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Jeannette Danscour to Novalis TEI-Logo

Grüningen den 4. Märtz [17]96. [Freitag]
Ungeachtet wir alleweile daß Glück haben, Ihren besten Herrn Bruder bey uns zu sehen – und Sie mon très cher durch denselben die treuste Relation von allem was hier passirt, Mündlich hören werden so kann ich mir doch daß Vergnügen nicht versagen, mich ein wenig schriftlich mit Ihnen zu unterhaltten, und were es auch nur um Ihnen zu versichern daß wir Täglich Stündlich an Sie denken, und besonders recht Herzlich gewünscht, daß Sie mit Ihrem lieben, Englischen Carl zugleich hätten hier sein können, indem wir so hübsch alleine sind, das heißt so ganz ohne gêne, denn der Vater ist mit George nach Eisleben gereist, und da die Katze nicht zu Hauße ist, so haben die Mäuße ihren freien Lauf – Der gute vortrefliche Carl scheint zu unßer aller Freude so ziemlich vergnügt einmal da bemerkte ich leider, daß sich einige drübe Wölkgen auf seiner Stirne zusammen zogen worüber ich in die äußerste Angst gerith, indem ich befürchtete es möchte ihm hier etwas unangenehmes begegnet sein, und da ich ihm meine besorgniß darüber sagte so beruhichte er mich zwar hinlänglich, aber ich sah doch, daß der arme Carl zuweilen noch draurige Intervalle hatt; nun es wird sich schon geben, nicht war, mein lieber? Söphchen geht auf einen charmanten Fuß mit ihm um, er wird es Ihnen gewiß erzehlen, und auch recht viel beruhigendes für Sie, die Warnung die Sie mir in Ihrem ersten Brief gegeben haben, in ansehung der beyden alten Herrns, die Sie so mit Ihrer scheinenden Aufmerksamkeit hinders Licht geführt, können Sie für dieß mahl nur für Sich behalten, aber daß Sie armer Mensch so unendlich viel zu thun haben, und gar nicht zu sich selbst kommen können thut mir doch leid, besonders, die vielen Reisen itz bey dem heßlichen kalten Weter – na ich hoffe doch daß Sie sich gut verwaren werden, und da geht es noch – die Selmnitze und die Rauschenbladts bey welchen Sie im besten andenken stehen, empfehlen sich Ihnen recht Herzlich wie auch die dicke [?] Thümmel, noch eins, muß ich Ihnen sagen, Nachsicht mit meinen Briefe[n] zu haben, denn sie sind äußerst lehr von Moralischen Philosophischen und gelehrten Floskeln kurz sie sind so plan wie möglich, und gebe es nicht eine gewiße Person in der Welt, die ihnen ein Interesse geben, so müste mich der Höker plagen daß ich an so einen gescheiden Menschen schriebe, nes pas j’ai raison? aber meine Dummheit soll mich doch nicht abhalten Ihnen so fleisich als möglich zu schreiben, indem mir Ihre Briefe so unendlich viel vergnügen geweren, sie sind mir ein zimlicher Ersatz für den Verlust Ihres Persönlichen Umgangs der mir äußerst schwer zu ertragen wird, es ist bey Gott! kein compliment, Sie kennen meine gesinnungen gegen Sie alle, wißen recht gut daß mir nichts mehr am Herzen liegt als Sie alle Drei ganz glücklich zu wißen – Gottlob Söphchen ist nun kein Hinderniß mehr an Ihrem Glücke, und die übrichen werden Sie als Mann schon zu bekämpfen wißen – – könnte ich so ruhich in ansehung eines der Edelsten Menschen sein – – O! Hardenberg Sie besitzen Einen unendlichen Schatz an diesen unverkleichlichen Carl er verdient ganz Ihr Bruder zu sein. Der Himmel erhalte ihn uns allen so lang wie möglich und mache ihn noch so glücklich, als er es zu sein verdient. Dieses ist einer meiner heißesten und sehnlichsten Wünsche – bleiben Sie mir gewogen, so bin ich einstweilen zufrieden, und erwarte so gelaßen wie möglich die Zukunft die dem guten Carl stat Schlangen zu ergreifen, Rosen bringen wird – – Wie immer, Ihre alte Danscour.
Caroline welche an Ihnen zu schreiben angefangen würft die Feder weg und bittet mich Ihnen viele Complimente von ihr zu sagen, indem sie für itz nicht im Stande were einige Zeilen zu articuliren – – –
Metadata Concerning Header
  • Date: Freitag, 4. März 1796
  • Sender: Jeannette Danscour ·
  • Recipient: Novalis ·
  • Place of Dispatch: Grüningen (Greußen) · ·
  • Place of Destination: Weißenfels · ·
Printed Text
  • Bibliography: Novalis: Schriften. Tagebücher, Briefwechsel, Zeitgenössische Zeugnisse. Hg. v. Richard Samuel, Hans-Joachim Mähl und Gerhard Schulz. Bd. 4. Stuttgart u.a. 1975, S. 426‒428.
Manuscript
  • Provider: Freies Deutsches Hochstift
  • Classification Number: FDH Nr. 11913
Language
  • German

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