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Jeannette Danscour to Novalis TEI-Logo

Grüningen den 3ten Februar [17]97. [Freitag]
Ich muß sehr umverzeihung bitten daß ich ietz erst meinem Versprechen an Ihnen zu schreiben, nachkomme – allein Sie kennen meine ietzigen Verhältnißen – wißen sehr gut wie wenig Zeit einem übrich bleibt, wänn man 2 Patienten zu warten hat, denn mein armer Günther ist auch sehr krank gewesen an einem Brust und Zahn Fieber – befindet sich ietz wieder leidlich – was meine gute liebe Sophie betrift – kann ich leider, von keiner besserung sagen, sie hat, seidem, Sie hier gewesen, wieder sehr viel geliten – sie hat fürchterliche Fiebers gehabt – welche von einem, bis ietz, verborgnen Kanal an dem oberen Kante der Wunde – éffektuiert worden sind – die Wunde hatte sich natürlicherweise sehr verschlimmert, war auf ein mahl, wo das zugeheilte Fleckchen war – wieder aufgebrochen, von Ende und ich hatten es indeckt, da aber von Ende, aus Schonung für Söphchen nicht tief genug sondiert, so hatte sich viel Materie verhalten und der armen Söphe unendliche Schmerzen verursacht, auch die Fiebers vermehrt, allein heute, hat der Rath Blödau die Sache genauer untersucht, und nachdem er Finger lang mit der Sonde, in der Krümmung nach der kranken Seite hin sondiert hatte, so kam eine Mänge, wahrscheinlich lang verschloßen gewesene Materie gequollen – der Rath Freute sich unendlich über diese auslehrung der Wunde und versicherte, es würde nun gewiß mit der Patientin viel beser gehen, die Fiebers nicht mehr so stark und anhaltend sein, auch alle übrichen Umständte dadurch erleichtert werden, welches ich auch ganz gewiß glaube, ach! wollte doch der Himmel, das ein mahl mit gewißheit ein Schein der Hoffnung zur felichen [völligen] Genesung da were – an geschickten Leute fehlt es ihr nicht – ich versichere Ihnen, das Blödau dem Hofrath Starke an geschicklichkeit wenig nach giebd, er macht außerordentliche Curen, alles ist seines Lohbes voll, Söphchen hatt außerordentlich viel zutrauen zu ihm – er hatt auf der stelle die ganze Wunde abgezeichnet wie auch den übrigen Verlauf und Gahng der Krankheit, worüber von Ende ein Tagebuch hält, aufgeschrieben und nach Jena an den Hofrath geschickt, alle 8 Tage besucht er Söphchen, welches eine sehr gute veranstaldung ist – sie empfielt sich Ihnen allen, auf das schönste und zärtlichste, vorzüglich aber Ihnen – bitt sehr umverzeihung, das sie nicht selbst schreiben könnte, indem sie wirklich zu schwach ist. Das arme geschöpfchen, wünscht sehr zu wißen wie es Ihnen geht, und ob Ihr Finger wieder ganz gut ist – schreiben Sie ihr ia bald – der Vater ist schon seid einigen Tage in Gotha und divertiert sich allen vermuthen nach sehr gut – uns hält die gute Thümmeln für alles schadlohs, sie ist beiynah 14 Tage hier – wir haben uns brächtig in ihrer gesellschaft befund[en], aber nun hat diese große Freude in ein baar Tage auch ein Ende, indem ihr Urlaub auch da zu ende geht – sie hatt mir unendlich viel Schönes an Ihnen aufgetragen – ich habe ihr versprechen müßen, wenn Sie wieder her kämen, ihr so gleich Nachricht davon zu geben, weil sie dann auch rüber kommen will, um sich augenscheinlich von Ihrem Befinden zu überzeugen und gesinnungen gegen sie – die Mandelsloh bittet Sie, ihr wißen zu lassen – wie viel Sie und Ihre Fräulein Schwester für den Ring und armbänder nebst bost ausgelegt hätten damit sie es Ihnen wieder erstatten könnte – Prinz Ernst ist noch sehr krank, das arme liebe Mädchen dauert mich unendlich, man sollte nicht glauben, das eine solche kleinigkeit so gefährliche Folgen haben könnte – ich muß sie so krank wissen, und kann sie nicht ein mahl besuchen – sie hat mich durch Louise [v. Selmnitz] bitten lasen Ihnen recht viel schönes zu sagen und Sie möchten sie ein wenig bedauern, überhaupt das ganze Niebeckersche Haus nebst der Stiene empfiehlt sich Ihnen ganz gehorsamst, auch von hier Tausend Schock Complimente und eben so viele Küße – von mir aber einen tiefen Knicks nebst der Versicherung das ich ein mahl wies andere mit aller möglichen Achtung
verharre, Dancour.
Metadata Concerning Header
  • Date: Freitag, 3. Februar 1797
  • Sender: Jeannette Danscour ·
  • Recipient: Novalis ·
  • Place of Dispatch: Grüningen (Greußen) · ·
  • Place of Destination: Weißenfels · ·
Printed Text
  • Bibliography: Novalis: Schriften. Tagebücher, Briefwechsel, Zeitgenössische Zeugnisse. Hg. v. Richard Samuel, Hans-Joachim Mähl und Gerhard Schulz. Bd. 4. Stuttgart u.a. 1975, S. 471‒472.
Manuscript
  • Provider: Freies Deutsches Hochstift
  • Classification Number: FDH Nr. 11918
Language
  • German

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