Wermsdorf, 12. Dezember 1794. [Freitag]
Zuerst, lieber Friz, tausend Dank für Deinen lieben herzlichen Brief, der mir außerordentlich viel Freude gemacht hat! Es scheint jetzt, als wenn der Genius der guten Laune mit Deinem ersten Briefe von mir gewichen sei; die ganze Woche flieht er mich, und nur den Donnerstag (denn das ist der Tag, wo ich Deine Briefe erhalte) kehrt er allemal zurück, um mir dann durch eine außerordentliche Freude den Verlust der ganzen Woche zu ersetzen!! –
Nachgerade, denk ich aber doch, soll mein Horizont wieder anfangen, sich aufzuhellen; denn, je mehr ich von Deinen Briefen sehe, desto klärer und deutlicher wird es mir, desto fester fang ich mich an, davon zu überzeugen, daß Dein Entschluß sicher und gewiß steht; und nur so lange konnte ich Deinetwegen in Sorgen sein, solange es mir zweifelhaft schien; nicht Dein Entschluß, nur seine Ungewißheit bekümmerte mich. Der Mensch – und vorzüglich der Mann, kann alles, was er nur will. – und deswegen ist mir für die Ausführung nicht bange!
Als Mann sollst Du handeln, blühender Jüngling! – Und nie den Handlungen einen weibischten Anstrich geben! – Mit festem Tritte sollst Du durchs Leben hindurch gehen! – – Sollst unverrückt zum Wohle des Ganzen würken! – – – Das ist jetzt Dein Grundsatz, und wohl Dir lieber Friz, wenn Du diesen nicht aus den Augen läßt! Er wird Dir die Liebe und das Vertrauen Deiner Bekannten und die Achtung aller Deiner Mitbürger sichern! – Wundre Dich nicht, lieber Friz, daß ich Deine Freunde hierbei nicht erwähne; Deine Freunde lieben Dich, nicht Deine Grundsätze! – – – Dein Brief, in welchem Du mich zu überzeugen suchst, daß Dein Weg, der Weg der Natur sei, hat mir außerordentlich gefallen, und wenn gleich die Ideen zerstreut und abgerissen waren, so schimmerte doch überall so viel Wahrheit und Natur durch, daß mir nur wenig Zweifel übrig geblieben sind, deren Befriedigung ich der Zeit überlasse! – – –
Die ganze Erzählung Deines Fortschreitens von der Wiege bis zu Deinen männlichem Jünglingsalter zauberte mir mit unbeschreiblicher Anmut die rosenfarbenen Bilder der Kindheit zurück; mit einem Blick übersah ich die Kette von Jahren, die das Sonst und Jetzt trennte, und freute mich der kindischen Träumereien, die schon damals ahndeten, was jetzt in Erfüllung geht. Besinnst Du Dich, als wir noch einander vor kurzen in Weißenfels sahen, wie ich da den Wunsch äußerte, daß doch einer von Euch bald heiraten möchte, wie hätte ich glauben können, daß mein Wunsch in so kurzer Zeit würde realisiert werden, denn 4 Jahre nenn ich in dieser Hinsicht immer noch eine kurze Zeit! – – –
Daß du auf eine äußerlich große Rolle in der Welt keinen Anspruch machst, darin bin ich mit Dir sehr einerlei Meinung, und predige es Erdmannsdorf täglich, der darin großen Ehrgeiz besitzt.
In meinem nächsten Briefe Näheres über den teutschen Orden Du denkst Dir die Sache vielleicht nicht so ernsthaft, als wie sie mir ist; ich werde vielleicht schon jetzt die Einleitung dahin in Weißenfels machen, wohin ich am 20. gehe. Schreibe mir nicht, denn ich habe da immer eine dunkle Ahndung von Aufbrechen etc. aet[ate]. Länger als Neujahr will ich auf keinen Fall bleiben.
Erasmus.
Zuerst, lieber Friz, tausend Dank für Deinen lieben herzlichen Brief, der mir außerordentlich viel Freude gemacht hat! Es scheint jetzt, als wenn der Genius der guten Laune mit Deinem ersten Briefe von mir gewichen sei; die ganze Woche flieht er mich, und nur den Donnerstag (denn das ist der Tag, wo ich Deine Briefe erhalte) kehrt er allemal zurück, um mir dann durch eine außerordentliche Freude den Verlust der ganzen Woche zu ersetzen!! –
Nachgerade, denk ich aber doch, soll mein Horizont wieder anfangen, sich aufzuhellen; denn, je mehr ich von Deinen Briefen sehe, desto klärer und deutlicher wird es mir, desto fester fang ich mich an, davon zu überzeugen, daß Dein Entschluß sicher und gewiß steht; und nur so lange konnte ich Deinetwegen in Sorgen sein, solange es mir zweifelhaft schien; nicht Dein Entschluß, nur seine Ungewißheit bekümmerte mich. Der Mensch – und vorzüglich der Mann, kann alles, was er nur will. – und deswegen ist mir für die Ausführung nicht bange!
Als Mann sollst Du handeln, blühender Jüngling! – Und nie den Handlungen einen weibischten Anstrich geben! – Mit festem Tritte sollst Du durchs Leben hindurch gehen! – – Sollst unverrückt zum Wohle des Ganzen würken! – – – Das ist jetzt Dein Grundsatz, und wohl Dir lieber Friz, wenn Du diesen nicht aus den Augen läßt! Er wird Dir die Liebe und das Vertrauen Deiner Bekannten und die Achtung aller Deiner Mitbürger sichern! – Wundre Dich nicht, lieber Friz, daß ich Deine Freunde hierbei nicht erwähne; Deine Freunde lieben Dich, nicht Deine Grundsätze! – – – Dein Brief, in welchem Du mich zu überzeugen suchst, daß Dein Weg, der Weg der Natur sei, hat mir außerordentlich gefallen, und wenn gleich die Ideen zerstreut und abgerissen waren, so schimmerte doch überall so viel Wahrheit und Natur durch, daß mir nur wenig Zweifel übrig geblieben sind, deren Befriedigung ich der Zeit überlasse! – – –
Die ganze Erzählung Deines Fortschreitens von der Wiege bis zu Deinen männlichem Jünglingsalter zauberte mir mit unbeschreiblicher Anmut die rosenfarbenen Bilder der Kindheit zurück; mit einem Blick übersah ich die Kette von Jahren, die das Sonst und Jetzt trennte, und freute mich der kindischen Träumereien, die schon damals ahndeten, was jetzt in Erfüllung geht. Besinnst Du Dich, als wir noch einander vor kurzen in Weißenfels sahen, wie ich da den Wunsch äußerte, daß doch einer von Euch bald heiraten möchte, wie hätte ich glauben können, daß mein Wunsch in so kurzer Zeit würde realisiert werden, denn 4 Jahre nenn ich in dieser Hinsicht immer noch eine kurze Zeit! – – –
Daß du auf eine äußerlich große Rolle in der Welt keinen Anspruch machst, darin bin ich mit Dir sehr einerlei Meinung, und predige es Erdmannsdorf täglich, der darin großen Ehrgeiz besitzt.
In meinem nächsten Briefe Näheres über den teutschen Orden Du denkst Dir die Sache vielleicht nicht so ernsthaft, als wie sie mir ist; ich werde vielleicht schon jetzt die Einleitung dahin in Weißenfels machen, wohin ich am 20. gehe. Schreibe mir nicht, denn ich habe da immer eine dunkle Ahndung von Aufbrechen etc. aet[ate]. Länger als Neujahr will ich auf keinen Fall bleiben.
Erasmus.