[Weißenfels, Mitte Juni 1796]
Nicht ohne heftige Beunruhigung wage ich einen lange gefürchteten Schritt. Längst schon würde ich ihn gethan haben, wenn nicht mehrere ungünstige Umstände sich dagegen vereinigt hätten. Alle meine Hoffnung beruht auf Deiner Freundschaft und Theilnahme. Es ist nichts unrechtes, was mir auf dem Herzen liegt; aber etwas, worüber Eltern und Kinder so oft nicht übereinstimmen. Sehr viele Stimmen in meinem Herzen sagen mir zwar Trost und Beruhigung zu, aber je mehr auf dem Spiele steht, desto ängstlicher sieht man dem Zeitpunkt der Entscheidung entgegen. Ich weis, daß Du ganz herablassender Freund Deiner Kinder seyn willst – aber Du bist Vater und oft widerspricht selbst die väterliche Liebe der Neigung des Sohns. Sobald ich mich zusammennehme, so verschwindet freylich diese Besorgniß meistentheils, denn nur dann würde mir Deine Liebe entgegenstehn, wenn ich weder Verstand noch Herz zu rathe ziehn wollte, und den Abgrund meines eignen Unglücks graben. Dies ist aber hier wol nicht der Fall.
Ich habe mir ein Mädchen gewählt. Sie hat wenig Vermögen und ob sie gleich von Adel ist, so ist sie doch nicht stiftsfähig. Es ist eine Fräulein von Kühn. Ihre Eltern, von denen nur die Mutter die Rechte ist, wohnen in Grüningen, einem Gute bey Weißensee. Abgerechnet auch meine Verhältnisse, so würde ihre Jugend schon einen nahen Heurathsplan unrathsam machen. Von ihrem persönlichen Werth ziemt mir nicht ein entscheidendes Urtheil zu fällen, und ich muß mich für jezt begnügen, theils die allgemeine Stimme ihrer nähern Bekannten, theils die vorzüglichere Stimme unpartheyischer Männer für sie anzuführen, im Ganzen aber auf eigne Prüfung zu provoçieren. Ich habe sie bey einer Expedition in ihrem väterlichen Hause kennen gelernt. Sehr langer, sehr aufmercksamer Umgang mit dieser Familie befestigten meine Wahl. Lange blieb mir die gegenseitige Wahl zweifelhaft, ohnerachtet ich das Zutraun und die Freundschaft der ganzen Familie genoß; doch glaube ich jezt derselben versichert zu seyn, besonders wenn Deine Einwilligung Sofiens Besorgnissen ein Ende macht. So fest sie an Ihren Eltern hängt, so fest wünscht Sie mich an den Meinigen hängen zu sehn, und wird ohne gewisse Ueberzeugung Deines Beyfalls sich sicher nicht ausdrücklich für mich decidiren.
Längst schon würde ich Dein Zutraun und Deine Einwilligung gesucht haben; aber seit Anfang November ist Sofie gefährlich krank gewesen. Ein paarmal war fast alle Hoffnung verschwunden und noch jezt siecht sie und erholt sich nur langsam. Du kannst Sie mir jezt zum zweytenmale schenken, und mir damit eine Ruhe wiedergeben, die sich seit langer Zeit aus meiner Seele verlor. Ich flehe nur um Deine Einwilligung und Autorisation meiner Wahl. Die Ausführung des Plans steht noch zu weit ab, als daß ich ein Wort darüber verlieren sollte. Möglichkeiten seh ich – ich überlasse Sie der gütigsten Hand auszubilden und thue nur meinerseits das, was ich dazu durch Fleis, Treue und Wirthschaftlichkeit thun kann. Auf diesem Wege hoff ich einen Lieblingswunsch am ersten erfüllt zu sehn.
Mündlich mehr. Ich erwarte nur Liebe von Dir. Es hängt von Dir ab, diese Periode zur Glücklichsten meines Lebens zu machen. Dann hab ich Dir, außer Leben und Erziehung, auch noch das zu danken, was dem Leben so einen einzigen Reitz in seiner Art giebt – Ich läugne es nicht – meine Liebe und Dankbarkeit gegen Dich werden noch zunehmen. Es ist wahr, mein Wirkungskreis wird durch diese Parthie äußerlich eingeschränkt – aber ich rechne für die Zukunft ein wenig auf meinen Kopf und meinen Ehrgeitz – und für die erste Zeit auf Sofieens Verstand und gute Wirtschaft. Sie ist nicht groß erzogen – Sie wird mit wenigem zufrieden seyn – ich bedarf nur, was Sie bedarf. Ich weis gewis unser gemeinschaftliches Leben gewinnt an Zutraulichkeit unendlich, denn ich bin Deiner Freundschaft auf ewig versichert. Wie werden sich meine ältern Geschwister freun, die so theilnehmend an der Ruhe meines Lebens hängen. Gott segne diese wichtige, so ängstlich durchharrte Stunde. Was Du meynst, wird gut seyn, aber freuen kann mich nur Deine freundliche, einwilligende Vaterstimme.
Fritz.
Nicht ohne heftige Beunruhigung wage ich einen lange gefürchteten Schritt. Längst schon würde ich ihn gethan haben, wenn nicht mehrere ungünstige Umstände sich dagegen vereinigt hätten. Alle meine Hoffnung beruht auf Deiner Freundschaft und Theilnahme. Es ist nichts unrechtes, was mir auf dem Herzen liegt; aber etwas, worüber Eltern und Kinder so oft nicht übereinstimmen. Sehr viele Stimmen in meinem Herzen sagen mir zwar Trost und Beruhigung zu, aber je mehr auf dem Spiele steht, desto ängstlicher sieht man dem Zeitpunkt der Entscheidung entgegen. Ich weis, daß Du ganz herablassender Freund Deiner Kinder seyn willst – aber Du bist Vater und oft widerspricht selbst die väterliche Liebe der Neigung des Sohns. Sobald ich mich zusammennehme, so verschwindet freylich diese Besorgniß meistentheils, denn nur dann würde mir Deine Liebe entgegenstehn, wenn ich weder Verstand noch Herz zu rathe ziehn wollte, und den Abgrund meines eignen Unglücks graben. Dies ist aber hier wol nicht der Fall.
Ich habe mir ein Mädchen gewählt. Sie hat wenig Vermögen und ob sie gleich von Adel ist, so ist sie doch nicht stiftsfähig. Es ist eine Fräulein von Kühn. Ihre Eltern, von denen nur die Mutter die Rechte ist, wohnen in Grüningen, einem Gute bey Weißensee. Abgerechnet auch meine Verhältnisse, so würde ihre Jugend schon einen nahen Heurathsplan unrathsam machen. Von ihrem persönlichen Werth ziemt mir nicht ein entscheidendes Urtheil zu fällen, und ich muß mich für jezt begnügen, theils die allgemeine Stimme ihrer nähern Bekannten, theils die vorzüglichere Stimme unpartheyischer Männer für sie anzuführen, im Ganzen aber auf eigne Prüfung zu provoçieren. Ich habe sie bey einer Expedition in ihrem väterlichen Hause kennen gelernt. Sehr langer, sehr aufmercksamer Umgang mit dieser Familie befestigten meine Wahl. Lange blieb mir die gegenseitige Wahl zweifelhaft, ohnerachtet ich das Zutraun und die Freundschaft der ganzen Familie genoß; doch glaube ich jezt derselben versichert zu seyn, besonders wenn Deine Einwilligung Sofiens Besorgnissen ein Ende macht. So fest sie an Ihren Eltern hängt, so fest wünscht Sie mich an den Meinigen hängen zu sehn, und wird ohne gewisse Ueberzeugung Deines Beyfalls sich sicher nicht ausdrücklich für mich decidiren.
Längst schon würde ich Dein Zutraun und Deine Einwilligung gesucht haben; aber seit Anfang November ist Sofie gefährlich krank gewesen. Ein paarmal war fast alle Hoffnung verschwunden und noch jezt siecht sie und erholt sich nur langsam. Du kannst Sie mir jezt zum zweytenmale schenken, und mir damit eine Ruhe wiedergeben, die sich seit langer Zeit aus meiner Seele verlor. Ich flehe nur um Deine Einwilligung und Autorisation meiner Wahl. Die Ausführung des Plans steht noch zu weit ab, als daß ich ein Wort darüber verlieren sollte. Möglichkeiten seh ich – ich überlasse Sie der gütigsten Hand auszubilden und thue nur meinerseits das, was ich dazu durch Fleis, Treue und Wirthschaftlichkeit thun kann. Auf diesem Wege hoff ich einen Lieblingswunsch am ersten erfüllt zu sehn.
Mündlich mehr. Ich erwarte nur Liebe von Dir. Es hängt von Dir ab, diese Periode zur Glücklichsten meines Lebens zu machen. Dann hab ich Dir, außer Leben und Erziehung, auch noch das zu danken, was dem Leben so einen einzigen Reitz in seiner Art giebt – Ich läugne es nicht – meine Liebe und Dankbarkeit gegen Dich werden noch zunehmen. Es ist wahr, mein Wirkungskreis wird durch diese Parthie äußerlich eingeschränkt – aber ich rechne für die Zukunft ein wenig auf meinen Kopf und meinen Ehrgeitz – und für die erste Zeit auf Sofieens Verstand und gute Wirtschaft. Sie ist nicht groß erzogen – Sie wird mit wenigem zufrieden seyn – ich bedarf nur, was Sie bedarf. Ich weis gewis unser gemeinschaftliches Leben gewinnt an Zutraulichkeit unendlich, denn ich bin Deiner Freundschaft auf ewig versichert. Wie werden sich meine ältern Geschwister freun, die so theilnehmend an der Ruhe meines Lebens hängen. Gott segne diese wichtige, so ängstlich durchharrte Stunde. Was Du meynst, wird gut seyn, aber freuen kann mich nur Deine freundliche, einwilligende Vaterstimme.
Fritz.