Erlangen, 1793.
Liebster Freund!
Ich hatte mir es schon immer vorgenommen, Ihnen etwas von meiner Reise nach dem Fichtelberge zu erzählen und so will ich Ihnen denn sogleich das Versprechen, das ich stillschweigend gethan habe, erfüllen, so gut ich es nur kann, da ich nun schon vieles, was mir vor fünf Wochen noch ganz frisch im Gedächtniß war, ganz rein vergessen habe. Ueberhaupt, welch ein armseeliges Ding ist das Gedächtniß und die Einbildungskraft des Menschen; er durchreist die Welt, alle seine Sinne streben gleichsam das All der Schönheiten zu verschlingen, und kaum ist es genossen, so dürstet er schon nach neuem Genuß, weil der vorige schon auf ewig verschwunden ist. – Ich fange aber wahrhaftig ordentlich wie die alten Chrien mit einem Allgemeinsatz zu erzählen an, hinweg damit, – aber vorher noch eine Bitte, wenn es Ihnen nicht zuwider ist, so zeigen Sie doch diesen Brief meiner Schwester, ich habe ihr sehr lange nicht geschrieben und ich weiß, daß ihr alles, was sie von mir sieht, Freude macht. –
Wenn Sie eine Charte von Franken oder noch besser von Bayreuth zur Hand nehmen, so wird Ihnen unser Herumziehn sehr viel Spaß machen. –
Am Freitag vor Pfingsten bestiegen wir am Morgen um 5 Uhr unsre Rosse, bei einem sehr schönen hellen Himmel und einer angenehmen Luft. Wir hatten in einem Mantelsack Wäsche und Kleider bei uns, den, wie wir ausmachten, jeder abwechselnd hinter sich aufs Pferd schnallen sollte, ich machte den Anfang. Erlangen liegt in einer sehr schönen Ebene, man hat eine weite Aussicht, über grüne Wiesen und Felder, die Sonne war erst eben aufgegangen und gab der Landschaft noch größeren Reiz. Wir ritten zum nördlichen, zum Bayreuther Thor hinaus. Gleich wenn man über die Erlanger Brücke kömmt, findet man den Altstädter Berg, der einen äußerst angenehmen Prospect bildet. Mehrere kleine Häuschen liegen unter Bäumen den Berg hinauf, unter diesen ist auch das Altstädter Schützenhaus (Erlangen theilt sich in Alt- und Neustadt) daher ist es Sonntags hier manchmal sehr voll; man kann selbst in der Stadt den grünen Berg mit seinen schönen krausen Bäumen sehn. Man reitet bis Bayersdorf immer neben angenehmen Wiesen, bei Bayersdorf (einer kleinen Stadt 11/2 Stunde von Erlangen) sieht man die kleine Vestung Forchheim sehr deutlich, durch die ich auf meiner Hierherreise kam. Neben Bayersdorf steht ein altes verwüstetes Schloß, welches die Forchheimer im 30jährigen Kriege eingeschossen haben. – Schon unterwegs hatte ich viel von meinem schwankenden Mantelsack leiden müssen, ich ließ mir daher hier bei einem Sattler neue Rieme schneiden um ihn fester binden zu können. – Während dieser Zeit kam ein gewisser Hofmeister Meyer zu Fuß hereingegangen, der den Tag zuvor ein groß Aufhebens von einer Reise nach Bayreuth in einer schönen Chaise gemacht hatte. Viele Leute hatten uns sogar gerathen, diese Gelegenheit zu benutzen, wir hatten es aber zu spät erfahren und hatten uns während dem Reiten vorgenommen, ihm unsern lästigen Mantelsack bis Bayreuth mitzugeben, – und nun kam er selbst zu Fuß gegangen, die erwartete Chaise war ausgeblieben. Wir lachten zusammen darüber und sprachen mit ihm, in Streitberg sollten wir auf ihn warten und er wollte sich dort ein Pferd miethen, um mit uns reiten zu können. Wir beschlossen auch, weil es gerade so schön Wetter wäre, über Sans pareil zu reisen und von da erst nach Bayreuth, da wir uns vorher vorgenommen hatten, nach Bayreuth zu reisen und von dort nur einen Abstecher nach Sans pareil zu machen. – Wir ritten nun weiter, die Gegend und das Wetter wurden immer schöner, wir kamen durch mehrere sehr reizend liegende Dörfer, die Berge wurden nach und nach immer größer, die Gegend immer romantischer, bei Hirschberg liegt an einem gegenüberliegenden hohen Berge eine kleine Capelle äußerst schön und einsam, auf dem Rathsberge bei Erlangen kann ich sie immer ihrer Höhe wegen sehn und ich freue mich jedesmahl. Dann kamen wir durch Ebermannstadt, eine kleine katholische Stadt, Cruzifixe und Heiligenbilder findet man allenthalben hier, selbst an den Landstraßen im Ueberfluß, die Leute im Bayreuth’schen und der ganzen Gegend sind prächtig, wie ich denn überhaupt die Katholiken lieber leiden mag, als meine frostigen Religionsverwandte, sie haben noch weit mehr vom religiösen Enthusiasmus, sie sind alle sehr freundlich und höflich, sie gehn ganze Strecken mit, um einem den Weg zu zeigen; wenn man nach dem Weg frägt, sind gleich 6 Leute da, die antworten wollen, im Wirthshause kommt einem oft die ganze Familie entgegen, kurz, sie sind meistentheils so zuvorkommend höflich und freundlich, als ich es nie geglaubt hätte, da man immer von der Tücke der Katholiken gegen Lutheraner so vieles spricht. In Ebermannstadt waren alle Leute sehr freundlich, besonders die Frauenzimmer, die im katholischen fast alle blond sind, blaue Augen und einen gewissen schwärmerischen Madonnenblick haben, die Männer haben fast alle ganz schwarze Haare und sehn aus wie die Petrus und Judas auf ihren Gemählden, einen scharfen festen Charakter, die Bilder und Gemählde müssen gewiß viel auf die physische Bildung des Volks wirken, da die Weiber sie täglich sehn und doch wenigstens zuweilen in eine wirkliche Begeisterung gesetzt werden. – Hinter Ebermannstadt reitet man immer durch ein äußerst romantisches Thal, durch das sich die Wisent in vielen Krümmungen schlängelt, zu beiden Seiten ziemlich hohe Berge, gradeaus ebenfalls Berge vor sich, ich habe noch wenig so schöne Tage als diesen genossen, es ist eine Gegend, die zu tausend Schwärmereien einladet, etwas düster melancholisch und dabei doch so überaus freundlich, – o die Natur ist doch an Schönheit unerschöpflich! hier nur ist der wahre Genuß, eine schöne Gegend veredelt den Menschen, eine schlechte macht ihn kleinlaut und scheu, die erhabene stimmt ihn erhaben, – nur in einer solchen Gegend schöne, brave Republikaner! – O Schweiz, Frankreich, – wenn ich doch hinfliegen könnte, mit genießen und mit für die Freiheit sterben! – Bis Streitberg sind von Erlangen 4 Meilen, o Freund, was ist das ein ganz andrer Weg, als von Berlin nach Potsdam, wo man gähnt und einschläft und nur Sand und kleine Fichten und preußische Wappen sieht! – Vor Streitberg kömmt man noch durch Geiseldorf, – dann kamen wir in Streitberg selbst an. Es liegt im Thale zwischen Felsen, die meist bewachsen sind, 2 Schlösser stehn sich gegenüber, das eine im Dorfe selbst, steht noch fast ganz und ist ein Magazin, das andre auf dem gegenüberstehenden Berg ist größer, aber es besteht nur noch aus Ruinen. Sie kennen meine Vorliebe für das romantische Mittelalter, solche Ruinen sind mir immer äußerst ehrwürdig, für die Phantasie hat das Mittelalter sehr viel anziehendes und der Verstand findet es immer kräftiger und vorzüglicher als unser schaales Jahrhundert. – Ich und Wack. erstiegen nun den Felsen von der beschwerlichsten Seite, aus zu großer Eil’ verloren wir den Weg und hatten nun mit manchen Mühseligkeiten zu kämpfen. Auf dem Felsen sind gleichsam mehrere Auswüchse, einzelne Klippen ragen drohend an manchen Stellen hervor, die Burg heißt Neideck. Wir kamen oben an. Sie ist so groß, wie ich noch bis jetzt keine einzige solche Veste gesehen habe, sie hat doppelte Marken gehabt, mehrere Thürme, große Gräben und selbst auf einen hohen Felsen gelegen. Man hatte von oben eine köstliche Aussicht über die ganze Gegend hin, besonders nach Muggendorf zu, wo die bekannten Hölen sind. – Dort sind durch die Wiesen mehrere Canäle gezogen und durch ein Fenster der Burg sah es gerade so aus, wie die gewöhnlichen Landcharten von Holland, es machte das schönste Gemählde und durch ein jedes Fenster sieht man eine neue Landschaft. Wir kletterten viel in den wüsten Steinhaufen umher und traten dann nach Streitberg unsern Rückweg an. – Man hat dort treffliche Forellen und sie schmeckten uns nach der Wanderung sehr gut. – Das Wirthshaus liegt charmant und ich möchte wohl einige Zeit in Streitberg wohnen, man sieht die Burg gegenüber vor sich, ein kleiner Bach fließt unter den Fenstern vorbei; man hört die Bäume rauschen und Mühlen aus der Ferne klappern. – Ein gewisser Rebmann hat einen Roman geschrieben Heinrich von Neideck, der äußerst armseelig ist, indessen wenn Sie ihn bekommen sollten, so sehn Sie ihn durch, es kommen manche von diesen Gegenden darin vor. –
Nachmittag brachen wir wieder auf, Meyer holte uns ab, es war keine Zeit übrig, die Muggendorfer Hölen zu besehen und wir verschoben dies auf eine andre Zeit. Man muß im Dorfe einen ziemlich hohen Berg hinaufreiten, der auch ziemlich steil ist, – oben aber hat man eine göttliche Aussicht, man sieht über alle Berge hinweg, ein Thal bis nach Erlangen hin, auf dem Rathsberg bei Erlangen sehe ich auch Streitberg ganz deutlich. – Hinter Streitberg sah ich die erste Wallfarth, eine Menge Leute gingen langsam und singend ihre Straße fort, dann lachten sie wieder und waren lustige Männer, Weiber und Mädchen; sie wallten zu einem wunderthätigen Marienbilde hin, in der Gegend von Culmbach. Eine solche Wallfarth muß wirklich nicht ganz unangenehm sein. – Jetzt kamen wir durch mehrere schöne Gegenden, ein Dorf, dessen Namen ich aber vergessen habe, lag besonders schön auf einer Ebene mit grünen Hecken und Bäumen rund um eingefaßt. Ich und mein Pferd, ein großer Rappe, hat viel Courage, wir setzten mit großer Freude über Gräben und Hügel hinweg; es war aber auch eine schöne Gegend und sehr schönes Wetter. – Bei einem Dorfe kamen wir an einen sehr steilen Berg, wo ein schmaler Fußsteig weit näher führte als der Fahrweg, man wollte es aber nicht wagen, diesen Fußsteig zu reiten, bis ich auf Meyer’s Bedenklichkeiten und Wack. Furchtsamkeit gar nicht achtend, im Gallop hinaufsprengte, aus Schaam folgten nun auch die andern Herrn und nachher war es ihnen sehr lieb. – Wir kamen nach Holfeld, einem kleinen bambergischen Städtchen, das äußerst schön liegt: es ist etwas abentheuerlich gebaut, dann kamen wir über ein paar Dörfer und durch einen sehr angenehmen Wald, allenthalben herrscht hier Frölichkeit und Thätigkeit, das Land ist fruchtbar, alle Gärten sind mit schönen grünen Hecken eingefaßt, alle Leute sind gesund und munter. – Soviel man den Charakter eines Volks nehmlich im Vorbeigallopiren bemerken kann, denn es ist leicht möglich, daß eben so viele, oder noch mehrere krank und verdrießlich waren, viele unthätig, – aber an dem Tage trat alles heiter vor meine Seele und die ganze Natur ist dem Menschen, wenn er poetisch gestimmt ist, nur ein Spiegel, worin er nichts als sich selbst wiederfindet. – Wir kamen in Wunses an, einem kleinen niedlichen Dorfe im Thale, das ist der Geburtsort des berühmten Taubmanns, eines eben so großen Gelehrten als Hofnarren, eines Mannes, der in seinem Zeitalter ein ganz außerordentliches Lumen war, – er war der Sohn eines Schuhmachers in diesem Dorfe, und man zeigt den Fremden noch das Haus, in welchem er geboren ist. Wir stiegen ab, und besahen es, es ist eine kleine, unansehnliche Hütte und ich konnte mir die Jugend Taubmanns und sein erstes Leben in diesem Hause recht lebhaft denken. – Wir stiegen wieder auf und kamen nun in Zwernitz oder Sans pareil an. Die Gegend umher ist nicht im mindesten schön, aber von dem dortigen Garten werden Sie wahrscheinlich schon gehört haben, denn er ist sehr bekannt. Es war schon Abend, wir bestellten nun ein Abendbrot und gingen nun sogleich nach dem Garten; Sans pareil ist 4 Meilen von Erlangen. – Es ist wirklich eine sehr merkwürdige Erscheinung, daß hier in einem Walde eine Menge sehr großer Felsmassen ganz isolirt stehn, die von Natur Hütten und Grotten bilden, die Steine ragen kühn und wildverzerrt aus der Erde hervor und stehn unter Bäumen in einer Gegend, wo man sonst weiter gar nichts von Felsen sieht, ich habe noch wenig gesehn, was einen so abentheuerlichen Eindruck macht. – Nachher habe ich bemerkt, daß die ganze Gegend hier herum einen solchen Charakter hat, bis Streitberg (3 Meilen) findet man solche Felsen, sie werden aber nach und nach immer kleiner, und verschwinden endlich unter den gewöhnlichen Feldsteinen, nach Bayreuth zu ist es gerade eben so, eben so noch die Gegend von Culmbach. – Man fand diese Erscheinung hier bei Zwernitz auf einer Jagd und hat nun aus diesem Walde einen Garten gemacht, der äußerst feenhaft ist. Die großen Felsenparthien im Walde, das große und wilde, das dadurch in der Phantasie hervorgebracht wird, ein gewisser Tunnel ist äußerst schön, – aber dadurch hat der Garten auch sehr viel Einseitiges, es ist kalt drin, man findet nichts als Wald und Felsen, um eine Aussicht zu haben, muß man sehr hoch steigen, – und in jedem Garten ohne Ausnahme geht doch immer die hohe, heilige Empfindung verlohren, die die Natur in uns hervorbringt, in Wörlitz hab’ ich das so oft empfunden und hier war es wieder derselbe Fall – das Rauschen eines Waldes, ein Bach, der vom Felsen fließt, eine Klippe, die im Thale aufspringt, – es kann mich in einen Taumel versetzen, der fast an Wahnsinn grenzt; in Sans pareil ist gewiß so wenig Kunst als möglich, aber ich dachte doch beständig daran, daß ich in einem Garten sei, von jedem Gange wußte ich, er führt mich zu einem andern Felsen, fände ich von ohngefähr alle diese Parthien in einem Walde, o dann würden sie mich unendlich mehr entzücken, ich suchte sie dann, aber in einem Garten läuft mir die Natur gewissermaßen immer mit allen ihren Plätzen nach – und ist die Natur dann so auffallend sonderbar, wie hier, gränzt sie so sehr an’s Bizarre – dann findet bei mir wirklich kein eigentlicher Genuß der Schönheit statt. – Eine Parthie war, die mich doch ganz bezauberte, die Vulkanshöle, (alle Nahmen sind aus dem Télémaque genommen) es ist ein ordentliches kleines Thal, rundum von Felsenmassen eingeschlossen. – Ein kleines Theater ist im Garten auch im Freien angelegt, auf dem sonst gespielt ist, es ist ganz im Geschmack des Gartens, die Coulissen sind Steine, die mit vielen kleinen Steinen bunt gemacht sind, das Parterre besteht aus einer großen natürlichen Felsenhöle, die fast fürchterlich gewölbt ist, und unter der man gebückt hinaufgehn muß. – Für die Nacht und den Mondschein giebt es vielleicht nichts Schöneres, als diesen Garten, – illuminirt müßte er völlig zum Bezaubern sein. – Als wir heraustraten, schwebte noch so eben der letzte rothe Duft der untergegangenen Sonne um die Wälder, mit vielen verdorbenen Empfindungen ging ich zum Wirthshause zurück. – Das Essen war schlecht, ermüdet schlief ich desto besser.
Sonnabend. Zweiter Tag.
Das Menschchen ist ein veränderlich Ding, das ist schon eine sehr alte Sage. – Noch vor einigen Jahren, wie konnt’ ich da den Tag nicht erwarten, wenn eine Reise ausgemacht war, wie konnt’ ich mehrere Nächte nicht schlafen, wie horcht’ ich, wenn der Wagen herbeirollte, mein Herz klopfte, mir war, als müßte mich die ganze Stadt beneiden, – und jetzt bin ich gegen diese, sonst meine größte Freude so kalt. Ich erwarte ganz gelassen die Stunde der Abreise, ganz trocken überlasse ich mich der Zeit, wie sie mich von einem Orte zum andern bringen will, so sehr entzückt mich keine Gegend mehr, als in meiner Kindheit, die schönsten Blüthen der Phantasie sind bei mir schon lange abgefallen. – Am Morgen besahen wir mit dem Castellan von Sans pareil noch einmahl den Garten, es war etwas trübes Wetter, er führte uns auch in die Gebäude herum, die sehr wenig sagen wollen. – Es kommt jetzt hier in Erlangen bei Walther eine Beschreibung mit Kupferstichen von Sans pareil heraus, vielleicht können Sie sie in Berlin zu sehn bekommen. – Wir hatten uns etwas zu lange aufgehalten, und als wir zurückkamen, war unser Begleiter Meyer schon nach Culmbach, seiner Vaterstadt, abgereist. Wir ritten nun auch weiter. Die Gegend um Sans pareil ist sehr unangenehm, sie hat sehr etwas Wüstes. Allendorf, ein Dorf, liegt sehr niedlich, wir ritten recht steil hinunter, Wackenroder’s Pferd hatte ein Eisen verlohren, und mußte hier neu beschlagen werden, ein ziemlich breiter, aber nicht tiefer Bach floß durch das ganze Dorf und gab ihm ein sehr romantisches Ansehn. – Nachher war die Gegend wieder ziemlich uninteressant, wir ritten über mehrere Kalkberge, hatten bald Aussichten, bald gar keine, so kamen wir endlich auf die Chaussee nach Bayreuth. Am letzten Dorfe vor Bayreuth ist ein Garten, der Phantasie heißt. – Dies Dorf liegt äußerst schön, wie ein Amphitheater eine Anhöhe hinan gebaut, unten eine sehr große Kluft gerissen und am jenseitigen Ufer wieder einzelne Häuser. – In dieser großen Kluft eben ist der Garten angelegt, es war ein prächtiger Anblick. – Hinter diesem Dorfe steht eine alte Linde, die wirklich merkwürdig ist, ihr Stamm, glaub’ ich, hat über 20 Klaffter im Umfange. – Etwas weiter hin geht die Chaussee ziemlich bergab, Wack. Pferd war müde, und stürzte recht stark, Wack., der kein recht starker Reiter ist und dem dies eine ungewohnte Erscheinung war, fing laut an zu schreien, ich mußte noch lauter lachen. – Wir kamen nun in Bayreuth an, die Straße ist mit einer Art von Kalksteinen gepflastert, ich ritt stark und mein Pferd stürzte noch stärker, da vom Fahren mehr Stellen so glatt, wie polirt sind. – Wir kehrten im goldenen Anker ein, es wurde gerade gegessen, ich setzte mich also sogleich zu Tische. – Die Gesellschaft bestand aus lauter Offizieren und Schauspielern, die gerade dort spielten und einem französischen Grafen, der schon lange in Deutschland wohnte und den ich am ersten Tage auch immer für einen Schauspieler ansah. – Die Offiziere waren so armseelige Geschöpfe, als man nur armseelig sein kann, ihre Unterhaltung war ohngefähr die, wie man sie bei den hallischen Studenten, die recht dicke Freunde sind, antrifft wenn sie besoffen sind, – nun werden Sie gewiß die beste Idee davon haben können; schimpfen, schlagen, dummen Witz machen; keinen Funken von Verstand oder Laune, die allergemeinste Lustigkeit des Pöbels, mit einem Phlegma des Geistes und einer Faulheit des Körpers, die ordentlich eckelhaft, – sie waren im höchsten Grade preußisch, denn so rohe Offiziere trifft man gewiß unter keiner andern Armee an. Die Schauspieler waren etwas mehr genießbar. –
Nach Tische ließen wir uns frisiren und zogen uns an, dann besahen wir uns die Stadt. Sie ist etwas größer als Erlangen, fast alle Häuser sind sehr gut gebaut, wenigstens alle aus Steinen, die Stadt hat sehr viele und sehr angenehme Spatziergänge, besonders eine doppelte Allee, die um einen See herumführt. Auch die Gegend um die Stadt ist vorzüglich. – Ich erkundigte mich dann nach den Pferden und der Stallknecht versicherte mich mit der ernsthaftesten und treuherzigsten Miene von der Welt: „die Pferde sollten gewiß mit Vergnügen an Bayreuth denken.“ – Am Abend gingen wir ins Schauspiel, Hieronimus Knicker von Dittersdorf ward gerade gegeben; die Poesie des Stücks ist so, daß man auf diese Art unendliche (sogenannte) Intriguen aneinanderreihen könnte, und ein Stück so ununterbrochen ein Paar Jahr in eins fortspielen könnte. Die meisten Schauspieler spielten elend. – Am Abend war ich wieder in der fatalen Gesellschaft der Offiziere, von denen einige bald mit mir bekannter wurden, denn es ist mein Grundsatz, keine Gesellschaft ohne Ausnahme zu vermeiden oder zu fliehen, wenn ich gerade nichts bessers zu thun habe, oder nicht in einer besonders ernsthaften oder poetischen Stimmung bin, wenn man Menschen will kennen lernen, muß man sie auch sehn und hören, vom elendesten läßt sich immer noch etwas lernen, und sie ertragen zu können, gehört ja mit zu der edelsten und einzig wahren Toleranz. – Wackenroder hatte viel dagegen einzuwenden.
Sonntag. Dritter Tag.
Am Morgen ging Wackenroder zum Regierungsrath Spieß; es ist nicht der fruchtbare Schriftsteller, sondern dieser ist Theaterdichter in Prag. Er hatte Briefe von Berlin aus an ihn mitgehabt und sie ihm von Erlangen geschickt. Wir waren beide auf den Abend eingeladen. – Nun gingen wir zusammen zu einem andern Regierungsrath, dessen Namen ich nie habe behalten können, wir waren schon gestern dagewesen um einen Brief vom hiesigen Professor Mehmel abzugeben, er war nicht zu Hause gewesen und wir hatten bloß seine Töchter besuchen können: – heut war er da, er ließ sich gerade frisiren und sprach mit einem Kammersecretair. Er hatte unsern Brief schon gelesen und wir setzten uns auf’s Sopha. – Er sprach kein Wort mit uns, sondern redete fast eine Viertelstunde ununterbrochen mit seinem Kammersecretair fort. – Endlich fuhr er uns mit einemmahle an: Was Teufel, wie kommen Sie denn nach Erlangen? – (Er wußte nehmlich, daß wir Berliner waren.) – Wir entschuldigten uns so gut als möglich, da es ihm nicht recht zu sein schien, daß wir dort studierten. – Er fing wieder an, die unterbrochene Materie mit seinem Kammersecretair fortzusetzen. Er war mit Frisiren fertig und stand auf und ging an einen Schrank. Er holte eine Flasche heraus und schenkte ein Glas Liqueur ein, in der andern Hand hielt er einen guten Nürnberger Pfefferkuchen, er reichte mir beides. Ich entschuldigte mich, daß mir der Liqueur zu stark sein würde. – A was, sagte er, ein Student muß alles fressen und saufen können! – Ich trank und aß also munter und fing nun an eben so mit ihm zu reden, wie er mit mir, so genirten wir uns beide nicht. Nun wurden wir recht gut miteinander bekannt und wir sprachen sehr viel vernünftiges und dummes Zeug miteinander, denn er schien von beiden ein gleich großer Liebhaber. Der Mann war äußerst gutmüthig, er war schon sehr alt und vom Podagra und einer Menge Krankheiten geplagt, er saß auch zu viel und mochte in seiner Jugend wohl sehr lustig gewesen sein; er klagte über seine Schmerzen und machte in demselben Augenblick wieder einen Spaß. Er fragte uns ob wir nicht die Eremitage sehen wollten, (einen großen Garten bei Bayreuth) wir sagten ihm, wir hätten den Nachmittag dazu bestimmt, er und der Kammersecretair boten sich zu unsern Begleitern an, wir sollten sie nur Nachmittags abholen. Recht vertraut gingen wir von einander. – Wir hatten auch Briefe an den Hofkammerath Turnesi abzugeben, er wohnt auf dem Brandenburger, oder S. Georgen am See, eine Vorstadt, die etwas über 1/4 Stunde von Bayreuth liegt, er ist der Oberste über den Bergbau im Bayreuthschen und zugleich Direkteur des Zucht- und Irrenhauses, das auch sich auf dem Brandenburger befindet. Er war nicht zu Hause und wir gaben unsre Briefe ab und traten den Rückweg an. Von Bayreuth führt nach dem Brandenburger eine schöne Allee, gleich vor dem Bayreuthschen Thore ist ein Basrelief auf einer Säule, auf welcher sich ein Mensch befindet, der mit dem Pferde stürzt, in einer angesetzten Unterschrift liest man, daß dies ein, ich weiß nicht welches Markgrafen gewesener Kammerzwerg sei, der hier mit dem Pferde gestürzt und gestorben sei; wir lachten lange über den Ausdruck gewesener Kammerzwerg, gleichsam als wenn es nur auf den Zwerg angekommen wäre, auch Heiducke, oder Läufer, oder Flügelmann zu sein. – Nun gingen wir noch zu einem jungen Professor Boje, an den wir auch von Mehmel einen Brief hatten. Er führte uns noch in der Stadt herum, zeigte uns die öffentlichen Spatziergänge, auch in ein paar Kirchen gingen wir hinein, hinter dem Schloß ist ein großer und unangenehmer Garten. – Ich habe mich schon oft über den seltsamen Patriotismus der Leute gewundert, daß sie sich alle Mühe geben, einem den Ort, wo sie wohnen, recht reizend zu machen, geflissentlich suchen sie alles unangenehme zu verbergen, und zeigen einem Alles, von dem sie nur irgend glauben, daß es Vergnügen gewähren könne, selbst Studenten machen es so, die doch nun nicht einmal an dem Ort, den sie bewohnen einheimisch sind: jeder Tadel der Stadt, glauben diese Leute, fällt auf sie zurück, – und doch haben sie sie nicht gebaut. Allen Fremden, die ich je in Berlin herumgeführt habe, habe ich mir Mühe gegeben, Berlin recht abscheulich zu machen, – was geht mir der Ort an, wo ich geboren bin? – Bayreuth hat ein wirklich großes und prächtiges Opernhaus. – Das Wetter war nicht so recht, in Bayreuth ist es auch schon merklich kälter, als in Erlangen, wegen der nahen Berge. Recht hungrig ging ich zu Tische, mußte aber, weil es gerade erster Pfingsttag war, noch ziemlich lange warten. – Die Gesellschaft war wie gewöhnlich, die Offiziere hier sind selbst so dumm, daß sie nicht einmahl vom Kriege und von den Franzosen dumm sprechen können, was doch jetzt gewiß die meisten Offiziere und Fändrichs in der Welt thun. –
Nach Tische gingen wir zu dem alten Regierungsrath und eine hübsche Chaise erwartete uns schon, er und der Kammersecretair setzten sich ein und so fuhren wir sehr schnell nach der Eremitage, die anderthalb Stunden von der Stadt entfernt ist. Als wir da waren, regnete es und wir gingen in’s Wirthshaus und tranken Caffee. Noch in keinem einzigen Wirthshause habe ich so vortrefflichen Caffee getrunken, ja bei Reichards ausgenommen, nirgend in der ganzen weiten Welt als hier. Diese Wirthin hatte das große Arkanum aufgefunden, die feine Delikatesse, mit der der Caffee behandelt werden muß. Als es ausgeregnet hatte, gingen wir mit dem Kammersecretair in den Garten, der alte Mann mußte seiner schwachen Beine wegen Zurückbleiben. – Die Eremitage ist auf einigen sanften Hügeln angelegt, und das macht, besonders in den Thälern einige sehr schöne Parthien, auch einige Aussichten sind recht artig, einige sehr große Alleen aber sind besonders schön. Das Gewächshaus ist sehr groß und hat sehr viel fremde Pflanzen. Die Wasserwerke sind wirklich prächtig, sie gingen nur gerade nicht; an einigen Stellen springt das Wasser in unendlich vielen Bogen, die ein ordentliches Gewölbe bilden, unter welchem man in der Hitze sehr angenehm spatzieren gehen kann. – Eine Rotunda ist ganz und gar von Bayreuthischem Marmor erbaut, der weit feiner als der schlesische ist und auch eine weit schönere Politur annimmt. Die Eremitage gefiel mir, ohngeachtet der vielen Künsteleien mehr als Sans pareil, sollte ich an einem Orte leben, so würde ich jenen wählen, Wackenroder war der entgegengesetzten Meinung. – Als wir ins Wirthshaus zurückkamen, erwartete uns schon ein vortrefflicher Burgunder, den besonders ich sehr zu schätzen wußte. Der gastfreie Regierungsrath lud uns dann zum Soupé in seinem Hause ein und bedauerte es sehr, als er hörte, daß wir schon bei Spieß engagirt wären. Wir fuhren sehr schnell zur Stadt zurück und gingen dann zu Spieß. – Wir hatten eine große, brillante Gesellschaft befürchtet, aber wir hatten uns geirrt, die Leute in Bayreuth wissen besser zu genießen, es war ein kleiner Familiencirkel, seine Frau, seine Töchter, sein Sohn, ein Offizier und ein Fräulein, er selbst saß und spielte ihnen auf dem Clavier etwas vor. – Ich hatte ihn schon vor 11/2 Jahr in Berlin bei Reichardt kennen lernen und wir erneuerten jetzt unsre Bekanntschaft, er war sehr höflich, doch ohne sich und uns zu geniren, er spielte weiter und dann wurde getanzt. – Sein Sohn machte sich indeß mit mir bekannt, er war einfältig aber sehr gutmüthig und er wurde sehr zutraulich. Ich habe überhaupt gefunden, daß viele junge und alte Leute sich leicht an mich attachiren, weil es jetzt immer mein einziges Studium ist, so natürlich als möglich zu sein, nicht grob aber auch nicht blöde, keine Art von Prätension, keinen Charakter anzunehmen, das Gespräch auf nichts hinzureißen, worüber ich etwas sagen könnte, und keiner Materie auszuweichen, ich will bloßer Mensch sein. – Wackenroder hat sehr etwas Verschlossenes, keiner wagt sich an ihn so leicht und bei aller seiner Bescheidenheit hat er ein sehr imponirendes Ansehen, sehr etwas altes, weil er von je an wenig mit jungen Leuten umgegangen ist. Schlimm ist es, daß seine Solidität nicht aus Erfahrungen entstanden ist, er ist kalt und gesetzt, ohne daß dieser Charakter aus einer inneren Nothwendigkeit entstanden wäre, er ist die Ideen nicht durchgegangen, die nothwendig sind um einen reellen soliden Charakter hervorzubringen, der unerschütterlich ist, – man zeige ihm das, was er jetzt verachtet, von einer reizenden, von einer poetisch schönen Seite, und er wird schwächer sein, als die, die er itzt verachtet. Er hat von je an allen Umgang vermieden, der ihn hätte belehren können, er hat daher wirklich sehr wenig Menschenkenntniß, er haßt und verachtet, ohne sich in die Seele dessen, den seine Verachtung trifft, hineindenken zu können, Sie werden wissen, wie schädlich eine solche Erhebung über die Menschheit ist, wie sehr sie zur schrecklichsten Intoleranz führt, zum Menschenhaß. – Sagen Sie ihm aber nichts, von dieser meiner Offenherzigkeit, ich habe selbst mit ihm oft davon gesprochen, er scheint mich aber immer nicht recht zu verstehen, am wenigsten meine Behauptung: das höchste Streben müsse dahin gehn, bloßer Mensch zu sein, sich selbst keine Rolle vorzuspielen; diese Idee verwahrt wenigstens vor der fürchterlichen Einseitigkeit, mit der so viele Menschen andre Menschen unbarmherzig beurtheilen: so versteh’ ich jetzt den Ausdruck der Stoiker: der Natur gemäß leben und die Lehre Christi: seid frölich mit den Frölichen und traurig mit den Traurigen; – Seid human, ein Wort, was sehr schön, alles das in sich faßt. – Doch, o verzeihen Sie, – aber Sie werden mich gewiß verstanden haben. – Der Offizier begleitete das Fräulein zu Hause und wir setzten uns zu Tische. Schon während dem Essen kamen eine Menge junger sehr hübscher Mädchen, die neugierig waren, uns zu sehn, sie setzten sich um uns her, ohne mitzuessen. – Nach Tische wurde wieder gespielt und gesungen und Spieß und seine Frau verließen uns, um uns nicht im mindesten zu geniren. Erst wurde getanzt, gesprochen, gelacht, – noch ein junger Mann (Commissair, Secretair, Kriegsrath, weiß der liebe Gott was er war, genug, er war sehr dumm) hatte sich noch zu uns gesellt. Das Pfeifchenspiel ward vorgeschlagen. Ich und Wackenroder waren neugierig das Spiel kennen zu lernen. Wenn Sie es nicht kennen, so will ich es Ihnen doch beschreiben, denn es ist wirklich sehr witzig und Sie können vielleicht eine Gesellschaft dadurch amüsiren. Man brachte eine kleine Pfeife, an die ein seidenes Band gebunden war. Eine Dame verband mir die Augen, indeß das Pfeifchen herumgegeben ward, und nun ausgemacht, es sollte jemand pfeifen, entdeckte ich, wer es gewesen wäre, so käme er dann an meine Stelle. Man nahm mir die Binde von den Augen, die Damen hatten einen sehr engen Kreis um mich geschlossen. Plötzlich höre ich hinter mir pfeifen, ich kehre mich um, kann aber nicht entdecken, wer es gewesen ist, indem ich mich noch umsehen will, pfeift man wieder hinter mir, man lacht, ich kehre mich um, lasse mir von dem einen Mädchen ihre Hände weisen, finde aber nichts. Wieder hinter mir gepfiffen! und so ging es mehrmals fort, so daß ich die Schnelligkeit gar nicht begreifen kann, mit der die Pfeife von einem Ende des Kreises bis zum andern läuft. – Endlich entdeck’ ich die Pfeife, – und zwar auf meinem Rücken an einem meiner Rockknöpfe gebunden, so daß immer sogleich ein andrer, indem ich mich umkehrte, pfeifen konnte. Alle lachten und man erzählte mir, daß man Leute, die etwas dumm wären, wohl über eine Stunde damit hinhalten könnte, ehe sie den Spaß merken. Der obenerwähnte Herr trat sehr treuherzig hinzu und versicherte äußerst naiv: mit ihm hätt’ es über zwei Stunden gedauert, ehe er es inne geworden wäre. – Ein Offizier war auch noch hinzugekommen und nun ward ein Spiel mit einem Plumpsack gespielt, wobei man immer laufen mußte und wobei ich vom Offizier einigemahl tüchtige Schläge bekam. – Wir waren nun alle untereinander sehr vertraut, als hätten wir uns schon einige Jahre gekannt, mir war ganz so zu Muthe, wie sonst in Berlin im Reichardtschen Hause. Sehr spät kam der H. Spieß im Schlafrock wieder zurück, es ward noch einmahl gespielt und getanzt und dann nahmen wir unsern Abschied. – Es war ein prächtiger sehr empfindsamer Mondschein, ich begleitete noch einige von den Damen nach Hause, dann gingen wir ins Wirthshaus zurück, wo wir alles erst aufwecken mußten um einschlafen zu können, denn es war schon sehr spät. –
Mondtag. Vierter Tag.
Ich weiß nicht, ob meine Schwester Ihnen einen Brief von mir gezeigt hat, worin ich ihr ganz kurz meine Reise von Berlin hieher erzählte, ich hatte es ihr im Briefe wenigstens aufgetragen. – Schon am vorigen Tage hatte uns Turnesi am heutigen Vormittage zu sich einladen lassen, wir gingen nun hin und lachten von neuem, als wir an das Denkmahl des gewesenen Kammerzwerges kamen. Wir kamen noch zu früh an, Turnesi war noch nicht angezogen, und er wollte uns nicht so empfangen. – Indeß besahen wir mit dem Factor die schöne Sammlung von Marmorsachen, welche alle die Bewohner des Zuchthauses poliren müssen. Dann gingen wir auch in das Irrenhaus. Wackenroder äußerte gar keine Lust, auch ich fürchtete mich, denn ich weiß, was ein solcher Anblick auf schwache Nerven wirken kann, ich erinnerte mich auch, was ähnliche Schauspiele schon sonst bei mir gewirkt hatten: aber es ist mein Grundsatz, keiner meiner Schwächen nachzugeben, bloß der Vernunft zu gehorchen und man muß wirklich die Menschheit bis dahin verfolgen, wo sie unkenntlich wird, in keinem Gewande muß man den Bruder verschmähen: freilich ist ein armer Verrückter kein Kunstwerk, wo ich einen angenehmen Genuß meines Kunstgefühls hoffen kann, – aber kein Mensch muß eine solche Einseitigkeit an sich toleriren, sonst kömmt man am Ende dahin, daß man keinem Elenden helfen kann, weil man vom Anblick seines Elends vor lauter Empfindsamkeit in Ohnmacht fallen würde: Man geht ihm daher meilenweit aus dem Wege und klagt und seufzt dafür. Diese Schwäche gehört gewiß zur fatalsten Corruption unsers Zeitalters, man mag sagen, was man will, die Vernunft kann alles über den Menschen, und unsre Vernunft weiß uns keine andre Bestimmung zu geben – als das Glück andrer und dann das unsre zu befördern. – (N. B. Haben Sie schon die Anna St. Ives gelesen? – Moritz hat es übersetzt, o das ist ein vortreffliches Buch, ich bitte Sie recht sehr, verschaffen Sie es doch meiner Schwester, denn sie wird itzt recht großen Mangel an Büchern leiden.) Meine Furcht war aber auch ganz unnütz gewesen, die Leute waren ganz leidlich, kein Rasender, Toller oder Wahnsinniger selbst war da, sie waren alle bloß verrückt, und zwar so wenig, daß man weit bessere in den glänzendsten Cirkeln findet, denn von allen diesen Leuten ist es doch noch keinem einzigen eingefallen zu behaupten, das große angränzende Haus wäre auch das ihrige, weil sie gerade im Irrenhause wohnten, oder daß man eine Republik dadurch garantiren könne, indem man sie zum Theil einer unumschränkten Monarchie mache. – Wir gingen zurück und Turnesi empfing uns. Es ist ein sehr feiner und gebildeter Mann, er behandelte uns mit der größten Artigkeit. Er hat viel Aehnlichkeit mit Reinhold in Jena. Er hörte, daß wir benachbarte Bergwerke besuchen wollten und er versprach uns Briefe an Bergmeister mitzugeben. Mit Wackenroder sprach er auch viel von Mineralien und dem Bergbau und ich that auch immer, als verständ’ ich alles. – (Ich habe aber auf dieser Reise vieles von diesen Geschichten gelernt.) Das wichtigste aber war, daß er uns ganz vortrefflichen Malaga vorsetzte, der so öhligt und dabei so stark war, wie ich ihn noch nie getrunken habe. Wir blieben bis gegen Mittag bei ihm und es war Zeit, daß wir gingen, ich hatte viel getrunken und der Wein war mir so sehr in den Kopf gestiegen, daß ich im Begriff stand, lauter dummes Zeug zu sprechen und in dem Zimmer wie ein toller Mensch herumzuspringen. – Als wir aus dem Hause waren, ließ ich meinem Gelüste völlige Freiheit, ich prügelte Wackenroder, ich sprang herum und lachte am Thor lauter als je über den gewesenen Kammerzwerg. – Bei Tische in der amüsanten Gesellschaft trank ich noch Franzwein darauf, um mich recht lustig zu machen.
Wir hatten es mit Boje und dem jungen Spieß ausgemacht, Nachmittags nach der Phantasie zu reiten. Wir sprengten also durch die Stadt hindurch und mein Pferd stürzte mehrmals. Aber wenn ich etwas viel Wein getrunken habe, habe ich immer doppelte Courage, und besonders an diesem Tage, ich hätte die steilsten Berge hinuntergaloppirt! – Vor dem Thore ritt ich gar nicht anders, als den stärksten Carriere. Wackenroder war einigemahl in großer Angst, – so kamen wir in einigen Minuten in Phantasie an. – Wir besahen sogleich den Garten, der einige sehr angenehme Parthien hat; wenn man unten in der Kluft ist, macht besonders das amphitheatralisch gebaute Dorf einen äußerst angenehmen Prospekt. Dann tranken wir Caffee und sahen im Wirthshause tanzen. Dann ward nach der Stadt zurückgeritten. – Wir nahmen bei Spieß und dem alten Rath Abschied (denn auf morgen war unsre Abreise festgesetzt,) und gingen dann in die Komödie, wo Clara von Hoheneichen gespielt ward. Aeußerst armseelig. (Wir haben seit 4 Wochen dieselbe Truppe in Erlangen.) Die Damen weinten über die arme Clara und den kläglichen, unmännlichen Adelungen nicht wenig, ich lachte fast noch mehr, besonders da ich bei einigen Stellen erst recht hineingekommen war. – Den Bruno spielte einer der sehr schnatterte, Sie werden wissen, daß Adelung verstellterweise frei gelassen wird und von Bruno wieder in’s Gefängniß zurückgebracht. – Als der Landgraf diese Nachricht erhält, frägt er: Und was sagte Adelung? Bruno antwortet: – Nichts, aber er knirschte mit den Zähnen, vorzüglich da er hörte, u.s.w. – Der Bayreuther Bruno aber antwortete: „Nichts, sondern er knirschte so vorzüglich mit den Zähnen,“ – und nun verwickelte er sich in einen langen selbstgemachten Nachsatz, ich mußte immer wieder von neuem lachen, so oft ich an diese Idee dachte, daß der Adelung ein so besonders großer Virtuose im Zähneknirschen sei. – Den Ullo spielte einer ganz im Bayrischen Dialect und ich mußte lachen, so oft er nur auftrat, – besonders in der Scene, in welcher sie den unterirdischen Gang entdecken, wo er mit dem Mauerwerk auf dem Theater umfiel und laut schrie: Was Deuwel! – Nach der Komödie war ich wieder in meiner amüsanten Tischgesellschaft, heute machte sich zu guter Letzt noch der französische Graf an mich. Wir kamen bald auf die Revolution und den Krieg zu sprechen, – er war sehr witzig; bei seiner Schilderung der Fürsten (er kannte einige persönlich) mußte man ununterbrochen lachen. Wir wurden immer vertrauter miteinander, seine Grundsätze neigten sich nach und nach immer mehr zur Freiheit und Gleichheit und am Ende fand ich, daß er selbst ziemlich jakobinische Ideen habe. – Er mußte sehr lange keinen erträglichen Menschen zum Sprechen gefunden haben, denn seine Beredtsamkeit war unaufhaltsam, Wackenroder war aber sehr müde und so gingen wir endlich auf unser Zimmer. Ich blieb noch auf um einzupacken. – Gewiß sind aber mehr Freiheitsmenschen oder Jakobiner in Deutschland als man glaubt, sie maskiren sich nur sehr, denn diesen hatte ich vorher für stupide gehalten und ich fand einen feinen und sehr gescheuten Mann an ihm, und bedauerte es, daß ich mich nicht schon vorher der übrigen Gesellschaft wegen an ihm schadlos gehalten hatte. – (A propos, haben Sie denn das erbärmliche Zeug gelesen, was Eberhard neulich für Bürger und Bürgerinnen geschrieben hat? –)
Dienstag. Fünfter Tag.
O was müssen Sie in Berlin unglücklich sein, d. h. wie sehr würde ich dort unglücklich sein! Nichts als Land, unfruchtbare Ebenen, wo einen der Sonnenschein im Thiergarten schon in Entzücken setzen muß, man mag wollen oder nicht, denn das ist das schönste, was man sehen kann. Doch, ich will Ihnen Ihr Berlin nicht noch mehr ver-...
[...]
... Ich ging nun wieder spatzieren und zwar nach der entgegengesetzt liegenden kleinen Vorstadt, wo man Hörner bließ. Es war wirklich göttlich! – O wie simpel, wie vor uns liegend sind die herrlichsten Genüsse und wir suchen sie auf großen mühevollen Umwegen - und können endlich der Mühseligkeit wegen den Genuß gar nicht empfinden. - Wie kann mich der Klang eines Waldhornes durch die stille, monderhellte Nacht bezaubern! Dann ist es mir, als könnte ich die Geister sehen, die der wunderbare Ton aus den Wolken zieht und die über der Ferne schweben; die Vergangenheit und Zukunft steht oft vor mir, ich werde aus mir selbst hinausgezaubert! und wie kalt, wie Eichen unempfindlich bin ich in unsern gekünstelten Concerts! – Ich setzte mich auf einen einsamen Stein und hörte mit der größten Andacht zu, bis die Musik in der nächtlichen Stille abstarb; dann ging ich wieder zu meiner Marmorbrücke. – Manche von den Betrunkenen, die mir entgegenkamen, müssen mich im wunderbaren Mondschein für ein Gespenst oder so etwas ansehn, denn sie standen oft sehr bedenklich still, ich ging mit bloßem Kopf, in meinem kurzen, fremdartigen Ueberrock, mit ineinandergeschlagenen Armen sehr langsam und meine Sporen warfen zuweilen einen sehr sonderbaren Schein, – man sah mir dann immer sehr lange nach und ich gab mir auch bei einigen gar keine Mühe, sie aus ihrem Irrthum zu ziehen. – So ging ich sehr lange hin und her, besuchte dann das Wirthshaus und wieder die Brücke, – bis es nach ein Uhr war, dann legte ich mich schlafen. – Kaum aber war ich eingeschlafen, so fing erst die Musik unter mir recht eigentlich an, man hatte nun erst große Pauken und Becken geholt, und so oft diese sich hören ließen, zitterte das ganze Haus. So konnte ich in der ganzen Nacht kaum einige Minuten schlafen, es war ein schrecklicher Lärmen, der mir aber gar nicht unangenehm war: mitunter wollte man sich wieder prügeln, man zankte sich wenigstens sehr und schlug laut auf den Tisch; die arme Bürgerwehr mag dabei ihre Noth gehabt haben. – Gegen Morgen, als wir aufstanden, war es etwas ruhiger geworden.
Mittwoch. Sechster Tag.
So eben sehe ich meinen Brief noch einmahl durch und erschrecke selbst über die Menge von Nichts, das ich Ihnen mit der möglichst größten Weitschweifigkeit erzähle, ich bin so von ungefähr hineingekommen, ohne selbst zu wissen wie. Verzeihen Sie also und erinnern Sie sich daran, daß Sie einmahl von mir forderten, Ihnen auch selbst Kleinigkeiten zu schreiben, damit Sie nur recht lange Briefe von mir erhielten. Wenn Sie übrigens die Specialkarte von Bayreuth nehmen, und mir dann immer genau folgen, so kann Ihnen unsre Reise doch vielleicht einiges Vergnügen machen. – Der Bergmeister kam ziemlich früh, und wir ritten durch dieselbe Vorstadt hindurch, wo ich gestern die schönen Hörner gehört hatte. Jetzt war alles still und ruhig, das Wetter war sehr trübe und es regnete sogar etwas, wie verschieden erschienen mir nun die Häuser vom gestrigen Abend. – Durch meine Märsche war ich mit Naila und seinen Straßen, fast allen Häusern ganz außerordentlich bekannt geworden. – Wir kamen in eine ziemlich uninteressante Gegend; das Wetter ward immer unangenehmer, ein kalter, schneidender kleiner Regen trieb uns entgegen, ein feuchter Nebel stieg aus den Bergen und Wäldern auf. – Die Wege waren sehr häßlich, enge, unbequeme Steinstraßen, wo es oft mit einem Wagen zu fahren, gar nicht möglich gewesen wäre. – Wir ritten über Klingensporn und dann über Isigen, hinter dem letztern Ort fror ich, wie man nur im Winter frieren kann. Das Wetter ward immer schrecklicher, die Wolken hingen so dicht über die Erde, daß wir oft mitten hindurch ritten und kaum einige Schritte um uns sehen konnten. – Ich habe an diesem Tage bemerkt, daß die Wolken, die sich von den Bergen und aus den Wäldern aufheben, zuweilen die Gestalt des Waldes oder Berges bekommen, beim stillen Wetter könnten sie dann als Wolken diese Form behalten und so könnte ich es mir dann erklären, wie ich oft in der Gegend von Bergen Wolken gesehn habe, gerade in der Gestalt wie die naheliegenden Berge. – Wir konnten nur langsam reiten und ich fror um so mehr, eine Chaise, die ich bei diesem Wetter einen Berg hinauffahren sah, machte auf mich einen sehr abentheuerlichen Eindruck. – Wir kamen dicht an die sächsische Gränze, man konnte sogar in Sachsen hineinsehen (die Saale trennt hier Sachsen und Bayreuth), endlich ritten wir durch Kumblos, und hinter diesem Dorfe liegt das Bergwerk, Gottesgab, das wir besehn wollten. – Wir stiegen in der Hütte des Steigers ab, und wärmten uns an dem Ofen einige Zeit, denn ich war so steif gefroren, daß ich meine Hände und Füße gar nicht brauchen konnte. Indeß waren Bergmannskleider herbeigeschafft und wir zogen uns an. Wackenroder und ich sahen gar possierlich aus mit dem Schurzfelle, der Bergmannsjacke und dem Schachthute. Der Steiger nahm Lichter und ein brennendes Stück Kien und so gings zum Bergwerk hin. Uns ward jedem ein Licht gegeben, das wir auf den Hut steckten, und nun fingen wir an hinunterzusteigen. – Ich fand mich sehr bald in diesem Klettern. Die Leitern gingen ganz senkrecht, zuweilen gar etwas überhängend und es war höchst sonderbar unter mir das Licht von den Kletternden und über mir das vom hinabsteigenden Bergmeister zu sehn. Zuweilen war die Sprosse der Leiter dicht an dem Berg, so daß man nur so eben mit der Spitze des Fußes darauf treten und sich dann nur mit den Fingerspitzen wieder halten konnte. – Was aber manche Leute, Sie werden gewiß auch schon so etwas gelesen haben, von dem Schauderhaften, von dem Zittern und Zagen beim Einfahren in den Schacht schreiben, davon hab’ ich auch nicht das mindeste empfunden. Es war gefährlich, das ist wahr, wenn man die Hand fahren ließ, aber auch wie wir unten waren, war ich ganz kaltblütig. Ich mag das gar nicht einmahl Muth nennen, denn der gehört dazu nicht, ich glaube nur Leute von einer magern kleinen Phantasie können hier schaudern und zittern, die hier mit einemmahle durch die Wirklichkeit ihre fürchterlichsten Vorstellungen noch übertroffen finden; ich aber bin mit meiner Einbildungskraft an weit schrecklichern Orten einheimisch, so daß ich noch nirgend eine Erreichung meiner Vorstellungen gefunden habe, und das machte es wohl, daß ich an den meisten sogenannten gefährlichen und fürchterlichen Orten so kalt bin. Erst einmahl habe ich in meinem Leben geschwindelt, als ich nämlich auf den äußersten Klippen des Roßtrappes herunterkletterte, wo wahrscheinlich vor mir noch wenig Menschen gegangen...
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... suchte, daß er sich aus hundert Kleinigkeiten etwas Verdächtiges zusammensuchte, sogar ein kleiner Stock, den ich hatte, trug für ihn dazu bei, auch daß Wackenroder schon reiste, da er erst auf Ostern in Erlangen angekommen war, mißfiel ihm, zu seinen Zeiten sei es nicht so gewesen: ich gab ihm dagegen zu verstehen, er möchte auch wohl auf einer sehr lumpigen Universität studirt haben. So schieden wir in völligem Bruch, ich, mit dem festen Entschluß zurück zu reisen. – Wir ritten nach dem Posthause, um dort zu essen. Der alte Mann wollte uns nicht verlassen, er meinte, er müsse uns erst wieder über die Gränze bringen, er könnte sich nicht eher zufrieden geben, er blieb also auch da, und aß mit uns. Ich ließ, aus Spaß, ungarischen Wein bringen, der hier sehr wohlfeil ist, er hatte denn doch etwas den Geschmack davon, ob es gleich freilich nicht ganz richtiger Tokayer wäre. Der alte Mann hatte mit uns so geheimnißvoll gegen die Leute gethan, als wenn wir ausgemachte Spitzbuben wären, sie sahen uns daher immer sehr von der Seite an, bis ich ihnen die ganze Geschichte erzählte.
Das Wetter war noch immer sehr schlecht, man schlug uns vor, daß wir sehr bequem einen Laufpaß bis Carlsbad erhalten könnten, und so ungestört reisen, der alte Mann war äußerst dienstfertig, ihn uns zu verschaffen, da er mit uns gegessen hatte; aber wir sahen das Wetter an, überlegten den ziemlich weiten Weg und dann den noch weiteren Rückweg, kurz, wir entschlossen uns, noch heut nach Wunsiedel zu reiten, welches nur 2 Stunden von Asch ist und wohin wir auch Briefe hatten. Der alte Mann mußte uns also aus einem andern Thor über die Gränze bringen und wir mußten ihm für seine Mühe noch Geld obendrein geben. – Kaum waren wir wieder auf deutschem Boden, so wurde auch sogleich das Wetter etwas besser, es hörte nach und nach auf zu regnen, mitunter fing die Sonne sogar etwas zu scheinen an. Auf der Gränze hatten wir unsre Matrikeln endlich wieder erhalten. Wir kamen durch den Flecken Selb, er ist so abscheulich gepflastert, daß wir fast mitten im Ort mit den Pferden den Hals gebrochen hätten, ich habe bis itzt noch kein Pflaster in der ganzen Welt gesehn, welches seine Bestimmung so wenig erfüllte; der eine Stein stand gerade in die Höhe, dicht daneben ein tiefes Loch, dann wieder die Steine übereinander gepackt, kurz, ein solch Pflaster läßt sich besser fühlen als beschreiben, wie so manches in der Welt; nur weiß ich, daß die Wege hier in der Stadt schlechter und gefährlicher waren, als wir sie noch bis itzt auf der ganzen Reise gefunden hatten. – Hinter Selb ward das Wetter und die Gegend viel angenehmer. – Wir kamen endlich durch einen sehr angenehmen kleinen einsamen Wald, in welchen der Weg über mehrere Hügel führte. Am Ende des Waldes hatten wir eine sehr angenehme Aussicht, zugleich aber auch 2 Wege, die ganz gleiche Physionomie hatten und von denen wir nicht wußten, welchen wir nehmen sollten. Zum Glück begegnete uns ein Mann mit einigen Ochsen, wir mußten über Höstädt reiten, ich ging also auf ihn zu, und fragte ihn, indem ich auf den Weg links zeigte: Geht hier der Weg nach Höstädt? – I Gottbewahre! – Nun, wo ist denn der Weg? – Ja, der ist weit anders. – Ist es etwa der hier rechts? – Ja, der Weg geht auch nach Höstädt. – Ist denn noch ein andrer Weg? – Ne! – Solche sonderbare Menschen haben wir unterwegs mehrere gefunden. – Wir ritten itzt über eine schöne Ebene, ringsum von Bergen und Wäldern eingeschlossen, vor uns lag eine alte Burg mit ihren Ruinen sehr ehrwürdig und romantisch auf einem Berge. – Wir kamen bald in Thierstein, einem Dorfe an. Schon in Bayreuth waren wir von Turnesi auf dieses Dorf aufmerksam gemacht, denn hier ist vielleicht in Deutschland die einzige Stelle, wo es Gliederbasalt giebt, die großen Wälder von Basaltsäulen in Schottland werden Sie wohl kennen; noch mehr vergrößerte unsre Lust hier abzusteigen, eine prächtige alte Burg, die auf dem Rücken des Basaltberges lag. – Wir gingen vom Wirthshause sogleich dahin. – Oben auf dem Berge hat man eine schöne Aussicht über viele Wiesen und in’s Dorf hinab, die Basaltsäulen hier sind sehr merkwürdig, manche sind ziemlich groß, vollkommen ausgebildete Steinkristalle. Die alte Veste ist sehr groß und majestätisch. – Wir ritten sehr bald weiter, das Wetter war nun vollkommen gut und hell, am Abend kamen wir in Wunsiedel an. Die Stadt ist klein, ein Theil der Häuser liegt auf einer Anhöhe, sie hat drinnen ein etwas sonderbares Aussehn. – Wir gaben unsern Brief aus Erlangen beim Bürgermeister Schmidt ab, ein korpulenter, langweiliger Mann; dann gaben wir Turnesi’s Brief beim Bergmeister ab, er war nicht zu Hause, besuchte uns aber gleich nachher in unserm Wirthshause, bat uns am folgenden Tage zu sich zu Tische und machte eine kleine Reise nach Arzberg und den umliegenden Gegenden richtig.
Freitag. Achter Tag.
Sie werden gewiß sich der Stelle im Werther erinnern, wo von der Sucht des Menschen zur Beschränktheit und von seiner Neigung zum Herumschweifen die Rede ist, wie wahr ist diese Stelle und alles übrige im Werther! Auch in Göthens Faust finden sich darüber vortreffliche Gedanken, vielleicht haben wenig Menschen darüber so auffallende Erfahrungen an sich gemacht, als ich. – Wie reizend ist die Idee, in einem kleinen schönen Thal, der Welt und ihren Armseligkeiten abgestorben, zu leben, mit einem Freund am Herzen, der Ruhe im Busen, mit jeder Staude, mit jedem Hügel vertraut zu werden, in einer glücklichen Beschränktheit die Wünsche und Gedanken sich in einem kleinen Zirkel um einen Mittelpunkt drehen zu lassen, – und dann wieder, sich in die Welt, ihre Freuden und Leiden hineinzustürzen! Allen möglichen Genuß zu durchlaufen, die Erde und ihre Schätze zu umschweifen! – – Als ich erwachte, fand ich mein Gemüthe in einer sehr faulen Stimmung, ich hatte nicht im mindesten Lust, die Reisen mitzumachen, ich ließ also Wackenroder fortgehn und schlief noch, nach und nach stand ich auf und ging ein wenig spatzieren. – Die Gegend um Wunsiedel ist gar nicht besonders schön, öde etwas, (nur werden Sie glauben, daß ich meinen Maaßstab von einer schönen Gegend sehr geändert habe, für Berlin und 10 Meilen in die Runde wäre sie gewiß ein Paradies) dann aß ich auf den Mittag beim Bergmeister.
Am Nachmittag ging ich wieder spatzieren. Die Gegend ist um Wunsiedel sehr kalt, die Bäume blühten hier erst, manche hatten kaum erst junges Laub bekommen. Wackenroder war mit dem Bergmeister nach Arzberg und den umliegenden Gegenden geritten. – Auch ich ritt spatzieren, nur eine Viertelmeile weit, nach einem Brunnen bei Wunsiedel, wo für die Brunnengäste sehr gute und bequeme Wohnungen gebaut sind, jetzt aber waren keine Gäste da. Ich ritt bald wieder zurück und spatzierte zu Fuß. Auf einem Berg bei Wunsiedel liegt eine Capelle, oder was es gewesen sein mag, von dort hat man eine sehr schöne, weite Aussicht; hinter Wunsiedel ist eine Gegend, die einige Aehnlichkeit mit der Hölle bei Caila hat, eben so liegen dort große Felsenstücke verwirrt durcheinander einen Berg hinauf, es giebt der Gegend dorthin ein sehr wildes, trauriges Ansehn. – Gegen Abend ging ich zurück, mir war am Tage über die Zeit etwas lang geworden, es gereute mich itzt, daß ich das Arzberger Bergwerk nicht mit besucht hatte. – Wackenroder kam zurück, wir aßen und schliefen.
Sonnabend. Neunter Tag.
Auf einer Reise gehört es mit zu den interessantesten Gegenständen, zu sehen, wie ein Ding, das wir erwarteten, unsrer Erwartung entspricht, oder sie übertrifft, oder tief unter ihr bleibt. Nichts ist so, wie wir es uns vorgestellt haben; worauf wir oft mit zitternder Sehnsucht gehofft haben, besehen wir kalt und ohne Rührung, der blendende Sonnenschein, das entzückende Wunderbare fehlt, womit unsre Phantasie uns lockte. Eben so ist die Erinnerung einer schönen Gegend meistens ein weit reinerer Genuß, als der Augenblick des Genusses selbst; in dieser Rücksicht ist der Mensch ein unglückliches Wesen, er hofft, er hascht nach Genuß, im Genießen fühlt er sich getäuscht, die Fibern seines Gefühls sind erschlafft, die frischen Farben in der Natur fehlen, er hofft im Genuß auf einen Genuß und erinnert sich seiner Freuden mit einer verschönernden Täuschung, die ihn in eine trübe Wehmuth versetzt. – Der Bürgermeister in Wunsiedel hatte uns einen Bothen empfohlen, der auf dem Fichtelberge sehr gut zurecht zu finden wußte, denn Wunsiedel liegt nahe beim Fichtelberg, und dieses Gebirge zu sehen, war eigentlich die Hauptabsicht unsrer Reise gewesen. – Dieser Bothe holte uns schon sehr früh ab. Es war anfangs nebligt und ziemlich kalt, nur an einzelnen Stellen brachen die Sonnenstrahlen durch und malten helle Streifen schön und romantisch in die finstre Landschaft. Wir kamen in Leupoldsdorf an. – Hier wollten wir einen Hammer besehn und trafen einen Mann an, der uns sogleich selbst mit einer trockenen Höflichkeit herumführte, nachher führte er uns auch auf seine Stube und nun erfuhren wir, daß er Commerzienrath und Besitzer des Hammerwerkes sei, wir hörten seinen Nahmen und erfuhren auch, er sei ein Vetter von einem andern Commerzienrath in Bischofsgrün, an den wir von Turnesi einen Brief hatten. Er war sehr höflich, und war es gleich anfangs, ehe er uns kannte, wie denn überhaupt der Charakter der Leute in der hiesigen Gegend vortrefflich ist, man geht hier noch recht patriarchalisch mit einander um. Er traktirte uns mit einem vortrefflichen Schnaps, der uns in der Kälte sehr gut bekam; als wir wegritten, gab er uns auch ein Fernrohr mit, um uns auf der Spitze des Gebirges recht umsehn zu können. – Wir ritten nun weiter und eine Anhöhe hinan, wenn man dort zurücksieht, hat man eine außerordentlich schöne Aussicht. Das Wetter war nun hell und warm geworden; man sah über eine große, grüne Fläche hinweg, mit Bergen und Wäldern besetzt, im Thal unten zwei hellglänzende Seen, an dem einen äußerst mahlerisch Leupoldsdorf, mit krausen Büschen umzäunt, – dabei hatte die Gegend etwas Einsames, düster Melancholisches, die so nahe liegenden Fichtelberge gaben der Gegend ein ernsthaftes, selbst majestätisches Ansehn. – Der Fichtelberg fing nun mit einem schönen Buchenwald an, die Sonne schien morgendlich hinein, jedes Blatt funkelte, die Vögel sangen, die Wiesen dufteten, – dabei die Empfindung der abentheuerlichen Gegend, das Einsame – es war ein göttlicher Morgen! – So wie wir höher kamen, sahen wir zuweilen durch die Bäume die Schönheiten einer fast unermeßlichen Landschaft, die dann im Augenblick wieder unsern Augen entzogen wurden. – Wir merkten bald, daß unser Bothe nicht ganz so gut Bescheid wußte, als man von ihm gerühmt hatte, denn er versuchte bald diesen, bald jenen Weg, aber keiner war ganz nach seinem Geschmack, wir bekamen zwar dabei sehr interessante Waldpartien zu sehn, allein da wir bedachten, daß man in einem so großen Walde leicht einen ganzen Tag herumreiten kann, ohne herauszufinden, war es uns doch unangenehm. Einigemahl kamen wir auf Wege, die wirklich gefährlich waren, es waren eigentliche Steintreppen, die wir mit den Pferden hinaufstiegen. Bald ritten wir rechts, bald links, bald bergunter, bald wieder bergauf. Endlich geriethen wir gar auf einen Weg, der sumpfig war, die Pferde fielen zuweilen recht tief hinein, es ward noch ärger, der Weg war vordem ein Knüppeldamm gewesen, einzelne Stämme steckten in dem Morast, darauf traten die Pferde zuweilen, und stolperten dann gewaltig wieder in den Sumpf vorwärts hinüber, besonders mein großer Rappe, es war im eigentlichsten Verstande halsbrechend; oft sanken die Pferde bis an die Brust in den Koth. Ich wurde auf den Wegweiser sehr böse, denn in einem Sumpf den Hals zu brechen ist zu einem solchen Spaß gerade der unangenehmste Ort von allen. Endlich konnten die Pferde wieder festen Fuß fassen, wir standen in einem kleinen Thal, von Felsenstücken und dichtem Walde ringsum eingeschlossen, der Weg ging nicht weiter mit. Der Wegweiser, wir und die Pferde sahen sich verdrüßlich um, ich sagte unserm Bothen: Lieber Freund, weißt er allen Leuten so den Weg? – Oh ne! – Wir sind ganz verirrt. – Ja wohl, das ist das erstemal in meinem Leben. – In dem verfluchten Wege muß man ja den Hals brechen. – Ja freilich. – Was werden wir denn nun anfangen? – Das weiß Gott. – Wir müssen wieder zurück! – Ja wohl. – Und alles das mit der größten philosophischen Kälte; so böse ich war, mußte ich doch über den sonderbaren Menschen lachen. Da wir aber beide nicht Lust hatten, unsern Hals noch einmal beim Rückwege zu wagen, so stiegen wir ab, und gaben dem Bothen die Pferde zu führen, so konnten sie sich besser auf den Beinen erhalten, und stürzten sie ja, so stürzten wir doch nicht mit, ein Egoismus, der ganz natürlich und vernünftig ist. – Wir kamen durch den Weg weiter zurück, wo ich einigemale auf einem Seitenfußsteige bis an die Knie in den Sumpf sank, auf einer kleinen, waldumschlossenen Ebene machten wir wieder Halt und hielten großen Kriegsrath, der Bothe bat uns förmlich um Verzeihung und ging in den Wald um einen Ausweg zu suchen. – Unsre Situation war äußerst abentheuerlich, ich saß auf einem Stein, die Pferde grasten nach ihrer Strapaze, Wackenroder saß neben mir, ein todter, stiller Wald war um uns her, die ganze Natur wie ausgestorben, kein Laut, so weit unser Ohr reichte, – und das alles ziemlich tief in den unbewohnten, menschenleeren Fichtelbergen. Ich schlug ganz leise mit meinem Stock auf einen Stein, und es dröhnte tief das Thal und den Wald hinab und gab ein lautes Echo. Ich hätte viele Stunden mit Vergnügen so dasitzen können, einzelne zerstreute Felsenstücke um mich her, machten das Ganze noch wilder und abentheuerlicher. Der Bothe hatte einen Weg entdeckt, wir stiegen zu Pferde und ritten ihn, so gut wir konnten, denn höchst wahrscheinlich hat da noch kein Mensch geritten, höchst wahrscheinlich ist da noch kein Pferd geritten worden und zu wünschen ist, daß hier nie in der Folgezeit Niemand unser Beispiel nachahmen möge. – Wir ritten immer bergan, besonders merkwürdig war mir eine ganz steile Treppe von lauter abgebrochenen Klippen, wo wahrscheinlich sich irgend einmal ein Waldstrom in voller Wuth herabgeworfen hatte, – hier ward es den Pferden sehr sauer, und ich machte mich in jedem Augenblick gefaßt, meinen theuern Hals zu brechen, – auch über diese Gefährlichkeit hat uns der Herr geholfen, welches aber auch nicht mehr als seine Schuldigkeit war, da er ja auch die infame Treppe gemacht hatte. – Wir ritten noch lange Zeit und kamen an eine verschüttete Zinngrube, fast auf dem Gipfel eines Berges, an eine kleine, einsame Hütte, in welcher die Leute wohnten, die ehedem in dieser Zinngrube gearbeitet hatten. – Hier ist ein vortreffliches Zinn gewonnen worden, fast so gut, wie das Englische, da aber der Bergbau hier im Bayreuthischen nicht genug befördert wird, so ist sie leider ganz eingegangen. Ich habe es schon oft in sehr alten Büchern gelesen, es ist auch schon eine alte Volkstradition, daß der, der sich darauf verstehe, in den Fichtelbergen viele Arten von Edelsteinen finden könne, – dies soll, wie ich wieder in Bayreuth für ganz gewiß hörte, nichts weniger als ein Mährchen sein, – fast alle Jahre sollen Italiener, die mit Hecheln, Mäusefallen u.s.w. herumgehn, sich in den Fichtelbergen herumtreiben, sich Schachten in die Erde machen, und mit vielen Steinen bepackt zurückgehn. (Spieß hat hierauf einen seiner neusten und abgeschmacktesten Romane gegründet: der Mäusefall- und Hechelkrämer. Kennen Sie das Zeug? – Die Gegenden des Fichtelberges, die er aus der Phantasie beschreibt, sind dort gar nicht zu haben.) In dieser Hütte stiegen wir ab, weil wir hier einen andern Bothen bekommen sollten, uns in den Bergen selbst herumzuführen, unser jetziger aber sollte die Pferde nach Bischofsgrün bringen. Mich hungerte ganz außerordentlich, ich bat die Leute daher um Brodt und Butter, beides erhielt ich sehr gut. – Wir setzten uns damit in’s Gras an einen kleinen Teich, die Pferde graseten um uns her, der Bothe aß mit uns, – dabei hatten wir vor und hinter uns eine weite Aussicht, aber nichts als Berge mit Fichtenwäldern bedeckt, unter denen der Schneeberg und der sogenannte Ochsenkopf wie Riesen standen. Es war außerordentlich einsam und romantisch, die kleine Hütte besonders machte in der großen, wilden Landschaft einen wunderbar melancholischen Effekt. – Als wir eben zu essen aufhören wollten, kamen an der andern Seite eine Menge Leute den Berg hinauf, – in der Einsamkeit hier hatt’ ich nichts weniger vermuthet, sie hatten einige Forsten ausgemessen und betrachteten uns, als wenn wir wahre Wunderthiere wären, ohne eben doch dabei unhöflich zu sein, der eine von diesen Leuten war vorzüglich neugierig und fragte uns sehr viel, wir sagten ihm, soviel ihm deutlich sein konnte. – Als ich den Leuten etwas Geld geben wollte für ihre Butter, wollten sie gar nichts annehmen, so arm sie auch waren, ich mußte sie fast dazu zwingen. – Aus der Gesellschaft hatte sich ein Bauer, als ein der Gegend kundiger Mann, zu uns gesellt, diesen nahmen wir mit, um uns herumzuführen, die Pferde blieben in der Gesellschaft unsres ersten Bothen, der ihnen die Wege nach Bischofsgrün wieß. – Die Gesellschaft stritt lange, ob der Schneeberg oder der Ochsenkopf höher wären, einige riethen uns diesen, andre den andren Berg zu ersteigen, ich schloß daraus, daß sie wenigstens gleich hoch sein müßten, und so wählten wir den Ochsenkopf, weil wir auf dem Wege dahin noch andre Merkwürdigkeiten fanden. Der Bauer, mit dem wir nun gingen, war ein sehr sonderbarer Kerl, äußerst phlegmatisch und dumm, dabei aber sehr gutmüthig. – Wir kamen an den Fichtelsee, eine sehr merkwürdige Gegend. – Es ist eigentlich ein ziemlich großes Thal, ringsum von Bergen eingeschlossen. Der Regen und der Schnee können also hier nicht ablaufen und haben daher seit undenklichen Zeiten hier einen See gebildet. Dieser See hat nun schon seit lange einen Sumpf gebildet, der mit kleinen Fichtenbüschen bewachsen ist, die nie größer werden können, des Morastes wegen, in dem sie stehen: über diesen Sümpfen sind Stangen gelegt, so daß man so meistentheils mit einiger Mühe hinübergehen kann, ausgenommen dann, wenn der Schnee geschmolzen ist, oder wenn es lange geregnet hat. – Der Bauer hieb mit seiner Axt zwei kleine Bäume um, und gab sie uns, um uns daran festzuhalten, mit der Entschuldigung, er könnte sie in der Eil nicht schöner machen. – So viel ich habe bemerken können, hat das südliche Deutschland wirklich mehr Gefühl für die Kunst, als das nördliche, nur daß dies Gefühl auf bizarre, barocke Gegenstände durch Zufälligkeit gelenkt ist, aber die Leute wollen hier alles ausschmücken und schön machen, was sie besitzen; die Häuser werden angemahlt, die Körbe zierlich geflochten, ihre Ochsen sind mit buntem Leder geschmückt. Auch die hiesigen Gefäße sind recht geschmackvoll, die Körbe, die auf dem Rücken getragen werden, haben die Form der Urnen, Milchkannen und Wasserbehälter sehn fast ganz aus wie die hetruscischen Gefäße. – Als wir über den See gekommen waren, fingen wir sogleich an, den Berg zu steigen. – Auf einer ziemlich hohen Anhöhe fanden wir wieder eine einsame Hütte, die ein vormaliger Bergmann bewohnte, es schien ein Mensch von Verstande zu sein, er machte eben über einem Feuer Experimente mit Metallen, und behauptete, man könnte in den Fichtelbergen ein sehr ergiebiges Goldbergwerk anlegen. – Wir sahen auch die Quelle des Mains, auch die Saale entspringt dort. Wir fanden nachher einen kleinen Fluß, und fragten unsern Führer nach seinem Namen, er sagte sehr ernsthaft: er schreibt sich halt auch der weiße Main. – In der dortigen Gegend giebt es Kinder, die wenn sie noch nicht gehen können, sich schon Karl oder Fritz schreiben, wenigstens antworten die Eltern immer so, wenn man nach ihren Namen fragt. – Je höher wir kamen, je wilder ward die Gegend, sehr alte Bäume waren schon ganz verweßt, alles außerordentlich finster und melancholisch, nach und nach fanden wir mitten im Walde große Felsenwände stehen, die immer größer wurden, je höher wir kamen, weit schöner als die in Sans pareil. Manche davon hatten fast ein fürchterliches Ansehn. Endlich kamen wir auf den Gipfel des Ochsenkopfes. Wir hatten schon unterwegs vielen Schnee gefunden, oben lag noch sehr viel; auf dem Gipfel war nichts, als wild durcheinandergeworfene Klippen, die dem Berge oben ein sehr sonderbares Ansehn gaben. Es war oben ziemlich kalt. – Man sahe ganz außerordentlich weit, nach Böhmen, in die Pfalz tief hinein, – nur, was ich auf hohen Bergen schon so oft empfunden habe, – die Gegend machte fast gar keinen Eindruck auf mich, denn das, was ich von eigentlicher Gegend sahe, war so beschaffen, wie ich es unendlich oft gesehen habe, das übrige waren Streifen und Schattenbilder, die mit der Luft zusammenflossen. Ich wurde es auch sehr bald überdrüssig. – Unser Wegweiser suchte sehr emsig indeß umher, denn er wollte uns gern das Portrait des Ochsenkopfs zeigen, (wie er es nannte,) welches die Natur auf einer der höchsten Spitzen hier sehr anfängermäßig hergezeichnet hat, und von dem der ganze Berg den Namen hat. – Wir gingen nun auf einem sehr sonderbaren Weg nach Bischofsgrün hinunter. Kein Weg aber beim Hinauf- und Hinuntersteigen war so gefährlich, als der sumpfige Weg gewesen war, sodaß wir ordentlich bequem hätten hinaufreiten können. – Es war schon über 3 Uhr, als wir in Bischofsgrün ankamen. Wir aßen und unser erster Wegweiser bot sich an, uns und unsre Pferde zu bedienen, er bat auch noch einmal um Verzeihung. Der Wirth hatte 2 sehr hübsche kleine Jungen, die sehr dreist immer bei uns blieben, und viel dummes Zeug machten.
Nachmittag gingen wir zu einem gewissen Commerzienrath (er ist schon bei Leupoldsdorf erwähnt,) an den wir von Turnesi einen Brief hatten. – Das Dorf liegt wirklich schön, nur zu einsam und melancholisch am Fuß des Fichtelberges, sehr kalt ist es hier, etwas, das mir allein schon die schönste Gegend verleiden könnte. – Der Commerzienrath war sehr freundlich, er bot uns sein Lager auf die Nacht an und wir machten gar nicht viel Umstände, weil das Wirthshaus im Dorfe äußerst schlecht war. – Sein Factor war zu unserer großen Freude gerade der Mensch, der unter der großen Gesellschaft, die uns bei der Bergmannshütte fand, uns am neugierigsten ausgefragt hatte. – Dieser führte uns herum, er zeigte uns einen Drahthammer, und eine Knopfmanufactur, in welcher kleine gläserne Hemdsknöpfe von allen Farben gearbeitet werden, sie sind hier äußerst wohlfeil und manche davon werden dann um vieles theurer von andern Kaufleuten als bernsteinerne verkauft, weil sie gerade so aussehn. – Wir fanden ein sehr gutes Abendessen und hatten vorher schon sehr guten Werthheimer getrunken, der Mann war sehr vernünftig, nur etwas roh und sehr natürlich erstreckte sich seine Vernunft nicht weit über die Gränzen seines Guts, die Franzosen haßte er ganz ungemein. – Man wieß uns nachher in ein sehr gutes Zimmer, wo wir ganz außerordentlich schöne Betten fanden. – Wir sahen noch lange aus dem Fenster, es war eine prächtige Nacht, die finstere, einsame Gegend lag sehr romantisch vor uns, sehr ernst sahe der Mond auf sie herab, majestätisch blickte der Fichtelberg über die ganze Gegend hin, – der Anblick goß eine unbeschreibliche Ruhe in die Seele. – Wir schliefen nachher sehr gut.
Sonntag. Zehnter Tag.
Wir standen später auf, als wir es uns vorgenommen hatten. Wir frühstückten und gingen dann in unser Wirthshaus zurück, wo wir ganz außerordentlich viel bezahlen mußten, denn der hiesige Wirth ist seiner Unverschämtheit wegen in der ganzen Umgegend bekannt. – Wir hatten beschlossen noch Culmbach zu sehen und machten uns nun dahin auf den Weg. Unterwegs begegneten uns sehr viele Leute, ganze Dörfer in der größten Andacht, die zur Kirche gingen. – Wir ritten einen Berg hinauf, und als wir oben waren, hatten wir eine bezaubernde Aussicht. Berneck (bei dem wir schon einmal gewesen waren) lag tief unter uns, mit seinen Gärten und Hecken, man sahe in alle Straßen hinein, gegenüber auf den Bergen die alten Ruinen. Rechts und links die schönsten, die romantischsten Thäler. – Wir stiegen ab und erstiegen nun die Ruinen. Sie gehören zu den größten und sonderbarsten, die ich noch bis itzt gesehen habe, es sind 2 Schlösser und eine Capelle. – Das eine Schloß hat einen Thurm, wie ihn fast alle Schlösser hatten, der gerade in die Höhe steigt, ganz rund und senkrecht gebaut ist, ohne Thür und Fenster, aber ohne Dach, man stieg in solche Thürme mit angesetzten Leitern hinein und vertheidigte sich dann. Unten waren Steine herausgebrochen und ich kroch hinein. – Es ist eine seltsame Empfindung, so eng zwischen hohen Mauern zu stehn, über sich den blauen Himmel und die vorüberschwebenden Wolken. In der Länge wird es äußerst ängstlich. Nachher bestiegen wir die gegenüberliegenden Ruinen, sie sind noch weit schöner und man hat links und rechts göttliche Thäler! – Diese Gegend hier ist die schönste, die ich auf der ganzen Reise gefunden habe. – Wir mußten dann ziemlich lange auf einen Bothen warten, denn der nähere Weg nach Culmbach war schwer zu finden, er ging über die Wiesen und sollte des Wassers wegen, durch das man reiten mußte, sogar etwas gefährlich sein. Endlich erschien er. – Der Weg hinter Berneck blieb fast immer gleich romantisch, nur wird die Gegend immer sanfter, ihr Charakter wird immer mehr reizend, je mehr man sich von Berneck entfernt, die Größe, die man dort findet, verliert sich sehr bald. – Wir kamen nach Himmelskron, man kann die Gegend hierherum göttlich nennen, ich habe noch wenig so Süßes gesehn, als die Lage dieses Dorfes, dabei eine sehr weite Aussicht. – Hier ist eine sehr alte, merkwürdige Kirche im Dorfe, ich sahe hier das Grabmahl der Gräfin, die aus Liebe zu Albrecht dem Schönen ihre beiden Kinder umbrachte, in der Kirche stehn auch noch Statuen von Rittern, die sehr alt zu sein scheinen und für das genauere Studium des Mittelzeitalters gewiß sehr wichtig sind. – Hier war sonst die größte und schönste Allee in Deutschland, aber seit einem Jahre ist sie umgehauen. – Hinter Himmelskron wird die Gegend noch schöner, der Bothe verließ uns hier. – Wir kamen einen ziemlich hohen Berg hinan, aber hielten nie still und sahen nicht einmal zurück. Von dort aus ist die Gegend wirklich unbeschreiblich schön, eine Menge sanfter Anhöhen umher, mit den schönsten Bäumen bewachsen, im Thale kleine Wasser, mit Gebüschen umkränzt, ganz in der Ferne die Fichtelberge. – Vor Culmbach kamen wir durch einen prächtigen Wald, die Vestung sieht man schon lange vorher. – Die Kirche liegt außerhalb den Thoren der Stadt und wir kamen gerade an, als die Leute aus der Kirche kamen, ich wußte sehr lange nicht, was das Gedränge zu bedeuten hatte. – Wir stiegen in einem ziemlich guten Wirthshause ab. –
Wir ließen uns bald frisiren und zogen uns an, um die Stadt besehn zu können. – Ich sahe mehrere französische Officiere, denn diese wohnen in der Stadt, die Soldaten aber auf der Vestung; alle sahen sehr gut aus, schöne, wohlgewachsene Menschen, meistens mit einem feinen Ansehn. Ich ging auf ein Cafféhaus, auf welchem sie sich immer aufhalten sollten, indessen heut’ waren sie gerade nicht dort, sie hatten sich mit den preußischen Officieren erzürnt, die auch dort hinkamen. – Culmbach ist eine sehr niedliche, kleine Stadt, sie ist weit kleiner als Erlangen, aber regelmäßig gebaut, fast allenthalben sieht man die schönen Berge vor der Stadt, in der Hauptstraße kann man fast durch beide Thore sehen. – Wir gingen spatzieren. – Die Gegend um Culmbach ist göttlich, nach Berneck auf unsrer ganzen Reise die schönste. Es liegt in einem Thal, links von einem Amphitheater von Bergen eingeschlossen, rechts eine große Ebene von Hängeweiden und schönen Bergen begränzt. – Am Abend suchten wir den Meyer auf, der uns bis Sans pareil begleitet hatte; er wohnt hier in Culmbach und versprach, uns am folgenden Morgen auf die Vestung zu führen, die die Plassenburg heißt. – Die Franzosen betragen sich sehr gut, und werden fast allgemein geliebt, ein Major und ehemaliger Graf hilft oft freiwillig Wasser tragen und die Straße rein machen, man findet es sehr niederträchtig, ich kann es gerade nicht groß finden, aber es ist doch sehr vernünftig und beweißt, wie tief bei den Franzosen die Idee der Gleichheit schon in der Seele liegt. – Wir trieben uns nachher noch etwas herum, aßen mit einigen einfältigen preußischen Officieren und gingen dann schlafen. –
Mondtag. Eilfter Tag.
Meyer holte uns am Morgen ab. Wir stiegen auf die Vestung hinauf, die ziemlich hoch liegt. Die Gegend von dort aus ist außerordentlich schön. Wir gingen dann in einen Hain, der auf dem Berge nicht weit von der Vestung liegt, ich habe noch fast nichts so schönes gesehen, ein kleiner Wald mit Gängen, die alle äußerst romantisch sind, und alle Augenblicke hat man dann eine göttliche Aussicht durch die Bäume. Besonders schön war es, als wir herumgingen und uns auf die Spitze eines Berges stellten, der die ganze Gegend übersieht, hier und bei Berneck und der Roßtrappe sind die schönsten Gegenden, die ich bis itzt kenne. – Nachher gingen wir zur Vestung zurück und besuchten den Hof, auf welchem die gefangenen Franzosen wohnen. Es waren fast alle sehr schöne Menschen, groß und stark, viele ehemalige Edelleute waren darunter. Fast alle waren sehr lustig und aufgeräumt. Ich sprach mit einigen, es waren sehr vernünftige Leute. Sie leben hier im Ganzen sehr angenehm. – Wir stiegen dann wieder auf unsre Pferde. In Thurnau hielten wir, denn hier ist ein Gräflicher Garten, den man besehen darf, er hat einige sehr angenehme Gänge, sehr viel besonders ist nicht daran. – Dann kamen wir wieder in Zwernitz oder Sans pareil an, wir durchliefen noch einmal den Garten und aßen dann. –
Nachmittag ritten wir weiter. – Die Gegend einestheils schlecht, theils schön. – Die Sonne ging grade unter, als wir oben auf dem Berge über Streitberg hielten, es war ein göttlicher Anblick über die großen, schönen Thäler hin. – Wir legten uns bald schlafen, denn wir waren müde.
Dienstag. Zwölfter und letzter Tag.
Sie werden bemerkt haben, daß mein Geschwätz etwas weniger weitläuftig geworden ist, und ich glaube, Sie werden mir es danken. – Wir gingen bald am Morgen auf einem sehr schönen Wege nach Muggendorf, wo in der Nähe sich die merkwürdigen Hölen finden. Rosenmüller hat dazu eine ganz neue entdeckt, voll von merkwürdigen Tropfsteinfiguren, wir sahen diese und noch 3 andre, wo wir zuweilen tief und unbequem kriechen mußten. – Dann ritten wir nach dem Mittagsessen ganz langsam nach Erlangen zurück. –
Wir fanden wieder, wie beim Ausreisen vortreffliche Gegenden, aber gegen die andern, die wir gesehn hatten, kamen sie uns doch oft sehr gemein vor. – Es war schon finster, als wir noch eine halbe Meile von Erlangen entfernt waren. Die Lichter aus dem Dorfe Rathsberg vom Berge herunter machten einen äußerst romantischen Effekt. – Müde kamen wir in Erlangen spät an, tranken Chokolade und legten uns schlafen. –
Hier haben Sie also weitläuftig die Beschreibung unsrer Reise, sehn Sie den ganzen langen Brief als eine einzige Entschuldigung an, daß ich Ihnen nicht eher geschrieben habe. Leben Sie recht wohl und schreiben Sie mir bald, bleiben Sie gesund und mein Freund. – Und noch ein einziges Wort mit meiner Schwester:
Liebe Schwester, verzeihe auch Du mir, daß ich Dir in solanger Zeit nicht geschrieben habe, ich habe dafür beständig an Dich gedacht, das wirst Du mir glauben, – ich gebe auch nicht die Hoffnung auf, Dich bald einmal wieder zu sehn. – O könnt’ ich, statt zu schreiben, Dich und meinen lieben Bernhardi in meine Arme drücken! – Nächstens schreib’ ich Dir gewiß recht viel, und Du kannst ja auch diesen Brief als eine recht lange Epistel an Dich ansehen, nur sei nicht traurig, such’ Dir doch irgend eine Bekanntschaft, die gut ist, geh’ öfter aus, kurz bleibe mir gesund. – Sei überzeugt, daß ich Dich liebe und ewig lieben werde. – daß wir einst gewiß nur zusammen leben, darum bleibe gesund. – Könnt’ ich Dich doch bald sehen. –
Dein Dich beständig liebender Bruder
Tieck.
Und nun, liebster Freund, noch ein paar Zeilen für Sie allein. – Ich schicke Ihnen die Beschreibung des Kupfers zum Abdallah mit, lassen Sie doch den Titel so drucken: Abdallah, oder das furchtbare Opfer. – Ich danke Ihnen für die Mühe, die Sie meinetwegen gehabt haben, ich danke Ihnen tausend Mahl! Ich danke Ihnen auch für Ihren freundschaftlichen Brief, ich hatte lange auf etwas von Ihrer Hand gehofft. Klagen Sie doch nicht so, es thut mir immer im Herzen weh, Sie hätten auf ein Vierteljahr hierherreisen sollen, die schönen Gegenden mit mir besuchen, o Sie wären gewiß gesunder und gewiß frölicher geworden! – Lassen Sie alle die Armseligkeiten umher nicht so nahe an Ihr Herz treten, sehen Sie sie mit Kälte an, – man müßte ja verzweifeln, wenn jeder kleine Mensch, jede Kläglichkeit einen unglücklich machen könnte, ich bin itzt darin stärker als je, und ich bin überzeugt, gewonnen zu haben. Man muß sehr kalt werden gegen so etwas, denn welche Empfindung bleibt Ihnen dann übrig, wenn Sie im Großen die Infamie über die gute Sache triumphiren sehn? –
Darf ich Sie wohl bitten etwas, wenn es möglich ist, auch für den unglücklichen Alla-Moddin zu thun? Er verdient es nicht, ich gestehe es, indeß – Mundus vult decipi. –
Haben Sie nichts geschrieben? Nächstens schicke ich Ihnen etwas zu den kleinen Stücken: wahrscheinlich den Philopömen.
Noch eine Bitte: Ich muß Sie recht sehr ersuchen, im Abdallah nichts zu ändern, ich will das Schlechte auf meine Rechnung nehmen, ich bin, so viel ich mich erinnere, mit dem Stil im Ganzen zufrieden, ein Fremder kann so leicht den Ton und Zweck des Verfassers verfehlen, es sieht dann noch weit geflickter aus, bloß deswegen bitte ich Sie recht sehr darum, es macht sonst noch weniger ein Ganzes, als itzt. Zu dieser Bitte veranlaßte mich noch mehr die Lesung der Emma. Ich gestehe, daß das Ding nichts werth ist, aber manches ist jetzt ausgelassen, oder anders gestellt, was es durchaus unförmlich macht. Am auffallendsten war es mir, daß der eine Abschnitt durchaus weggestrichen war, in welchem Löwenau in seiner Leidenschaft sich selbst eine Menge Gründe und Entschuldigungen vorsophistisirte, das motivirte doch etwas den Gang der Begebenheiten, aber itzt ist alles ein Räthsel, und muß nothwendig jedem Leser unbegreiflich bleiben. Einzelne Kleinigkeiten, deren ich mich nicht mehr erinnere so lebhaft als dieses Umstandes, fehlen auch, besonders in den letzten Bögen, das ahnen für ahnden kömmt gewiß von Ihnen. Wieland ist fast der einzige Schriftsteller, der diesen Unterschied macht, der im Grunde unnöthig ist, mir klingt es immer unangenehm, beide Bedeutungen des Worts fließen aus einer Grundbedeutung und es ist gewiß nur ein Wort. – Doch, verzeihen Sie.
Jetzt will ich Ihnen noch einen Vorschlag thun. Damit wir uns öfter schreiben und damit unser Briefwechsel auch für Sie etwas mehr Interesse bekommt, will ich Ihnen shakspearsche Briefe schreiben, das heißt nicht solche Briefe, wie Shakspear sie vielleicht seinen Freunden geschrieben hat, sondern ich will Ihnen manches, was ich über Sh. denke, in Briefen mittheilen, es wird zwar nicht viel neues darunter sein, aber Sh. interessirt Sie doch vielleicht noch eben so sehr als sonst, und darum werden Sie um des Dichters willen, die Anmerkungen über ihn verzeihen. So wollen wir zusammen die Stücke in der Ordnung lesen, in der er sie wahrscheinlich geschrieben hat. Wollen Sie also im Voraus Titus Andronikus und Der Liebe Müh ist umsonst lesen, und mir dann schon vorher Ihre Meinung über diese Stücke mittheilen? Nächstens schreib’ ich Ihnen etwas darüber. – Herr Rambach hat ja den ganzen Sh. es ist Ihnen also leicht jeden Theil zu bekommen.
Antworten Sie mir recht bald, damit ich sehe, ob Sie das viele Geschwätz verziehen haben
Ihrem aufrichtigen ewigen Freunde,
Tieck.
Erlangen.
Liebster Freund!
Ich hatte mir es schon immer vorgenommen, Ihnen etwas von meiner Reise nach dem Fichtelberge zu erzählen und so will ich Ihnen denn sogleich das Versprechen, das ich stillschweigend gethan habe, erfüllen, so gut ich es nur kann, da ich nun schon vieles, was mir vor fünf Wochen noch ganz frisch im Gedächtniß war, ganz rein vergessen habe. Ueberhaupt, welch ein armseeliges Ding ist das Gedächtniß und die Einbildungskraft des Menschen; er durchreist die Welt, alle seine Sinne streben gleichsam das All der Schönheiten zu verschlingen, und kaum ist es genossen, so dürstet er schon nach neuem Genuß, weil der vorige schon auf ewig verschwunden ist. – Ich fange aber wahrhaftig ordentlich wie die alten Chrien mit einem Allgemeinsatz zu erzählen an, hinweg damit, – aber vorher noch eine Bitte, wenn es Ihnen nicht zuwider ist, so zeigen Sie doch diesen Brief meiner Schwester, ich habe ihr sehr lange nicht geschrieben und ich weiß, daß ihr alles, was sie von mir sieht, Freude macht. –
Wenn Sie eine Charte von Franken oder noch besser von Bayreuth zur Hand nehmen, so wird Ihnen unser Herumziehn sehr viel Spaß machen. –
Am Freitag vor Pfingsten bestiegen wir am Morgen um 5 Uhr unsre Rosse, bei einem sehr schönen hellen Himmel und einer angenehmen Luft. Wir hatten in einem Mantelsack Wäsche und Kleider bei uns, den, wie wir ausmachten, jeder abwechselnd hinter sich aufs Pferd schnallen sollte, ich machte den Anfang. Erlangen liegt in einer sehr schönen Ebene, man hat eine weite Aussicht, über grüne Wiesen und Felder, die Sonne war erst eben aufgegangen und gab der Landschaft noch größeren Reiz. Wir ritten zum nördlichen, zum Bayreuther Thor hinaus. Gleich wenn man über die Erlanger Brücke kömmt, findet man den Altstädter Berg, der einen äußerst angenehmen Prospect bildet. Mehrere kleine Häuschen liegen unter Bäumen den Berg hinauf, unter diesen ist auch das Altstädter Schützenhaus (Erlangen theilt sich in Alt- und Neustadt) daher ist es Sonntags hier manchmal sehr voll; man kann selbst in der Stadt den grünen Berg mit seinen schönen krausen Bäumen sehn. Man reitet bis Bayersdorf immer neben angenehmen Wiesen, bei Bayersdorf (einer kleinen Stadt 11/2 Stunde von Erlangen) sieht man die kleine Vestung Forchheim sehr deutlich, durch die ich auf meiner Hierherreise kam. Neben Bayersdorf steht ein altes verwüstetes Schloß, welches die Forchheimer im 30jährigen Kriege eingeschossen haben. – Schon unterwegs hatte ich viel von meinem schwankenden Mantelsack leiden müssen, ich ließ mir daher hier bei einem Sattler neue Rieme schneiden um ihn fester binden zu können. – Während dieser Zeit kam ein gewisser Hofmeister Meyer zu Fuß hereingegangen, der den Tag zuvor ein groß Aufhebens von einer Reise nach Bayreuth in einer schönen Chaise gemacht hatte. Viele Leute hatten uns sogar gerathen, diese Gelegenheit zu benutzen, wir hatten es aber zu spät erfahren und hatten uns während dem Reiten vorgenommen, ihm unsern lästigen Mantelsack bis Bayreuth mitzugeben, – und nun kam er selbst zu Fuß gegangen, die erwartete Chaise war ausgeblieben. Wir lachten zusammen darüber und sprachen mit ihm, in Streitberg sollten wir auf ihn warten und er wollte sich dort ein Pferd miethen, um mit uns reiten zu können. Wir beschlossen auch, weil es gerade so schön Wetter wäre, über Sans pareil zu reisen und von da erst nach Bayreuth, da wir uns vorher vorgenommen hatten, nach Bayreuth zu reisen und von dort nur einen Abstecher nach Sans pareil zu machen. – Wir ritten nun weiter, die Gegend und das Wetter wurden immer schöner, wir kamen durch mehrere sehr reizend liegende Dörfer, die Berge wurden nach und nach immer größer, die Gegend immer romantischer, bei Hirschberg liegt an einem gegenüberliegenden hohen Berge eine kleine Capelle äußerst schön und einsam, auf dem Rathsberge bei Erlangen kann ich sie immer ihrer Höhe wegen sehn und ich freue mich jedesmahl. Dann kamen wir durch Ebermannstadt, eine kleine katholische Stadt, Cruzifixe und Heiligenbilder findet man allenthalben hier, selbst an den Landstraßen im Ueberfluß, die Leute im Bayreuth’schen und der ganzen Gegend sind prächtig, wie ich denn überhaupt die Katholiken lieber leiden mag, als meine frostigen Religionsverwandte, sie haben noch weit mehr vom religiösen Enthusiasmus, sie sind alle sehr freundlich und höflich, sie gehn ganze Strecken mit, um einem den Weg zu zeigen; wenn man nach dem Weg frägt, sind gleich 6 Leute da, die antworten wollen, im Wirthshause kommt einem oft die ganze Familie entgegen, kurz, sie sind meistentheils so zuvorkommend höflich und freundlich, als ich es nie geglaubt hätte, da man immer von der Tücke der Katholiken gegen Lutheraner so vieles spricht. In Ebermannstadt waren alle Leute sehr freundlich, besonders die Frauenzimmer, die im katholischen fast alle blond sind, blaue Augen und einen gewissen schwärmerischen Madonnenblick haben, die Männer haben fast alle ganz schwarze Haare und sehn aus wie die Petrus und Judas auf ihren Gemählden, einen scharfen festen Charakter, die Bilder und Gemählde müssen gewiß viel auf die physische Bildung des Volks wirken, da die Weiber sie täglich sehn und doch wenigstens zuweilen in eine wirkliche Begeisterung gesetzt werden. – Hinter Ebermannstadt reitet man immer durch ein äußerst romantisches Thal, durch das sich die Wisent in vielen Krümmungen schlängelt, zu beiden Seiten ziemlich hohe Berge, gradeaus ebenfalls Berge vor sich, ich habe noch wenig so schöne Tage als diesen genossen, es ist eine Gegend, die zu tausend Schwärmereien einladet, etwas düster melancholisch und dabei doch so überaus freundlich, – o die Natur ist doch an Schönheit unerschöpflich! hier nur ist der wahre Genuß, eine schöne Gegend veredelt den Menschen, eine schlechte macht ihn kleinlaut und scheu, die erhabene stimmt ihn erhaben, – nur in einer solchen Gegend schöne, brave Republikaner! – O Schweiz, Frankreich, – wenn ich doch hinfliegen könnte, mit genießen und mit für die Freiheit sterben! – Bis Streitberg sind von Erlangen 4 Meilen, o Freund, was ist das ein ganz andrer Weg, als von Berlin nach Potsdam, wo man gähnt und einschläft und nur Sand und kleine Fichten und preußische Wappen sieht! – Vor Streitberg kömmt man noch durch Geiseldorf, – dann kamen wir in Streitberg selbst an. Es liegt im Thale zwischen Felsen, die meist bewachsen sind, 2 Schlösser stehn sich gegenüber, das eine im Dorfe selbst, steht noch fast ganz und ist ein Magazin, das andre auf dem gegenüberstehenden Berg ist größer, aber es besteht nur noch aus Ruinen. Sie kennen meine Vorliebe für das romantische Mittelalter, solche Ruinen sind mir immer äußerst ehrwürdig, für die Phantasie hat das Mittelalter sehr viel anziehendes und der Verstand findet es immer kräftiger und vorzüglicher als unser schaales Jahrhundert. – Ich und Wack. erstiegen nun den Felsen von der beschwerlichsten Seite, aus zu großer Eil’ verloren wir den Weg und hatten nun mit manchen Mühseligkeiten zu kämpfen. Auf dem Felsen sind gleichsam mehrere Auswüchse, einzelne Klippen ragen drohend an manchen Stellen hervor, die Burg heißt Neideck. Wir kamen oben an. Sie ist so groß, wie ich noch bis jetzt keine einzige solche Veste gesehen habe, sie hat doppelte Marken gehabt, mehrere Thürme, große Gräben und selbst auf einen hohen Felsen gelegen. Man hatte von oben eine köstliche Aussicht über die ganze Gegend hin, besonders nach Muggendorf zu, wo die bekannten Hölen sind. – Dort sind durch die Wiesen mehrere Canäle gezogen und durch ein Fenster der Burg sah es gerade so aus, wie die gewöhnlichen Landcharten von Holland, es machte das schönste Gemählde und durch ein jedes Fenster sieht man eine neue Landschaft. Wir kletterten viel in den wüsten Steinhaufen umher und traten dann nach Streitberg unsern Rückweg an. – Man hat dort treffliche Forellen und sie schmeckten uns nach der Wanderung sehr gut. – Das Wirthshaus liegt charmant und ich möchte wohl einige Zeit in Streitberg wohnen, man sieht die Burg gegenüber vor sich, ein kleiner Bach fließt unter den Fenstern vorbei; man hört die Bäume rauschen und Mühlen aus der Ferne klappern. – Ein gewisser Rebmann hat einen Roman geschrieben Heinrich von Neideck, der äußerst armseelig ist, indessen wenn Sie ihn bekommen sollten, so sehn Sie ihn durch, es kommen manche von diesen Gegenden darin vor. –
Nachmittag brachen wir wieder auf, Meyer holte uns ab, es war keine Zeit übrig, die Muggendorfer Hölen zu besehen und wir verschoben dies auf eine andre Zeit. Man muß im Dorfe einen ziemlich hohen Berg hinaufreiten, der auch ziemlich steil ist, – oben aber hat man eine göttliche Aussicht, man sieht über alle Berge hinweg, ein Thal bis nach Erlangen hin, auf dem Rathsberg bei Erlangen sehe ich auch Streitberg ganz deutlich. – Hinter Streitberg sah ich die erste Wallfarth, eine Menge Leute gingen langsam und singend ihre Straße fort, dann lachten sie wieder und waren lustige Männer, Weiber und Mädchen; sie wallten zu einem wunderthätigen Marienbilde hin, in der Gegend von Culmbach. Eine solche Wallfarth muß wirklich nicht ganz unangenehm sein. – Jetzt kamen wir durch mehrere schöne Gegenden, ein Dorf, dessen Namen ich aber vergessen habe, lag besonders schön auf einer Ebene mit grünen Hecken und Bäumen rund um eingefaßt. Ich und mein Pferd, ein großer Rappe, hat viel Courage, wir setzten mit großer Freude über Gräben und Hügel hinweg; es war aber auch eine schöne Gegend und sehr schönes Wetter. – Bei einem Dorfe kamen wir an einen sehr steilen Berg, wo ein schmaler Fußsteig weit näher führte als der Fahrweg, man wollte es aber nicht wagen, diesen Fußsteig zu reiten, bis ich auf Meyer’s Bedenklichkeiten und Wack. Furchtsamkeit gar nicht achtend, im Gallop hinaufsprengte, aus Schaam folgten nun auch die andern Herrn und nachher war es ihnen sehr lieb. – Wir kamen nach Holfeld, einem kleinen bambergischen Städtchen, das äußerst schön liegt: es ist etwas abentheuerlich gebaut, dann kamen wir über ein paar Dörfer und durch einen sehr angenehmen Wald, allenthalben herrscht hier Frölichkeit und Thätigkeit, das Land ist fruchtbar, alle Gärten sind mit schönen grünen Hecken eingefaßt, alle Leute sind gesund und munter. – Soviel man den Charakter eines Volks nehmlich im Vorbeigallopiren bemerken kann, denn es ist leicht möglich, daß eben so viele, oder noch mehrere krank und verdrießlich waren, viele unthätig, – aber an dem Tage trat alles heiter vor meine Seele und die ganze Natur ist dem Menschen, wenn er poetisch gestimmt ist, nur ein Spiegel, worin er nichts als sich selbst wiederfindet. – Wir kamen in Wunses an, einem kleinen niedlichen Dorfe im Thale, das ist der Geburtsort des berühmten Taubmanns, eines eben so großen Gelehrten als Hofnarren, eines Mannes, der in seinem Zeitalter ein ganz außerordentliches Lumen war, – er war der Sohn eines Schuhmachers in diesem Dorfe, und man zeigt den Fremden noch das Haus, in welchem er geboren ist. Wir stiegen ab, und besahen es, es ist eine kleine, unansehnliche Hütte und ich konnte mir die Jugend Taubmanns und sein erstes Leben in diesem Hause recht lebhaft denken. – Wir stiegen wieder auf und kamen nun in Zwernitz oder Sans pareil an. Die Gegend umher ist nicht im mindesten schön, aber von dem dortigen Garten werden Sie wahrscheinlich schon gehört haben, denn er ist sehr bekannt. Es war schon Abend, wir bestellten nun ein Abendbrot und gingen nun sogleich nach dem Garten; Sans pareil ist 4 Meilen von Erlangen. – Es ist wirklich eine sehr merkwürdige Erscheinung, daß hier in einem Walde eine Menge sehr großer Felsmassen ganz isolirt stehn, die von Natur Hütten und Grotten bilden, die Steine ragen kühn und wildverzerrt aus der Erde hervor und stehn unter Bäumen in einer Gegend, wo man sonst weiter gar nichts von Felsen sieht, ich habe noch wenig gesehn, was einen so abentheuerlichen Eindruck macht. – Nachher habe ich bemerkt, daß die ganze Gegend hier herum einen solchen Charakter hat, bis Streitberg (3 Meilen) findet man solche Felsen, sie werden aber nach und nach immer kleiner, und verschwinden endlich unter den gewöhnlichen Feldsteinen, nach Bayreuth zu ist es gerade eben so, eben so noch die Gegend von Culmbach. – Man fand diese Erscheinung hier bei Zwernitz auf einer Jagd und hat nun aus diesem Walde einen Garten gemacht, der äußerst feenhaft ist. Die großen Felsenparthien im Walde, das große und wilde, das dadurch in der Phantasie hervorgebracht wird, ein gewisser Tunnel ist äußerst schön, – aber dadurch hat der Garten auch sehr viel Einseitiges, es ist kalt drin, man findet nichts als Wald und Felsen, um eine Aussicht zu haben, muß man sehr hoch steigen, – und in jedem Garten ohne Ausnahme geht doch immer die hohe, heilige Empfindung verlohren, die die Natur in uns hervorbringt, in Wörlitz hab’ ich das so oft empfunden und hier war es wieder derselbe Fall – das Rauschen eines Waldes, ein Bach, der vom Felsen fließt, eine Klippe, die im Thale aufspringt, – es kann mich in einen Taumel versetzen, der fast an Wahnsinn grenzt; in Sans pareil ist gewiß so wenig Kunst als möglich, aber ich dachte doch beständig daran, daß ich in einem Garten sei, von jedem Gange wußte ich, er führt mich zu einem andern Felsen, fände ich von ohngefähr alle diese Parthien in einem Walde, o dann würden sie mich unendlich mehr entzücken, ich suchte sie dann, aber in einem Garten läuft mir die Natur gewissermaßen immer mit allen ihren Plätzen nach – und ist die Natur dann so auffallend sonderbar, wie hier, gränzt sie so sehr an’s Bizarre – dann findet bei mir wirklich kein eigentlicher Genuß der Schönheit statt. – Eine Parthie war, die mich doch ganz bezauberte, die Vulkanshöle, (alle Nahmen sind aus dem Télémaque genommen) es ist ein ordentliches kleines Thal, rundum von Felsenmassen eingeschlossen. – Ein kleines Theater ist im Garten auch im Freien angelegt, auf dem sonst gespielt ist, es ist ganz im Geschmack des Gartens, die Coulissen sind Steine, die mit vielen kleinen Steinen bunt gemacht sind, das Parterre besteht aus einer großen natürlichen Felsenhöle, die fast fürchterlich gewölbt ist, und unter der man gebückt hinaufgehn muß. – Für die Nacht und den Mondschein giebt es vielleicht nichts Schöneres, als diesen Garten, – illuminirt müßte er völlig zum Bezaubern sein. – Als wir heraustraten, schwebte noch so eben der letzte rothe Duft der untergegangenen Sonne um die Wälder, mit vielen verdorbenen Empfindungen ging ich zum Wirthshause zurück. – Das Essen war schlecht, ermüdet schlief ich desto besser.
Sonnabend. Zweiter Tag.
Das Menschchen ist ein veränderlich Ding, das ist schon eine sehr alte Sage. – Noch vor einigen Jahren, wie konnt’ ich da den Tag nicht erwarten, wenn eine Reise ausgemacht war, wie konnt’ ich mehrere Nächte nicht schlafen, wie horcht’ ich, wenn der Wagen herbeirollte, mein Herz klopfte, mir war, als müßte mich die ganze Stadt beneiden, – und jetzt bin ich gegen diese, sonst meine größte Freude so kalt. Ich erwarte ganz gelassen die Stunde der Abreise, ganz trocken überlasse ich mich der Zeit, wie sie mich von einem Orte zum andern bringen will, so sehr entzückt mich keine Gegend mehr, als in meiner Kindheit, die schönsten Blüthen der Phantasie sind bei mir schon lange abgefallen. – Am Morgen besahen wir mit dem Castellan von Sans pareil noch einmahl den Garten, es war etwas trübes Wetter, er führte uns auch in die Gebäude herum, die sehr wenig sagen wollen. – Es kommt jetzt hier in Erlangen bei Walther eine Beschreibung mit Kupferstichen von Sans pareil heraus, vielleicht können Sie sie in Berlin zu sehn bekommen. – Wir hatten uns etwas zu lange aufgehalten, und als wir zurückkamen, war unser Begleiter Meyer schon nach Culmbach, seiner Vaterstadt, abgereist. Wir ritten nun auch weiter. Die Gegend um Sans pareil ist sehr unangenehm, sie hat sehr etwas Wüstes. Allendorf, ein Dorf, liegt sehr niedlich, wir ritten recht steil hinunter, Wackenroder’s Pferd hatte ein Eisen verlohren, und mußte hier neu beschlagen werden, ein ziemlich breiter, aber nicht tiefer Bach floß durch das ganze Dorf und gab ihm ein sehr romantisches Ansehn. – Nachher war die Gegend wieder ziemlich uninteressant, wir ritten über mehrere Kalkberge, hatten bald Aussichten, bald gar keine, so kamen wir endlich auf die Chaussee nach Bayreuth. Am letzten Dorfe vor Bayreuth ist ein Garten, der Phantasie heißt. – Dies Dorf liegt äußerst schön, wie ein Amphitheater eine Anhöhe hinan gebaut, unten eine sehr große Kluft gerissen und am jenseitigen Ufer wieder einzelne Häuser. – In dieser großen Kluft eben ist der Garten angelegt, es war ein prächtiger Anblick. – Hinter diesem Dorfe steht eine alte Linde, die wirklich merkwürdig ist, ihr Stamm, glaub’ ich, hat über 20 Klaffter im Umfange. – Etwas weiter hin geht die Chaussee ziemlich bergab, Wack. Pferd war müde, und stürzte recht stark, Wack., der kein recht starker Reiter ist und dem dies eine ungewohnte Erscheinung war, fing laut an zu schreien, ich mußte noch lauter lachen. – Wir kamen nun in Bayreuth an, die Straße ist mit einer Art von Kalksteinen gepflastert, ich ritt stark und mein Pferd stürzte noch stärker, da vom Fahren mehr Stellen so glatt, wie polirt sind. – Wir kehrten im goldenen Anker ein, es wurde gerade gegessen, ich setzte mich also sogleich zu Tische. – Die Gesellschaft bestand aus lauter Offizieren und Schauspielern, die gerade dort spielten und einem französischen Grafen, der schon lange in Deutschland wohnte und den ich am ersten Tage auch immer für einen Schauspieler ansah. – Die Offiziere waren so armseelige Geschöpfe, als man nur armseelig sein kann, ihre Unterhaltung war ohngefähr die, wie man sie bei den hallischen Studenten, die recht dicke Freunde sind, antrifft wenn sie besoffen sind, – nun werden Sie gewiß die beste Idee davon haben können; schimpfen, schlagen, dummen Witz machen; keinen Funken von Verstand oder Laune, die allergemeinste Lustigkeit des Pöbels, mit einem Phlegma des Geistes und einer Faulheit des Körpers, die ordentlich eckelhaft, – sie waren im höchsten Grade preußisch, denn so rohe Offiziere trifft man gewiß unter keiner andern Armee an. Die Schauspieler waren etwas mehr genießbar. –
Nach Tische ließen wir uns frisiren und zogen uns an, dann besahen wir uns die Stadt. Sie ist etwas größer als Erlangen, fast alle Häuser sind sehr gut gebaut, wenigstens alle aus Steinen, die Stadt hat sehr viele und sehr angenehme Spatziergänge, besonders eine doppelte Allee, die um einen See herumführt. Auch die Gegend um die Stadt ist vorzüglich. – Ich erkundigte mich dann nach den Pferden und der Stallknecht versicherte mich mit der ernsthaftesten und treuherzigsten Miene von der Welt: „die Pferde sollten gewiß mit Vergnügen an Bayreuth denken.“ – Am Abend gingen wir ins Schauspiel, Hieronimus Knicker von Dittersdorf ward gerade gegeben; die Poesie des Stücks ist so, daß man auf diese Art unendliche (sogenannte) Intriguen aneinanderreihen könnte, und ein Stück so ununterbrochen ein Paar Jahr in eins fortspielen könnte. Die meisten Schauspieler spielten elend. – Am Abend war ich wieder in der fatalen Gesellschaft der Offiziere, von denen einige bald mit mir bekannter wurden, denn es ist mein Grundsatz, keine Gesellschaft ohne Ausnahme zu vermeiden oder zu fliehen, wenn ich gerade nichts bessers zu thun habe, oder nicht in einer besonders ernsthaften oder poetischen Stimmung bin, wenn man Menschen will kennen lernen, muß man sie auch sehn und hören, vom elendesten läßt sich immer noch etwas lernen, und sie ertragen zu können, gehört ja mit zu der edelsten und einzig wahren Toleranz. – Wackenroder hatte viel dagegen einzuwenden.
Sonntag. Dritter Tag.
Am Morgen ging Wackenroder zum Regierungsrath Spieß; es ist nicht der fruchtbare Schriftsteller, sondern dieser ist Theaterdichter in Prag. Er hatte Briefe von Berlin aus an ihn mitgehabt und sie ihm von Erlangen geschickt. Wir waren beide auf den Abend eingeladen. – Nun gingen wir zusammen zu einem andern Regierungsrath, dessen Namen ich nie habe behalten können, wir waren schon gestern dagewesen um einen Brief vom hiesigen Professor Mehmel abzugeben, er war nicht zu Hause gewesen und wir hatten bloß seine Töchter besuchen können: – heut war er da, er ließ sich gerade frisiren und sprach mit einem Kammersecretair. Er hatte unsern Brief schon gelesen und wir setzten uns auf’s Sopha. – Er sprach kein Wort mit uns, sondern redete fast eine Viertelstunde ununterbrochen mit seinem Kammersecretair fort. – Endlich fuhr er uns mit einemmahle an: Was Teufel, wie kommen Sie denn nach Erlangen? – (Er wußte nehmlich, daß wir Berliner waren.) – Wir entschuldigten uns so gut als möglich, da es ihm nicht recht zu sein schien, daß wir dort studierten. – Er fing wieder an, die unterbrochene Materie mit seinem Kammersecretair fortzusetzen. Er war mit Frisiren fertig und stand auf und ging an einen Schrank. Er holte eine Flasche heraus und schenkte ein Glas Liqueur ein, in der andern Hand hielt er einen guten Nürnberger Pfefferkuchen, er reichte mir beides. Ich entschuldigte mich, daß mir der Liqueur zu stark sein würde. – A was, sagte er, ein Student muß alles fressen und saufen können! – Ich trank und aß also munter und fing nun an eben so mit ihm zu reden, wie er mit mir, so genirten wir uns beide nicht. Nun wurden wir recht gut miteinander bekannt und wir sprachen sehr viel vernünftiges und dummes Zeug miteinander, denn er schien von beiden ein gleich großer Liebhaber. Der Mann war äußerst gutmüthig, er war schon sehr alt und vom Podagra und einer Menge Krankheiten geplagt, er saß auch zu viel und mochte in seiner Jugend wohl sehr lustig gewesen sein; er klagte über seine Schmerzen und machte in demselben Augenblick wieder einen Spaß. Er fragte uns ob wir nicht die Eremitage sehen wollten, (einen großen Garten bei Bayreuth) wir sagten ihm, wir hätten den Nachmittag dazu bestimmt, er und der Kammersecretair boten sich zu unsern Begleitern an, wir sollten sie nur Nachmittags abholen. Recht vertraut gingen wir von einander. – Wir hatten auch Briefe an den Hofkammerath Turnesi abzugeben, er wohnt auf dem Brandenburger, oder S. Georgen am See, eine Vorstadt, die etwas über 1/4 Stunde von Bayreuth liegt, er ist der Oberste über den Bergbau im Bayreuthschen und zugleich Direkteur des Zucht- und Irrenhauses, das auch sich auf dem Brandenburger befindet. Er war nicht zu Hause und wir gaben unsre Briefe ab und traten den Rückweg an. Von Bayreuth führt nach dem Brandenburger eine schöne Allee, gleich vor dem Bayreuthschen Thore ist ein Basrelief auf einer Säule, auf welcher sich ein Mensch befindet, der mit dem Pferde stürzt, in einer angesetzten Unterschrift liest man, daß dies ein, ich weiß nicht welches Markgrafen gewesener Kammerzwerg sei, der hier mit dem Pferde gestürzt und gestorben sei; wir lachten lange über den Ausdruck gewesener Kammerzwerg, gleichsam als wenn es nur auf den Zwerg angekommen wäre, auch Heiducke, oder Läufer, oder Flügelmann zu sein. – Nun gingen wir noch zu einem jungen Professor Boje, an den wir auch von Mehmel einen Brief hatten. Er führte uns noch in der Stadt herum, zeigte uns die öffentlichen Spatziergänge, auch in ein paar Kirchen gingen wir hinein, hinter dem Schloß ist ein großer und unangenehmer Garten. – Ich habe mich schon oft über den seltsamen Patriotismus der Leute gewundert, daß sie sich alle Mühe geben, einem den Ort, wo sie wohnen, recht reizend zu machen, geflissentlich suchen sie alles unangenehme zu verbergen, und zeigen einem Alles, von dem sie nur irgend glauben, daß es Vergnügen gewähren könne, selbst Studenten machen es so, die doch nun nicht einmal an dem Ort, den sie bewohnen einheimisch sind: jeder Tadel der Stadt, glauben diese Leute, fällt auf sie zurück, – und doch haben sie sie nicht gebaut. Allen Fremden, die ich je in Berlin herumgeführt habe, habe ich mir Mühe gegeben, Berlin recht abscheulich zu machen, – was geht mir der Ort an, wo ich geboren bin? – Bayreuth hat ein wirklich großes und prächtiges Opernhaus. – Das Wetter war nicht so recht, in Bayreuth ist es auch schon merklich kälter, als in Erlangen, wegen der nahen Berge. Recht hungrig ging ich zu Tische, mußte aber, weil es gerade erster Pfingsttag war, noch ziemlich lange warten. – Die Gesellschaft war wie gewöhnlich, die Offiziere hier sind selbst so dumm, daß sie nicht einmahl vom Kriege und von den Franzosen dumm sprechen können, was doch jetzt gewiß die meisten Offiziere und Fändrichs in der Welt thun. –
Nach Tische gingen wir zu dem alten Regierungsrath und eine hübsche Chaise erwartete uns schon, er und der Kammersecretair setzten sich ein und so fuhren wir sehr schnell nach der Eremitage, die anderthalb Stunden von der Stadt entfernt ist. Als wir da waren, regnete es und wir gingen in’s Wirthshaus und tranken Caffee. Noch in keinem einzigen Wirthshause habe ich so vortrefflichen Caffee getrunken, ja bei Reichards ausgenommen, nirgend in der ganzen weiten Welt als hier. Diese Wirthin hatte das große Arkanum aufgefunden, die feine Delikatesse, mit der der Caffee behandelt werden muß. Als es ausgeregnet hatte, gingen wir mit dem Kammersecretair in den Garten, der alte Mann mußte seiner schwachen Beine wegen Zurückbleiben. – Die Eremitage ist auf einigen sanften Hügeln angelegt, und das macht, besonders in den Thälern einige sehr schöne Parthien, auch einige Aussichten sind recht artig, einige sehr große Alleen aber sind besonders schön. Das Gewächshaus ist sehr groß und hat sehr viel fremde Pflanzen. Die Wasserwerke sind wirklich prächtig, sie gingen nur gerade nicht; an einigen Stellen springt das Wasser in unendlich vielen Bogen, die ein ordentliches Gewölbe bilden, unter welchem man in der Hitze sehr angenehm spatzieren gehen kann. – Eine Rotunda ist ganz und gar von Bayreuthischem Marmor erbaut, der weit feiner als der schlesische ist und auch eine weit schönere Politur annimmt. Die Eremitage gefiel mir, ohngeachtet der vielen Künsteleien mehr als Sans pareil, sollte ich an einem Orte leben, so würde ich jenen wählen, Wackenroder war der entgegengesetzten Meinung. – Als wir ins Wirthshaus zurückkamen, erwartete uns schon ein vortrefflicher Burgunder, den besonders ich sehr zu schätzen wußte. Der gastfreie Regierungsrath lud uns dann zum Soupé in seinem Hause ein und bedauerte es sehr, als er hörte, daß wir schon bei Spieß engagirt wären. Wir fuhren sehr schnell zur Stadt zurück und gingen dann zu Spieß. – Wir hatten eine große, brillante Gesellschaft befürchtet, aber wir hatten uns geirrt, die Leute in Bayreuth wissen besser zu genießen, es war ein kleiner Familiencirkel, seine Frau, seine Töchter, sein Sohn, ein Offizier und ein Fräulein, er selbst saß und spielte ihnen auf dem Clavier etwas vor. – Ich hatte ihn schon vor 11/2 Jahr in Berlin bei Reichardt kennen lernen und wir erneuerten jetzt unsre Bekanntschaft, er war sehr höflich, doch ohne sich und uns zu geniren, er spielte weiter und dann wurde getanzt. – Sein Sohn machte sich indeß mit mir bekannt, er war einfältig aber sehr gutmüthig und er wurde sehr zutraulich. Ich habe überhaupt gefunden, daß viele junge und alte Leute sich leicht an mich attachiren, weil es jetzt immer mein einziges Studium ist, so natürlich als möglich zu sein, nicht grob aber auch nicht blöde, keine Art von Prätension, keinen Charakter anzunehmen, das Gespräch auf nichts hinzureißen, worüber ich etwas sagen könnte, und keiner Materie auszuweichen, ich will bloßer Mensch sein. – Wackenroder hat sehr etwas Verschlossenes, keiner wagt sich an ihn so leicht und bei aller seiner Bescheidenheit hat er ein sehr imponirendes Ansehen, sehr etwas altes, weil er von je an wenig mit jungen Leuten umgegangen ist. Schlimm ist es, daß seine Solidität nicht aus Erfahrungen entstanden ist, er ist kalt und gesetzt, ohne daß dieser Charakter aus einer inneren Nothwendigkeit entstanden wäre, er ist die Ideen nicht durchgegangen, die nothwendig sind um einen reellen soliden Charakter hervorzubringen, der unerschütterlich ist, – man zeige ihm das, was er jetzt verachtet, von einer reizenden, von einer poetisch schönen Seite, und er wird schwächer sein, als die, die er itzt verachtet. Er hat von je an allen Umgang vermieden, der ihn hätte belehren können, er hat daher wirklich sehr wenig Menschenkenntniß, er haßt und verachtet, ohne sich in die Seele dessen, den seine Verachtung trifft, hineindenken zu können, Sie werden wissen, wie schädlich eine solche Erhebung über die Menschheit ist, wie sehr sie zur schrecklichsten Intoleranz führt, zum Menschenhaß. – Sagen Sie ihm aber nichts, von dieser meiner Offenherzigkeit, ich habe selbst mit ihm oft davon gesprochen, er scheint mich aber immer nicht recht zu verstehen, am wenigsten meine Behauptung: das höchste Streben müsse dahin gehn, bloßer Mensch zu sein, sich selbst keine Rolle vorzuspielen; diese Idee verwahrt wenigstens vor der fürchterlichen Einseitigkeit, mit der so viele Menschen andre Menschen unbarmherzig beurtheilen: so versteh’ ich jetzt den Ausdruck der Stoiker: der Natur gemäß leben und die Lehre Christi: seid frölich mit den Frölichen und traurig mit den Traurigen; – Seid human, ein Wort, was sehr schön, alles das in sich faßt. – Doch, o verzeihen Sie, – aber Sie werden mich gewiß verstanden haben. – Der Offizier begleitete das Fräulein zu Hause und wir setzten uns zu Tische. Schon während dem Essen kamen eine Menge junger sehr hübscher Mädchen, die neugierig waren, uns zu sehn, sie setzten sich um uns her, ohne mitzuessen. – Nach Tische wurde wieder gespielt und gesungen und Spieß und seine Frau verließen uns, um uns nicht im mindesten zu geniren. Erst wurde getanzt, gesprochen, gelacht, – noch ein junger Mann (Commissair, Secretair, Kriegsrath, weiß der liebe Gott was er war, genug, er war sehr dumm) hatte sich noch zu uns gesellt. Das Pfeifchenspiel ward vorgeschlagen. Ich und Wackenroder waren neugierig das Spiel kennen zu lernen. Wenn Sie es nicht kennen, so will ich es Ihnen doch beschreiben, denn es ist wirklich sehr witzig und Sie können vielleicht eine Gesellschaft dadurch amüsiren. Man brachte eine kleine Pfeife, an die ein seidenes Band gebunden war. Eine Dame verband mir die Augen, indeß das Pfeifchen herumgegeben ward, und nun ausgemacht, es sollte jemand pfeifen, entdeckte ich, wer es gewesen wäre, so käme er dann an meine Stelle. Man nahm mir die Binde von den Augen, die Damen hatten einen sehr engen Kreis um mich geschlossen. Plötzlich höre ich hinter mir pfeifen, ich kehre mich um, kann aber nicht entdecken, wer es gewesen ist, indem ich mich noch umsehen will, pfeift man wieder hinter mir, man lacht, ich kehre mich um, lasse mir von dem einen Mädchen ihre Hände weisen, finde aber nichts. Wieder hinter mir gepfiffen! und so ging es mehrmals fort, so daß ich die Schnelligkeit gar nicht begreifen kann, mit der die Pfeife von einem Ende des Kreises bis zum andern läuft. – Endlich entdeck’ ich die Pfeife, – und zwar auf meinem Rücken an einem meiner Rockknöpfe gebunden, so daß immer sogleich ein andrer, indem ich mich umkehrte, pfeifen konnte. Alle lachten und man erzählte mir, daß man Leute, die etwas dumm wären, wohl über eine Stunde damit hinhalten könnte, ehe sie den Spaß merken. Der obenerwähnte Herr trat sehr treuherzig hinzu und versicherte äußerst naiv: mit ihm hätt’ es über zwei Stunden gedauert, ehe er es inne geworden wäre. – Ein Offizier war auch noch hinzugekommen und nun ward ein Spiel mit einem Plumpsack gespielt, wobei man immer laufen mußte und wobei ich vom Offizier einigemahl tüchtige Schläge bekam. – Wir waren nun alle untereinander sehr vertraut, als hätten wir uns schon einige Jahre gekannt, mir war ganz so zu Muthe, wie sonst in Berlin im Reichardtschen Hause. Sehr spät kam der H. Spieß im Schlafrock wieder zurück, es ward noch einmahl gespielt und getanzt und dann nahmen wir unsern Abschied. – Es war ein prächtiger sehr empfindsamer Mondschein, ich begleitete noch einige von den Damen nach Hause, dann gingen wir ins Wirthshaus zurück, wo wir alles erst aufwecken mußten um einschlafen zu können, denn es war schon sehr spät. –
Mondtag. Vierter Tag.
Ich weiß nicht, ob meine Schwester Ihnen einen Brief von mir gezeigt hat, worin ich ihr ganz kurz meine Reise von Berlin hieher erzählte, ich hatte es ihr im Briefe wenigstens aufgetragen. – Schon am vorigen Tage hatte uns Turnesi am heutigen Vormittage zu sich einladen lassen, wir gingen nun hin und lachten von neuem, als wir an das Denkmahl des gewesenen Kammerzwerges kamen. Wir kamen noch zu früh an, Turnesi war noch nicht angezogen, und er wollte uns nicht so empfangen. – Indeß besahen wir mit dem Factor die schöne Sammlung von Marmorsachen, welche alle die Bewohner des Zuchthauses poliren müssen. Dann gingen wir auch in das Irrenhaus. Wackenroder äußerte gar keine Lust, auch ich fürchtete mich, denn ich weiß, was ein solcher Anblick auf schwache Nerven wirken kann, ich erinnerte mich auch, was ähnliche Schauspiele schon sonst bei mir gewirkt hatten: aber es ist mein Grundsatz, keiner meiner Schwächen nachzugeben, bloß der Vernunft zu gehorchen und man muß wirklich die Menschheit bis dahin verfolgen, wo sie unkenntlich wird, in keinem Gewande muß man den Bruder verschmähen: freilich ist ein armer Verrückter kein Kunstwerk, wo ich einen angenehmen Genuß meines Kunstgefühls hoffen kann, – aber kein Mensch muß eine solche Einseitigkeit an sich toleriren, sonst kömmt man am Ende dahin, daß man keinem Elenden helfen kann, weil man vom Anblick seines Elends vor lauter Empfindsamkeit in Ohnmacht fallen würde: Man geht ihm daher meilenweit aus dem Wege und klagt und seufzt dafür. Diese Schwäche gehört gewiß zur fatalsten Corruption unsers Zeitalters, man mag sagen, was man will, die Vernunft kann alles über den Menschen, und unsre Vernunft weiß uns keine andre Bestimmung zu geben – als das Glück andrer und dann das unsre zu befördern. – (N. B. Haben Sie schon die Anna St. Ives gelesen? – Moritz hat es übersetzt, o das ist ein vortreffliches Buch, ich bitte Sie recht sehr, verschaffen Sie es doch meiner Schwester, denn sie wird itzt recht großen Mangel an Büchern leiden.) Meine Furcht war aber auch ganz unnütz gewesen, die Leute waren ganz leidlich, kein Rasender, Toller oder Wahnsinniger selbst war da, sie waren alle bloß verrückt, und zwar so wenig, daß man weit bessere in den glänzendsten Cirkeln findet, denn von allen diesen Leuten ist es doch noch keinem einzigen eingefallen zu behaupten, das große angränzende Haus wäre auch das ihrige, weil sie gerade im Irrenhause wohnten, oder daß man eine Republik dadurch garantiren könne, indem man sie zum Theil einer unumschränkten Monarchie mache. – Wir gingen zurück und Turnesi empfing uns. Es ist ein sehr feiner und gebildeter Mann, er behandelte uns mit der größten Artigkeit. Er hat viel Aehnlichkeit mit Reinhold in Jena. Er hörte, daß wir benachbarte Bergwerke besuchen wollten und er versprach uns Briefe an Bergmeister mitzugeben. Mit Wackenroder sprach er auch viel von Mineralien und dem Bergbau und ich that auch immer, als verständ’ ich alles. – (Ich habe aber auf dieser Reise vieles von diesen Geschichten gelernt.) Das wichtigste aber war, daß er uns ganz vortrefflichen Malaga vorsetzte, der so öhligt und dabei so stark war, wie ich ihn noch nie getrunken habe. Wir blieben bis gegen Mittag bei ihm und es war Zeit, daß wir gingen, ich hatte viel getrunken und der Wein war mir so sehr in den Kopf gestiegen, daß ich im Begriff stand, lauter dummes Zeug zu sprechen und in dem Zimmer wie ein toller Mensch herumzuspringen. – Als wir aus dem Hause waren, ließ ich meinem Gelüste völlige Freiheit, ich prügelte Wackenroder, ich sprang herum und lachte am Thor lauter als je über den gewesenen Kammerzwerg. – Bei Tische in der amüsanten Gesellschaft trank ich noch Franzwein darauf, um mich recht lustig zu machen.
Wir hatten es mit Boje und dem jungen Spieß ausgemacht, Nachmittags nach der Phantasie zu reiten. Wir sprengten also durch die Stadt hindurch und mein Pferd stürzte mehrmals. Aber wenn ich etwas viel Wein getrunken habe, habe ich immer doppelte Courage, und besonders an diesem Tage, ich hätte die steilsten Berge hinuntergaloppirt! – Vor dem Thore ritt ich gar nicht anders, als den stärksten Carriere. Wackenroder war einigemahl in großer Angst, – so kamen wir in einigen Minuten in Phantasie an. – Wir besahen sogleich den Garten, der einige sehr angenehme Parthien hat; wenn man unten in der Kluft ist, macht besonders das amphitheatralisch gebaute Dorf einen äußerst angenehmen Prospekt. Dann tranken wir Caffee und sahen im Wirthshause tanzen. Dann ward nach der Stadt zurückgeritten. – Wir nahmen bei Spieß und dem alten Rath Abschied (denn auf morgen war unsre Abreise festgesetzt,) und gingen dann in die Komödie, wo Clara von Hoheneichen gespielt ward. Aeußerst armseelig. (Wir haben seit 4 Wochen dieselbe Truppe in Erlangen.) Die Damen weinten über die arme Clara und den kläglichen, unmännlichen Adelungen nicht wenig, ich lachte fast noch mehr, besonders da ich bei einigen Stellen erst recht hineingekommen war. – Den Bruno spielte einer der sehr schnatterte, Sie werden wissen, daß Adelung verstellterweise frei gelassen wird und von Bruno wieder in’s Gefängniß zurückgebracht. – Als der Landgraf diese Nachricht erhält, frägt er: Und was sagte Adelung? Bruno antwortet: – Nichts, aber er knirschte mit den Zähnen, vorzüglich da er hörte, u.s.w. – Der Bayreuther Bruno aber antwortete: „Nichts, sondern er knirschte so vorzüglich mit den Zähnen,“ – und nun verwickelte er sich in einen langen selbstgemachten Nachsatz, ich mußte immer wieder von neuem lachen, so oft ich an diese Idee dachte, daß der Adelung ein so besonders großer Virtuose im Zähneknirschen sei. – Den Ullo spielte einer ganz im Bayrischen Dialect und ich mußte lachen, so oft er nur auftrat, – besonders in der Scene, in welcher sie den unterirdischen Gang entdecken, wo er mit dem Mauerwerk auf dem Theater umfiel und laut schrie: Was Deuwel! – Nach der Komödie war ich wieder in meiner amüsanten Tischgesellschaft, heute machte sich zu guter Letzt noch der französische Graf an mich. Wir kamen bald auf die Revolution und den Krieg zu sprechen, – er war sehr witzig; bei seiner Schilderung der Fürsten (er kannte einige persönlich) mußte man ununterbrochen lachen. Wir wurden immer vertrauter miteinander, seine Grundsätze neigten sich nach und nach immer mehr zur Freiheit und Gleichheit und am Ende fand ich, daß er selbst ziemlich jakobinische Ideen habe. – Er mußte sehr lange keinen erträglichen Menschen zum Sprechen gefunden haben, denn seine Beredtsamkeit war unaufhaltsam, Wackenroder war aber sehr müde und so gingen wir endlich auf unser Zimmer. Ich blieb noch auf um einzupacken. – Gewiß sind aber mehr Freiheitsmenschen oder Jakobiner in Deutschland als man glaubt, sie maskiren sich nur sehr, denn diesen hatte ich vorher für stupide gehalten und ich fand einen feinen und sehr gescheuten Mann an ihm, und bedauerte es, daß ich mich nicht schon vorher der übrigen Gesellschaft wegen an ihm schadlos gehalten hatte. – (A propos, haben Sie denn das erbärmliche Zeug gelesen, was Eberhard neulich für Bürger und Bürgerinnen geschrieben hat? –)
Dienstag. Fünfter Tag.
O was müssen Sie in Berlin unglücklich sein, d. h. wie sehr würde ich dort unglücklich sein! Nichts als Land, unfruchtbare Ebenen, wo einen der Sonnenschein im Thiergarten schon in Entzücken setzen muß, man mag wollen oder nicht, denn das ist das schönste, was man sehen kann. Doch, ich will Ihnen Ihr Berlin nicht noch mehr ver-...
[...]
... Ich ging nun wieder spatzieren und zwar nach der entgegengesetzt liegenden kleinen Vorstadt, wo man Hörner bließ. Es war wirklich göttlich! – O wie simpel, wie vor uns liegend sind die herrlichsten Genüsse und wir suchen sie auf großen mühevollen Umwegen - und können endlich der Mühseligkeit wegen den Genuß gar nicht empfinden. - Wie kann mich der Klang eines Waldhornes durch die stille, monderhellte Nacht bezaubern! Dann ist es mir, als könnte ich die Geister sehen, die der wunderbare Ton aus den Wolken zieht und die über der Ferne schweben; die Vergangenheit und Zukunft steht oft vor mir, ich werde aus mir selbst hinausgezaubert! und wie kalt, wie Eichen unempfindlich bin ich in unsern gekünstelten Concerts! – Ich setzte mich auf einen einsamen Stein und hörte mit der größten Andacht zu, bis die Musik in der nächtlichen Stille abstarb; dann ging ich wieder zu meiner Marmorbrücke. – Manche von den Betrunkenen, die mir entgegenkamen, müssen mich im wunderbaren Mondschein für ein Gespenst oder so etwas ansehn, denn sie standen oft sehr bedenklich still, ich ging mit bloßem Kopf, in meinem kurzen, fremdartigen Ueberrock, mit ineinandergeschlagenen Armen sehr langsam und meine Sporen warfen zuweilen einen sehr sonderbaren Schein, – man sah mir dann immer sehr lange nach und ich gab mir auch bei einigen gar keine Mühe, sie aus ihrem Irrthum zu ziehen. – So ging ich sehr lange hin und her, besuchte dann das Wirthshaus und wieder die Brücke, – bis es nach ein Uhr war, dann legte ich mich schlafen. – Kaum aber war ich eingeschlafen, so fing erst die Musik unter mir recht eigentlich an, man hatte nun erst große Pauken und Becken geholt, und so oft diese sich hören ließen, zitterte das ganze Haus. So konnte ich in der ganzen Nacht kaum einige Minuten schlafen, es war ein schrecklicher Lärmen, der mir aber gar nicht unangenehm war: mitunter wollte man sich wieder prügeln, man zankte sich wenigstens sehr und schlug laut auf den Tisch; die arme Bürgerwehr mag dabei ihre Noth gehabt haben. – Gegen Morgen, als wir aufstanden, war es etwas ruhiger geworden.
Mittwoch. Sechster Tag.
So eben sehe ich meinen Brief noch einmahl durch und erschrecke selbst über die Menge von Nichts, das ich Ihnen mit der möglichst größten Weitschweifigkeit erzähle, ich bin so von ungefähr hineingekommen, ohne selbst zu wissen wie. Verzeihen Sie also und erinnern Sie sich daran, daß Sie einmahl von mir forderten, Ihnen auch selbst Kleinigkeiten zu schreiben, damit Sie nur recht lange Briefe von mir erhielten. Wenn Sie übrigens die Specialkarte von Bayreuth nehmen, und mir dann immer genau folgen, so kann Ihnen unsre Reise doch vielleicht einiges Vergnügen machen. – Der Bergmeister kam ziemlich früh, und wir ritten durch dieselbe Vorstadt hindurch, wo ich gestern die schönen Hörner gehört hatte. Jetzt war alles still und ruhig, das Wetter war sehr trübe und es regnete sogar etwas, wie verschieden erschienen mir nun die Häuser vom gestrigen Abend. – Durch meine Märsche war ich mit Naila und seinen Straßen, fast allen Häusern ganz außerordentlich bekannt geworden. – Wir kamen in eine ziemlich uninteressante Gegend; das Wetter ward immer unangenehmer, ein kalter, schneidender kleiner Regen trieb uns entgegen, ein feuchter Nebel stieg aus den Bergen und Wäldern auf. – Die Wege waren sehr häßlich, enge, unbequeme Steinstraßen, wo es oft mit einem Wagen zu fahren, gar nicht möglich gewesen wäre. – Wir ritten über Klingensporn und dann über Isigen, hinter dem letztern Ort fror ich, wie man nur im Winter frieren kann. Das Wetter ward immer schrecklicher, die Wolken hingen so dicht über die Erde, daß wir oft mitten hindurch ritten und kaum einige Schritte um uns sehen konnten. – Ich habe an diesem Tage bemerkt, daß die Wolken, die sich von den Bergen und aus den Wäldern aufheben, zuweilen die Gestalt des Waldes oder Berges bekommen, beim stillen Wetter könnten sie dann als Wolken diese Form behalten und so könnte ich es mir dann erklären, wie ich oft in der Gegend von Bergen Wolken gesehn habe, gerade in der Gestalt wie die naheliegenden Berge. – Wir konnten nur langsam reiten und ich fror um so mehr, eine Chaise, die ich bei diesem Wetter einen Berg hinauffahren sah, machte auf mich einen sehr abentheuerlichen Eindruck. – Wir kamen dicht an die sächsische Gränze, man konnte sogar in Sachsen hineinsehen (die Saale trennt hier Sachsen und Bayreuth), endlich ritten wir durch Kumblos, und hinter diesem Dorfe liegt das Bergwerk, Gottesgab, das wir besehn wollten. – Wir stiegen in der Hütte des Steigers ab, und wärmten uns an dem Ofen einige Zeit, denn ich war so steif gefroren, daß ich meine Hände und Füße gar nicht brauchen konnte. Indeß waren Bergmannskleider herbeigeschafft und wir zogen uns an. Wackenroder und ich sahen gar possierlich aus mit dem Schurzfelle, der Bergmannsjacke und dem Schachthute. Der Steiger nahm Lichter und ein brennendes Stück Kien und so gings zum Bergwerk hin. Uns ward jedem ein Licht gegeben, das wir auf den Hut steckten, und nun fingen wir an hinunterzusteigen. – Ich fand mich sehr bald in diesem Klettern. Die Leitern gingen ganz senkrecht, zuweilen gar etwas überhängend und es war höchst sonderbar unter mir das Licht von den Kletternden und über mir das vom hinabsteigenden Bergmeister zu sehn. Zuweilen war die Sprosse der Leiter dicht an dem Berg, so daß man nur so eben mit der Spitze des Fußes darauf treten und sich dann nur mit den Fingerspitzen wieder halten konnte. – Was aber manche Leute, Sie werden gewiß auch schon so etwas gelesen haben, von dem Schauderhaften, von dem Zittern und Zagen beim Einfahren in den Schacht schreiben, davon hab’ ich auch nicht das mindeste empfunden. Es war gefährlich, das ist wahr, wenn man die Hand fahren ließ, aber auch wie wir unten waren, war ich ganz kaltblütig. Ich mag das gar nicht einmahl Muth nennen, denn der gehört dazu nicht, ich glaube nur Leute von einer magern kleinen Phantasie können hier schaudern und zittern, die hier mit einemmahle durch die Wirklichkeit ihre fürchterlichsten Vorstellungen noch übertroffen finden; ich aber bin mit meiner Einbildungskraft an weit schrecklichern Orten einheimisch, so daß ich noch nirgend eine Erreichung meiner Vorstellungen gefunden habe, und das machte es wohl, daß ich an den meisten sogenannten gefährlichen und fürchterlichen Orten so kalt bin. Erst einmahl habe ich in meinem Leben geschwindelt, als ich nämlich auf den äußersten Klippen des Roßtrappes herunterkletterte, wo wahrscheinlich vor mir noch wenig Menschen gegangen...
[...]
... suchte, daß er sich aus hundert Kleinigkeiten etwas Verdächtiges zusammensuchte, sogar ein kleiner Stock, den ich hatte, trug für ihn dazu bei, auch daß Wackenroder schon reiste, da er erst auf Ostern in Erlangen angekommen war, mißfiel ihm, zu seinen Zeiten sei es nicht so gewesen: ich gab ihm dagegen zu verstehen, er möchte auch wohl auf einer sehr lumpigen Universität studirt haben. So schieden wir in völligem Bruch, ich, mit dem festen Entschluß zurück zu reisen. – Wir ritten nach dem Posthause, um dort zu essen. Der alte Mann wollte uns nicht verlassen, er meinte, er müsse uns erst wieder über die Gränze bringen, er könnte sich nicht eher zufrieden geben, er blieb also auch da, und aß mit uns. Ich ließ, aus Spaß, ungarischen Wein bringen, der hier sehr wohlfeil ist, er hatte denn doch etwas den Geschmack davon, ob es gleich freilich nicht ganz richtiger Tokayer wäre. Der alte Mann hatte mit uns so geheimnißvoll gegen die Leute gethan, als wenn wir ausgemachte Spitzbuben wären, sie sahen uns daher immer sehr von der Seite an, bis ich ihnen die ganze Geschichte erzählte.
Das Wetter war noch immer sehr schlecht, man schlug uns vor, daß wir sehr bequem einen Laufpaß bis Carlsbad erhalten könnten, und so ungestört reisen, der alte Mann war äußerst dienstfertig, ihn uns zu verschaffen, da er mit uns gegessen hatte; aber wir sahen das Wetter an, überlegten den ziemlich weiten Weg und dann den noch weiteren Rückweg, kurz, wir entschlossen uns, noch heut nach Wunsiedel zu reiten, welches nur 2 Stunden von Asch ist und wohin wir auch Briefe hatten. Der alte Mann mußte uns also aus einem andern Thor über die Gränze bringen und wir mußten ihm für seine Mühe noch Geld obendrein geben. – Kaum waren wir wieder auf deutschem Boden, so wurde auch sogleich das Wetter etwas besser, es hörte nach und nach auf zu regnen, mitunter fing die Sonne sogar etwas zu scheinen an. Auf der Gränze hatten wir unsre Matrikeln endlich wieder erhalten. Wir kamen durch den Flecken Selb, er ist so abscheulich gepflastert, daß wir fast mitten im Ort mit den Pferden den Hals gebrochen hätten, ich habe bis itzt noch kein Pflaster in der ganzen Welt gesehn, welches seine Bestimmung so wenig erfüllte; der eine Stein stand gerade in die Höhe, dicht daneben ein tiefes Loch, dann wieder die Steine übereinander gepackt, kurz, ein solch Pflaster läßt sich besser fühlen als beschreiben, wie so manches in der Welt; nur weiß ich, daß die Wege hier in der Stadt schlechter und gefährlicher waren, als wir sie noch bis itzt auf der ganzen Reise gefunden hatten. – Hinter Selb ward das Wetter und die Gegend viel angenehmer. – Wir kamen endlich durch einen sehr angenehmen kleinen einsamen Wald, in welchen der Weg über mehrere Hügel führte. Am Ende des Waldes hatten wir eine sehr angenehme Aussicht, zugleich aber auch 2 Wege, die ganz gleiche Physionomie hatten und von denen wir nicht wußten, welchen wir nehmen sollten. Zum Glück begegnete uns ein Mann mit einigen Ochsen, wir mußten über Höstädt reiten, ich ging also auf ihn zu, und fragte ihn, indem ich auf den Weg links zeigte: Geht hier der Weg nach Höstädt? – I Gottbewahre! – Nun, wo ist denn der Weg? – Ja, der ist weit anders. – Ist es etwa der hier rechts? – Ja, der Weg geht auch nach Höstädt. – Ist denn noch ein andrer Weg? – Ne! – Solche sonderbare Menschen haben wir unterwegs mehrere gefunden. – Wir ritten itzt über eine schöne Ebene, ringsum von Bergen und Wäldern eingeschlossen, vor uns lag eine alte Burg mit ihren Ruinen sehr ehrwürdig und romantisch auf einem Berge. – Wir kamen bald in Thierstein, einem Dorfe an. Schon in Bayreuth waren wir von Turnesi auf dieses Dorf aufmerksam gemacht, denn hier ist vielleicht in Deutschland die einzige Stelle, wo es Gliederbasalt giebt, die großen Wälder von Basaltsäulen in Schottland werden Sie wohl kennen; noch mehr vergrößerte unsre Lust hier abzusteigen, eine prächtige alte Burg, die auf dem Rücken des Basaltberges lag. – Wir gingen vom Wirthshause sogleich dahin. – Oben auf dem Berge hat man eine schöne Aussicht über viele Wiesen und in’s Dorf hinab, die Basaltsäulen hier sind sehr merkwürdig, manche sind ziemlich groß, vollkommen ausgebildete Steinkristalle. Die alte Veste ist sehr groß und majestätisch. – Wir ritten sehr bald weiter, das Wetter war nun vollkommen gut und hell, am Abend kamen wir in Wunsiedel an. Die Stadt ist klein, ein Theil der Häuser liegt auf einer Anhöhe, sie hat drinnen ein etwas sonderbares Aussehn. – Wir gaben unsern Brief aus Erlangen beim Bürgermeister Schmidt ab, ein korpulenter, langweiliger Mann; dann gaben wir Turnesi’s Brief beim Bergmeister ab, er war nicht zu Hause, besuchte uns aber gleich nachher in unserm Wirthshause, bat uns am folgenden Tage zu sich zu Tische und machte eine kleine Reise nach Arzberg und den umliegenden Gegenden richtig.
Freitag. Achter Tag.
Sie werden gewiß sich der Stelle im Werther erinnern, wo von der Sucht des Menschen zur Beschränktheit und von seiner Neigung zum Herumschweifen die Rede ist, wie wahr ist diese Stelle und alles übrige im Werther! Auch in Göthens Faust finden sich darüber vortreffliche Gedanken, vielleicht haben wenig Menschen darüber so auffallende Erfahrungen an sich gemacht, als ich. – Wie reizend ist die Idee, in einem kleinen schönen Thal, der Welt und ihren Armseligkeiten abgestorben, zu leben, mit einem Freund am Herzen, der Ruhe im Busen, mit jeder Staude, mit jedem Hügel vertraut zu werden, in einer glücklichen Beschränktheit die Wünsche und Gedanken sich in einem kleinen Zirkel um einen Mittelpunkt drehen zu lassen, – und dann wieder, sich in die Welt, ihre Freuden und Leiden hineinzustürzen! Allen möglichen Genuß zu durchlaufen, die Erde und ihre Schätze zu umschweifen! – – Als ich erwachte, fand ich mein Gemüthe in einer sehr faulen Stimmung, ich hatte nicht im mindesten Lust, die Reisen mitzumachen, ich ließ also Wackenroder fortgehn und schlief noch, nach und nach stand ich auf und ging ein wenig spatzieren. – Die Gegend um Wunsiedel ist gar nicht besonders schön, öde etwas, (nur werden Sie glauben, daß ich meinen Maaßstab von einer schönen Gegend sehr geändert habe, für Berlin und 10 Meilen in die Runde wäre sie gewiß ein Paradies) dann aß ich auf den Mittag beim Bergmeister.
Am Nachmittag ging ich wieder spatzieren. Die Gegend ist um Wunsiedel sehr kalt, die Bäume blühten hier erst, manche hatten kaum erst junges Laub bekommen. Wackenroder war mit dem Bergmeister nach Arzberg und den umliegenden Gegenden geritten. – Auch ich ritt spatzieren, nur eine Viertelmeile weit, nach einem Brunnen bei Wunsiedel, wo für die Brunnengäste sehr gute und bequeme Wohnungen gebaut sind, jetzt aber waren keine Gäste da. Ich ritt bald wieder zurück und spatzierte zu Fuß. Auf einem Berg bei Wunsiedel liegt eine Capelle, oder was es gewesen sein mag, von dort hat man eine sehr schöne, weite Aussicht; hinter Wunsiedel ist eine Gegend, die einige Aehnlichkeit mit der Hölle bei Caila hat, eben so liegen dort große Felsenstücke verwirrt durcheinander einen Berg hinauf, es giebt der Gegend dorthin ein sehr wildes, trauriges Ansehn. – Gegen Abend ging ich zurück, mir war am Tage über die Zeit etwas lang geworden, es gereute mich itzt, daß ich das Arzberger Bergwerk nicht mit besucht hatte. – Wackenroder kam zurück, wir aßen und schliefen.
Sonnabend. Neunter Tag.
Auf einer Reise gehört es mit zu den interessantesten Gegenständen, zu sehen, wie ein Ding, das wir erwarteten, unsrer Erwartung entspricht, oder sie übertrifft, oder tief unter ihr bleibt. Nichts ist so, wie wir es uns vorgestellt haben; worauf wir oft mit zitternder Sehnsucht gehofft haben, besehen wir kalt und ohne Rührung, der blendende Sonnenschein, das entzückende Wunderbare fehlt, womit unsre Phantasie uns lockte. Eben so ist die Erinnerung einer schönen Gegend meistens ein weit reinerer Genuß, als der Augenblick des Genusses selbst; in dieser Rücksicht ist der Mensch ein unglückliches Wesen, er hofft, er hascht nach Genuß, im Genießen fühlt er sich getäuscht, die Fibern seines Gefühls sind erschlafft, die frischen Farben in der Natur fehlen, er hofft im Genuß auf einen Genuß und erinnert sich seiner Freuden mit einer verschönernden Täuschung, die ihn in eine trübe Wehmuth versetzt. – Der Bürgermeister in Wunsiedel hatte uns einen Bothen empfohlen, der auf dem Fichtelberge sehr gut zurecht zu finden wußte, denn Wunsiedel liegt nahe beim Fichtelberg, und dieses Gebirge zu sehen, war eigentlich die Hauptabsicht unsrer Reise gewesen. – Dieser Bothe holte uns schon sehr früh ab. Es war anfangs nebligt und ziemlich kalt, nur an einzelnen Stellen brachen die Sonnenstrahlen durch und malten helle Streifen schön und romantisch in die finstre Landschaft. Wir kamen in Leupoldsdorf an. – Hier wollten wir einen Hammer besehn und trafen einen Mann an, der uns sogleich selbst mit einer trockenen Höflichkeit herumführte, nachher führte er uns auch auf seine Stube und nun erfuhren wir, daß er Commerzienrath und Besitzer des Hammerwerkes sei, wir hörten seinen Nahmen und erfuhren auch, er sei ein Vetter von einem andern Commerzienrath in Bischofsgrün, an den wir von Turnesi einen Brief hatten. Er war sehr höflich, und war es gleich anfangs, ehe er uns kannte, wie denn überhaupt der Charakter der Leute in der hiesigen Gegend vortrefflich ist, man geht hier noch recht patriarchalisch mit einander um. Er traktirte uns mit einem vortrefflichen Schnaps, der uns in der Kälte sehr gut bekam; als wir wegritten, gab er uns auch ein Fernrohr mit, um uns auf der Spitze des Gebirges recht umsehn zu können. – Wir ritten nun weiter und eine Anhöhe hinan, wenn man dort zurücksieht, hat man eine außerordentlich schöne Aussicht. Das Wetter war nun hell und warm geworden; man sah über eine große, grüne Fläche hinweg, mit Bergen und Wäldern besetzt, im Thal unten zwei hellglänzende Seen, an dem einen äußerst mahlerisch Leupoldsdorf, mit krausen Büschen umzäunt, – dabei hatte die Gegend etwas Einsames, düster Melancholisches, die so nahe liegenden Fichtelberge gaben der Gegend ein ernsthaftes, selbst majestätisches Ansehn. – Der Fichtelberg fing nun mit einem schönen Buchenwald an, die Sonne schien morgendlich hinein, jedes Blatt funkelte, die Vögel sangen, die Wiesen dufteten, – dabei die Empfindung der abentheuerlichen Gegend, das Einsame – es war ein göttlicher Morgen! – So wie wir höher kamen, sahen wir zuweilen durch die Bäume die Schönheiten einer fast unermeßlichen Landschaft, die dann im Augenblick wieder unsern Augen entzogen wurden. – Wir merkten bald, daß unser Bothe nicht ganz so gut Bescheid wußte, als man von ihm gerühmt hatte, denn er versuchte bald diesen, bald jenen Weg, aber keiner war ganz nach seinem Geschmack, wir bekamen zwar dabei sehr interessante Waldpartien zu sehn, allein da wir bedachten, daß man in einem so großen Walde leicht einen ganzen Tag herumreiten kann, ohne herauszufinden, war es uns doch unangenehm. Einigemahl kamen wir auf Wege, die wirklich gefährlich waren, es waren eigentliche Steintreppen, die wir mit den Pferden hinaufstiegen. Bald ritten wir rechts, bald links, bald bergunter, bald wieder bergauf. Endlich geriethen wir gar auf einen Weg, der sumpfig war, die Pferde fielen zuweilen recht tief hinein, es ward noch ärger, der Weg war vordem ein Knüppeldamm gewesen, einzelne Stämme steckten in dem Morast, darauf traten die Pferde zuweilen, und stolperten dann gewaltig wieder in den Sumpf vorwärts hinüber, besonders mein großer Rappe, es war im eigentlichsten Verstande halsbrechend; oft sanken die Pferde bis an die Brust in den Koth. Ich wurde auf den Wegweiser sehr böse, denn in einem Sumpf den Hals zu brechen ist zu einem solchen Spaß gerade der unangenehmste Ort von allen. Endlich konnten die Pferde wieder festen Fuß fassen, wir standen in einem kleinen Thal, von Felsenstücken und dichtem Walde ringsum eingeschlossen, der Weg ging nicht weiter mit. Der Wegweiser, wir und die Pferde sahen sich verdrüßlich um, ich sagte unserm Bothen: Lieber Freund, weißt er allen Leuten so den Weg? – Oh ne! – Wir sind ganz verirrt. – Ja wohl, das ist das erstemal in meinem Leben. – In dem verfluchten Wege muß man ja den Hals brechen. – Ja freilich. – Was werden wir denn nun anfangen? – Das weiß Gott. – Wir müssen wieder zurück! – Ja wohl. – Und alles das mit der größten philosophischen Kälte; so böse ich war, mußte ich doch über den sonderbaren Menschen lachen. Da wir aber beide nicht Lust hatten, unsern Hals noch einmal beim Rückwege zu wagen, so stiegen wir ab, und gaben dem Bothen die Pferde zu führen, so konnten sie sich besser auf den Beinen erhalten, und stürzten sie ja, so stürzten wir doch nicht mit, ein Egoismus, der ganz natürlich und vernünftig ist. – Wir kamen durch den Weg weiter zurück, wo ich einigemale auf einem Seitenfußsteige bis an die Knie in den Sumpf sank, auf einer kleinen, waldumschlossenen Ebene machten wir wieder Halt und hielten großen Kriegsrath, der Bothe bat uns förmlich um Verzeihung und ging in den Wald um einen Ausweg zu suchen. – Unsre Situation war äußerst abentheuerlich, ich saß auf einem Stein, die Pferde grasten nach ihrer Strapaze, Wackenroder saß neben mir, ein todter, stiller Wald war um uns her, die ganze Natur wie ausgestorben, kein Laut, so weit unser Ohr reichte, – und das alles ziemlich tief in den unbewohnten, menschenleeren Fichtelbergen. Ich schlug ganz leise mit meinem Stock auf einen Stein, und es dröhnte tief das Thal und den Wald hinab und gab ein lautes Echo. Ich hätte viele Stunden mit Vergnügen so dasitzen können, einzelne zerstreute Felsenstücke um mich her, machten das Ganze noch wilder und abentheuerlicher. Der Bothe hatte einen Weg entdeckt, wir stiegen zu Pferde und ritten ihn, so gut wir konnten, denn höchst wahrscheinlich hat da noch kein Mensch geritten, höchst wahrscheinlich ist da noch kein Pferd geritten worden und zu wünschen ist, daß hier nie in der Folgezeit Niemand unser Beispiel nachahmen möge. – Wir ritten immer bergan, besonders merkwürdig war mir eine ganz steile Treppe von lauter abgebrochenen Klippen, wo wahrscheinlich sich irgend einmal ein Waldstrom in voller Wuth herabgeworfen hatte, – hier ward es den Pferden sehr sauer, und ich machte mich in jedem Augenblick gefaßt, meinen theuern Hals zu brechen, – auch über diese Gefährlichkeit hat uns der Herr geholfen, welches aber auch nicht mehr als seine Schuldigkeit war, da er ja auch die infame Treppe gemacht hatte. – Wir ritten noch lange Zeit und kamen an eine verschüttete Zinngrube, fast auf dem Gipfel eines Berges, an eine kleine, einsame Hütte, in welcher die Leute wohnten, die ehedem in dieser Zinngrube gearbeitet hatten. – Hier ist ein vortreffliches Zinn gewonnen worden, fast so gut, wie das Englische, da aber der Bergbau hier im Bayreuthischen nicht genug befördert wird, so ist sie leider ganz eingegangen. Ich habe es schon oft in sehr alten Büchern gelesen, es ist auch schon eine alte Volkstradition, daß der, der sich darauf verstehe, in den Fichtelbergen viele Arten von Edelsteinen finden könne, – dies soll, wie ich wieder in Bayreuth für ganz gewiß hörte, nichts weniger als ein Mährchen sein, – fast alle Jahre sollen Italiener, die mit Hecheln, Mäusefallen u.s.w. herumgehn, sich in den Fichtelbergen herumtreiben, sich Schachten in die Erde machen, und mit vielen Steinen bepackt zurückgehn. (Spieß hat hierauf einen seiner neusten und abgeschmacktesten Romane gegründet: der Mäusefall- und Hechelkrämer. Kennen Sie das Zeug? – Die Gegenden des Fichtelberges, die er aus der Phantasie beschreibt, sind dort gar nicht zu haben.) In dieser Hütte stiegen wir ab, weil wir hier einen andern Bothen bekommen sollten, uns in den Bergen selbst herumzuführen, unser jetziger aber sollte die Pferde nach Bischofsgrün bringen. Mich hungerte ganz außerordentlich, ich bat die Leute daher um Brodt und Butter, beides erhielt ich sehr gut. – Wir setzten uns damit in’s Gras an einen kleinen Teich, die Pferde graseten um uns her, der Bothe aß mit uns, – dabei hatten wir vor und hinter uns eine weite Aussicht, aber nichts als Berge mit Fichtenwäldern bedeckt, unter denen der Schneeberg und der sogenannte Ochsenkopf wie Riesen standen. Es war außerordentlich einsam und romantisch, die kleine Hütte besonders machte in der großen, wilden Landschaft einen wunderbar melancholischen Effekt. – Als wir eben zu essen aufhören wollten, kamen an der andern Seite eine Menge Leute den Berg hinauf, – in der Einsamkeit hier hatt’ ich nichts weniger vermuthet, sie hatten einige Forsten ausgemessen und betrachteten uns, als wenn wir wahre Wunderthiere wären, ohne eben doch dabei unhöflich zu sein, der eine von diesen Leuten war vorzüglich neugierig und fragte uns sehr viel, wir sagten ihm, soviel ihm deutlich sein konnte. – Als ich den Leuten etwas Geld geben wollte für ihre Butter, wollten sie gar nichts annehmen, so arm sie auch waren, ich mußte sie fast dazu zwingen. – Aus der Gesellschaft hatte sich ein Bauer, als ein der Gegend kundiger Mann, zu uns gesellt, diesen nahmen wir mit, um uns herumzuführen, die Pferde blieben in der Gesellschaft unsres ersten Bothen, der ihnen die Wege nach Bischofsgrün wieß. – Die Gesellschaft stritt lange, ob der Schneeberg oder der Ochsenkopf höher wären, einige riethen uns diesen, andre den andren Berg zu ersteigen, ich schloß daraus, daß sie wenigstens gleich hoch sein müßten, und so wählten wir den Ochsenkopf, weil wir auf dem Wege dahin noch andre Merkwürdigkeiten fanden. Der Bauer, mit dem wir nun gingen, war ein sehr sonderbarer Kerl, äußerst phlegmatisch und dumm, dabei aber sehr gutmüthig. – Wir kamen an den Fichtelsee, eine sehr merkwürdige Gegend. – Es ist eigentlich ein ziemlich großes Thal, ringsum von Bergen eingeschlossen. Der Regen und der Schnee können also hier nicht ablaufen und haben daher seit undenklichen Zeiten hier einen See gebildet. Dieser See hat nun schon seit lange einen Sumpf gebildet, der mit kleinen Fichtenbüschen bewachsen ist, die nie größer werden können, des Morastes wegen, in dem sie stehen: über diesen Sümpfen sind Stangen gelegt, so daß man so meistentheils mit einiger Mühe hinübergehen kann, ausgenommen dann, wenn der Schnee geschmolzen ist, oder wenn es lange geregnet hat. – Der Bauer hieb mit seiner Axt zwei kleine Bäume um, und gab sie uns, um uns daran festzuhalten, mit der Entschuldigung, er könnte sie in der Eil nicht schöner machen. – So viel ich habe bemerken können, hat das südliche Deutschland wirklich mehr Gefühl für die Kunst, als das nördliche, nur daß dies Gefühl auf bizarre, barocke Gegenstände durch Zufälligkeit gelenkt ist, aber die Leute wollen hier alles ausschmücken und schön machen, was sie besitzen; die Häuser werden angemahlt, die Körbe zierlich geflochten, ihre Ochsen sind mit buntem Leder geschmückt. Auch die hiesigen Gefäße sind recht geschmackvoll, die Körbe, die auf dem Rücken getragen werden, haben die Form der Urnen, Milchkannen und Wasserbehälter sehn fast ganz aus wie die hetruscischen Gefäße. – Als wir über den See gekommen waren, fingen wir sogleich an, den Berg zu steigen. – Auf einer ziemlich hohen Anhöhe fanden wir wieder eine einsame Hütte, die ein vormaliger Bergmann bewohnte, es schien ein Mensch von Verstande zu sein, er machte eben über einem Feuer Experimente mit Metallen, und behauptete, man könnte in den Fichtelbergen ein sehr ergiebiges Goldbergwerk anlegen. – Wir sahen auch die Quelle des Mains, auch die Saale entspringt dort. Wir fanden nachher einen kleinen Fluß, und fragten unsern Führer nach seinem Namen, er sagte sehr ernsthaft: er schreibt sich halt auch der weiße Main. – In der dortigen Gegend giebt es Kinder, die wenn sie noch nicht gehen können, sich schon Karl oder Fritz schreiben, wenigstens antworten die Eltern immer so, wenn man nach ihren Namen fragt. – Je höher wir kamen, je wilder ward die Gegend, sehr alte Bäume waren schon ganz verweßt, alles außerordentlich finster und melancholisch, nach und nach fanden wir mitten im Walde große Felsenwände stehen, die immer größer wurden, je höher wir kamen, weit schöner als die in Sans pareil. Manche davon hatten fast ein fürchterliches Ansehn. Endlich kamen wir auf den Gipfel des Ochsenkopfes. Wir hatten schon unterwegs vielen Schnee gefunden, oben lag noch sehr viel; auf dem Gipfel war nichts, als wild durcheinandergeworfene Klippen, die dem Berge oben ein sehr sonderbares Ansehn gaben. Es war oben ziemlich kalt. – Man sahe ganz außerordentlich weit, nach Böhmen, in die Pfalz tief hinein, – nur, was ich auf hohen Bergen schon so oft empfunden habe, – die Gegend machte fast gar keinen Eindruck auf mich, denn das, was ich von eigentlicher Gegend sahe, war so beschaffen, wie ich es unendlich oft gesehen habe, das übrige waren Streifen und Schattenbilder, die mit der Luft zusammenflossen. Ich wurde es auch sehr bald überdrüssig. – Unser Wegweiser suchte sehr emsig indeß umher, denn er wollte uns gern das Portrait des Ochsenkopfs zeigen, (wie er es nannte,) welches die Natur auf einer der höchsten Spitzen hier sehr anfängermäßig hergezeichnet hat, und von dem der ganze Berg den Namen hat. – Wir gingen nun auf einem sehr sonderbaren Weg nach Bischofsgrün hinunter. Kein Weg aber beim Hinauf- und Hinuntersteigen war so gefährlich, als der sumpfige Weg gewesen war, sodaß wir ordentlich bequem hätten hinaufreiten können. – Es war schon über 3 Uhr, als wir in Bischofsgrün ankamen. Wir aßen und unser erster Wegweiser bot sich an, uns und unsre Pferde zu bedienen, er bat auch noch einmal um Verzeihung. Der Wirth hatte 2 sehr hübsche kleine Jungen, die sehr dreist immer bei uns blieben, und viel dummes Zeug machten.
Nachmittag gingen wir zu einem gewissen Commerzienrath (er ist schon bei Leupoldsdorf erwähnt,) an den wir von Turnesi einen Brief hatten. – Das Dorf liegt wirklich schön, nur zu einsam und melancholisch am Fuß des Fichtelberges, sehr kalt ist es hier, etwas, das mir allein schon die schönste Gegend verleiden könnte. – Der Commerzienrath war sehr freundlich, er bot uns sein Lager auf die Nacht an und wir machten gar nicht viel Umstände, weil das Wirthshaus im Dorfe äußerst schlecht war. – Sein Factor war zu unserer großen Freude gerade der Mensch, der unter der großen Gesellschaft, die uns bei der Bergmannshütte fand, uns am neugierigsten ausgefragt hatte. – Dieser führte uns herum, er zeigte uns einen Drahthammer, und eine Knopfmanufactur, in welcher kleine gläserne Hemdsknöpfe von allen Farben gearbeitet werden, sie sind hier äußerst wohlfeil und manche davon werden dann um vieles theurer von andern Kaufleuten als bernsteinerne verkauft, weil sie gerade so aussehn. – Wir fanden ein sehr gutes Abendessen und hatten vorher schon sehr guten Werthheimer getrunken, der Mann war sehr vernünftig, nur etwas roh und sehr natürlich erstreckte sich seine Vernunft nicht weit über die Gränzen seines Guts, die Franzosen haßte er ganz ungemein. – Man wieß uns nachher in ein sehr gutes Zimmer, wo wir ganz außerordentlich schöne Betten fanden. – Wir sahen noch lange aus dem Fenster, es war eine prächtige Nacht, die finstere, einsame Gegend lag sehr romantisch vor uns, sehr ernst sahe der Mond auf sie herab, majestätisch blickte der Fichtelberg über die ganze Gegend hin, – der Anblick goß eine unbeschreibliche Ruhe in die Seele. – Wir schliefen nachher sehr gut.
Sonntag. Zehnter Tag.
Wir standen später auf, als wir es uns vorgenommen hatten. Wir frühstückten und gingen dann in unser Wirthshaus zurück, wo wir ganz außerordentlich viel bezahlen mußten, denn der hiesige Wirth ist seiner Unverschämtheit wegen in der ganzen Umgegend bekannt. – Wir hatten beschlossen noch Culmbach zu sehen und machten uns nun dahin auf den Weg. Unterwegs begegneten uns sehr viele Leute, ganze Dörfer in der größten Andacht, die zur Kirche gingen. – Wir ritten einen Berg hinauf, und als wir oben waren, hatten wir eine bezaubernde Aussicht. Berneck (bei dem wir schon einmal gewesen waren) lag tief unter uns, mit seinen Gärten und Hecken, man sahe in alle Straßen hinein, gegenüber auf den Bergen die alten Ruinen. Rechts und links die schönsten, die romantischsten Thäler. – Wir stiegen ab und erstiegen nun die Ruinen. Sie gehören zu den größten und sonderbarsten, die ich noch bis itzt gesehen habe, es sind 2 Schlösser und eine Capelle. – Das eine Schloß hat einen Thurm, wie ihn fast alle Schlösser hatten, der gerade in die Höhe steigt, ganz rund und senkrecht gebaut ist, ohne Thür und Fenster, aber ohne Dach, man stieg in solche Thürme mit angesetzten Leitern hinein und vertheidigte sich dann. Unten waren Steine herausgebrochen und ich kroch hinein. – Es ist eine seltsame Empfindung, so eng zwischen hohen Mauern zu stehn, über sich den blauen Himmel und die vorüberschwebenden Wolken. In der Länge wird es äußerst ängstlich. Nachher bestiegen wir die gegenüberliegenden Ruinen, sie sind noch weit schöner und man hat links und rechts göttliche Thäler! – Diese Gegend hier ist die schönste, die ich auf der ganzen Reise gefunden habe. – Wir mußten dann ziemlich lange auf einen Bothen warten, denn der nähere Weg nach Culmbach war schwer zu finden, er ging über die Wiesen und sollte des Wassers wegen, durch das man reiten mußte, sogar etwas gefährlich sein. Endlich erschien er. – Der Weg hinter Berneck blieb fast immer gleich romantisch, nur wird die Gegend immer sanfter, ihr Charakter wird immer mehr reizend, je mehr man sich von Berneck entfernt, die Größe, die man dort findet, verliert sich sehr bald. – Wir kamen nach Himmelskron, man kann die Gegend hierherum göttlich nennen, ich habe noch wenig so Süßes gesehn, als die Lage dieses Dorfes, dabei eine sehr weite Aussicht. – Hier ist eine sehr alte, merkwürdige Kirche im Dorfe, ich sahe hier das Grabmahl der Gräfin, die aus Liebe zu Albrecht dem Schönen ihre beiden Kinder umbrachte, in der Kirche stehn auch noch Statuen von Rittern, die sehr alt zu sein scheinen und für das genauere Studium des Mittelzeitalters gewiß sehr wichtig sind. – Hier war sonst die größte und schönste Allee in Deutschland, aber seit einem Jahre ist sie umgehauen. – Hinter Himmelskron wird die Gegend noch schöner, der Bothe verließ uns hier. – Wir kamen einen ziemlich hohen Berg hinan, aber hielten nie still und sahen nicht einmal zurück. Von dort aus ist die Gegend wirklich unbeschreiblich schön, eine Menge sanfter Anhöhen umher, mit den schönsten Bäumen bewachsen, im Thale kleine Wasser, mit Gebüschen umkränzt, ganz in der Ferne die Fichtelberge. – Vor Culmbach kamen wir durch einen prächtigen Wald, die Vestung sieht man schon lange vorher. – Die Kirche liegt außerhalb den Thoren der Stadt und wir kamen gerade an, als die Leute aus der Kirche kamen, ich wußte sehr lange nicht, was das Gedränge zu bedeuten hatte. – Wir stiegen in einem ziemlich guten Wirthshause ab. –
Wir ließen uns bald frisiren und zogen uns an, um die Stadt besehn zu können. – Ich sahe mehrere französische Officiere, denn diese wohnen in der Stadt, die Soldaten aber auf der Vestung; alle sahen sehr gut aus, schöne, wohlgewachsene Menschen, meistens mit einem feinen Ansehn. Ich ging auf ein Cafféhaus, auf welchem sie sich immer aufhalten sollten, indessen heut’ waren sie gerade nicht dort, sie hatten sich mit den preußischen Officieren erzürnt, die auch dort hinkamen. – Culmbach ist eine sehr niedliche, kleine Stadt, sie ist weit kleiner als Erlangen, aber regelmäßig gebaut, fast allenthalben sieht man die schönen Berge vor der Stadt, in der Hauptstraße kann man fast durch beide Thore sehen. – Wir gingen spatzieren. – Die Gegend um Culmbach ist göttlich, nach Berneck auf unsrer ganzen Reise die schönste. Es liegt in einem Thal, links von einem Amphitheater von Bergen eingeschlossen, rechts eine große Ebene von Hängeweiden und schönen Bergen begränzt. – Am Abend suchten wir den Meyer auf, der uns bis Sans pareil begleitet hatte; er wohnt hier in Culmbach und versprach, uns am folgenden Morgen auf die Vestung zu führen, die die Plassenburg heißt. – Die Franzosen betragen sich sehr gut, und werden fast allgemein geliebt, ein Major und ehemaliger Graf hilft oft freiwillig Wasser tragen und die Straße rein machen, man findet es sehr niederträchtig, ich kann es gerade nicht groß finden, aber es ist doch sehr vernünftig und beweißt, wie tief bei den Franzosen die Idee der Gleichheit schon in der Seele liegt. – Wir trieben uns nachher noch etwas herum, aßen mit einigen einfältigen preußischen Officieren und gingen dann schlafen. –
Mondtag. Eilfter Tag.
Meyer holte uns am Morgen ab. Wir stiegen auf die Vestung hinauf, die ziemlich hoch liegt. Die Gegend von dort aus ist außerordentlich schön. Wir gingen dann in einen Hain, der auf dem Berge nicht weit von der Vestung liegt, ich habe noch fast nichts so schönes gesehen, ein kleiner Wald mit Gängen, die alle äußerst romantisch sind, und alle Augenblicke hat man dann eine göttliche Aussicht durch die Bäume. Besonders schön war es, als wir herumgingen und uns auf die Spitze eines Berges stellten, der die ganze Gegend übersieht, hier und bei Berneck und der Roßtrappe sind die schönsten Gegenden, die ich bis itzt kenne. – Nachher gingen wir zur Vestung zurück und besuchten den Hof, auf welchem die gefangenen Franzosen wohnen. Es waren fast alle sehr schöne Menschen, groß und stark, viele ehemalige Edelleute waren darunter. Fast alle waren sehr lustig und aufgeräumt. Ich sprach mit einigen, es waren sehr vernünftige Leute. Sie leben hier im Ganzen sehr angenehm. – Wir stiegen dann wieder auf unsre Pferde. In Thurnau hielten wir, denn hier ist ein Gräflicher Garten, den man besehen darf, er hat einige sehr angenehme Gänge, sehr viel besonders ist nicht daran. – Dann kamen wir wieder in Zwernitz oder Sans pareil an, wir durchliefen noch einmal den Garten und aßen dann. –
Nachmittag ritten wir weiter. – Die Gegend einestheils schlecht, theils schön. – Die Sonne ging grade unter, als wir oben auf dem Berge über Streitberg hielten, es war ein göttlicher Anblick über die großen, schönen Thäler hin. – Wir legten uns bald schlafen, denn wir waren müde.
Dienstag. Zwölfter und letzter Tag.
Sie werden bemerkt haben, daß mein Geschwätz etwas weniger weitläuftig geworden ist, und ich glaube, Sie werden mir es danken. – Wir gingen bald am Morgen auf einem sehr schönen Wege nach Muggendorf, wo in der Nähe sich die merkwürdigen Hölen finden. Rosenmüller hat dazu eine ganz neue entdeckt, voll von merkwürdigen Tropfsteinfiguren, wir sahen diese und noch 3 andre, wo wir zuweilen tief und unbequem kriechen mußten. – Dann ritten wir nach dem Mittagsessen ganz langsam nach Erlangen zurück. –
Wir fanden wieder, wie beim Ausreisen vortreffliche Gegenden, aber gegen die andern, die wir gesehn hatten, kamen sie uns doch oft sehr gemein vor. – Es war schon finster, als wir noch eine halbe Meile von Erlangen entfernt waren. Die Lichter aus dem Dorfe Rathsberg vom Berge herunter machten einen äußerst romantischen Effekt. – Müde kamen wir in Erlangen spät an, tranken Chokolade und legten uns schlafen. –
Hier haben Sie also weitläuftig die Beschreibung unsrer Reise, sehn Sie den ganzen langen Brief als eine einzige Entschuldigung an, daß ich Ihnen nicht eher geschrieben habe. Leben Sie recht wohl und schreiben Sie mir bald, bleiben Sie gesund und mein Freund. – Und noch ein einziges Wort mit meiner Schwester:
Liebe Schwester, verzeihe auch Du mir, daß ich Dir in solanger Zeit nicht geschrieben habe, ich habe dafür beständig an Dich gedacht, das wirst Du mir glauben, – ich gebe auch nicht die Hoffnung auf, Dich bald einmal wieder zu sehn. – O könnt’ ich, statt zu schreiben, Dich und meinen lieben Bernhardi in meine Arme drücken! – Nächstens schreib’ ich Dir gewiß recht viel, und Du kannst ja auch diesen Brief als eine recht lange Epistel an Dich ansehen, nur sei nicht traurig, such’ Dir doch irgend eine Bekanntschaft, die gut ist, geh’ öfter aus, kurz bleibe mir gesund. – Sei überzeugt, daß ich Dich liebe und ewig lieben werde. – daß wir einst gewiß nur zusammen leben, darum bleibe gesund. – Könnt’ ich Dich doch bald sehen. –
Dein Dich beständig liebender Bruder
Tieck.
Und nun, liebster Freund, noch ein paar Zeilen für Sie allein. – Ich schicke Ihnen die Beschreibung des Kupfers zum Abdallah mit, lassen Sie doch den Titel so drucken: Abdallah, oder das furchtbare Opfer. – Ich danke Ihnen für die Mühe, die Sie meinetwegen gehabt haben, ich danke Ihnen tausend Mahl! Ich danke Ihnen auch für Ihren freundschaftlichen Brief, ich hatte lange auf etwas von Ihrer Hand gehofft. Klagen Sie doch nicht so, es thut mir immer im Herzen weh, Sie hätten auf ein Vierteljahr hierherreisen sollen, die schönen Gegenden mit mir besuchen, o Sie wären gewiß gesunder und gewiß frölicher geworden! – Lassen Sie alle die Armseligkeiten umher nicht so nahe an Ihr Herz treten, sehen Sie sie mit Kälte an, – man müßte ja verzweifeln, wenn jeder kleine Mensch, jede Kläglichkeit einen unglücklich machen könnte, ich bin itzt darin stärker als je, und ich bin überzeugt, gewonnen zu haben. Man muß sehr kalt werden gegen so etwas, denn welche Empfindung bleibt Ihnen dann übrig, wenn Sie im Großen die Infamie über die gute Sache triumphiren sehn? –
Darf ich Sie wohl bitten etwas, wenn es möglich ist, auch für den unglücklichen Alla-Moddin zu thun? Er verdient es nicht, ich gestehe es, indeß – Mundus vult decipi. –
Haben Sie nichts geschrieben? Nächstens schicke ich Ihnen etwas zu den kleinen Stücken: wahrscheinlich den Philopömen.
Noch eine Bitte: Ich muß Sie recht sehr ersuchen, im Abdallah nichts zu ändern, ich will das Schlechte auf meine Rechnung nehmen, ich bin, so viel ich mich erinnere, mit dem Stil im Ganzen zufrieden, ein Fremder kann so leicht den Ton und Zweck des Verfassers verfehlen, es sieht dann noch weit geflickter aus, bloß deswegen bitte ich Sie recht sehr darum, es macht sonst noch weniger ein Ganzes, als itzt. Zu dieser Bitte veranlaßte mich noch mehr die Lesung der Emma. Ich gestehe, daß das Ding nichts werth ist, aber manches ist jetzt ausgelassen, oder anders gestellt, was es durchaus unförmlich macht. Am auffallendsten war es mir, daß der eine Abschnitt durchaus weggestrichen war, in welchem Löwenau in seiner Leidenschaft sich selbst eine Menge Gründe und Entschuldigungen vorsophistisirte, das motivirte doch etwas den Gang der Begebenheiten, aber itzt ist alles ein Räthsel, und muß nothwendig jedem Leser unbegreiflich bleiben. Einzelne Kleinigkeiten, deren ich mich nicht mehr erinnere so lebhaft als dieses Umstandes, fehlen auch, besonders in den letzten Bögen, das ahnen für ahnden kömmt gewiß von Ihnen. Wieland ist fast der einzige Schriftsteller, der diesen Unterschied macht, der im Grunde unnöthig ist, mir klingt es immer unangenehm, beide Bedeutungen des Worts fließen aus einer Grundbedeutung und es ist gewiß nur ein Wort. – Doch, verzeihen Sie.
Jetzt will ich Ihnen noch einen Vorschlag thun. Damit wir uns öfter schreiben und damit unser Briefwechsel auch für Sie etwas mehr Interesse bekommt, will ich Ihnen shakspearsche Briefe schreiben, das heißt nicht solche Briefe, wie Shakspear sie vielleicht seinen Freunden geschrieben hat, sondern ich will Ihnen manches, was ich über Sh. denke, in Briefen mittheilen, es wird zwar nicht viel neues darunter sein, aber Sh. interessirt Sie doch vielleicht noch eben so sehr als sonst, und darum werden Sie um des Dichters willen, die Anmerkungen über ihn verzeihen. So wollen wir zusammen die Stücke in der Ordnung lesen, in der er sie wahrscheinlich geschrieben hat. Wollen Sie also im Voraus Titus Andronikus und Der Liebe Müh ist umsonst lesen, und mir dann schon vorher Ihre Meinung über diese Stücke mittheilen? Nächstens schreib’ ich Ihnen etwas darüber. – Herr Rambach hat ja den ganzen Sh. es ist Ihnen also leicht jeden Theil zu bekommen.
Antworten Sie mir recht bald, damit ich sehe, ob Sie das viele Geschwätz verziehen haben
Ihrem aufrichtigen ewigen Freunde,
Tieck.
Erlangen.