[Grüningen, nach Mitte März 1795?]
p[er] Expr[essen].
Am gastfreysten Tische in der Welt sitz ich hier, um Ihnen Stof zum Lachen und zum Lügen zu geben. Schwach ist der Sterblichen Herz – es bedarf der duldsamen Freundschaft. Ich, Fridrich von Hardenberg ad act. jur. nahe mich demüthig dem wolthätigsten Altar dieser vorbesagten Göttin und flehe um Nachsicht und um Entschuldigung. Denken Sie nur an, es ist hier ein so tiefer Schnee gefallen, daß man ohne Lebensgefahr nicht aus dem Hause kann. Muthwillig sein Leben zu wagen ist nicht die Sache eines klugen Mannes. Viele frohe Stunden haben noch Ansprüche auf mich – Ich bin kranck obendrein – Merken Sie, wohin ich will – Ihr Compaß ist untrüglich – Ich will nicht – ich will – ich will nicht – ich will – ich muß, ich darf, ich kann – hier bleiben. Hier bleiben, werden Sie sagen, das hab ich mir vorgestellt. Es ist nun nicht anders. Was ich kann, das will ich, und was ich will, das kann ich – Wer kann wider sein Schicksal – Ich gehöre zu den Deterministen – Mein Schicksal ist so complaisant dismal – ein andermal nicht – ich muß seine gute Laune benutzen, da es sonst oft sehr schief und mürrisch aussieht.
Aber – Wie?
Glauben hab ich unerschütterlich zu Ihrer Erfindungskraft – noch mehr zu Ihrer Freundschaft. Bey dem guten, lieben Onkel bin ich leicht zu entschuldigen, aber in Gebesee? Bey Ihnen ist nichts unmöglich. Ich lege für Lindenau ein paar Zeilen bey. Fragen Sie mich jezt nach nichts – ich lebe, als hätt ich nie gelebt – in ungestörten Frieden, und im süßesten Vergessen aller Sorgen. Mein Nachtjäckchen hat sehr gefallen und Ihre Freundschaft und Geschmack ist der wärmste Gegenstand unsers Gesprächs gewesen. Gestern Abend müssen Ihnen die Ohren geklungen haben – Doch ich muß aufhören – sonst schwazt ich stundenlang.
Geben und Nehmen.
Eins von beyden ist jedes Menschen Bestimmung. Sie gehören zu dem Ersten, ich zu dem Lezten vor der Hand. Ich hoffe auf die Zeit, wo wir unsre Rollen tauschen können.
Leben Sie wol, unerschöpfliche Freundinn meines bessern Selbst.
Ihr
Freund
Fridrich von Hardenberg.
Lindenau hab ich von einem bösen Hals geschrieben. Er weiß, wo ich bin. Die Tennstedter hättens doch verrathen.
Mündlich 8 Tage hintereinander erzählt.
Dem Neumüller müßte wohl [ein] Wörtchen von meinem längern Außenbleiben gesteckt we[rden. Selm]nitzens kommen Morg[en] od[er] Uebermorgen.
p[er] Expr[essen].
Am gastfreysten Tische in der Welt sitz ich hier, um Ihnen Stof zum Lachen und zum Lügen zu geben. Schwach ist der Sterblichen Herz – es bedarf der duldsamen Freundschaft. Ich, Fridrich von Hardenberg ad act. jur. nahe mich demüthig dem wolthätigsten Altar dieser vorbesagten Göttin und flehe um Nachsicht und um Entschuldigung. Denken Sie nur an, es ist hier ein so tiefer Schnee gefallen, daß man ohne Lebensgefahr nicht aus dem Hause kann. Muthwillig sein Leben zu wagen ist nicht die Sache eines klugen Mannes. Viele frohe Stunden haben noch Ansprüche auf mich – Ich bin kranck obendrein – Merken Sie, wohin ich will – Ihr Compaß ist untrüglich – Ich will nicht – ich will – ich will nicht – ich will – ich muß, ich darf, ich kann – hier bleiben. Hier bleiben, werden Sie sagen, das hab ich mir vorgestellt. Es ist nun nicht anders. Was ich kann, das will ich, und was ich will, das kann ich – Wer kann wider sein Schicksal – Ich gehöre zu den Deterministen – Mein Schicksal ist so complaisant dismal – ein andermal nicht – ich muß seine gute Laune benutzen, da es sonst oft sehr schief und mürrisch aussieht.
Aber – Wie?
Glauben hab ich unerschütterlich zu Ihrer Erfindungskraft – noch mehr zu Ihrer Freundschaft. Bey dem guten, lieben Onkel bin ich leicht zu entschuldigen, aber in Gebesee? Bey Ihnen ist nichts unmöglich. Ich lege für Lindenau ein paar Zeilen bey. Fragen Sie mich jezt nach nichts – ich lebe, als hätt ich nie gelebt – in ungestörten Frieden, und im süßesten Vergessen aller Sorgen. Mein Nachtjäckchen hat sehr gefallen und Ihre Freundschaft und Geschmack ist der wärmste Gegenstand unsers Gesprächs gewesen. Gestern Abend müssen Ihnen die Ohren geklungen haben – Doch ich muß aufhören – sonst schwazt ich stundenlang.
Geben und Nehmen.
Eins von beyden ist jedes Menschen Bestimmung. Sie gehören zu dem Ersten, ich zu dem Lezten vor der Hand. Ich hoffe auf die Zeit, wo wir unsre Rollen tauschen können.
Leben Sie wol, unerschöpfliche Freundinn meines bessern Selbst.
Ihr
Freund
Fridrich von Hardenberg.
Lindenau hab ich von einem bösen Hals geschrieben. Er weiß, wo ich bin. Die Tennstedter hättens doch verrathen.
Mündlich 8 Tage hintereinander erzählt.
Dem Neumüller müßte wohl [ein] Wörtchen von meinem längern Außenbleiben gesteckt we[rden. Selm]nitzens kommen Morg[en] od[er] Uebermorgen.