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Karl von Hardenberg to Novalis TEI-Logo

Lützen, 28. Juli 1795.
[. . .] Wir freuten uns das fatale Lauchstedt im Rücken zu haben. Ich bedauerte Dich und die Deinen nicht in Bibra angetroffen zu haben, aber schließlich war es doch gut, da es unmöglich konnte verschwiegen bleiben, und was für unangenehme Sachen konnten daraus entstehen. Goldackers und Glaffeys und einige Offiziere aus Weißenfels waren dort und die ersteren wollten einige Tage nach Weißenfels fahren und sich durch Oehlschlägels bei unseren Eltern praesentiren lassen. Lotte Oehlschlägel hatte sich zur Schweigsamkeit verpflichtet. An der Table d’hôte kam der Leutnant von Bose vom Regiment Clemens zu unserm Tisch um zu erfahren, ob Du und die Familie [Rockenthien] herkommst; die Goldacker hatte es schon durch einen Brief von der Schwester erfahren, daß Ihr den Sonnabend [18. Juli] kommen wolltet; bey Tische saßen wir der Goldacker vis-à-vis, sobald das Gespräch auf Mandelslohs oder Kühns kam, fing sie an lauter zu reden, und den Discours an uns zu wenden, aber wir waren so gleichgültig, so ordinair, daß wir, anstatt darauf zu hören, das gnädige Fräulein von Badenovellen, Wetter, Reise pp. zu unterhalten anfingen. Sonntag früh lernten wir dann die berühmte Jeanette Glaffey kennen, eine recht sehr leidliche Brünette, die zu einer Sponsirung im Bade recht gut wäre, und deren närrische Coquetterie mir in müßigen Stunden Unterhaltung verschaffen könnte. In Bibra gefällt es mir viel besser als in Lauchstedt. Man lebt freier und ungenierter, und riskiert doch nicht bei jedem auf einen Spinler zu treten, oder über die Tugenden eines Engels zu fallen.
[31. Juli]
Morgen gehe ich zu Erasmus nach Lauchstedt, um mit ihm über unsere deliciöse Reise zu Euch Abrede zu nehmen, Bruder, was werden das für Tage werden, himmlisch glücklich, ich freue mich kindisch, Dich zu sehen, lieber Friz und in G[rüningen] mich recht satt plaudern zu können. Unsere Betten, unser Eckstübchen, und was wird das einmal für eine Stube, unsere obern Nachbarn, unser guter Morgen [. . .] Max [Mandelsloh] , Mutter, kurz alles, selbst Moor [der Reitknecht] macht mir Spaß, wenn ich nur daran denke. Ich habe einen kaiserlichen Soldaten getroffen, der nach Gotha geht, und habe ihm begeistert einen Gulden und viel Segenswünsche zu dieser Reise mitgegeben, wohnt doch dort Fritzgen Jäger!
N.S. Max wird nächstens eine schrecklich große Zuckerdüte erhalten.
Lützen
den 31. Juli 1795.
Metadata Concerning Header
  • Date: 28. bis 31. Juli 1795
  • Sender: Karl von Hardenberg ·
  • Recipient: Novalis ·
  • Place of Dispatch: Lützen · ·
  • Place of Destination: Tennstedt ·
Printed Text
  • Bibliography: Novalis: Schriften. Tagebücher, Briefwechsel, Zeitgenössische Zeugnisse. Hg. v. Richard Samuel, Hans-Joachim Mähl und Gerhard Schulz. Bd. 4. Stuttgart u.a. 1975, S. 384.
Manuscript
  • Provider: Handschrift verschollen
Language
  • German

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