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Jeanette Danscour, Friedericke von Mandelsloh, Karoline von Kühn to Novalis TEI-Logo

Grüningen den 16ten April [1796]. [Sonnabend]
Sie sind doch ein wenig bescheidener noch, als jener gute Schriftsteller, welcher bey einer gewissen Stelle, in Bianca Capello ausruft O! Weibliche Natur, Schwachheit ist Dein Grundstoff – und Empfindsamkeit Deine Grube – Jahr Hunderte, wollen sie ausdauern, und Mondenlang scheint ihnen schon eine Ewigkeit – Sie haben doch die Hohe Gnade, noch zwey Monate hinzu zu setzen, schade nur daß Sie, so wohl als jener für dieß mahl sehr unrecht haben – nein Herr von Hardenberg – nun wird mir der Spaß zu arg mit Ihrem Engel im Colete – haben Sie mich noch nicht genug geärgert, in dem Brief an Ernestine [von Selmnitz], mit diesen Ihren abscheulichen worte neuer Junge, neue Zunge – ja da ist Sie an den unrechten gekommen – Pfui schämen Sie sich so was, an andern, von mir zu schreiben – ein glück für mich das Ernest[ine], meine wirklich viel zu große anhänglichkeit, zu Ihnen – mon cher – beßer kennt sonst müste sie nach Ihrem Briefe nichts weniger schlißen – als daß ich Ihren Herrn Bruder bey seinem Hiersein zu was unedeln hätte verleuten wollen – dieß, die Ursach warum ich nicht geschrieben, denn ich kann Ihnen auf meine Ehre versichern daß es mich schmerzlich gekränkt hatt, so von Ihnen verkannt zu werden – am Ende muß ich gar glauben meine Anhänglichkeit zu Ihnen alle Dreyn, möchte zum gespöte werden – daher werde ich solche sehr triftich ein zuschränken wißen, und niemand soll sich künftig über meine Zudringlichkeit zu beklagen haben, am allerwenigsten Ihr jüngster Herr Bruder – für die mir überschickten Bücher sagen ich Ihnen den verbündlichsten Dank – die gute Mutter läst Ihnen nebst viele Herzliche Grüße sagen, sie were sehr böße auf Ihnen, wegen der ungerechten Beschuldigung, sie wer nie leichtsinnich gegen Freunde die sie so Schätzte, und liebte wie Sie – richen Sie daran – mon petit Naseweis – bald hätte ich das Wichtigste vergeßen – Ihrer geliebten Sophie habe ich den Kuß so zärtlich als möglich gegeben, und ihr gesicht sah dabey aus, als hätte sie sagen wollen, dieser Kuß in natura, were mir freilich viel lieber, sie gibt ihn Ihnen zwar eben so herzlich wieder zurück, und wünscht recht sehnlich Sie so bald wie möglich hier zu sehen, sie will nicht schreiben, sondern alles sparen bis Sie selbst kommen, um recht viel mit Ihnen plauder[n] zu können, also eilen Sie mein Herr – Danscour.
Diesen inligenden Brief an Ihren Herrn Bruder bitte ich ganz gehorsamst so bald als möglich zu besorgen.
Bester Hardenberg.
Nehmen Sie den wärmsten Dank vor Ihren schönen Brief von mir, Sie können nicht glauben was Sie mir dadurch vor eine Freude veruhrsagt haben. Glauben Sie aber nicht etwan das die Freude darüber, von den weiblichen Stolz welchen Sie darinne sehr geschmeigelt haben herrürt, Nein! Sondern weill er würcklich schön geschrieben ist und ich solche Briefe sehr gerne bekomme, wenn ich gleich nicht imstande bin sie wieder zu beandworten. Das tuth aber alles nichts, fahren Sie fort, mir zu weilen eine halbe Stunde zu schenken, und mir dieses Andenken durch einige Zeilen zu beweißen, ich würde zu viel dabey verlieren wen[n] Sie die Zeit, welche Sie auf einige Zeilen an mich wendeten, vor übel benutzt hielten. Ich bitte also recht sehr, bald durch einen Brief ein paar angenehme Stunden zu veruhrsachen Ihrer Freundin Fritze von Mandelsloh. ich freue mich sehr auf Ihre baldige Anherokunft.
Auch ich lieber Hardenberg! sage Ihnen den verbindlichsten Dank für die schönen Zeillen, welche mich von Ihrer fortdauernden Freundschaft versicherten, wie groß meine Freude darüber war, können Sie sich leicht denken, da Sie wißen, wie sehr mich ein solches Andenken von jemanden den ich Schätze erfreuen kann. Ich soll Ihnen etwas von mir schreiben? wenn ich doch nur was Merkwürdiges wüßte, wie gern wollte ich dann meine Bescheidenheit (deren Sie mich in einem hohen Grad beschuldigen) bey Seite setzen und Ihnen alles Haarklein erzählen, da daß aber nicht ist so kann ich Ihnen wieder nichts von meiner Wenigkeit sagen als daß ich immer noch meinen gewöhnlichen Gang fort gehe. Sie sind jetzt, wie ich aus allen schließe sehr Mißtrauisch geworden und gegen mich waren Sie es von jeher, ich werde also wohl hoch theuer versichern müßen, daß ich unveränderlich bin
Ihre Freundin
Caroline.
Metadata Concerning Header
  • Date: Samstag, 16. April 1796
  • Sender: Jeanette Danscour, Friedericke von Mandelsloh · , Karoline von Kühn ·
  • Recipient: Novalis ·
  • Place of Dispatch: Grüningen (Greußen) · ·
  • Place of Destination: Weißenfels · ·
Printed Text
  • Bibliography: Novalis: Schriften. Tagebücher, Briefwechsel, Zeitgenössische Zeugnisse. Hg. v. Richard Samuel, Hans-Joachim Mähl und Gerhard Schulz. Bd. 4. Stuttgart u.a. 1975, S. 433‒434.
Manuscript
  • Provider: Freies Deutsches Hochstift
  • Classification Number: FDH Nr. 11915
Language
  • German

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