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Erasmus von Hardenberg to Novalis TEI-Logo

[Jena, den 14. Dezember 1796. Mittwoch]
Lieber Fritz
Sophie hat heute zwar noch wie immer Fieber gehabt, befindet sich aber doch ganz leidlich, ich habe heute mit dem Hofrath gesprochen, und der tröstete mich, daß das Fieber schlechterdings nicht eher aufhören könnte, bis die Wunde ganz zu wäre. Übrigens scheint er jetzt viel Hoffnung zu haben und auch ich habe Courage, wie – Alexander – ich glaube ganz gewiß es soll noch alles gut gehen und in Jahr und Tag freuen wir uns unter einem schönen, heitern, blauen Himmel der überstandenen Leiden und Sophie blüht Dir und uns allen rosigter und herrlicher als vorher – der Himmel kann uns nicht verstoßen, wir haben ihn zu innig, zu fest umschlungen! – Festen Muth in schweren Leiden, Gott läßt uns nicht sinken.
Sophie läßt alle und vorzüglich Dich 1000mal grüßen und läßt Dich bitten, doch ja bald hinzukommen, das Porträt soll die Mutter haben. Sie war sehr gerührt über der Mutter ihre Zärtlichkeit, und dankt ihr herzlich für ihre Liebe – die Mutter und die Mandelsloh, die Caroline und die Selmniz grüßen Dich alle 1000mal und wünschen Dich bald zu sehen – Beiliegender Brief von Hauptmann hat heute früh der Verwalter von Grüningen mitgebracht und die Mutter wollte haben, daß ich ihn aufmachen sollte, weil sie vermutete, daß etwas an Sie mit darin wäre, Sie läßt Dich bitten Du möchtest Ihr doch bald wegen des Hofraths Bezahlung schreiben, da Du es in den Briefe an mich vergessen hättest! – Nun höre die Description unserer Reise. Ich gehe mit nach Grüningen und von dort aus über Langensalza und Eisenach nach Zillbach. Es kostet mir weit weniger und ich habe doch unendlich viel Spaß davon – der Vater soll und darf aber schlechterdings nichts davon wissen, weil ich ihm geschrieben habe, ich ging über Weimar und Erfurt und weil er überdies nicht von der besten Laune gegen mich ist. – Morgen früh um 6 Uhr reise ich mit dem Verwalter von hier ab und gehe in einer Tour bis Grüningen, um 8 Uhr folgt die Mandelsloh und Carolinchen mit den Wiener Wagen, die bleiben in Klein Sömmern bei Götzens und erwarten dort Sophien, um 10 Uhr fährt Sophie, die Mutter, die Ernestine [Selmnitz], Langermann und mein Michael auf den Bocke von hier in den großen Scheibenwagen ab und bleiben die Nacht in Buttelstedt, wo wir schon Quartier für sie früh bestellt haben, den andern Tag [16. Dezember] essen sie in Sömmern und den Abend langt dann die ganze Familie hoffentlich wohlbehalten in Grüningen an, wo ich unterdessen dafür sorge, daß Sie niemand empfängt als der Hauptmann und ich, weil sie glaubt, daß es sie zu sehr alteriren würde, wenn sie sie alle auf einmal sähe – Sobald sie angekommen ist, schreibe ich Dir sogleich, wie alles gegangen ist, und sollte ihr, wie ich es nicht glaube ja etwas unterwegens zustoßen, so habe ich auch dafür gesorgt, daß Du sogleich Nachricht erhälst – Ich werde unter diesen Umständen aber wohl nicht vor Montag [19. Dezember] nach Zillbach kommen –
Stell Dir vor was mir der O[ber] L[andes] Jägermeister Stutterheim für einen sonderbaren Vorschlag tat – Es ist jetzt der Vater von Cotta in Weimar gestorben, und da soll der Herzog sehr verlegen seyn, wie er diese Stelle wieder besetzen will, weil er schlechterdings gar keine jungen Adlichen in seinen Diensten hat, die das Forstwesen verständen oder die Jägerey gelernt haben und es soll in dieser Hinsicht ein totaler Mangel in Weimarischen seyn. Nun meinte der OLJägermeister, daß ich wohl dort würde ankommen können, ich hätte mich auch diesmal gewiß über Weimar nach Grüningen gemacht und hätte dort den Herzog aufgewartet, wenn er da wäre, aber ich will mich jetzt nach allen recht genau erkundigen und aufgeschoben ist nicht aufgehoben.
Lebe wohl, mein bester Junge, grüße Carl schönstens, in Zillbach hoffe ich recht vergnügt zu leben. Hl. Cotta hat mir einen sehr höflichen Brief geschrieben, und Kalitsch und Erdmannsdorf werden vielleicht auch eine Zeitlang hinkommen – Carolinen umarme ich so wie Sidonen und küsse Onkel, Vater und Mutter die Hände und bin wie immer und ewig
Dein
Erasmus
Jena
d. 14ten Decbr.
1796.
Metadata Concerning Header
  • Date: Mittwoch, 14. Dezember 1796
  • Sender: Erasmus von Hardenberg ·
  • Recipient: Novalis ·
  • Place of Dispatch: Jena · ·
  • Place of Destination: Weißenfels · ·
Printed Text
  • Bibliography: Novalis: Schriften. Tagebücher, Briefwechsel, Zeitgenössische Zeugnisse. Hg. v. Richard Samuel, Hans-Joachim Mähl und Gerhard Schulz. Bd. 4. Stuttgart u.a. 1975, S. 464‒466.
Manuscript
  • Provider: Handschrift verschollen
Language
  • German

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