Grüningen, den 22ten September [1795], abend um 10 Uhr.
Es ist Heute Dienstag, und Caroline ist noch nicht hier – Dieß were nun eben nicht die wichtigste Sache, die ich Ihnen zu schreiben hätte, nein lieber Freund! es gibt mehr Schröcken der Natur, Sie sollen gleich hören was ich meine, horchen Sie Hoch auf, und faßen es recht was ich da erzehlen werde: Heute früh sitze ich in meiner Stube und trinke mein Täßgen Kaffe so recht behaglich – da kömmt die gnädige Frau wie gewöhnlich zu mir herein, setzt sich mir gerade an den Tisch nüber, und nachdem sie mir einen guten Morgen gewünscht, und wir so alleine sind so fragt sie mich ob ich es wüßte das der junge Herr von Hering aus Ufdrung in Clingen wer, ich hatte das Ufdrungen verhört, und sagte: „so, er will gewiß wieder von neuen bey Luisgen Cour machen?“ „ach behide Gott nicht dieser sondern der aus Ufdrungen, Steindel sein künftigen Schwager“ – merken Sie wohl mein lieber Steindel Ihr Freund – ist es nicht so? „nun, was will er denn in Clingen?“ – „das will ich ihnen sagen, aber es blei[b]t unter uns er hat absichten auf Söpfchen er hätte gehört sie were so eine gute Wirtinn“ – indem trad der Vater rein, da brag sie ab, und ich ging in meine Kammer, um mich zu erholen, denn ich war wie vom Blitz gerührd, ich fing an bieterlich zu weinen und nicht lange drauf kam Söphgen zu mir in die Kammer, sie war sehr erschrocken über mich, und frug was mir fehlte, ich wollde es anfänglich nicht sagen, aber sie lies nicht nach bis ichs ihr gestahnden, sie tröstede mich, indem sie mir versicherte ich könnte ganz ruhig sein, sie wollde ihn schon nach Hauße schicken, wänn er sichs einfallen laßen solte, um ihr zu werben, aber dieß kann mich doch noch nicht beruhigen, ach ich wünschte herzlich das die gute Thümmel hier were – ja ja mein lieber, Steindel weiß gewiß, daß Sie Absichten auf Söphgen haben – und doch kömmt da der Schwager Ihnen im Weg, gute nacht – für Heute kann ich nichts mehr schreiben es ist schon späd.
Mittwoch abends um 11 Uhr.
[23. September]
Dem Himmel sey es gedankt, dieser für mich so erwartungsvolle Tag ist dahin, und kein Herings Schwanz geschweige ein Kopf hatt sich noch hier sehn laßen. Caroline ist noch nicht angekommen, das weis der Teufel was die in dem Sauneste da hoben hakt – unßer Herr Capitaine, macht seid Montag ein ganz verfluchtes Gesichte – Morgen gehen wir in die Comédie, da bin ich sehr neugierrich auf Selmnitzens ob sie mir nichts von Hering sagen werden, sollden sie sichs einfallen laßen, sich bey Sophie für ihren Herrn Cousin zu verwenden, so ist es hol mich der Teufel mit unßerer Freundschaft aus; ja bei Gott, da fackle ich nicht lange. – Die gnädige Frau hatt sich nicht das geringste wieder merken laßen, Söpfgen ist wohl und vergnügt, sie lacht mich immer wegen meiner Besorgniß aus, sie meinte er könnte ja zu Carolingen gehen die wer auch eine gute Wirtin – sie weiß nicht daß ich an Ihnen schreibe, es soll auch niemand was davon erfahren, antworten Sie mir nicht wieder es möchte aufsehen machen, es müßte dann unter einer fremden adresse geschehn an die Justgen etwan, doch wie Sie wollen.
Donnerstag abends 10 Uhr.
[24. September]
so eben komm ich aus der Commedie wo ich eine große Neuigkeit gehört habe, das es mit Steindel und der Fräulein von Hering aus, alles aus sein soll, sie zieht den Grafen vor, ihr Bruder hat es selbst in Clingen erzehlt, was sagen Sie hierzu? sollde man wohl daran zweifeln, wenn es der eigne Bruder selbst sagt – vielleicht wißen Sie dort mehr wie wir hier, die Louise hatt der Söpfgen ihren Cousin sehr vorgelobt weiter habe ich nichts vernommen, leben Sie wohl, ich bin und bleibe unter jeden Ereigniß
Ihre Treuste Freundin
Jeannette D . .
Caroline ist noch nicht hier – – –
Es ist Heute Dienstag, und Caroline ist noch nicht hier – Dieß were nun eben nicht die wichtigste Sache, die ich Ihnen zu schreiben hätte, nein lieber Freund! es gibt mehr Schröcken der Natur, Sie sollen gleich hören was ich meine, horchen Sie Hoch auf, und faßen es recht was ich da erzehlen werde: Heute früh sitze ich in meiner Stube und trinke mein Täßgen Kaffe so recht behaglich – da kömmt die gnädige Frau wie gewöhnlich zu mir herein, setzt sich mir gerade an den Tisch nüber, und nachdem sie mir einen guten Morgen gewünscht, und wir so alleine sind so fragt sie mich ob ich es wüßte das der junge Herr von Hering aus Ufdrung in Clingen wer, ich hatte das Ufdrungen verhört, und sagte: „so, er will gewiß wieder von neuen bey Luisgen Cour machen?“ „ach behide Gott nicht dieser sondern der aus Ufdrungen, Steindel sein künftigen Schwager“ – merken Sie wohl mein lieber Steindel Ihr Freund – ist es nicht so? „nun, was will er denn in Clingen?“ – „das will ich ihnen sagen, aber es blei[b]t unter uns er hat absichten auf Söpfchen er hätte gehört sie were so eine gute Wirtinn“ – indem trad der Vater rein, da brag sie ab, und ich ging in meine Kammer, um mich zu erholen, denn ich war wie vom Blitz gerührd, ich fing an bieterlich zu weinen und nicht lange drauf kam Söphgen zu mir in die Kammer, sie war sehr erschrocken über mich, und frug was mir fehlte, ich wollde es anfänglich nicht sagen, aber sie lies nicht nach bis ichs ihr gestahnden, sie tröstede mich, indem sie mir versicherte ich könnte ganz ruhig sein, sie wollde ihn schon nach Hauße schicken, wänn er sichs einfallen laßen solte, um ihr zu werben, aber dieß kann mich doch noch nicht beruhigen, ach ich wünschte herzlich das die gute Thümmel hier were – ja ja mein lieber, Steindel weiß gewiß, daß Sie Absichten auf Söphgen haben – und doch kömmt da der Schwager Ihnen im Weg, gute nacht – für Heute kann ich nichts mehr schreiben es ist schon späd.
Mittwoch abends um 11 Uhr.
[23. September]
Dem Himmel sey es gedankt, dieser für mich so erwartungsvolle Tag ist dahin, und kein Herings Schwanz geschweige ein Kopf hatt sich noch hier sehn laßen. Caroline ist noch nicht angekommen, das weis der Teufel was die in dem Sauneste da hoben hakt – unßer Herr Capitaine, macht seid Montag ein ganz verfluchtes Gesichte – Morgen gehen wir in die Comédie, da bin ich sehr neugierrich auf Selmnitzens ob sie mir nichts von Hering sagen werden, sollden sie sichs einfallen laßen, sich bey Sophie für ihren Herrn Cousin zu verwenden, so ist es hol mich der Teufel mit unßerer Freundschaft aus; ja bei Gott, da fackle ich nicht lange. – Die gnädige Frau hatt sich nicht das geringste wieder merken laßen, Söpfgen ist wohl und vergnügt, sie lacht mich immer wegen meiner Besorgniß aus, sie meinte er könnte ja zu Carolingen gehen die wer auch eine gute Wirtin – sie weiß nicht daß ich an Ihnen schreibe, es soll auch niemand was davon erfahren, antworten Sie mir nicht wieder es möchte aufsehen machen, es müßte dann unter einer fremden adresse geschehn an die Justgen etwan, doch wie Sie wollen.
Donnerstag abends 10 Uhr.
[24. September]
so eben komm ich aus der Commedie wo ich eine große Neuigkeit gehört habe, das es mit Steindel und der Fräulein von Hering aus, alles aus sein soll, sie zieht den Grafen vor, ihr Bruder hat es selbst in Clingen erzehlt, was sagen Sie hierzu? sollde man wohl daran zweifeln, wenn es der eigne Bruder selbst sagt – vielleicht wißen Sie dort mehr wie wir hier, die Louise hatt der Söpfgen ihren Cousin sehr vorgelobt weiter habe ich nichts vernommen, leben Sie wohl, ich bin und bleibe unter jeden Ereigniß
Ihre Treuste Freundin
Jeannette D . .
Caroline ist noch nicht hier – – –