W[eißenfels]. Den 26sten Febr[uar] [1797]. [Sonntag]
Deine lezten Briefe haben uns, ohnerachtet Deiner gewiß täuschenden Ueberzeugung, allerdings beruhigt. Man sieht doch ein merckliches Besserwerden und dis ist, bey einer Krankheit, wie die Deinige ist, schon viel gewonnen. Du leidest sehr viel – vielleicht macht Dich das auf die Zukunft sehr vorsichtig, und nach dem, was ich von Deinem Übel und seinen Entstehungsursachen gehört habe, ist dasselbe in Deiner Hand. Sein Rückfall, seine Gefährlichkeit hängt lediglich von der Behutsamkeit ab, die Du anwenden wirst, Dich dafür zu sichern. Jezt ist positiv keine Gefahr mehr vorhanden – aber Sie kann eintreten, wenn Du mehrere Recidive veranlassen oder ihnen nicht gehörig vorbauen solltest. Überdem hat man mir Hoffnung gemacht, daß auch selbst diese strikte Observanz nur einige Jahre nöthig seyn würde, binnen welchen Dein Körper die Kräfte erhalten könne, die ihn fähig machen würden den Blutcongestionen zu widerstehn.
Dein Entschluß Algebra zu studiren, ist gewiß sehr heilsam. Die Wissenschaften haben wunderbare Heilkräfte – wenigstens stillen Sie, wie Opiate, die Schmerzen und erheben uns in Sfären, die ein ewiger Sonnenschein umgiebt. Sie sind die schönste Freystätte, die uns gegönnt ward. Ohne diesen Trost wollt ich und könnt ich nicht leben. Wie hätt ich ohne Sie seit 11/2 Jahren so gelassen S[ophiens] Kranckheit zusehn, und außerdem so manchen Verdrießlichkeiten ausgesezt seyn können. Es mag mir begegnen, was will; die Wissenschaften bleiben mir – mit Ihnen hoff ich alles Ungemach des Lebens zu bestehn.
Der Onkel ist noch hier – und wird wohl vor dem 18ten März nicht weggehn, da der Minister den 16ten nach Leipzig zu kommen gedenkt. Karl ist also auch noch hier. Die übrigen Neuigkeiten hat Dir vielleicht Karl schon geschrieben – daß die Fürbitten für den Churprinz bald cessiren werden – daß die junge Comtesse Einsiedel in den Wochen gestorben– die Frau von Trebra gleichfalls Todes verblichen, Jettchen Kracht zwar sehr kranck ist, aber doch in einigen Wochen heyrathen wird, daß Kayser die Frl. Wutgenau geehlicht hat, und Boelzig in kurzen Frl. Seckendorf ehlichen wird – ferner, daß Mandelslohs im May nach Dresden in die Garnison mit gehn, und endlich, daß Langermann hier war und von dem Alten das Geld zur Promotion geborgt kriegt.
Was Du mir wegen Deinen Nürnberger Bekannten schreibst, so dient Dir zur ergebensten Rückantwort, daß ich mich auf keinen Nürnberger zu besinnen weiß, als auf Veilodtern, und wenn Du willst, auch Erhardten. Veilodter war ein artiges, munteres, kleines Männchen, dem wir alle recht gut waren. Mit Erhard aber war ich eine Zeitlang wirklich Freund und freylich zieh ich ihn V. weit vor. Ich habe aber eine Gegenanfrage, die ich gern so umständlich, als möglich beantwortet wünschte.
Was hast Du in Hubertsburg
1. theils allein,
2. theils in Gesellschaft mit dem Schulmeister [Meusel] aus Mutschen vorgenommen. Auf welche Art habt ihr ihn zum Narren gehabt?
Nimm Deine Neugier über diese Anfrage gefangen und gib mir baldigst Nachricht darüber.
Von Gr[üningen] schreib ich Dir nichts, weil ich selbst nichts authentisches seit langer Zeit daher weiß. Wahrscheinlich reise ich in kurzen hin und dann sollst Du eine umständliche Relation haben.
Lebe wol, bester Erasmus. Das Ausland wird nie unser Vaterland seyn. Unter diesem Himmelsstrich liegt Eldorado nicht. Das fühlen wir an dem harten Boden, der rauhen Luft, dem kurzen Frühling und dem feindlichen Insektenschwarm.
Gott erhalte Dich.
Dein
treuer Bruder
Fridrich von Hardenberg.
Nouveau Dictionnaire de Poche, Francois allemand et Allemand francois. Leipsik. Rabenhorst.
Deine lezten Briefe haben uns, ohnerachtet Deiner gewiß täuschenden Ueberzeugung, allerdings beruhigt. Man sieht doch ein merckliches Besserwerden und dis ist, bey einer Krankheit, wie die Deinige ist, schon viel gewonnen. Du leidest sehr viel – vielleicht macht Dich das auf die Zukunft sehr vorsichtig, und nach dem, was ich von Deinem Übel und seinen Entstehungsursachen gehört habe, ist dasselbe in Deiner Hand. Sein Rückfall, seine Gefährlichkeit hängt lediglich von der Behutsamkeit ab, die Du anwenden wirst, Dich dafür zu sichern. Jezt ist positiv keine Gefahr mehr vorhanden – aber Sie kann eintreten, wenn Du mehrere Recidive veranlassen oder ihnen nicht gehörig vorbauen solltest. Überdem hat man mir Hoffnung gemacht, daß auch selbst diese strikte Observanz nur einige Jahre nöthig seyn würde, binnen welchen Dein Körper die Kräfte erhalten könne, die ihn fähig machen würden den Blutcongestionen zu widerstehn.
Dein Entschluß Algebra zu studiren, ist gewiß sehr heilsam. Die Wissenschaften haben wunderbare Heilkräfte – wenigstens stillen Sie, wie Opiate, die Schmerzen und erheben uns in Sfären, die ein ewiger Sonnenschein umgiebt. Sie sind die schönste Freystätte, die uns gegönnt ward. Ohne diesen Trost wollt ich und könnt ich nicht leben. Wie hätt ich ohne Sie seit 11/2 Jahren so gelassen S[ophiens] Kranckheit zusehn, und außerdem so manchen Verdrießlichkeiten ausgesezt seyn können. Es mag mir begegnen, was will; die Wissenschaften bleiben mir – mit Ihnen hoff ich alles Ungemach des Lebens zu bestehn.
Der Onkel ist noch hier – und wird wohl vor dem 18ten März nicht weggehn, da der Minister den 16ten nach Leipzig zu kommen gedenkt. Karl ist also auch noch hier. Die übrigen Neuigkeiten hat Dir vielleicht Karl schon geschrieben – daß die Fürbitten für den Churprinz bald cessiren werden – daß die junge Comtesse Einsiedel in den Wochen gestorben– die Frau von Trebra gleichfalls Todes verblichen, Jettchen Kracht zwar sehr kranck ist, aber doch in einigen Wochen heyrathen wird, daß Kayser die Frl. Wutgenau geehlicht hat, und Boelzig in kurzen Frl. Seckendorf ehlichen wird – ferner, daß Mandelslohs im May nach Dresden in die Garnison mit gehn, und endlich, daß Langermann hier war und von dem Alten das Geld zur Promotion geborgt kriegt.
Was Du mir wegen Deinen Nürnberger Bekannten schreibst, so dient Dir zur ergebensten Rückantwort, daß ich mich auf keinen Nürnberger zu besinnen weiß, als auf Veilodtern, und wenn Du willst, auch Erhardten. Veilodter war ein artiges, munteres, kleines Männchen, dem wir alle recht gut waren. Mit Erhard aber war ich eine Zeitlang wirklich Freund und freylich zieh ich ihn V. weit vor. Ich habe aber eine Gegenanfrage, die ich gern so umständlich, als möglich beantwortet wünschte.
Was hast Du in Hubertsburg
1. theils allein,
2. theils in Gesellschaft mit dem Schulmeister [Meusel] aus Mutschen vorgenommen. Auf welche Art habt ihr ihn zum Narren gehabt?
Nimm Deine Neugier über diese Anfrage gefangen und gib mir baldigst Nachricht darüber.
Von Gr[üningen] schreib ich Dir nichts, weil ich selbst nichts authentisches seit langer Zeit daher weiß. Wahrscheinlich reise ich in kurzen hin und dann sollst Du eine umständliche Relation haben.
Lebe wol, bester Erasmus. Das Ausland wird nie unser Vaterland seyn. Unter diesem Himmelsstrich liegt Eldorado nicht. Das fühlen wir an dem harten Boden, der rauhen Luft, dem kurzen Frühling und dem feindlichen Insektenschwarm.
Gott erhalte Dich.
Dein
treuer Bruder
Fridrich von Hardenberg.
Nouveau Dictionnaire de Poche, Francois allemand et Allemand francois. Leipsik. Rabenhorst.