentliche Menge Eisenhämmer u Mühlen, auch eine Marmorschneidemühle für die Marmorfabrik in Baireuth. Das Geräusch von Eisenhämmern hört man überall. Um Naila herum sind 33 Gruben, die fast lauter Eisen, doch auch zum Theil Kupfer enthalten. Einige sind freilich klein. Bey dem Städtchen Lichtenberg brechen die schönsten KupferAtlaserze, die man sehen kann. Das Eisen findet sich in lauter Gängen, u zwar in allen möglichen Gestalten, u in den herrlichsten Stuffen: als gelbe Eisenerde, gelber od. brauner derber Eisenstein, spätiger glänzender Eisenstein, Eisenblüthe, Blutstein, Glaskopf, kuglichter oder traubichter Eisenstein, (wie der traubichte Isländ. Chalcedon gestaltet,) Tropfstein u säulenförmiger Eisenstein usw. Der Steiger / (dies ist der erste Bergmann,) bot mir schöne Stufen an; allein der Transport macht gar zu viel Beschwerde. Hätte ich alles nur Ihnen gleich nach Berlin schicken können! In des Steigers Wohnung legten wir uns Grubenkittel, Schurzfell u Schachthut an, auf den ein Licht gesteckt ward. (Dieser Steiger hat 21/2 leichte Gulden wöchentlich, freye Wohnung u frey Holz, u arbeitet nicht, sondern führt nur die Aufsicht. Bey kleinen Gruben arbeiten die Steiger mit. Die andern Bergleute haben, nach ihrer verschiedenen Arbeit, immer weniger Gehalt.) Die Grube die wir befuhren, heißt: die Gabe Gottes; sie ist eine der tiefsten u ergiebigsten in dieser Gegend. Ihre Tiefe beträgt 26 Lachter = 173 Fuß 4 Zoll. (1 Lachter hat 8 Bergschuh, = 80 Zoll; denn 1 Bergschuh hat 10 Zoll; also hat 1 Lachter 6 Fuß 8 Zoll gewöhnlichen zwölfzölligen Maaßes.) Wir fuhren in einen Schacht, auf den Fahrten (Leitern) ein. Ueber dem Schacht ist eine Kaue (ein hölzernes Häuschen) gebaut. Ueber der Öffnung des Schachtes steht ein Kreuzhaspel, womit das Erz heraufgewunden wird. Der Schacht ist inwendig ganz mit Holzwerk verzimmert, woran die Leitern sehr sicher befestigt sind, u geht ganz senkrecht hinunter. An den Leitern kann man sich sehr gut festhalten. Das Heruntersteigen ist leicht; aber das Heraufsteigen ermüdet am Ende ein wenig, weil es senkrecht geht. Schwindlich kann man von der Tiefe nicht werden, weil man nichts als schwache Dämmerung um sich sieht. Wenn ich überhaupt bedachte, daß, wie mir der H. Bergmeister erzählte, auf dem Harz, Gruben von 100 u 200 Lachtern, in Schweden aber sogar welche v. 400 Lachtern sind, die bis unter die Oberfläche des Meeres gehn, so kam mir mein Steigen als sehr gering vor. – Wir waren glücklich unten angelangt, u einer gieng nur gebückt dem andern nach, jeder sein Licht in der Hand; denn die Stollen u Gänge, (welche größtentheils mit Holzwerk verzimmert sind,) sind ganz schmal, u so niedrig, / daß man kaum aufrecht darin gehen kann. Mir wars als sollte ich in irgend eine geheime Gesellschaft, einen mysteriösen Bund aufgenommen, oder vor ein heimliches Gericht geführt werden. Ich erinnerte mich, in meinen Kinderjahren im Traume zuweilen solche lange, enge, finstere Gänge gesehen zu haben, u am Ende einen Arbeiter, der wie ein verwiesener Missethäter bey Licht die verborgenen Schätze der Natur aus Steinen herausschlägt. Es macht wirklich einen sonderbaren Eindruck, wenn man in der Ferne einen Arbeiter ganz dumpf hämmern hört, dann immer näher tritt, ihn in seiner fremden Bergmännischen Sprache: Glück auf! grüßen hört, u betrachtet, wie er mit sichtbarer Anstrengung das spitze Eisen mit dem Schlägel ins harte Gestein hineintreibt. In den Gängen bewunderten wir den reichen Eisenstein, der neben u über uns, zwischen schwarzem Schiefer, (dies ist hier die Gangart,) herabhing. An einigen Orten sahen wir schöne Eisenstufen, noch in der Werkstätte der Natur, auch grünen Malachit, auch Vitriolkies, u endl. ganz reinen, flüßigen, grünen Vitriol, wie er an den Wänden hieng: denn diese Grube liefert vorzüglich auch die Materialien zu dem Vitriolwerk, das wir am Nachmittag besahen. An manchen Orten waren die Gänge unten u an den Wänden etwas naß; auch sahen wir ein Paar Pumpen, das Wasser heraufzuschaffen, u eine große Art v. Schacht, Radstube genannt, für eine neue Maschine zu dieser Absicht. Als wir so zieml. alle Winkel durchkrochen hatten, suchten wir wieder die freye Luft; und ich habe nicht leicht eine angenehmere Empfindung gefühlt, als da ich von der letzten / Stuffe der Leiter ins Freie hinaussprang. Die grünen Bäume, der blaue Himmel, die frische Luft, alles drang mit neuem, stärkeren Eindruck auf meine Sinne ein, zumal da, als wir hinunterstiegen, ein kalter Morgennebel die ganze Gegend bedeckt hatte. – Zu Mittag aßen wir in dem Dorfe Tsirgau, wo wir uns v. Hn Ullmann traktiren lassen mußten. Wir aßen unter andern einen zarten, karpfenähnlichen Fisch, Barbe genannt. Nach Tische besahen wir das Vitriolwerk u den Eisenhammer, auf der sogenannten Hölle. Dort sahen wir, wie der Vitriol immer feiner gesotten wird, u endlich in schönen grünen Kristallen anschießt, auch wie in den Bühnen aus den schlechten Vitriolkießen durch die Luft die Vitriollauge sich von selbst herausziehen muß; hier sahen wir, wie das Eisen im Feuer glühend gemacht, u dann unterm Hammer zu einer platten Stange geschmiedet wird. Blasebälge u Hammer werden von Wellen, durch Wasserräder getrieben. –
Ehe ich Ihnen den folgenden Gang unserer Reise, und das Abentheuer des folgenden Tages erzähle, muß ich Ihnen gestehen, was ich mir für einen kühnen Plan ausgesonnen. Doch es war recht gut, daß er nicht ausgeführt werden konnte. Ich hatte mir vorgesetzt, wir wollten von Naila, über Hoff, nach – Karlsbad reisen, um die dortigen Merkwürdigkeiten der Natur u um den Boden von Böhmen zu sehen, wenn auch nur auf kurze Zeit. Da mir die Entfernung von Karlsbad immer, (wie ich nachher erfuhr,) von allen die ich befragte, zu geringe angegeben ward, so wurde ich desto mehr in meiner angenehmen Idee bestärkt; wir wären aber demungeachtet von Hoff gewiß in einem Tage sehr gut hingekommen, wenn uns nicht der Vorfall, den Sie gleich erfahren sollen, wider alle unsre Erwartung zurückgehalten.
Noch am Abend des Tages, den wir im Bergwerk usw. so / angenehm zugebracht hatten, machten wir die anderthalb Meilen v. Naila bis Hoff. Die Gegend ist sehr hoch, u gewährt dem Auge wenig Unterhaltung, da die sich wellenförmig hebenden u senkenden flachen Erhöhungen am Ende ermüden. Wir kamen durch etwas Wald, u endlich auf eine sehr gute Chaussee. Die Sonne gieng prächtig unter: der halbe Himmel stand in goldgelben Flammen. – Hoff liegt in einer flachen Niederung, in einer zieml. v. Holz entblößten Gegend. Die Stadt hat fast lauter Giebelhäuser, so glattes Pflaster wie Baireuth, u ein recht heiteres Ansehen. Wir stiegen im Brandenburgischen Hause, einem großen Gasthofe ab. Die Stadt ist ihrer Fabriken wegen berühmt.
Am andern Tag hatten wir Nebel, trüben Himmel u Regen. Der Weg geht wieder sehr hoch, u ist zieml. fest. Rechts im Grunde, sahen wir die Saale (die wir auch bey Kembles gesehen hatten,) fast in lauter Cirkelbogen durch grüne Wiesen fließen, so daß sie mehrmals dem Ort, wo sie war, wieder nahe kommt. In einem dicken Walde, wodurch wir kamen, fanden wir den lehmigen Weg von Regen schon sehr verschlechtert. Endlich kamen wir bey dem Dorfe Schönbach an die kaiserliche Gränze v. Böhmen. Wir waren schon den Schlagbaum passirt, als der H. Einnehmer u Aufschauer (so heißen die Österreich. Accisebedienten,) uns Halt! zurief. Wir mußten unsre Sachen visitiren lassen, u nun forderte er uns unsre Päße zur Legitimation unsrer Aussage, daß wir Studenten wären, ab. Wir reichten ihm unsere Matrikeln hin, denn diese hatten wir allein mitgenommen, weil sie sonst immer bey Studenten statt der Päße gelten. Aber den Hn Einnehmer befremdete es sehr, daß man lateinische Päße gäbe; er sah die Matrikeln lange starr an, – u verstand sie darum doch eben so / wenig. Er mochte glauben, sie könnten eben so wohl Französische Komödienzettel, oder, wer weiß, was, seyn. Uns maß er mit mißtrauischen Augen von oben bis unten; u hielt es endl. fürs beste, uns einen Boten bis zur nächsten böhmischen Stadt Asch, (in der kleinen Herrschaft Asch,) mitzugeben, der unsre Matrikeln so lange an sich nahm, um sie dort näher untersuchen zu lassen. Der H. Gerichtshalter in Asch verstand zwar die Matrikeln, weil er selbst studiert hatte; betrachtete uns ebenfalls so scharf, als wollte er uns durch u durch sehen; schwatzte über allerhand Nebendinge, z. B. kam es ihm bedenklich vor, daß ein so junger Student als ich, gleich eine so weite Reise unternehmen wollte; fragte nach unsern Geschäften in Karlsbad; – u das Ende vom Liede war, – Matrikeln wären keine Päße, u keine volle Legitimation, um über die Gränze gelassen werden zu können. Was wollten wir thun? Wir hörten im Wirthshause, wo wir uns beym Mittagbrod erhohlten, die Befehle wegen der einpassirenden Fremden wären der emigrirten Franzosen halber ganz neulich strenge geschärft; doch könnten wir uns in Asch einen Laufpaß geben lassen, der aber auf jedem Kreisamt bestätigt u unterschrieben werden müßte; denn wer ganz ohne Paß auf irgend eine Art ins Land käme, hätte Verhaftnehmung bis zu seiner Legitimation, zu gewärtigen. Theils das schlechte Wetter, theils die Umstände u Schwierigkeiten denen wir doch immer noch ausgesetzt seyn konnten, theils die Entfernung von Karlsbad bewogen uns bald, unsern Weg zu ändern, u gleich nach Wunsiedel zu gehn. Von Hoff bis Asch hatten wir zweieinhalb Meil. gemacht; von hier bis Wunsiedel hatten wir drei zu machen. Von dem Boten aber, der uns noch nicht verließ, wurden wir förmlich – über die Gränze gebracht, u nun erst gab / er uns unsere Matrikeln zurück. Wir hatten doch wenigstens unsern Fuß in Böhmen gesetzt; u setzten itzt nach diesem Abentheuer unsere Reise vergnügt fort.
Die Gegend ist hier wieder besonders einsam u wüste. Oben habe ich vergessen zu sagen, daß auf unserer ganzen Reise durch die abgelegeneren Theile des Oberlandes, die Leute uns immer sehr neugierig ansahen, u fragten, wer wir wären, weil das Land von Fremden nicht so gar häufig besucht wird. Vielleicht ist dies auch zum Theil der Grund von der guten Aufnahme der Fremden. – Das Städtchen Selb, das wir passirten, ist klein u schlecht, u höchst elend gepflastert. Mitten im Walde liegt der Schwarzhammer, wo ein Eisenhammer, eine Glashütte u ein hoher Ofen. Sehr Schade war es, daß wir hiervon nichts vorher wußten, sonst hätten wir die Glashütte u den Schmelzofen sehr gut besehen können. Die übrigen hohen Oefen im Baireuthischen, denen wir nahe kamen, waren alle nicht im Gange: – (wie denn überhaupt itzt vieles von den Berg- u Hüttenwerken liegt, u jene besonders lange nicht so genutzt werden, als sie genutzt werden könnten. Doch bald wird der jüngere H. v. Humbold, der geschickte Mineralog, als Aufseher des Baireuth. Bergwesens, hieherkommen. Bey Hn. Turnesi sah ich schon einen sehr starken Bericht, den er auf einer Reise durchs Land über den Zustand des Bergbaus aufgesetzt hatte.) – Als wir aus dem finstern Tannen- u Fichtenwalde herauskamen, hatten wir den überraschendsten Anblick. Große Ruinen einer alten Burg, mit einem hohen runden Thurme, auf einem kleinen Berge stehend, sprangen plötzlich hinter / den letzten Bäumen hervor. Wir kamen ins Dorf nahe am Fuße der Anhöhe; und nun erfuhr ich zu meinem großen Vergnügen ganz unerwartet, daß wir in Thierstein wären. Der H. Turnesi hatte mir gesagt, daß es hier gegliederten Basalt, oder Basaltsäulen gebe, eine Merkwürdigkeit die man vielleicht in ganz Deutschl. nicht wieder findet, u überhaupt nur an wenig andern Orten, wie ich glaube, als in Schottland, wo die großen Massen von Basaltsäulen so berühmt sind. Sogleich sah ich mich nach dem Basaltfelsen um; u siehe da, es war derselbe, worauf die Ruinen standen. Wir machten also halt, u beschauten den Ort näher. Der Felsen, der sich mitten im Dorf, etwa ein Haus hoch, erhebt, hat auf der einen Seite lauter 6eckige, schwarze Basaltkristallen, wenn ich es so nennen darf, die etwa 1 Fuß breit u 1–2 Fuß hoch sind, u sich treppenförmig übereinander erheben. Einige Stücke sind umgestürzt, oder stehen schief hervor. Die Ruinen, die an diesem Flecke stehen, bestehen in sehr hohen, großen Mauern, mit Fenstern , u einem sehr hohen runden Thurm. Man findet vielen Basalt eingemauert an. Auf der andern Seite des kleinen Felsen aber trifft man mehrere hohe 6eckige Basaltsäulen, die dicht nebeneinander geschichtet, u ineinander gefügt, fast senkrecht sich in die Höhe thürmen. Sie haben bey einer Dicke v. etwa 1 Fuß, wohl eine Höhe von 10 Füßen: u gewährten mir einen ganz neuen, fremden Anblick. Ob diese Merkwürdigkeit in Berlin sehr bekannt seyn mag? Der Ort liegt ohngefähr auf halbem Wege zwischen Asch u Wunsiedel.
Da wir weiter fuhren, sahen wir vor uns das wilde FichtelGebirge sich erheben; u hinter uns entdeckten wir, in Gestalt eines blassen, hohen Streifens am Horizont, die böhmischen Gebirge in der Mitte von Böhmen. / Die Waldungen haben in diesen Gegenden einen besondem Charakter: sie bestehen aus lauter kleinen oder größern Gruppen oder Parthien; sehen, da sie meist Nadelholz haben, schwarz u finster aus, u sind hin u wieder über die Felder verstreut.
Wunsiedel oder Wonsiedel hat 300 Häuser u 2500 Einwohner, liegt in einer sehr hohen Gegend, doch in einer kleinen Vertiefung, hat ein etwas rauhes Klima, aber eine interressante Natur um sich her. Die Straßen gehen bergauf; die Häuser sind zieml. gut. Die Stadt hat viel Gewerbe, u ist recht lebhaft. Wir logirten im Einhorn. Um die Stadt herum sind viele Brüche von weißem Marmor, der aber, weil er so gemein ist, häufig zu Kalk gebrannt wird. Die Stadtmauern sind v. weißem Marmor, daher der Ort sonst die Stadt mit den marmornen Mauern genannt wurde. Mehrere Häuser sind auf Marmor, u von Marmor gebaut; mehrere aber auch von dem röthlichen u weißlichen Granit, der, nebst dem Gneus, nach dem Fichtelberge zu, häufig gefunden wird, u auch das Skelett von diesem Gebürge ausmacht.
Von Hn Turnesi waren wir an den Hn Vicebergmeister Schubert rekommandirt, u dieser überaus gefällige Mann führte uns am Vormittage auf die Luxenburg u nach Sichersreuth, Nachmittags nach Arzberg, u lud uns auf den Mittag zu sich ein. – Die Luxenburg ist ein Theil des FichtelGebirges, dessen einzelne Berge überhaupt folgende Namen haben: 1.) die Luchsburg, Luxenburg oder Losburg. Dieser Berg hatte seinen Namen von den Luchsen die hier sonst häufig waren, (noch vor 3 Jahren hat man einen in der benachbarten Pfalz geschossen,) / und von der alten Burg die oben stand; u wovon man noch die Spuren sieht. Die 4 hohen Felsenklippen, die ganz nakt aus der Waldung dieses Berges hoch herausragen, heißen: der Burgstein, der große u der kleine Haberstein, u der Schauberg. – 2.) die hohe Cössein. 3.) der Ewald. 4.) der Todtenkopf. 5.) die Platten. 6.) der Silberanger. 7.) die hohen Fahrnleiten. 8.) der Nußhart. 9.) der Schneeberg. 10.) der Schloßberg od. Rudolphsstein. Diese 10 Berge machen Eine Kette aus. Jenseits des Thales, worin sich der Fichtelsee befindet, liegt: 11.) der Weißmann. 12.) der Ochsenkopf. Die folgenden endl. machen eine eigene Kette nach einer eigenen Richtung aus: 13.) der Waldstein. 14.) der Langenstein. 15.) der Epprechtsstein. 16.) der Kornberg. – Das FichtelGebürge ist ganz mit Fichten u Tannen bewachsen, die unten auch mit einigen Buchen vermischt sind; die höchsten Spitzen aber sind kahl. In der Ferne sieht es schwarz, finster, u öde aus. Es ist 4–5 Meil. lang, u wenig bewohnt u besucht. Die einzelnen Berge erheben sich sanft u allmählig in die Höhe; jähe Abgründe findet man gar nicht. Daher sehen die Berge auch gar nicht so sehr hoch aus; allein man muß bedenken, daß sie in einer sehr hohen Gegend liegen. Es ist noch unentschieden ob ihre höchsten Spitzen nicht höher über der Meeresfläche liegen, als der Brocken. Auch ist man noch streitig, ob der Ochsenkopf oder der Schneeberg der höchste Theil des Gebürges ist; doch scheinen die meisten Stimmen für den letztern zu entscheiden. Nach Randels Annalen ist der Brocken, 3569, der Fichtelberg aber 3621 Pariser Fuß über der Meeresfläche erhaben. Uebrigens stecken in diesem Gebürge noch gewiß unendliche Magazine von Erzen / verborgen; allein man hat sich noch wenig Mühe gegeben, sie aufzuspüren. Auch ist die alte Sage, daß das Gebirge reich an Edelgesteinen sey, sehr wahrscheinlich gegründet. Wer hat sie aber je viel gesucht? So viel ist gewiß, daß oftmals Italiäner hieher kommen, in den einsamen Oertern des Gebürges ihr Wesen treiben, u, vermuthl. mit Edelsteinen bereichert, heimlich u in aller Stille wieder zurückziehen.
Die Luchsenburg ist der nächste Berg bey Wunsiedel. Der Weg dahin ist mit Granit besäet; am Fuße des Berges werden die GranitWacken ungeheuer groß u lehnen sich bald schief an einander, daß man dazwischen durchkriechen kann; oder ein gewaltiger breiter Klumpen ruht auf mehreren kleineren die in die Runde herum stehen, u bildet auf diese Weise eine natürliche, kühle Grotte. Alle dergleichen Scenen fand ich hier noch weit größer u wunderbarer als in Sanspareil. Auf einem großen, platten Granitstück waren ehemals, einer Stiftung gemäß, jährlich v. den Gymnasiasten in Wunsiedel, Schäferactus u andre Komödien aufgeführt; die Zuhörer hatten rund herum auf Felsensteinen, unter freyem Himmel gesessen. H. Bergmeister Schubert hatte in seiner Jugend mitgespielt. Nicht weit davon rinnt eine merkwürdige Quelle aus der Spalte eines Granitstücks hervor: das Volk nennt es die Quelle, die Moses aus dem Felsen schlug. Noch sahen wir am Fuß des Berges, unter diesen wunderbaren Granitgruppen, einen eben gemachten Platz, wo die angesehenen Einwohner der Stadt jährlich / ein Paarmal speisen, u unter offenem Himmel einen vergnügten Tag mit ihren Familien zubringen. Auch sahen wir den alten Burgemeister, der ein sehr ehrliches Bürgeransehen hatte, selbst beschäftigt, einigen Arbeitern zu zeigen, wie sie ein Paar benachbarte natürliche Grotten u Felsenplätze, schöner u bequemer zum Vergnügen einrichten sollten. Eine vornehme Dame, die neulich zum Besuch hier gewesen war, hatte ihren Namen in den Felsen einhauen lassen. – Nun stiegen wir einen sehr mäßig in die Höhe gehenden Fußsteig, durch dichten Wald hinauf, u gelangten endlich auf die Spitze des Burgsteins, der sich wie ein Felsenthurm oder ein starker Pfeiler über die höchsten Tannen erhebt. Oben ist eine Gallerie gemacht. Von diesem engen Platze v. sehr wenigen Quadratfüßen, übersieht man nun nicht nur das ganze Fichtelgebirge, u Wunsiedel, sondern auch auf der einen Seite, das Baireuthische Land, auf der entgegengesetzten, die ungeheuren schwarzen Waldungen der ganz nahen Pfalz, u auf der dritten die Gebirge v. Böhmen: eine erhabene u vielumfassende, aber rauhe u öde Aussicht. – Von hier giengen wir nach dem Alexandersbade, oder dem Gesundbrunnen Sichersreuth, der am Fuße der Luchsenburg, 1/4 Meile v. Wunsiedel liegt. Er wird leider nur sparsam, u auf kurze Zeit von Baireuthern besucht; da die nahen böhmischen Wasser v. Eger u Karlsbad ihm Schaden thun. Das Wasser schmeckt sehr mineralisch, u wird nach Wien, Triest, Venedig, usw. versandt. Das Brunnengebäude ist ein noch neuer, großer Pallast von Granit erbaut, u liegt sehr angenehm. Es hat die / Inschrift: Sanitati publicae aedes hasce aere suo exstrui jussit Alexander etc. – Die Zimmer für die Badegäste, auch die Nebengebäude, die angelegten Alleen usw., alles ist sehr nett.
Arzberg, wo wir am Nachmitt. hinfuhren, liegt 11/2 Meile v. Wunsiedel. Um Arzberg sind 33 Gruben, die wie die um Naila, lauter Privatleuten gehören. Viele liegen aber jetzt, oder, nach dem Kunstausdruck, sie sind nicht belegt. Alles sind EisenGruben. Das Eisen bricht hier nicht, wie um Naila, in Gängen, sondern findet sich in Stockwerken, (in unregelmäßigen Klumpen,) u nicht in so schönen Stufen als dort. Ich fuhr durch einen Schacht, auf den Fahrten, in eine 18 Lachter tiefe Grube, die Silberkammer ein. Sie ist die allerergiebigste. In den Gängen, u Oertern (d. i. den Plätzen, wo das Erz herausgehauen wird, u die hier, unregelmäßig, hier u dort eingeschlagen werden,) über u neben mir, sah ich nichts als gelben oder braunen Eisenstein, in unerschöpflicher Menge. Mein Licht ward ein Paarmal von den Wettern, (der schlechten oder geringen Luft,) ausgelöscht. Auch sah ich an den Gängen eine sonderbare weiße, weiche, baumwollenartige Materie in Menge hängen, die nichts anders als ein Ansatz von Dünsten ist. Das meiste sah ich hier so wie in Naila. Um mir das beschwerliche Heraufsteigen zu ersparen, ließ ich mich auf dem Knebel (einem dicken Holzstücke, auf das man sich setzt,) an einem Seil, von 2 Personen aus der Tiefe herauswinden, nachdem ich mich vorher nach der Sicherheit dieser Art von Fuhrwerk / genau erkundigt hatte. – Arzberg ist ein kleines, unansehnliches Städtchen. Dabey ist auch ein Alaunwerk. Auf dem freyen Felde sahen wir auch das Waschen des Eisenerzes an: der erst kleingeschlagene Eisenstein wird in einem kleinen Wiesenbach mit eisernen Schaufeln gegen das Wasser angeschaufelt; so daß der Bach das leichtere, trübe Gestein mit wegspült, u das Erz auf dem im Bach gemachten hölzernen Boden liegen läßt. – Bey dem Dorfe Göpfersgrün, zwischen Arzberg u Wunsiedel, ist eine Grube wo man Speck- od. Schmierstein findet: er ist weich, u findet sich auch mit Dendriten; der weiße ist der beßte. Er wird nach Regensburg, und von da vermuthl. nach Triest und nach der Türkey gesandt. Man weiß nicht genau, wozu er dort gebraucht wird; man sagt, es würden die meerschaumenen Pfeifenköpfe daraus gemacht. – Mehrere Bergwerke bey Arzberg sind itzt darum nicht im Gange, weil die Baireuth. u Böhm. Bauern, die sonst den Eisenstein den Hämmern zufahren, itzt nichts thun, als Getreide für die Armeen am Rhein nach Baireuth zu bringen. – In der Nähe v. Wunsiedel hat man sehr alte, eingegangene Schächte gefunden: sie waren rund, u inwendig mit Flechtwerk bekleidet. Man weiß daß in dieser Gegend schon Anno 1400, Bergbau getrieben ist.
Ich hatte nach Wunsiedel noch eine Addresse an den Hn Burgemeister Schmidt, vom Hoffr. Schreber erhalten. Dieser Mann verschaffte uns einen Führer der uns am folgenden Tage über den Fichtelberg nach Bischoffsgrün geleiten sollte, weil man sich auf diesem einsamen Waldgebürge leicht verirren kann. – Hinter Wunsiedel kamen wir über Schönbrunn, u Leupoldsdorfe, wo ein Eisenhammer u Blechhammer. Der Herr von beyden Werken, H. Kommercienrath Müller, bot uns, / da er uns seinen Eisenhammer betrachten sah, ohne uns zu kennen, ein Frühstück an, u lieh uns ein Fernrohr, um uns von der Höhe umsehen zu können. Die unteren Theile des Gebirges haben unter den Tannen u Fichten auch Buchen. Wir passirten steinige, sumpfige u verwachsene Wege, u Bäche rieselten neben uns, oder vor uns vorüber. Endl. gelangten wir zu der sogenannten Zinnseife, u dem Zechen (Gruben- oder Bergwerks-) hause dabey. Die Zinnseife ist eine große Grube, worin die Zinnerze, (deren Gewinnung aber itzt ganz vemachläßigt wird, ohngeachtet sie so gut als das Engl. Zinn waren,) gewaschen wurden. Die Zeit mangelte uns, den Schneeberg zu besteigen, von dem man eine noch freyere Aussicht, als vom Ochsenkopf hat. (Auf dem Schneeberge soll noch ein Backofen vom 30jähr. Kriege her stehen, da man sich auf diese Höhen flüchtete.) Wir giengen also über den Fichtelsee, und über den Weißmann zum Gipfel des Ochsenkopfes. Der Fichtelsee, der grundlose See, oder die Seelohe, ist ein tiefer Sumpf oder Moor, der mit Mooß u Binsen, auch niedrigem u verkrüppeltem Fichtengesträuch überwachsen ist, u nie austrocknet, weil er im Thale liegt u ohne Abfluß ist, sondern vielmehr in nassen Jahrszeiten ganz unter Wasser steht. Auch itzt konnten wir an Stellen wo das Wasser über dem Morast stand, einen Stab 3-4 Fuß hineindrücken. Man geht über diesen Sumpf auf Stangen, Hölzern u Sträuchern, die in gerader Linie herüber gelegt sind. Nun kamen wir in die rauhe Wildniß des Gebirges, die ich so begierig / war zu sehen. Wenig betretene Fußsteige, führten uns, durch dichtes Buschwerk etwas steil hinauf. Ueber uns thürmten sich, mitten unter den Baumstämmen, allgewaltige Granitmassen auf, die halb nakt, halb bemooßt, wie riesenmäßige Denkmäler wer weiß wie lange schon der Zeit trotzten. Wir sahen ein Paar alte verfallene Stollen, mit Wasser angefüllt, u sprachen mit einem Bergmann, der in dieser Einöde eine Hütte hat, u uns mit geheimnißvoller Miene entdeckte, daß gewiß noch große Schätze von Gold u anderem Erze in diesem noch wenig durchforschten Gebirge versteckt lägen, was nicht unwahrscheinl. ist. Sehr merkwürdig war es mir, mitten in der Waldung hier einen der größten Flüsse Deutschlands in seiner Wiege zu finden: wir sahen die Quelle des Weißen Mains, der aus einer ummauerten Höhlung, eine kleine Spanne breit im Grase hinabrinnt. Ich setzte mich an der Quelle, trank etwas daraus, stellte mich wie der Koloßus über den jugendlichen Strohm, u versuchte seinen ganzen Reichthum von Wasser mit der Hand aufzuhalten. – Nun wird der Weg immer wilder. Wir traten unsicher auf Sumpf, oder auf Schnee, der in zerrissenen Parthien herumlag, oder in hohes Heidekraut, worunter oft Baumzweige oder Felsenstücke verborgen lagen. Endl. hatten wir die Spitze erreicht, wo auf einem kleinen Flecke, keine Bäume stehen, sondern nur Felsenstücke herumliegen. Wir sahen, es ist wahr, an manchen Orten vielleicht 20 Meil. weit, aber was? In der Nähe, düstre Waldungen, mehrere Oerter; in der Ferne, blasse Landstreifen am Horizont. Die Aussicht / ist zu weit, um in so kurzer Zeit genossen werden zu können. Unser Fernrohr war nicht sonderlich; unser Führer konnte uns die Oerter u Gegenden nicht genau nennen; u der Himmel war am Horizonte nicht ganz heiter, obgleich die Sonne schien. Demohngeachtet hat eine so weite Aussicht, wenn man auch die einzelnen Gegenstände nicht genau unterscheidet, immer viel Erhabenes. – Auf unserm Heruntergange auf der andern Seite des Berges, nach Bischoffsgrün, begegneten wir einigen Meilern im Walde, (dies sind runde, große, backofenähnliche Haufen, von Holzstücken aufeinandergepakt, die zu Kohlen schwehlen sollen,) u sahen die Wege, die das Holz das auf dem Gebirge in sehr großer Menge geschlagen wird, im Winter von oben herunter nimmt, wenn man es, in Schlitten gelegt, auf einer festgeschlagenen Bahn, über den Schnee heruntergleiten läßt.
Bischoffsgrün ist ein Dorf, dicht am Fuß des Fichtelberges. Hier trafen wir mit unserm Fuhrwerk, das den Fahrweg dahin hatte nehmen müssen, wieder zusammen. Die hiesige Glashütte war nicht im Gange. Das Wirthshaus ist sehr schlecht, u der Wirth betrügt. Es war uns daher sehr angenehm, daß uns der H. Kommerzienrath Müller, (ein Vetter des vorhergenannten,) in Fröbershammer, dicht bey Bischoffsgrün, so gastfrey aufnahm. Wir waren v. Hn Turnesi an ihn rekommandirt; u er ließ uns nicht nur mit sich speisen, sondern gab uns auch ein vortreffliches Nachtquartier in seinem großen Hause, wo er schon viele Fremde zu ihrem Vergnügen / beherbergt hat. Auch besahen wir seinen Eisenhammer, seinen Zainhammer, (wo Zaineisen, od. dünne Stangen zu Nägeln, geschmiedet werden,) und seine Knopfhütte, (wo Hemdeknöpfe u dgl. aus gelb- blau- braun, usw. gefärbtem Glase gemacht werden. Sie war itzt leider nicht im Gange, sondern geht nur im Winter.)
Jetzt entschlossen wir uns ganz schnell, auf einem Umweg über Kulmbach, wo wir unsern Hn Meyer aufsuchen wollten, zurückzukehren; u dieser Entschluß hat uns, besonders der herrl. Gegend wegen, nichts weniger als gereut. Von Bischoffsgrün dahin hatten wir etwa 31/2 Meile. Anfangs kamen wir über Berge u durch Wälder, u hatten weite Aussichten. Dann kamen wir wieder, von einer andern Seite, durch Berneck. Hier sahen wir von oben die kleine Stadt recht im Grunde zwischen dem Fuß des Gebirges gedrängt: wir fuhren lange hinunter, ehe wir hinunter kamen. – Berneck liegt am weißen Main, den man hier mehrmals passiren muß: er ist nur flach. Nun kommt man über Wiesen, u durch sehr schöne, romantische, arkadische Thäler, deren Anblick unser Auge nach den rauhen Gegenden vom Fichtelberge u von Berneck, bey einer so schnellen Veränderung, sehr angenehm erquickte. Ein Dorf am Abhang eines Berges mit Bäumen durchmischt, an einem einsamen grünen Thale liegend, nahm sich besonders reizend aus. In dem Dorfe Himmelkron besahen wir in der alten Kirche die alten Grabmäler der Gräfinn von Orlamünde, des Grafen v. Meran, usw. Sie sind sehr alt. Die Figuren der Verstorbenen sind in Stein gehauen mit fast ganz unleserlichen altdeutschen In/schriften versehen, u wegen des Kostums merkwürdig. – In dem benachbarten Dorfe Lanzendorfe ist die Glanzleinwandfabrik eingegangen; statt ihrer ist jetzt eine Kattunfabrik dort. – Vor Kulmbach kommt man durch einen prächtigen Buchenwald, dessen helles, frisches Grün in dieser Jahrszeit besonders reizend war. Endlich kamen wir in ein sehr schönes Thal, schmal, u von zieml. hohen Bergen eingeschlossen, worauf Wälder u Gärten grünen: grade zu, am Ende des Thals liegt Kulmbach. Die Stadt ist sehr klein; man sieht von ihr hier nichts als die große, hochliegende ehrwürdige Kirche, deren alter schwarzer Thurm die Gränzsäule des Thales ist. Rechts über der Stadt hängt oben am Rande des Berges die Bergfestung Plassenburg, mit ihren röthlichen Mauern u Thürmen. Dieses Thal bildet ein sehr schön vollendetes u geschlossenes Landschaftsgemählde, u verdient den Gegenden bey Streitberg u Berneck wohl an die Seite gestellt zu werden.
Kulmbach ist ganz gut gebaut. Die Vorstädte sind im Verhältniß gegen die Stadt, nicht klein. In der Stadt ist der Klosterhoff merkwürdig, wo eine kleine Kolonie des Klosters Langheim, von 3-4 Brüdern wohnt. – Hinter der Stadt breitet sich das enge, lange Thal, (die Wolfskehle genannt,) in eine sehr große, herrliche Wiese (die Aue) aus, die vom weißen Main durchschlängelt, u in einem weiten Umkreise von Bergen umschlossen wird.
Sie werden wohl wissen daß seit dem vorigen Jahr in Kulmbach 20 gefangene Officiere, u 700 Gemeine / von der Französischen Armee, gefangen liegen. Jene wohnen in der Stadt, in Privathäusem, können in, aber nicht außer der Stadt, ohne Begleitung herumgehen, u haben itzt ihr eigenes Kaffeehaus, wo sie spielen, Zeitungen lesen, u sich in ihrer Eingeschränktheit vergnügt machen. Die Gemeinen sind alle auf der Plassenburg, welche wir, mit dem Hn Meyer, den wir aufgesucht hatten, besahen. Der Weg zur Festung ist eine breite, schattige Allee, die sich gekrümmt den Berg hinaufwindet. Die Festung scheint zieml. stark. Die Franzosen machen sich oben so vergnügt als sie irgend können. Auf einem großen Hofe spielten sie Trou Madam, u hatten ein kleines Marionettentheater errichtet; in einem Bogengange fochten einige; in einem großen Saale lehrten einige die andern tanzen. Alle waren sehr höflich, u keiner bettelte. Sie halten sich reinlich u ordentlich, sind beliebt, u werden wieder gut begegnet. In die Stadt darf keiner ohne Begleitung gehen. Einige waren gut gekleidet, u schienen gebildet u von nicht geringem Stande zu seyn. – Der H. Meyer führte uns noch nach einem Platze auf den Bergen neben der Wolfskehle, hin, von wo die Aussicht die wir unten im Thale selbst, auf unserm Wege genossen hatten, sich uns noch verschönerter darstellte: wir sahen noch über die Stadt hinaus, u übersahen das reizende Thal mehr mit Einem Blick.
Von Kulmbach nahmen wir unsern Weg über Sanspareil u Streitberg nach Erlangen zurück. Bis Sanspareil hatten wir 21/2 Meile. Wir kamen das Schloß Steinhausen vorbey, hinter welchem sich der / rothe u der weiße Main vereinigen, u dann durch das Gebiet des Grafen v. Giech, in dessen Hauptstadt Thurnau wir etwas ausstiegen, um den HoffGarten zu besehen. Er hatte eine sehr große schattige Allee, Hecken, Gebüsche, Französische Anlagen, u Küchenparthien. Vor Sanspareil kommt man noch ein Paar große Sandsteinbrüche vorbey. Sanspareil u Streitberg kennen Sie schon; ich habe also Ihnen nur noch die Muggendorfer Höhlen zu beschreiben, die wir am Vormittag besahen, um den Abend in Erl. zu seyn.
Muggendorf liegt tief im Felsenthale, über 1/4 Meile v. Streitberg. Der Höhleninspektor Wunder, der sich mit Aufsuchen u Verkaufen v. Versteinerungen u botan. Kräutern beschäftigt, führte uns in 4 Höhlen hinein. Die Gailenreuther Höhle, wo die vielen Versteinerungen herkommen, u eine andre Höhle die reich an Zoolithen ist, besuchten wir nicht; sie liegen beyde ziemlich entfernt. Die Rosenmüllersche Höhle, (der Magister Rosenmüller in Erl. hat sie im vorigen Jahre zuerst bestiegen,) ist, in Ansehung der Gestalten des Tropfsteins, die schönste. Ihr Eingang ist eine schmale Spalte zwischen den Felsenpfeilern, oben am Gipfel eines Berges; u man steigt auf einer schrägestehenden Leiter, mit einem Licht hinunter. Unten findet man sich in einem sehr hohen, finstern Gewölbe, worin durch jene lange Spalte ein blasses, zauberhaftes Tageslicht hineinfällt. Die Höhle ist nicht groß. Man geht auf rundlichen, feuchten, etwas schlüpfrigen Hügeln von Tropfstein, in die Höhe. Abgründe oder tiefe / Wasser, oder andre gefährliche Stellen, sind aber weder in dieser noch in den andern Höhlen. In den engen Winkeln, wo sich die Decke wieder dem Boden nähert, hängen von jener eine Menge Tropfsteinzapfen herunter, an deren Spitze immer ein Wassertropfen hängt. Einige herunterfallende Tropfen machen in diesen öden Schlupfwinkeln ein sonderbares Geräusch. Die Tropfsteinzapfen u Säulen, (denn vom Boden erheben sich kleine Säulen, die zuweilen bis an die Decke gehen,) sind hier, wie in keiner der anderen Höhlen, von der schönsten gelbröthlichen Farbe, ohngefähr wie Krebsscheeren, u glänzen beym Schein der Lichter sehr schön. – Die 3 andern Höhlen liegen in dem Felsen auf der andern Seite des Thales, nicht ganz so hoch an der Spitze hinauf. Einsame Fußsteige durch dichtes Gebüsch fuhren zu den Eingängen. In allen dreyen geht man grade hinein, auf zieml. ebenem Boden. Der hohle Berg, der heidnische Tempel oder die Oswaldshöhle übertrifft die schönste künstliche Grotte. Sie geht durch den Felsen grade durch, so daß man zum einen Ende hinein, zum andern heraus geht, u ist nicht so lang, daß man ein Licht darin brauchte. Sie ist ein wunderbares Felsengewölbe, mit starken Pfeilern; von grauem Kalkstein. Der Tropfstein findet sich in dieser u den 2 folg. Höhlen, grau, grünl. oder schwarz, und weiß in der Gestalt von herunterfließenden Kaskaden. Der Boden in dieser Höhle ist ganz eben. Es soll / hier der Einsiedler Oswald gewohnt haben; auch Heidnischer Gottesdienst gehalten seyn. – Die Wundershöhle hat von dem Inspektor Wunder, der sie entdeckt hat, den Nahmen. Gleich anfangs kriecht man hier durch ein Loch im Felsen, doch noch zieml. bequem durch. – Das Wizeloch ist die allergrößeste Höhle, allein der größeste Theil ist wegen der engen Schlupflöcher sehr schwer zugänglich. In dieser Höhle hielten die Slawen ihrem Todesgott Wize, den Gottesdienst. Ein großer breiter Stein war ihr Altar. Auf einer Art von steinernen Bänken sollen sie eine Art von heiml. Gericht gehalten haben. Auf einem Felsenstücke fand man hier das Bild des Gottes, das leider weggenommen, u in das Anspachische Lustschloß Triersdorf gekommen ist. Hier findet man auch noch schwarze Heidn. Urnen. (Ich habe ein Stückchen davon, nebst einer versteinerten Terebratel, u ein Paar röthl. Tropfsteinen v. d. Höhleninspektor mitgenommen.) Auch findet man hier noch Ueberbleibsel von dem Miste des Rindviehs, das im 30jähr. Kriege in diese Höhle versteckt ward. – Die 3 letzten Höhlen sind sich im Ganzen zieml. ähnlich. – (Nachrichten v. diesen Höhlen, s. in: Hentze, Versuch über die ältere Gesch. d. Fränk. Kreises, – und Esper, Beschreib. der in den Muggend. Höhlen gefundenen großen Versteinerten Knochen. Die letzte Schrift, von der ich den Titel nicht genau kenne, ist im Fol. mit Kupfern.) –
Verzeihen Sie meiner Ausführlichkeit. Manches hätte ich doch für mich aufgeschrieben; u da erzähl ich Ihnen gleich lieber alles. – Dem Hn Turnesi habe ich itzt noch schriftl. für seine Güte gedankt. Ich werde wohl erst einen Brief v. Ihnen erwarten, ehe ich wieder schreibe. –
W. H. Wackenroder.
Theuerste Aeltern,
Hier haben Sie eine kleine Beschreibung der Reise, die ich mit T. in den Pfingstferien, ins Baireuthische vorgenommen habe, u die uns so viel Vergnügen gemacht hat. Unser Hauptzweck war, die Merkwürdigkeiten der Natur, die wir v. Erl. so nahe haben, kennen zu lernen, u diese Absicht haben wir auch in vollem Maaße erreicht, so daß wir das Baireuther Land so zieml. kennen. Dabey aber haben wir das Glück gehabt überall so gastfreundschaftl. von Leuten denen wir gänzl. unbekannt waren, aufgenommen zu werden, daß Sie es mir kaum glauben werden. Wenn ich Ihnen erzählen werde wie wir über und unter der Erde herumgeklettert sind, denn ich konnte meiner Neugierde nicht widerstehen, die Gipfel des Fichtelbergs, u ein Paar kleine Bergwerke zu besuchen, so glauben Sie mir nur auf mein Wort, daß wir nie in Gefahr waren, immer von Männern zu denen wir Zutrauen haben konnten, angeführt wurden, u alle mögliche Vorsichtsregeln gebrauchten.
Fast das einzige Buch, das man, außer den Geographieen, vor einer Reise nach dem Baireuthischen, nachlesen kann, u das ich mir auch ein wenig excerpirte, ist: „Unser Tagebuch auf einer Reise durch einen großen Theil d. Fränk. Kreises, v. Füssel. Erl. 1787-91. 8. 3 Theile.“ Es wird Ihnen Vergnügen machen, wenn Sie es lesen wollen, obgleich es freilich mangelhaft ist. Um von Bergwerken einige Idee zu bekommen, sah ich den 1sten Theil v. Gatterers Anleitung den Harz u andre Bergwerke mit Nutzen zu bereisen, durch. Auf der Reise nahm ich die Homannische Specialkarte vom Baireuthischen Oberlande mit; (denn die neuere Güssefeldische konnte ich nicht bekommen.) Auf dieser können Sie meine ganze Reise verfolgen. Die Reise währte etwas über eine Woche.
Früh am Morgen fuhren wir (mit einem Miethsfuhrmann) ab. Das Wetter war herrlich; nachher aber hatten wir immer veränderliches, äußerst unbeständiges Wetter, u im Ganzen rauhe, kalte Luft, die uns jedoch nicht viel that. Sie rührt von der hohen Lage des ganzen Oberlandes her: denn man sieht hier weniger abgerißene steile Felsen, als man / vielmehr immer auf meilenlangen Höhen u erhabenen Gegenden fährt. Dies Jahr ist es indeß auch noch in Erl. itzt so kühl, daß wir noch einheizen müßen; ohngeachtet hier im Sommer die Hitze einen sehr hohen Grad erreichen soll, weil die Stadt von der Nordseite durch Berge vor kühlenden Winden verschlossen ist, von den 3 übrigen Seiten, wo sandige Ebenen sie umgeben, der Sonne ganz offen steht. – Den ersten Vormittag machten wir 4 Meilen, bis Streitberg, einem Dorf das in einem kleinen Bezirk liegt, welcher Baireuthisch ist. Dagegen kommt man auf dem ganzen Wege, die erste Stadt, Baiersdorf ausgenommen, durch lauter Bambergische Dörfer, u durch das Bamberg. Städtchen Ebermannstadt. Am Wege findet man weiße, vergoldete Christusbilder an hohen, rothen Kruzifixen, u kleine Kapellen. Von Erl. bis Baiersdorf geht ein breiter, tiefer Sandweg, auf Berlinische Art. Zur Seite aber hat man die Aussicht auf frische Wiesen, u auf die Rednitz, die sie durch Schöpfräder bewässert. Dies sind große, breite Räder, die durch angehängte Kasten, das Wasser aus dem Flusse schöpfen, u auf die Wiesen ausgießen: sie drehen sich Tag u Nacht, langsam, u mit einem einförmigen Geräusch herum; bringen aber in die Gegend doch Bewegung u Leben. Von Baiersdorf bis Streitberg wird die Gegend immer reizender. Die Berge werden immer etwas höher, behalten aber die sanfteste, reizendste Schönheit. Dörfer, mit Gebüschen u frischgrünenden Bäumen durchwachsen, leuchten von dem Rücken der Anhöhen her, oder ruhen an ihrem Fuße, oder ziehen sich, was den angenehmsten Prospekt giebt, den Abhang hinauf. Die Bamberg. Dörfer sehen größtentheils so gut wie Flecken aus. Der Weg geht oft quer über kleine Bäche, oder gar eine Strecke lang in den Bächen fort, was in bergigen / Gegenden nichts neues ist. Doch ist er hier noch immer eben; windet sich aber oft sehr krumm. Wir haben uns auf der ganzen Reise nie eigentlich verirrt, sondern uns immer sehr gut durchgefragt. Dörfer sind häufig; u die Leute zeigen mit der größten Höfflichkeit den Weg; sehen einem wohl gar nach, ob man recht fährt. Im Bambergischen sprechen sie am undeutlichsten, u verwirrtesten. In ganz Franken wird man, wenn man nach dem Wege frägt, gewöhnl. so, mit einem breiten, vollen Munde zurechtgewiesen: „Do gechts immer kerzengrod, (so grade wie ein Licht) ‘nunter, nit rechts u nit links.“ Doch, von den vielen sonderbaren Provincialismen, u der undeutlichen Aussprache der Franken, besonders gemeiner Leute, ein andermal: die Sprache gränzt sehr nahe an die Österreichische u das Flickwort: halt, hört man z. B. jeden Augenblick.
Leider werde ich immer mehr überzeugt, daß es unmöglich ist, durch Worte einem andern die getreue Darstellung einer Gegend mitzutheilen, wie man sie beym eigenen Anblick, u zum Theil auch noch nachher hat. Wenn ich auch genau aufzähle, was die Schönheit einer Aussicht ausmachte, Bäume u Felsen, oder Wasser u Wiesen; wenn ich auch die Beschaffenheit, die Lage u die Entfernung aller dieser einzelnen Gegenstände bestimme; so kann ich doch nie die Idee von der individuellen Gegend lebhaft erwecken, die ich dem andern vor die Augen bringen will. Ich kann durchaus nicht die Höhe jenes Berges, die Breite dieses Wassers, die mannigfaltig gestalteten u gefärbten Baumparthien, in Ihre Einbildung übertragen; Maaß u Zahl geben Begriffe, nicht sinnliche Vorstellungen, u vieles kann ich auch nicht einmal durch Maaß u Zahl ausdrücken. Das Charakteristische, das Kolorit der Gegend erräth der andre nie; er kann nichts als sich aus denselben Ingredienzen, eine neue Gegend zusammensetzen, die dem Wirklichen wovon sie ein Bild seyn soll, oft sehr unähnlich seyn mag. / Die sinnlichen Schönheiten fürs Auge, können nur durchs Auge, im Original der Natur, oder in Nachahmungen des Pinsels, vollkommen empfunden werden. – Doch ich schwatze zuviel, da ich Ihnen bloß sagen wollte, daß ich Ihnen unmöglich ein treues Gemählde von der Folge einzelner Romantischer Aussichten, die wir diesen Vormittag u auf der ganzen Reise hatten, geben kann. Doch werde ich thun, so viel ich kann.
Um Streitberg ist eine der schönsten Gegenden, die wir auf der ganzen Reise gesehen haben. Das Dorf liegt am Eingange eines Thales, das sich in mäßiger Breite zwischen bewaldeten Felsen, aus denen aber viele nackte Blöcke u Pfeiler hervorragen, in manchen Krümmungen durchwindet. Durch das Thal schlängelt sich die Wisent, von kleinen Büschen eingefaßt, u von frischen Wiesen umgeben. Der kleine Fluß ist merkwürdig, weil er die größesten u wohlschmeckendsten Forellen giebt, die man hier beständig haben kann. An dem äußersten Ende eines bewaldeten Berges, der ins Thal vorspringt, wo es eine Ecke bildet, thürmen sich, auf einer Grundlage von nakten Felsen, die großen Ruinen der Burg Neidek, mit einem hohen Thurme, pyramidalisch in die Höhe. Ich habe nicht größere u schönere Ruinen gesehen. Wir drängten uns durch die Felsenstücke u die dichte Waldung, die die Abhänge des Berges einnimmt, hinauf, u bewunderten die großen Trümmer. Der Burggraben war verwachsen; einige Wände standen noch auf wenigen Steinen. Das Mauerwerk ist bey diesen Schlössern meist v. Felsenstücken, u durch einen sehr festen Kalk zusammengekittet, doch zuweilen durch Zeit u Luft sehr mürbe gemacht; meistentheils aber noch felsenfest. – –
Bald erhalten Sie Fortsetzung u Beschluß der Reisebeschreibung. /
Erl. 3. Juni. 1793.
Theuerste Aeltern,
In meiner Reisebeschreibung bin ich neulich auf der Burg Neidek stehen geblieben. Von oben erblickt man unter sich Streitberg, u auf der andern Seite, in einer Entfernung von einer guten Viertelmeile, Muggendorf, das zwischen den Bergen wie eingeklemmt liegt, u wegen der benachbarten Höhlen merkwürdig ist. Die Wiesen im Thal sind zum Theil mit schnurgeraden, parallelen Graben bewässert, die sich von oben gesehen, wie glänzende Silberfäden durch das Grün durchziehen. Diese Aussichten sieht man, wenn man zwischen dem Gemäuer der Burg steht, durch die noch erhaltenen Fenster nach allen Seiten zu, wo sie wie Gemählde in einen Rahm gefaßt, erscheinen. Der Burg Neidek gegenüber, auf der andern Seite des Dorfes, hängt die Burg Streitberg an kahlen Felsenklippen: sie ist nur ein kleines weißes Haus.
In Streitberg trafen wir den Hn Meyer, den ich beym Hoffr. Klüber kennen gelernt hatte; er wollte zu Fuß nach Culmbach, um seine Mutter zu besuchen. Wir nahmen ihn bis Sanspareil mit, wo wir die erste Nacht zubrachten. Wir hatten 3 Meil. bis dahin. Gleich hinter Streitberg fährt man in einem langen Hohlweg den Berg hinauf; ist man oben, so sieht man vor sich, Ebene, hinter sich aber das herrliche Thal das man eben verlassen hat, u die ganze Gegend bis Erlangen, u Erl. selbst. Der Weg ist anfangs eben, nachher aber sehr felsig, steinig, u bergig. Besonders ist um Sanspareil aller Acker mit Steinen dicht übersäet, u die Wege sind eng, höckerig, u ganz voller Steine. Doch dergl. sahen wir nachher auf der Reise noch öfter. Die Gegend ist auch zum Theil öde; und die grauen u schwarzen Felsenstücke, die in der Gegend v. Sanspareil, wie Pilze aus blosser Erde gewachsen, wohl an 30, 50 u mehr Fuß, auf dem Felde hervorstehen, geben der dortigen Natur ein wirklich bizarres Ansehen; ich kann es nicht anders nennen. Auf dem Wege kamen wir / durch einen reizenden Wald, auch zwischen Hecken u Schleedornen u andere Sträucher, wie sie in diesen Gegenden nicht selten eine angenehme Zierde der Wege sind; wir sahen neben uns ein Paarmal, grüne Thäler, mit kleinen Bächen, und in der Ferne stellten sich blaue Berge uns vor. Wir kamen auch durch das Bamberg. Städtchen Holfeld. Vorher hatten wir eine interressante Begegnung. Eine Menge von Männern u Frauen hatten sich am Wege gelagert, u sangen, oder beteten vielmehr Lieder ganz unverständlich her. Es war eine Wallfahrt: mir eine ganz neue Erscheinung. 1/4 Meile vor Sanspareil liegt Wonsees, ein schlechter, offener Flecken, wo wir die Stube sahen, wo der gelehrte Philolog u Spaßmacher Taubmann gebohren ist. Die Inschrift außen am Hause, sagt, er sey hier 1565, gebohren, u 1613 als Prof. zu Wittenberg, gestorben; sein Vater sey Schuhmacher, u zugleich Burgemeister gewesen.
Sanspareil, (eigentlich heißt das Dorf: Zwernitz, unter welchem Namen es auch auf der Karte, 3 Meil. westl. von Baireuth, steht,) ist einer der 3 berühmten Lustgärten des sonstigen Baireuth. Hofes. Friedrichs 2. Schwester, Markgräfin v. Baireuth, hat ihn angelegt. Man macht sich eine falsche Vorstellung davon, wenn man es für einen künstlichen Garten mit einem prächtigen Lustschlosse hält. Es ist, kurz gesagt, nichts, als ein ganz offener Wald, mit natürlichen Felsenstücken. Er ist so offen als der Wörlitzer Garten, einer kann durchfahren u reiten. Im Umfang ist er nicht sehr groß. Die Bäume sind die herrlichsten Weißbuchen, die ich je gesehn habe: fast alle gleich grade, stark, u hoch. Die jetzige Jahrszeit, die für das Grün des Laubes die günstigste ist, gab diesem dichten Hain vorzügliche Schönheiten. Wie aber die Natur diesen kleinen Platz durch die interressantesten Felsengruppen zum Lustort gebildet hat, kann kaum jemand glauben, der nicht diese Art v. Felsen selbst gesehen hat. Es erheben sich nicht nur große, bemooste Felsenmassen aus der Erde, zwischen den Bäumen, so daß sie durch Kunst ausgehauen u aufeinander gestellt scheinen; sondern / sie bilden auch mehrere große u kleine Nischen, Grotten u Höhlen, indem der Felsen oben weit herüberhängt, u inwendig wie mit einem Meißel glatt u hohl ausgearbeitet ist; auch lehnen sich an einigen Stellen 2 große Felsenstücke oben aneinander, u lassen eine breite Spalte oder Kluft zum Durchgehen, zwischen sich. Hinten, auf einem Platz voll kleines Gebüsches, findet man einen ganz isolirten, pyramidal. Felsen, worauf ein Lusthäuschen steht; u einen andern, röthlichen Felsen, der einen flachen, aber breiten Schwibbogen bildet. Nun kann ich mir denken, daß es auch wirklich solche natürliche Ehrenpforten giebt, wie in unserm Gartensaal an der einen schmalen Wand vorgestellt sind. Hinter dem Schwibbogen ist sehr artig ein kleines Theater, (es besteht aus 3-4 gemauerten, u mit bunten Steinen grottirten Bogen,) im Felsen angebracht. – Die Einbildung hat den romantischen Hayn zum Aufenthalt des Telemach, zur Insel der Kalypso umgeschaffen: daher findet man hier die Grotte der Kalypso, der Sibylle, des Vulkans, des Amors; den Tempel des Aeolus; das Denkmal des Ulysses; usw. Diese Allegorie ließ ich mir gern gefallen; denn ich ward wirklich beym ersten Anblick dieser sonderbaren Felsenbildungen, in eine ganz fremde Welt gezaubert. Allein der schönen Insel, fehlt das Wasser. Man hat indeß davon den Vortheil, daß man im Gebüsch keine Insekten im Sommer zu fürchten braucht. In den heißesten Sommertagen ist überhaupt dieser Ort nur erst recht zu schätzen, denn die Felsenhöhlen u dichten Schatten der Bäume machen ihn zu anderen Zeiten fast immer zu kühl. Die Grotte des Vulkans ist die größeste Aushöhlung im Felsen: sie ist ein kleiner offener Saal. Die Sitze sind darin in den Stein gehauen. – Der ganze Wald frappirte mich das / erstemal sehr mit seinen überraschenden, mir ganz neuen Scenen. Allein ich fand nachher, zumal da ich auf unserer Rückreise wieder Sanspareil passirte, u ihn wieder besuchte, daß er doch beynahe einen zu eingeschränkten Charakter hat, u bald ermüdet: er ist sehr zauberhaft u feenartig; aber auch nichts mehr, u das sonderbare, fremde wird man in der sinnlichen Welt, wie mich dünkt, am ersten überdrüßig. Darum ermüdet auch eine Redoute so bald.
In Sanspareil führte uns ein Kastellan herum. Im Garten liegen mehrere kleine Häuserchen, u vorn 4 größere Gebäude, auswendig mit bunten Steinen sehr artig grottirt. In der Waltherschen Buchhandl. kommen 12 sehr artige Prospekte vom Garten, (schwarz u illuminirt,) recht wohlfeil heraus. Die 4 die heraus sind, habe ich gesehen. Ich wünschte sie Ihnen mit Gelegenheit einmal zu schicken. – Im Dorf bestiegen wir einen alten runden Thurm auf einer Anhöhe, den man weit sieht, u von dem man eine gute Aussicht hat.
Am Morgen nahmen wir von dem Hn Meyer Abschied den wir vielleicht noch in Culmbach zu besuchen versprachen u fuhren nach Baireuth (3 Meil.) Der Weg ist größtenteils sehr steinig; die Aussichten stellen nur einsame, öde, flache Anhöhen dar. Am Ende kommt man durch einen schönen Wald, u auf eine sehr gute Chaussee. 1/2 Meile vor der Stadt kommt man das Lustschloß Fantaisie vorbey. Dabey steht am Wege, eine Linde, die, glaube ich, 19 Ellen im Umfange hat.
Baireuth ist größer als Erlangen, u hat meistentheils sehr gute Häuser, u breite Straßen. Das Pflaster ist sehr eben von glatten Steinen, so daß die Pferde leicht fallen. Die Stadt liegt am rothen Mayn. Die Vorstädte sind groß, u zum Theil selbst mit Berlinischen Häusern u Säulen-Façaden geziert. Eine Strecke von der Stadt liegt der Brandenburger, oder St. Georg am See (der See ist ausgetrocknet;) eine kleine Vor- oder Neben-Stadt, die zu Baireuth gehört. Dahin führen 2 prächtige Alleen v. großen, gleichgewachsenen, schattigen Bäumen. Dergleichen / recht auserlesene Alleen sind mehrere vor der Stadt: sie gewähren die angenehmsten Spaziergänge. Vor der Stadt in einer Wiese liegt die Kaserne, die in Gestalt u Farbe viel Ähnlichkeit mit dem Berlinischen Belle Vue hat. Viele Häuser sind ganz v. Sandsteinen. Die Stadt hat ein altes u ein neues Schloß; (letzteres ist nicht übel gebaut, u steht an einem Platze wo eine Fontaine, oder gemauertes Bassin od. Brunnen wie man es in diesen Gegenden häufig findet, mit einem vergoldeten Reiter;) eine antike große Stadtkirche, mit vielen Figuren auswendig; ein Waisenhaus; ein Gymnasium; eine Münze; eine Porcellanfabrik, worin itzt aber nicht mehr Porcellan, sondern Englisches Steingut gemacht wird; ein Reithaus, worin itzt, auf einem recht guten Theater, die Webersche Truppe agirte; ein Opernhaus, (das von außen mit einem sehr großen ungeschickten Balkon versehen, inwendig sehr reich u prächtig, aber eben so altmodisch u geschmacklos mit Gold verziert, übrigens aber wohl fast so groß als das Berliner Opernhaus, u als eines der größten u prächtigsten Opernhäuser in der Welt berufen ist;) usw. Ein Paar Kirchen die wir inwendig besahen, sind heiter u nett. In einer ist die Gruft der Regenten, v. schwarzem u weißem Baireuth. Marmor. Als Gouverneur des Landes wohnt ein Bruder des regierenden Herzogs v. Würtemberg in dem neuen Schlosse. Die Gegend um Baireuth ist schön: es ist in einem weiten Cirkel von Bergen umschlossen. Von dem nahen Sophienberge hätten wir gern die Aussicht genossen, wenn es uns die Zeit erlaubt hätte. Wir logirten sehr gut im Anker, u speisten dort an der table d’hôte mit Preußisch. Officieren. Die Garnison ist v. Wesel hiehergekommen.
Aber genug von diesen Sachen: ich kann mich nicht länger enthalten, Ihnen die vortreffliche, unerwartete Aufnahme zu rühmen, die wir hier in Baireuth genossen. Ein Paar Tage vor meiner Abreise hatte ich den Hn Prof. Mehmel, mit dem ich von selbst ein wenig bekannt geworden bin, u der in Baireuth bekannt ist, in aller Eil gebeten, mir, / wenn er könnte, eine kleine Adresse mitzugeben. Er gab mir 3 Briefe mit: an einen gewissen jungen Hn Boie, der uns in und außer der Stadt herum, auch nach der Fantaisie hinführte; an den Hn Hoffkammerrath Schlupper, einen alten, ehrlichen, sehr ungenirten Mann, der mit uns nach der Eremitage hinfuhr, u uns zum Abendessen behalten haben würde, wenn wir nicht schon beym Hn Regierungsrath Spieß versagt gewesen wären; u an den Hn Hoffkammerrath Turnesi, einen äußerst gebildeten, feinen, geschickten, gefälligen u einnehmenden Mann, der uns, nachdem er sich ein Paar Stunden mit uns unterhalten, u wir ein Frühstück bey ihm genossen hatten, sogleich wieder 3 Empfehlungsbriefe nach Naila, Wunsiedel u Bischoffsgrün in unser Wirthshaus zusandte. Was diese für Wirkungen gehabt haben, sollen Sie nachher erfahren. H. Reg. R. Spieß endlich, den ich erst allein besuchte, bat sogleich, da ich nur erwähnte daß ich einen Reisegefährten hatte, uns beide auf den Abend zu Gaste, u that, als gehörten wir zu seiner Familie. Er ist ganz ohne Complimente: ein sehr guter Mann. Er hat 2 große Töchter. Nach Tische ward ein wenig getanzt: er spielte u sang auch von seiner eigenen Composition. – Hatten wir nicht Ursache über diese Aufnahme sehr vergnügt zu seyn? Wir genossen sie ganz unverdienter Weise.
Vom Archiv habe ich nichts gesehen: es ist auf der Festung Plassenburg bey Culmbach. Die Eremitage, 1/2 Meile v. Baireuth, (es führt eine vortreffl. Chaussee dahin,) ist auch ein offener Garten. Zum Theil hat er künstliche Grotten v. Feldsteinen, Bassins, Springbrunnen, Einsiedeleyen; ein sehr langes schönes Berceau, ein Paar kleine Gebäude mit Säulen, / auch mit lauter bunten Steinchen belegt, einen runden Pavillon (der Sonnentempel genannt,) der inwendig ganz u gar mit baireuthischem Marmor von allerhand Farben ausgeschmückt ist, (die Pilaster haben vergoldete Füße u Kapitäle,) usw. Von den Wasserkünsten etc. wird, was verfallen ist, wieder hergestellt. Eine Kaskade ist eingegangen. An dem größten Bassin sind längs demselben in einiger Entfernung eine Reihe v. Nischen angebracht; wenn aus diesen oben eine Menge v. Wasserstrahlen in einem Bogen ins Bassin springt, so geht man zwischen diesem u den Nischen, unter einem Berceau v. Wasserstrahlen. Der größte Theil des Gartens ist aber ein ganz kunstloser Wald, mit geraden Gängen, durch welche man überall schöne u weite Aussichten auf Anhöhen u Thäler, Häuser, Dörfer, Wiesen u Felder hat. In dem Küchengarten sind große Glashäuser. – Fantaisie ist wieder fast ganz eine Anlage der Natur; vorn ist ein Schloß. Das Dorf worin es liegt, heißt eigentl. Dondorf (so steht es auch auf der Karte.) Der Garten ist offen; an einer Stelle hat er künstl. Bogengänge; sonst aber ist es ein Wald mit Wiesen, krummen Gängen, u kleinen hervorstechenden Felsen. Ich bin ihn nicht ganz durchgangen. – Der Hoffgarten, (so heißt hier jeder Schloßgarten,) in der Stadt, hat ein Bassin u artige Bogengänge u Hecken. Der HoffGärtner Rosengarten, den H. Reichenow kennt, lebt noch; ich hatte aber nicht Zeit ihn zu besuchen. – In dem sogenannten Brandenburger liegt ein sehr gut eingerichtetes Irrenhaus, u ein Zuchthaus, worin H. Hoffkammerrath Turnesi wohnt, der darüber die Aufsicht hat. Die Züchtlinge u andre Künstler verarbeiten den Baireuthischen Marmor sehr gut. In der ansehnlichen Niederlage sahen wir viele sehr schöne Tisch/blätter, Apothekerschaalen, Tabaksdosen, Vasen, usw., alles herrlich polirt. Man zeigte uns auch eine Musterkarte von 33 Hauptarten u 27 Spielarten des Baireuth. Marmors, in kleinen Platten auf Schiefer befestigt: hätte ich dies Stück nur gleich in unser Kabinet schaffen können; es würde Ihnen sehr gefallen haben. Ich sah weißen, schwarzen, gelben, bläulichen, röthlichen, grauen Marmor, fast so schön wie Italiänischen, manchen auch mit Versteinerungen. Der gelbe kommt v. Streitberg; der weiße wird in großer Menge in den sogenannten Sechsämtern, worin Wunsiedel die Hauptstadt ist, gefunden, er ist schneeweiß, nur leider etwas zu weich, daher er splittert u verwittert; bey Naila sind auch große Marmorbrüche, und überhaupt sind sehr ergiebige, durchs ganze Land in Menge verstreut. Sie werden sich wundern, wenn ich Ihnen sage, daß im Baireuthischen, kleine u große Marmorstücke uns in manchen Gegenden alle Augenblicke im Wege lagen.
Von Baireuth aus machten wir nun ein Cirkel durchs ganze Baireuth. Land, um die Natur über u unter der Erde kennen zu lernen. Zuerst wandten wir uns nach Naila, also gen Norden, weil hier die beßten Bergwerke sind. Wir reisten über Berneck, dann aber nicht über die Städtchen Gefrees u Münchberg, sondern einen nähern Weg über das Dorf Stambach, u das Städtchen Helmbrechts. Berneck ist von Baireuth 11/2 Meile, Stambach 3 M., Helmbrechts 4 M., Naila 51/2 M. Bis Berneck geht eine herrliche Chaussee; zum Theil gekrümmt u bergauf u bergab. Uns begegneten eine Menge Bauern mit Bündeln, mit Wagen oder mit Ochsen, die zum Pfingstmarkt nach Baireuth zogen. Die Aussichten die wir hatten waren sehr angenehm. / Aber dicht vor Berneck wird man durch einen Anblick überrascht, der nebst der Gegend v. Streitberg zu den schönsten Prospekten gehört die wir gehabt haben. Man fährt mit einemmale zwischen hohen Bergen, in ein enges Thal hinein, worin das Städtchen in einem engen Raum eingeklemmt liegt. Alles ist schwarz, finster: aus den Bergen ragen schwarze Felsenmassen hervor; über die Stadt erhebt sich der schwarze spitze Kirchthurm; daneben steigt der kühnere Thurm einer alten Burg wohl noch einmal so hoch in die Lüfte empor, u scheint über die Stadt zu hängen u hineinstürzen zu wollen, so verwegen streckt er sich zum Himmel hinauf. Alles dies ist in ein enges Thal eingeschränkt, das der weiße Main durchrinnt. Der hohe, 4eckige Thurm war die Burg der Grafen v. Orlamünde. Dahinter liegen noch die Ruinen der Burg der Grafen von Wallenrode, (mit kleinen Gewölben,) u der dazugehörigen Kapelle. Diese hat neben der gothisch gewölbten Thür noch folgende in den Stein gehauene merkwürdige alte Inschrift, mit ganz alten, den lateinischen ähnlichen Buchstaben: da . man . zalt. nach. XΡ̅I. (Christi) gepurt . m. cccc . Ixxx . (1480) iar. an. sant. gurgē . abent . durch . veit . von . wallenrod . ist . der . erst . steyn̅ . an. disse . kappellē . gelegt. Bey unsrer Rückreise über Berneck kaufte ich vom Hn Postmeister die kleine Schrift zum Andenken: Berneck, ein histor. Versuch, von J. G. Hentze. Baireuth. 1790. 4. 48 Seiten, worin die Geschichte Bernecks u der alten Burgen erzählt, einige Nachrichten von der alten Slawischen Religion enthalten, u einige altdeutsche Urkunden abgedruckt sind, auch 2 kleine Kupfer v. der Gegend v. Berneck stehen. – Die Drathzieherey in Berneck konnten wir nicht sehen, da es Feiertag war. Uebrigens werden hier in einem kleinen flachen Bache, auch Perlen gefischt, jährl. etwa 100 Stück. Sie sollen an Güte den Oriental. nahe kommen. Ich habe keine sehen können. Außer einigen andern Städten des Oberlandes ist vornehmlich noch das Städtchen / Rehau (auf dem Wege v. Hoff nach Eger,) des Perlenfangs wegen bekannt. Hier und in Berneck wohnt ein eigener Perleninspektor. Man sagt, die Perlenmuscheln wären aus Sachsen, wo sie sich auch finden, einmal ins Baireuthische gebracht, u hätten sich hier nun fortgepflanzt.
Von Berneck aus auf unserm ganzen Cirkelwege durchs Oberland, bis nach Berneck zurück, sahen wir nun ein Land von einer ganz eigenen Beschaffenheit. Der Boden ist durchaus sehr hoch; die Luft immer etwas rauh u kühl; die Anhöhen mehrentheils nicht steil u hoch; die Gegenden oft felsig, steinig, wüst u einsam; die Dörfer lange nicht so häufig als im Bambergischen u südlichen Franken. Alle Früchte u das Getreide kommen hier später zur Reife. Die Hauptnahrungszweige, die aber auch sehr bedeutend sind, sind: Bergbau, (der fast lauter Eisen betrifft, da die Goldbergwerke in Goldkronach itzt ruhen,) Viehzucht, Flachsbau, u auch Getreidebau. Die Wiesen sind vortrefflich. Ochsen findet man in gewaltiger Menge; aber man sieht auch fast nichts als Ochsen; sie spannt der Bauer vor Wagen u Pflug: Kühe sind seltner; Pferde wird man fast gar nicht gewahr; aber dagegen auch sehr gute Schaafe u Ziegen. Jene beschäftigen viele gute Wollenwebereien. Die Ziegen haben viel weißeres schöneres Fell in diesem Berglande, als bey uns. Die Einwohner sind ein sehr höfliches, gutmüthiges u treues Volk. Wegen der großen Viehzucht findet man hier viele Schlächter. Die Weiber tragen große runde Filzhüte, welches sie nicht übel kleidet. Die Dörfer haben hier überall ein sonderbares Ansehen. Sie bestehen aus einzeln stehenden sehr simpeln, kleinen Häuschen, die alle mit Schindeln gedeckt, auch wohl ganz hölzern sind, / u nie in bloßer Erde, sondern immer auf grün bekleidetem Boden, zwischen Anhöhen, oder am Abhange, wie graue Kartenhäuschen, aufgesetzt stehen. Kleine Bäche, herauf u heruntergehende, u steinige Wege sind häufig. – Alles dies gilt vom ganzen Oberlande, nordöstlich v. Baireuth u Berneck.
Hinter Berneck fährt man noch etwas die Chaussee in einem schönen, tiefen Hohlwege, weiter. Dann verläßt man sie, u kommt durch etwas öde Gegenden, (wenigstens scheinen sie so, wenn man von Streitberg, Berneck u Baireuth kommt, wiewohl man sich freil., wie ich gemerkt habe, gar zu leicht durch so reizende Gegenden verwöhnt, u gegen minder schöne ein wenig unerkenntlich wird,) nach Stambach u Helmbrechts, wo in den Schenken der Feiertag mit lauten Späßen u Betrunkenheit gefeiert ward. Ich möchte beinahe den Rath geben, an Feiertagen sich nicht viel auf Dörfern aufzuhalten. Von Helmbrechts geht es über 2 kleine, schlechte, dorfähnliche Flecken, Schauenstein u Selbiz, nach Naila. Der Weg geht fast beständig auf naktem Felsen fort, u ist so eben wie eine Chaussee. An einer Stelle kommt man sehr schwarzen Felsen vorbey.
Naila, ein kleines, schlechtes Städtchen, liegt an der Selbiz, über die hier eine marmorne Brücke geht. Auch die meisten Häuser in der Stadt sind von Marmor. Dies klingt zwar in Berlin sehr prächtig, wo es gewiß schon sehr bewundert wird, wenn man von Häusern in Sächsischen Dörfern hört, die ganz v . Sandstein gebaut sind. Allein wenn man bedenkt, daß der Marmor, der doch auch nur ein edlerer Kalkstein ist, hier so sehr häufig ist, daß man bey weitem wohlfeiler damit baut, als mit Holz u Backsteinen, so / begreift man es schon. Der Marmor in Gebäuden sieht übrigens, wenn man ihn nur obenhin ansieht, um nichts besser aus als Kalk- oder Sandstein. – In Naila trafen wir gerade den Markt. Auf dem Markte, (wo wir, im rothen Roß, logirten,) war alles gedrängt voll, so daß es uns gar sonderbar dünkte, da wir ihn den andern Tag ganz von Menschen entblößt sahen.
Ueber einen halben Tag wandte der H. Vicebergmeister Ullmann, an den wir vom Hn Hoffkammerrath Turnesi rekommandirt waren, an uns, u ließ sich, zu meiner Verwunderung nicht verdrießen, uns nach Kembles (über 1 Meile nördl. v. Naila, ganz dicht an der Sächs. Gränze,) hinzuführen, u hier mit uns in ein Bergwerk einzufahren: eine Gefälligkeit die wahrlich nur ein Bergmann selber haben kann. Die Gegend nördl. von Naila hat Anhöhen, u finstre, schwarze Waldungen; und einen kalten, trockenen Anstrich. Die Selbiz treibt hier eine außerordentliche Menge Eisenhämmer u Mühlen, auch eine Marmorschneidemühle für die Marmorfabrik in Baireuth. Das Geräusch von Eisenhämmern hört man überall. Um Naila herum sind 33 Gruben, die fast lauter Eisen, doch auch zum Theil Kupfer enthalten. Einige sind freilich klein. Bey dem Städtchen Lichtenberg brechen die schönsten KupferAtlaserze, die man sehen kann. Das Eisen findet sich in lauter Gängen, u zwar in allen möglichen Gestalten, u in den herrlichsten Stuffen: als gelbe Eisenerde, gelber od. brauner derber Eisenstein, spätiger glänzender Eisenstein, Eisenblüthe, Blutstein, Glaskopf, kuglichter oder traubichter Eisenstein, (wie der traubichte Isländ. Chalcedon gestaltet,) Tropfstein u säulenförmiger Eisenstein usw. Der Steiger / (dies ist der erste Bergmann,) bot mir schöne Stufen an; allein der Transport macht gar zu viel Beschwerde. Hätte ich alles nur Ihnen gleich nach Berlin schicken können! In des Steigers Wohnung legten wir uns Grubenkittel, Schurzfell u Schachthut an, auf den ein Licht gesteckt ward. (Dieser Steiger hat 21/2 leichte Gulden wöchentlich, freye Wohnung u frey Holz, u arbeitet nicht, sondern führt nur die Aufsicht. Bey kleinen Gruben arbeiten die Steiger mit. Die andern Bergleute haben, nach ihrer verschiedenen Arbeit, immer weniger Gehalt.) Die Grube die wir befuhren, heißt: die Gabe Gottes; sie ist eine der tiefsten u ergiebigsten in dieser Gegend. Ihre Tiefe beträgt 26 Lachter = 173 Fuß 4 Zoll. (1 Lachter hat 8 Bergschuh, = 80 Zoll; denn 1 Bergschuh hat 10 Zoll; also hat 1 Lachter 6 Fuß 8 Zoll gewöhnlichen zwölfzölligen Maaßes.) Wir fuhren in einen Schacht, auf den Fahrten (Leitern) ein. Ueber dem Schacht ist eine Kaue (ein hölzernes Häuschen) gebaut. Ueber der Öffnung des Schachtes steht ein Kreuzhaspel, womit das Erz heraufgewunden wird. Der Schacht ist inwendig ganz mit Holzwerk verzimmert, woran die Leitern sehr sicher befestigt sind, u geht ganz senkrecht hinunter. An den Leitern kann man sich sehr gut festhalten. Das Heruntersteigen ist leicht; aber das Heraufsteigen ermüdet am Ende ein wenig, weil es senkrecht geht. Schwindlich kann man von der Tiefe nicht werden, weil man nichts als schwache Dämmerung um sich sieht. Wenn ich überhaupt bedachte, daß, wie mir der H. Bergmeister erzählte, auf dem Harz, Gruben von 100 u 200 Lachtern, in Schweden aber sogar welche v. 400 Lachtern sind, die bis unter die Oberfläche des Meeres gehn, so kam mir mein Steigen als sehr gering vor. – Wir waren glücklich unten angelangt, u einer gieng nur gebückt dem andern nach, jeder sein Licht in der Hand; denn die Stollen u Gänge, (welche größtentheils mit Holzwerk verzimmert sind,) sind ganz schmal, u so niedrig, / daß man kaum aufrecht darin gehen kann. Mir wars als sollte ich in irgend eine geheime Gesellschaft, einen mysteriösen Bund aufgenommen, oder vor ein heimliches Gericht geführt werden. Ich erinnerte mich, in meinen Kinderjahren im Traume zuweilen solche lange, enge, finstere Gänge gesehen zu haben, u am Ende einen Arbeiter, der wie ein verwiesener Missethäter bey Licht die verborgenen Schätze der Natur aus Steinen herausschlägt. Es macht wirklich einen sonderbaren Eindruck, wenn man in der Ferne einen Arbeiter ganz dumpf hämmern hört, dann immer näher tritt, ihn in seiner fremden Bergmännischen Sprache: Glück auf! grüßen hört, u betrachtet, wie er mit sichtbarer Anstrengung das spitze Eisen mit dem Schlägel ins harte Gestein hineintreibt. In den Gängen bewunderten wir den reichen Eisenstein, der neben u über uns, zwischen schwarzem Schiefer, (dies ist hier die Gangart,) herabhing. An einigen Orten sahen wir schöne Eisenstufen, noch in der Werkstätte der Natur, auch grünen Malachit, auch Vitriolkies, u endl. ganz reinen, flüßigen, grünen Vitriol, wie er an den Wänden hieng: denn diese Grube liefert vorzüglich auch die Materialien zu dem Vitriolwerk, das wir am Nachmittag besahen. An manchen Orten waren die Gänge unten u an den Wänden etwas naß; auch sahen wir ein Paar Pumpen, das Wasser heraufzuschaffen, u eine große Art v. Schacht, Radstube genannt, für eine neue Maschine zu dieser Absicht. Als wir so zieml. alle Winkel durchkrochen hatten, suchten wir wieder die freye Luft; und ich habe nicht leicht eine angenehmere Empfindung gefühlt, als da ich von der letzten / Stuffe der Leiter ins Freie hinaussprang. Die grünen Bäume, der blaue Himmel, die frische Luft, alles drang mit neuem, stärkeren Eindruck auf meine Sinne ein, zumal da, als wir hinunterstiegen, ein kalter Morgennebel die ganze Gegend bedeckt hatte. – Zu Mittag aßen wir in dem Dorfe Tsirgau, wo wir uns v. Hn Ullmann traktiren lassen mußten. Wir aßen unter andern einen zarten, karpfenähnlichen Fisch, Barbe genannt. Nach Tische besahen wir das Vitriolwerk u den Eisenhammer, auf der sogenannten Hölle. Dort sahen wir, wie der Vitriol immer feiner gesotten wird, u endlich in schönen grünen Kristallen anschießt, auch wie in den Bühnen aus den schlechten Vitriolkießen durch die Luft die Vitriollauge sich von selbst herausziehen muß; hier sahen wir, wie das Eisen im Feuer glühend gemacht, u dann unterm Hammer zu einer platten Stange geschmiedet wird. Blasebälge u Hammer werden von Wellen, durch Wasserräder getrieben. –
Ehe ich Ihnen den folgenden Gang unserer Reise, und das Abentheuer des folgenden Tages erzähle, muß ich Ihnen gestehen, was ich mir für einen kühnen Plan ausgesonnen. Doch es war recht gut, daß er nicht ausgeführt werden konnte. Ich hatte mir vorgesetzt, wir wollten von Naila, über Hoff, nach – Karlsbad reisen, um die dortigen Merkwürdigkeiten der Natur u um den Boden von Böhmen zu sehen, wenn auch nur auf kurze Zeit. Da mir die Entfernung von Karlsbad immer, (wie ich nachher erfuhr,) von allen die ich befragte, zu geringe angegeben ward, so wurde ich desto mehr in meiner angenehmen Idee bestärkt; wir wären aber demungeachtet von Hoff gewiß in einem Tage sehr gut hingekommen, wenn uns nicht der Vorfall, den Sie gleich erfahren sollen, wider alle unsre Erwartung zurückgehalten.
Noch am Abend des Tages, den wir im Bergwerk usw. so / angenehm zugebracht hatten, machten wir die anderthalb Meilen v. Naila bis Hoff. Die Gegend ist sehr hoch, u gewährt dem Auge wenig Unterhaltung, da die sich wellenförmig hebenden u senkenden flachen Erhöhungen am Ende ermüden. Wir kamen durch etwas Wald, u endlich auf eine sehr gute Chaussee. Die Sonne gieng prächtig unter: der halbe Himmel stand in goldgelben Flammen. – Hoff liegt in einer flachen Niederung, in einer zieml. v. Holz entblößten Gegend. Die Stadt hat fast lauter Giebelhäuser, so glattes Pflaster wie Baireuth, u ein recht heiteres Ansehen. Wir stiegen im Brandenburgischen Hause, einem großen Gasthofe ab. Die Stadt ist ihrer Fabriken wegen berühmt.
Am andern Tag hatten wir Nebel, trüben Himmel u Regen. Der Weg geht wieder sehr hoch, u ist zieml. fest. Rechts im Grunde, sahen wir die Saale (die wir auch bey Kembles gesehen hatten,) fast in lauter Cirkelbogen durch grüne Wiesen fließen, so daß sie mehrmals dem Ort, wo sie war, wieder nahe kommt. In einem dicken Walde, wodurch wir kamen, fanden wir den lehmigen Weg von Regen schon sehr verschlechtert. Endlich kamen wir bey dem Dorfe Schönbach an die kaiserliche Gränze v. Böhmen. Wir waren schon den Schlagbaum passirt, als der H. Einnehmer u Aufschauer (so heißen die Österreich. Accisebedienten,) uns Halt! zurief. Wir mußten unsre Sachen visitiren lassen, u nun forderte er uns unsre Päße zur Legitimation unsrer Aussage, daß wir Studenten wären, ab. Wir reichten ihm unsere Matrikeln hin, denn diese hatten wir allein mitgenommen, weil sie sonst immer bey Studenten statt der Päße gelten. Aber den Hn Einnehmer befremdete es sehr, daß man lateinische Päße gäbe; er sah die Matrikeln lange starr an, – u verstand sie darum doch eben so / wenig. Er mochte glauben, sie könnten eben so wohl Französische Komödienzettel, oder, wer weiß, was, seyn. Uns maß er mit mißtrauischen Augen von oben bis unten; u hielt es endl. fürs beste, uns einen Boten bis zur nächsten böhmischen Stadt Asch, (in der kleinen Herrschaft Asch,) mitzugeben, der unsre Matrikeln so lange an sich nahm, um sie dort näher untersuchen zu lassen. Der H. Gerichtshalter in Asch verstand zwar die Matrikeln, weil er selbst studiert hatte; betrachtete uns ebenfalls so scharf, als wollte er uns durch u durch sehen; schwatzte über allerhand Nebendinge, z. B. kam es ihm bedenklich vor, daß ein so junger Student als ich, gleich eine so weite Reise unternehmen wollte; fragte nach unsern Geschäften in Karlsbad; – u das Ende vom Liede war, – Matrikeln wären keine Päße, u keine volle Legitimation, um über die Gränze gelassen werden zu können. Was wollten wir thun? Wir hörten im Wirthshause, wo wir uns beym Mittagbrod erhohlten, die Befehle wegen der einpassirenden Fremden wären der emigrirten Franzosen halber ganz neulich strenge geschärft; doch könnten wir uns in Asch einen Laufpaß geben lassen, der aber auf jedem Kreisamt bestätigt u unterschrieben werden müßte; denn wer ganz ohne Paß auf irgend eine Art ins Land käme, hätte Verhaftnehmung bis zu seiner Legitimation, zu gewärtigen. Theils das schlechte Wetter, theils die Umstände u Schwierigkeiten denen wir doch immer noch ausgesetzt seyn konnten, theils die Entfernung von Karlsbad bewogen uns bald, unsern Weg zu ändern, u gleich nach Wunsiedel zu gehn. Von Hoff bis Asch hatten wir zweieinhalb Meil. gemacht; von hier bis Wunsiedel hatten wir drei zu machen. Von dem Boten aber, der uns noch nicht verließ, wurden wir förmlich – über die Gränze gebracht, u nun erst gab / er uns unsere Matrikeln zurück. Wir hatten doch wenigstens unsern Fuß in Böhmen gesetzt; u setzten itzt nach diesem Abentheuer unsere Reise vergnügt fort.
Die Gegend ist hier wieder besonders einsam u wüste. Oben habe ich vergessen zu sagen, daß auf unserer ganzen Reise durch die abgelegeneren Theile des Oberlandes, die Leute uns immer sehr neugierig ansahen, u fragten, wer wir wären, weil das Land von Fremden nicht so gar häufig besucht wird. Vielleicht ist dies auch zum Theil der Grund von der guten Aufnahme der Fremden. – Das Städtchen Selb, das wir passirten, ist klein u schlecht, u höchst elend gepflastert. Mitten im Walde liegt der Schwarzhammer, wo ein Eisenhammer, eine Glashütte u ein hoher Ofen. Sehr Schade war es, daß wir hiervon nichts vorher wußten, sonst hätten wir die Glashütte u den Schmelzofen sehr gut besehen können. Die übrigen hohen Oefen im Baireuthischen, denen wir nahe kamen, waren alle nicht im Gange: – (wie denn überhaupt itzt vieles von den Berg- u Hüttenwerken liegt, u jene besonders lange nicht so genutzt werden, als sie genutzt werden könnten. Doch bald wird der jüngere H. v. Humbold, der geschickte Mineralog, als Aufseher des Baireuth. Bergwesens, hieherkommen. Bey Hn. Turnesi sah ich schon einen sehr starken Bericht, den er auf einer Reise durchs Land über den Zustand des Bergbaus aufgesetzt hatte.) – Als wir aus dem finstern Tannen- u Fichtenwalde herauskamen, hatten wir den überraschendsten Anblick. Große Ruinen einer alten Burg, mit einem hohen runden Thurme, auf einem kleinen Berge stehend, sprangen plötzlich hinter / den letzten Bäumen hervor. Wir kamen ins Dorf nahe am Fuße der Anhöhe; und nun erfuhr ich zu meinem großen Vergnügen ganz unerwartet, daß wir in Thierstein wären. Der H. Turnesi hatte mir gesagt, daß es hier gegliederten Basalt, oder Basaltsäulen gebe, eine Merkwürdigkeit die man vielleicht in ganz Deutschl. nicht wieder findet, u überhaupt nur an wenig andern Orten, wie ich glaube, als in Schottland, wo die großen Massen von Basaltsäulen so berühmt sind. Sogleich sah ich mich nach dem Basaltfelsen um; u siehe da, es war derselbe, worauf die Ruinen standen. Wir machten also halt, u beschauten den Ort näher. Der Felsen, der sich mitten im Dorf, etwa ein Haus hoch, erhebt, hat auf der einen Seite lauter 6eckige, schwarze Basaltkristallen, wenn ich es so nennen darf, die etwa 1 Fuß breit u 1–2 Fuß hoch sind, u sich treppenförmig übereinander erheben. Einige Stücke sind umgestürzt, oder stehen schief hervor. Die Ruinen, die an diesem Flecke stehen, bestehen in sehr hohen, großen Mauern, mit Fenstern , u einem sehr hohen runden Thurm. Man findet vielen Basalt eingemauert an. Auf der andern Seite des kleinen Felsen aber trifft man mehrere hohe 6eckige Basaltsäulen, die dicht nebeneinander geschichtet, u ineinander gefügt, fast senkrecht sich in die Höhe thürmen. Sie haben bey einer Dicke v. etwa 1 Fuß, wohl eine Höhe von 10 Füßen: u gewährten mir einen ganz neuen, fremden Anblick. Ob diese Merkwürdigkeit in Berlin sehr bekannt seyn mag? Der Ort liegt ohngefähr auf halbem Wege zwischen Asch u Wunsiedel.
Da wir weiter fuhren, sahen wir vor uns das wilde FichtelGebirge sich erheben; u hinter uns entdeckten wir, in Gestalt eines blassen, hohen Streifens am Horizont, die böhmischen Gebirge in der Mitte von Böhmen. / Die Waldungen haben in diesen Gegenden einen besondem Charakter: sie bestehen aus lauter kleinen oder größern Gruppen oder Parthien; sehen, da sie meist Nadelholz haben, schwarz u finster aus, u sind hin u wieder über die Felder verstreut.
Wunsiedel oder Wonsiedel hat 300 Häuser u 2500 Einwohner, liegt in einer sehr hohen Gegend, doch in einer kleinen Vertiefung, hat ein etwas rauhes Klima, aber eine interressante Natur um sich her. Die Straßen gehen bergauf; die Häuser sind zieml. gut. Die Stadt hat viel Gewerbe, u ist recht lebhaft. Wir logirten im Einhorn. Um die Stadt herum sind viele Brüche von weißem Marmor, der aber, weil er so gemein ist, häufig zu Kalk gebrannt wird. Die Stadtmauern sind v. weißem Marmor, daher der Ort sonst die Stadt mit den marmornen Mauern genannt wurde. Mehrere Häuser sind auf Marmor, u von Marmor gebaut; mehrere aber auch von dem röthlichen u weißlichen Granit, der, nebst dem Gneus, nach dem Fichtelberge zu, häufig gefunden wird, u auch das Skelett von diesem Gebürge ausmacht.
Von Hn Turnesi waren wir an den Hn Vicebergmeister Schubert rekommandirt, u dieser überaus gefällige Mann führte uns am Vormittage auf die Luxenburg u nach Sichersreuth, Nachmittags nach Arzberg, u lud uns auf den Mittag zu sich ein. – Die Luxenburg ist ein Theil des FichtelGebirges, dessen einzelne Berge überhaupt folgende Namen haben: 1.) die Luchsburg, Luxenburg oder Losburg. Dieser Berg hatte seinen Namen von den Luchsen die hier sonst häufig waren, (noch vor 3 Jahren hat man einen in der benachbarten Pfalz geschossen,) / und von der alten Burg die oben stand; u wovon man noch die Spuren sieht. Die 4 hohen Felsenklippen, die ganz nakt aus der Waldung dieses Berges hoch herausragen, heißen: der Burgstein, der große u der kleine Haberstein, u der Schauberg. – 2.) die hohe Cössein. 3.) der Ewald. 4.) der Todtenkopf. 5.) die Platten. 6.) der Silberanger. 7.) die hohen Fahrnleiten. 8.) der Nußhart. 9.) der Schneeberg. 10.) der Schloßberg od. Rudolphsstein. Diese 10 Berge machen Eine Kette aus. Jenseits des Thales, worin sich der Fichtelsee befindet, liegt: 11.) der Weißmann. 12.) der Ochsenkopf. Die folgenden endl. machen eine eigene Kette nach einer eigenen Richtung aus: 13.) der Waldstein. 14.) der Langenstein. 15.) der Epprechtsstein. 16.) der Kornberg. – Das FichtelGebürge ist ganz mit Fichten u Tannen bewachsen, die unten auch mit einigen Buchen vermischt sind; die höchsten Spitzen aber sind kahl. In der Ferne sieht es schwarz, finster, u öde aus. Es ist 4–5 Meil. lang, u wenig bewohnt u besucht. Die einzelnen Berge erheben sich sanft u allmählig in die Höhe; jähe Abgründe findet man gar nicht. Daher sehen die Berge auch gar nicht so sehr hoch aus; allein man muß bedenken, daß sie in einer sehr hohen Gegend liegen. Es ist noch unentschieden ob ihre höchsten Spitzen nicht höher über der Meeresfläche liegen, als der Brocken. Auch ist man noch streitig, ob der Ochsenkopf oder der Schneeberg der höchste Theil des Gebürges ist; doch scheinen die meisten Stimmen für den letztern zu entscheiden. Nach Randels Annalen ist der Brocken, 3569, der Fichtelberg aber 3621 Pariser Fuß über der Meeresfläche erhaben. Uebrigens stecken in diesem Gebürge noch gewiß unendliche Magazine von Erzen / verborgen; allein man hat sich noch wenig Mühe gegeben, sie aufzuspüren. Auch ist die alte Sage, daß das Gebirge reich an Edelgesteinen sey, sehr wahrscheinlich gegründet. Wer hat sie aber je viel gesucht? So viel ist gewiß, daß oftmals Italiäner hieher kommen, in den einsamen Oertern des Gebürges ihr Wesen treiben, u, vermuthl. mit Edelsteinen bereichert, heimlich u in aller Stille wieder zurückziehen.
Die Luchsenburg ist der nächste Berg bey Wunsiedel. Der Weg dahin ist mit Granit besäet; am Fuße des Berges werden die GranitWacken ungeheuer groß u lehnen sich bald schief an einander, daß man dazwischen durchkriechen kann; oder ein gewaltiger breiter Klumpen ruht auf mehreren kleineren die in die Runde herum stehen, u bildet auf diese Weise eine natürliche, kühle Grotte. Alle dergleichen Scenen fand ich hier noch weit größer u wunderbarer als in Sanspareil. Auf einem großen, platten Granitstück waren ehemals, einer Stiftung gemäß, jährlich v. den Gymnasiasten in Wunsiedel, Schäferactus u andre Komödien aufgeführt; die Zuhörer hatten rund herum auf Felsensteinen, unter freyem Himmel gesessen. H. Bergmeister Schubert hatte in seiner Jugend mitgespielt. Nicht weit davon rinnt eine merkwürdige Quelle aus der Spalte eines Granitstücks hervor: das Volk nennt es die Quelle, die Moses aus dem Felsen schlug. Noch sahen wir am Fuß des Berges, unter diesen wunderbaren Granitgruppen, einen eben gemachten Platz, wo die angesehenen Einwohner der Stadt jährlich / ein Paarmal speisen, u unter offenem Himmel einen vergnügten Tag mit ihren Familien zubringen. Auch sahen wir den alten Burgemeister, der ein sehr ehrliches Bürgeransehen hatte, selbst beschäftigt, einigen Arbeitern zu zeigen, wie sie ein Paar benachbarte natürliche Grotten u Felsenplätze, schöner u bequemer zum Vergnügen einrichten sollten. Eine vornehme Dame, die neulich zum Besuch hier gewesen war, hatte ihren Namen in den Felsen einhauen lassen. – Nun stiegen wir einen sehr mäßig in die Höhe gehenden Fußsteig, durch dichten Wald hinauf, u gelangten endlich auf die Spitze des Burgsteins, der sich wie ein Felsenthurm oder ein starker Pfeiler über die höchsten Tannen erhebt. Oben ist eine Gallerie gemacht. Von diesem engen Platze v. sehr wenigen Quadratfüßen, übersieht man nun nicht nur das ganze Fichtelgebirge, u Wunsiedel, sondern auch auf der einen Seite, das Baireuthische Land, auf der entgegengesetzten, die ungeheuren schwarzen Waldungen der ganz nahen Pfalz, u auf der dritten die Gebirge v. Böhmen: eine erhabene u vielumfassende, aber rauhe u öde Aussicht. – Von hier giengen wir nach dem Alexandersbade, oder dem Gesundbrunnen Sichersreuth, der am Fuße der Luchsenburg, 1/4 Meile v. Wunsiedel liegt. Er wird leider nur sparsam, u auf kurze Zeit von Baireuthern besucht; da die nahen böhmischen Wasser v. Eger u Karlsbad ihm Schaden thun. Das Wasser schmeckt sehr mineralisch, u wird nach Wien, Triest, Venedig, usw. versandt. Das Brunnengebäude ist ein noch neuer, großer Pallast von Granit erbaut, u liegt sehr angenehm. Es hat die / Inschrift: Sanitati publicae aedes hasce aere suo exstrui jussit Alexander etc. – Die Zimmer für die Badegäste, auch die Nebengebäude, die angelegten Alleen usw., alles ist sehr nett.
Arzberg, wo wir am Nachmitt. hinfuhren, liegt 11/2 Meile v. Wunsiedel. Um Arzberg sind 33 Gruben, die wie die um Naila, lauter Privatleuten gehören. Viele liegen aber jetzt, oder, nach dem Kunstausdruck, sie sind nicht belegt. Alles sind EisenGruben. Das Eisen bricht hier nicht, wie um Naila, in Gängen, sondern findet sich in Stockwerken, (in unregelmäßigen Klumpen,) u nicht in so schönen Stufen als dort. Ich fuhr durch einen Schacht, auf den Fahrten, in eine 18 Lachter tiefe Grube, die Silberkammer ein. Sie ist die allerergiebigste. In den Gängen, u Oertern (d. i. den Plätzen, wo das Erz herausgehauen wird, u die hier, unregelmäßig, hier u dort eingeschlagen werden,) über u neben mir, sah ich nichts als gelben oder braunen Eisenstein, in unerschöpflicher Menge. Mein Licht ward ein Paarmal von den Wettern, (der schlechten oder geringen Luft,) ausgelöscht. Auch sah ich an den Gängen eine sonderbare weiße, weiche, baumwollenartige Materie in Menge hängen, die nichts anders als ein Ansatz von Dünsten ist. Das meiste sah ich hier so wie in Naila. Um mir das beschwerliche Heraufsteigen zu ersparen, ließ ich mich auf dem Knebel (einem dicken Holzstücke, auf das man sich setzt,) an einem Seil, von 2 Personen aus der Tiefe herauswinden, nachdem ich mich vorher nach der Sicherheit dieser Art von Fuhrwerk / genau erkundigt hatte. – Arzberg ist ein kleines, unansehnliches Städtchen. Dabey ist auch ein Alaunwerk. Auf dem freyen Felde sahen wir auch das Waschen des Eisenerzes an: der erst kleingeschlagene Eisenstein wird in einem kleinen Wiesenbach mit eisernen Schaufeln gegen das Wasser angeschaufelt; so daß der Bach das leichtere, trübe Gestein mit wegspült, u das Erz auf dem im Bach gemachten hölzernen Boden liegen läßt. – Bey dem Dorfe Göpfersgrün, zwischen Arzberg u Wunsiedel, ist eine Grube wo man Speck- od. Schmierstein findet: er ist weich, u findet sich auch mit Dendriten; der weiße ist der beßte. Er wird nach Regensburg, und von da vermuthl. nach Triest und nach der Türkey gesandt. Man weiß nicht genau, wozu er dort gebraucht wird; man sagt, es würden die meerschaumenen Pfeifenköpfe daraus gemacht. – Mehrere Bergwerke bey Arzberg sind itzt darum nicht im Gange, weil die Baireuth. u Böhm. Bauern, die sonst den Eisenstein den Hämmern zufahren, itzt nichts thun, als Getreide für die Armeen am Rhein nach Baireuth zu bringen. – In der Nähe v. Wunsiedel hat man sehr alte, eingegangene Schächte gefunden: sie waren rund, u inwendig mit Flechtwerk bekleidet. Man weiß daß in dieser Gegend schon Anno 1400, Bergbau getrieben ist.
Ich hatte nach Wunsiedel noch eine Addresse an den Hn Burgemeister Schmidt, vom Hoffr. Schreber erhalten. Dieser Mann verschaffte uns einen Führer der uns am folgenden Tage über den Fichtelberg nach Bischoffsgrün geleiten sollte, weil man sich auf diesem einsamen Waldgebürge leicht verirren kann. – Hinter Wunsiedel kamen wir über Schönbrunn, u Leupoldsdorfe, wo ein Eisenhammer u Blechhammer. Der Herr von beyden Werken, H. Kommercienrath Müller, bot uns, / da er uns seinen Eisenhammer betrachten sah, ohne uns zu kennen, ein Frühstück an, u lieh uns ein Fernrohr, um uns von der Höhe umsehen zu können. Die unteren Theile des Gebirges haben unter den Tannen u Fichten auch Buchen. Wir passirten steinige, sumpfige u verwachsene Wege, u Bäche rieselten neben uns, oder vor uns vorüber. Endl. gelangten wir zu der sogenannten Zinnseife, u dem Zechen (Gruben- oder Bergwerks-) hause dabey. Die Zinnseife ist eine große Grube, worin die Zinnerze, (deren Gewinnung aber itzt ganz vemachläßigt wird, ohngeachtet sie so gut als das Engl. Zinn waren,) gewaschen wurden. Die Zeit mangelte uns, den Schneeberg zu besteigen, von dem man eine noch freyere Aussicht, als vom Ochsenkopf hat. (Auf dem Schneeberge soll noch ein Backofen vom 30jähr. Kriege her stehen, da man sich auf diese Höhen flüchtete.) Wir giengen also über den Fichtelsee, und über den Weißmann zum Gipfel des Ochsenkopfes. Der Fichtelsee, der grundlose See, oder die Seelohe, ist ein tiefer Sumpf oder Moor, der mit Mooß u Binsen, auch niedrigem u verkrüppeltem Fichtengesträuch überwachsen ist, u nie austrocknet, weil er im Thale liegt u ohne Abfluß ist, sondern vielmehr in nassen Jahrszeiten ganz unter Wasser steht. Auch itzt konnten wir an Stellen wo das Wasser über dem Morast stand, einen Stab 3-4 Fuß hineindrücken. Man geht über diesen Sumpf auf Stangen, Hölzern u Sträuchern, die in gerader Linie herüber gelegt sind. Nun kamen wir in die rauhe Wildniß des Gebirges, die ich so begierig / war zu sehen. Wenig betretene Fußsteige, führten uns, durch dichtes Buschwerk etwas steil hinauf. Ueber uns thürmten sich, mitten unter den Baumstämmen, allgewaltige Granitmassen auf, die halb nakt, halb bemooßt, wie riesenmäßige Denkmäler wer weiß wie lange schon der Zeit trotzten. Wir sahen ein Paar alte verfallene Stollen, mit Wasser angefüllt, u sprachen mit einem Bergmann, der in dieser Einöde eine Hütte hat, u uns mit geheimnißvoller Miene entdeckte, daß gewiß noch große Schätze von Gold u anderem Erze in diesem noch wenig durchforschten Gebirge versteckt lägen, was nicht unwahrscheinl. ist. Sehr merkwürdig war es mir, mitten in der Waldung hier einen der größten Flüsse Deutschlands in seiner Wiege zu finden: wir sahen die Quelle des Weißen Mains, der aus einer ummauerten Höhlung, eine kleine Spanne breit im Grase hinabrinnt. Ich setzte mich an der Quelle, trank etwas daraus, stellte mich wie der Koloßus über den jugendlichen Strohm, u versuchte seinen ganzen Reichthum von Wasser mit der Hand aufzuhalten. – Nun wird der Weg immer wilder. Wir traten unsicher auf Sumpf, oder auf Schnee, der in zerrissenen Parthien herumlag, oder in hohes Heidekraut, worunter oft Baumzweige oder Felsenstücke verborgen lagen. Endl. hatten wir die Spitze erreicht, wo auf einem kleinen Flecke, keine Bäume stehen, sondern nur Felsenstücke herumliegen. Wir sahen, es ist wahr, an manchen Orten vielleicht 20 Meil. weit, aber was? In der Nähe, düstre Waldungen, mehrere Oerter; in der Ferne, blasse Landstreifen am Horizont. Die Aussicht / ist zu weit, um in so kurzer Zeit genossen werden zu können. Unser Fernrohr war nicht sonderlich; unser Führer konnte uns die Oerter u Gegenden nicht genau nennen; u der Himmel war am Horizonte nicht ganz heiter, obgleich die Sonne schien. Demohngeachtet hat eine so weite Aussicht, wenn man auch die einzelnen Gegenstände nicht genau unterscheidet, immer viel Erhabenes. – Auf unserm Heruntergange auf der andern Seite des Berges, nach Bischoffsgrün, begegneten wir einigen Meilern im Walde, (dies sind runde, große, backofenähnliche Haufen, von Holzstücken aufeinandergepakt, die zu Kohlen schwehlen sollen,) u sahen die Wege, die das Holz das auf dem Gebirge in sehr großer Menge geschlagen wird, im Winter von oben herunter nimmt, wenn man es, in Schlitten gelegt, auf einer festgeschlagenen Bahn, über den Schnee heruntergleiten läßt.
Bischoffsgrün ist ein Dorf, dicht am Fuß des Fichtelberges. Hier trafen wir mit unserm Fuhrwerk, das den Fahrweg dahin hatte nehmen müssen, wieder zusammen. Die hiesige Glashütte war nicht im Gange. Das Wirthshaus ist sehr schlecht, u der Wirth betrügt. Es war uns daher sehr angenehm, daß uns der H. Kommerzienrath Müller, (ein Vetter des vorhergenannten,) in Fröbershammer, dicht bey Bischoffsgrün, so gastfrey aufnahm. Wir waren v. Hn Turnesi an ihn rekommandirt; u er ließ uns nicht nur mit sich speisen, sondern gab uns auch ein vortreffliches Nachtquartier in seinem großen Hause, wo er schon viele Fremde zu ihrem Vergnügen / beherbergt hat. Auch besahen wir seinen Eisenhammer, seinen Zainhammer, (wo Zaineisen, od. dünne Stangen zu Nägeln, geschmiedet werden,) und seine Knopfhütte, (wo Hemdeknöpfe u dgl. aus gelb- blau- braun, usw. gefärbtem Glase gemacht werden. Sie war itzt leider nicht im Gange, sondern geht nur im Winter.)
Jetzt entschlossen wir uns ganz schnell, auf einem Umweg über Kulmbach, wo wir unsern Hn Meyer aufsuchen wollten, zurückzukehren; u dieser Entschluß hat uns, besonders der herrl. Gegend wegen, nichts weniger als gereut. Von Bischoffsgrün dahin hatten wir etwa 31/2 Meile. Anfangs kamen wir über Berge u durch Wälder, u hatten weite Aussichten. Dann kamen wir wieder, von einer andern Seite, durch Berneck. Hier sahen wir von oben die kleine Stadt recht im Grunde zwischen dem Fuß des Gebirges gedrängt: wir fuhren lange hinunter, ehe wir hinunter kamen. – Berneck liegt am weißen Main, den man hier mehrmals passiren muß: er ist nur flach. Nun kommt man über Wiesen, u durch sehr schöne, romantische, arkadische Thäler, deren Anblick unser Auge nach den rauhen Gegenden vom Fichtelberge u von Berneck, bey einer so schnellen Veränderung, sehr angenehm erquickte. Ein Dorf am Abhang eines Berges mit Bäumen durchmischt, an einem einsamen grünen Thale liegend, nahm sich besonders reizend aus. In dem Dorfe Himmelkron besahen wir in der alten Kirche die alten Grabmäler der Gräfinn von Orlamünde, des Grafen v. Meran, usw. Sie sind sehr alt. Die Figuren der Verstorbenen sind in Stein gehauen mit fast ganz unleserlichen altdeutschen In/schriften versehen, u wegen des Kostums merkwürdig. – In dem benachbarten Dorfe Lanzendorfe ist die Glanzleinwandfabrik eingegangen; statt ihrer ist jetzt eine Kattunfabrik dort. – Vor Kulmbach kommt man durch einen prächtigen Buchenwald, dessen helles, frisches Grün in dieser Jahrszeit besonders reizend war. Endlich kamen wir in ein sehr schönes Thal, schmal, u von zieml. hohen Bergen eingeschlossen, worauf Wälder u Gärten grünen: grade zu, am Ende des Thals liegt Kulmbach. Die Stadt ist sehr klein; man sieht von ihr hier nichts als die große, hochliegende ehrwürdige Kirche, deren alter schwarzer Thurm die Gränzsäule des Thales ist. Rechts über der Stadt hängt oben am Rande des Berges die Bergfestung Plassenburg, mit ihren röthlichen Mauern u Thürmen. Dieses Thal bildet ein sehr schön vollendetes u geschlossenes Landschaftsgemählde, u verdient den Gegenden bey Streitberg u Berneck wohl an die Seite gestellt zu werden.
Kulmbach ist ganz gut gebaut. Die Vorstädte sind im Verhältniß gegen die Stadt, nicht klein. In der Stadt ist der Klosterhoff merkwürdig, wo eine kleine Kolonie des Klosters Langheim, von 3-4 Brüdern wohnt. – Hinter der Stadt breitet sich das enge, lange Thal, (die Wolfskehle genannt,) in eine sehr große, herrliche Wiese (die Aue) aus, die vom weißen Main durchschlängelt, u in einem weiten Umkreise von Bergen umschlossen wird.
Sie werden wohl wissen daß seit dem vorigen Jahr in Kulmbach 20 gefangene Officiere, u 700 Gemeine / von der Französischen Armee, gefangen liegen. Jene wohnen in der Stadt, in Privathäusem, können in, aber nicht außer der Stadt, ohne Begleitung herumgehen, u haben itzt ihr eigenes Kaffeehaus, wo sie spielen, Zeitungen lesen, u sich in ihrer Eingeschränktheit vergnügt machen. Die Gemeinen sind alle auf der Plassenburg, welche wir, mit dem Hn Meyer, den wir aufgesucht hatten, besahen. Der Weg zur Festung ist eine breite, schattige Allee, die sich gekrümmt den Berg hinaufwindet. Die Festung scheint zieml. stark. Die Franzosen machen sich oben so vergnügt als sie irgend können. Auf einem großen Hofe spielten sie Trou Madam, u hatten ein kleines Marionettentheater errichtet; in einem Bogengange fochten einige; in einem großen Saale lehrten einige die andern tanzen. Alle waren sehr höflich, u keiner bettelte. Sie halten sich reinlich u ordentlich, sind beliebt, u werden wieder gut begegnet. In die Stadt darf keiner ohne Begleitung gehen. Einige waren gut gekleidet, u schienen gebildet u von nicht geringem Stande zu seyn. – Der H. Meyer führte uns noch nach einem Platze auf den Bergen neben der Wolfskehle, hin, von wo die Aussicht die wir unten im Thale selbst, auf unserm Wege genossen hatten, sich uns noch verschönerter darstellte: wir sahen noch über die Stadt hinaus, u übersahen das reizende Thal mehr mit Einem Blick.
Von Kulmbach nahmen wir unsern Weg über Sanspareil u Streitberg nach Erlangen zurück. Bis Sanspareil hatten wir 21/2 Meile. Wir kamen das Schloß Steinhausen vorbey, hinter welchem sich der / rothe u der weiße Main vereinigen, u dann durch das Gebiet des Grafen v. Giech, in dessen Hauptstadt Thurnau wir etwas ausstiegen, um den HoffGarten zu besehen. Er hatte eine sehr große schattige Allee, Hecken, Gebüsche, Französische Anlagen, u Küchenparthien. Vor Sanspareil kommt man noch ein Paar große Sandsteinbrüche vorbey. Sanspareil u Streitberg kennen Sie schon; ich habe also Ihnen nur noch die Muggendorfer Höhlen zu beschreiben, die wir am Vormittag besahen, um den Abend in Erl. zu seyn.
Muggendorf liegt tief im Felsenthale, über 1/4 Meile v. Streitberg. Der Höhleninspektor Wunder, der sich mit Aufsuchen u Verkaufen v. Versteinerungen u botan. Kräutern beschäftigt, führte uns in 4 Höhlen hinein. Die Gailenreuther Höhle, wo die vielen Versteinerungen herkommen, u eine andre Höhle die reich an Zoolithen ist, besuchten wir nicht; sie liegen beyde ziemlich entfernt. Die Rosenmüllersche Höhle, (der Magister Rosenmüller in Erl. hat sie im vorigen Jahre zuerst bestiegen,) ist, in Ansehung der Gestalten des Tropfsteins, die schönste. Ihr Eingang ist eine schmale Spalte zwischen den Felsenpfeilern, oben am Gipfel eines Berges; u man steigt auf einer schrägestehenden Leiter, mit einem Licht hinunter. Unten findet man sich in einem sehr hohen, finstern Gewölbe, worin durch jene lange Spalte ein blasses, zauberhaftes Tageslicht hineinfällt. Die Höhle ist nicht groß. Man geht auf rundlichen, feuchten, etwas schlüpfrigen Hügeln von Tropfstein, in die Höhe. Abgründe oder tiefe / Wasser, oder andre gefährliche Stellen, sind aber weder in dieser noch in den andern Höhlen. In den engen Winkeln, wo sich die Decke wieder dem Boden nähert, hängen von jener eine Menge Tropfsteinzapfen herunter, an deren Spitze immer ein Wassertropfen hängt. Einige herunterfallende Tropfen machen in diesen öden Schlupfwinkeln ein sonderbares Geräusch. Die Tropfsteinzapfen u Säulen, (denn vom Boden erheben sich kleine Säulen, die zuweilen bis an die Decke gehen,) sind hier, wie in keiner der anderen Höhlen, von der schönsten gelbröthlichen Farbe, ohngefähr wie Krebsscheeren, u glänzen beym Schein der Lichter sehr schön. – Die 3 andern Höhlen liegen in dem Felsen auf der andern Seite des Thales, nicht ganz so hoch an der Spitze hinauf. Einsame Fußsteige durch dichtes Gebüsch fuhren zu den Eingängen. In allen dreyen geht man grade hinein, auf zieml. ebenem Boden. Der hohle Berg, der heidnische Tempel oder die Oswaldshöhle übertrifft die schönste künstliche Grotte. Sie geht durch den Felsen grade durch, so daß man zum einen Ende hinein, zum andern heraus geht, u ist nicht so lang, daß man ein Licht darin brauchte. Sie ist ein wunderbares Felsengewölbe, mit starken Pfeilern; von grauem Kalkstein. Der Tropfstein findet sich in dieser u den 2 folg. Höhlen, grau, grünl. oder schwarz, und weiß in der Gestalt von herunterfließenden Kaskaden. Der Boden in dieser Höhle ist ganz eben. Es soll / hier der Einsiedler Oswald gewohnt haben; auch Heidnischer Gottesdienst gehalten seyn. – Die Wundershöhle hat von dem Inspektor Wunder, der sie entdeckt hat, den Nahmen. Gleich anfangs kriecht man hier durch ein Loch im Felsen, doch noch zieml. bequem durch. – Das Wizeloch ist die allergrößeste Höhle, allein der größeste Theil ist wegen der engen Schlupflöcher sehr schwer zugänglich. In dieser Höhle hielten die Slawen ihrem Todesgott Wize, den Gottesdienst. Ein großer breiter Stein war ihr Altar. Auf einer Art von steinernen Bänken sollen sie eine Art von heiml. Gericht gehalten haben. Auf einem Felsenstücke fand man hier das Bild des Gottes, das leider weggenommen, u in das Anspachische Lustschloß Triersdorf gekommen ist. Hier findet man auch noch schwarze Heidn. Urnen. (Ich habe ein Stückchen davon, nebst einer versteinerten Terebratel, u ein Paar röthl. Tropfsteinen v. d. Höhleninspektor mitgenommen.) Auch findet man hier noch Ueberbleibsel von dem Miste des Rindviehs, das im 30jähr. Kriege in diese Höhle versteckt ward. – Die 3 letzten Höhlen sind sich im Ganzen zieml. ähnlich. – (Nachrichten v. diesen Höhlen, s. in: Hentze, Versuch über die ältere Gesch. d. Fränk. Kreises, – und Esper, Beschreib. der in den Muggend. Höhlen gefundenen großen Versteinerten Knochen. Die letzte Schrift, von der ich den Titel nicht genau kenne, ist im Fol. mit Kupfern.) –
Verzeihen Sie meiner Ausführlichkeit. Manches hätte ich doch für mich aufgeschrieben; u da erzähl ich Ihnen gleich lieber alles. – Dem Hn Turnesi habe ich itzt noch schriftl. für seine Güte gedankt. Ich werde wohl erst einen Brief v. Ihnen erwarten, ehe ich wieder schreibe. –
W. H. Wackenroder.