Single collated printed full text without registry labelling not including a registry

Jeannette Danscour, Johann Rudolf von Rockenthien to Novalis TEI-Logo

Montag Nachmitag
[Grüningen, den 6. Juli 1795.]
Sehen Sie mein bester, wie pünktlich ich meinem Ihnen gethanen Versprechen nachzukommen suche, schon Heute setze ich mich und will Ihnen sogleich alles schreiben, was ich von Söfchen vernommen habe.
S.: „Ist Hardenberg hier gewesen?“ – Ich.: „Ja.“ – Was hatt er Ihnen denn erzählt?“ „I nun, das er sich in L[angensalza], ganz gut divertirt hätte.“ „So, hat er ihnen nicht gesagt, daß wir uns alle dreye ein wenig gezankt haben?“ „Nein.“ „Ja, er ist ein mal wieder recht wilt und ausgelaßen mit der Jette Goldacker gewesen, so das ganz L[angensalza] sich darüber aufgehalden, und gesagt worden, das sich doch niemand so von Hardenberg herum reisen liese, als Jette Goldacker, keine Glaffey und keine Kühn, wofon doch eine so zusagen mit ihm versprochen sein solte“ – Die Jette weer nun hellisch böse gewesen wie sie das gehört hätte, die Mandelslohn auch – naturellement – das wer ihr nicht gleichgildig gewesen da man ihrer Freundin so beresonniert hätte, da hätten sie es Ihnen denn zu hause gesagt Sie möchten sich doch in geselschaft mit der Jette inacht nehmen, und sich anständiger betragen, das hätten Sie sehr übel genommen, da were ein weitläuficher Streid entstanden, Sie hätten gesagt Sie weren gottlob schon seid langer Zeit in viel und großer geselschaft gewesen, und vier Jhar auf der Universität, da könnte man schon lernen wie man sich betragen müßte, darauf hätte Söfchen ganz entsetzlich anfangen zu lachen, darüber weren Sie mein bester so aufgebracht gewesen, daß Sie ihr ihr Alter vorgeworfen und gesagt sie dreyzehn Jähriches Ding sollte nur ganz stille sein, übrichens meinde sie wenn Sie sich nur daß häßliche streiden abgewöhnen könnten Sie hätten in L[angensalza] sich ordendlich ein wenig lächerlich dadurch gemacht.
Sie sehen, daß ich ganz aufrichtig gegen Ihnen bin, nichts vor ungut, ich merke wohl aus allen Umständen, das Sie Söfchen, ganz und gar nicht gleichgieldig sein, und daß sie ihren einzigen Stolz darinnen sucht, Sie von allen Menschen gelieb[t] und geschätzt zu wissen, Sie war sehr besorgt als ich ihr versicherte das Sie gar nicht wohl weren, sie empfiehlt sich Ihnen tausend mahl das ist alles was ich für iez leisten kann, leben Sie wohl auf den Sonnabend [11. Juli] sag ich Ihnen Mündlich wie sehr ich bin
Ihre Danscour.
Vor das Ueberschickte danke herzlich, es macht mir viel Vergnügen, nur der Brief des guten Erasmus hat meine Laune verstimmt. Besuchen Sie uns bald.
Rockenthien.
Metadata Concerning Header
  • Date: Montag, 6. Juli 1795
  • Sender: Jeannette Danscour · , Johann Rudolf von Rockenthien
  • Recipient: Novalis ·
  • Place of Dispatch: Grüningen (Greußen) · ·
  • Place of Destination: Tennstedt ·
Printed Text
  • Bibliography: Novalis: Schriften. Tagebücher, Briefwechsel, Zeitgenössische Zeugnisse. Hg. v. Richard Samuel, Hans-Joachim Mähl und Gerhard Schulz. Bd. 4. Stuttgart u.a. 1975, S. 382‒383.
Manuscript
  • Provider: Freies Deutsches Hochstift
  • Classification Number: FDH Nr. 11911
Language
  • German

Zur Benutzung · Zitieren