[Dresden, Anfang Januar 1799.]
Ich kann es noch gar nicht vergessen, theurer Freund, daß Sie für uns so schnell wieder verschwunden sind, am meisten kränkt es mich, daß ich mich selbst um einige Stunden gebracht, die Sie mir haben schenken wollen, ich war unglückseligerweise beide Abende zu einer Whistpartie mit ein paar alten Geschäftsmännern engagirt, und es ist ein eisernes Gesetz, daß man da die Stunde nicht versäumen darf. Hätten Sie mir nicht gesagt, daß Sie den letzten Nachmittag und Abend bei Manteufels wären, so hätte ich mich auf jeden Fall frei erhalten. – Ich hatte so manches gesammelt, was ich mit Ihnen sprechen wollte, wenn Sie herauf kämen. Ich hatte mir vorgenommen Sie zu bitten, mit mir den Blüthenstaub zu lesen und mir die Deutung von manchem gelehrten Worte zu geben, und nun ist von allem diesem nichts geschehen, wir haben nur im Fluge über die wichtigsten Begebenheiten unsrer Freunde geredet, und auch da bleibt noch vieles zurück, ich möchte auch noch eine ganze Stunde Ihnen von den Liebenswürdigkeiten meiner Schwiegerin [Dorothea Veit] vorerzählen, die sie ihrer Gutmüthigkeit und Häuslichkeit zu danken hat. Indessen bleibt es mir immer von dem größten Werth Ihr Urtheil über meine Angelegenheit mit Fritzen gehört zu haben. Sie müssen nothwendig bald wieder nach Dresden kommen, und wenn es Ihnen möglich ist, schreiben Sie es mir vorher. Haben Sie kürzlich den Diderot sur la peinture gelesen, sonst möchte ich es Ihnen schicken, denn in den Propyläen wird ein Aufsatz darüber erscheinen, könnten Sie das erste Stück einmal missen, so würde es mir sehr angenehm sein, wenn Sie es mir noch einmal mittheilten, ich habe es nur sehr flüchtig lesen können; über den Laokoon habe ich viel Schönes gefunden, der Aufsatz über die Gemälde des Raffaels scheint mir zu trocken. Ueber Ihr eignes Thun und Treiben habe ich nun gar nichts erfahren. Kommen Sie ja bald einmal wieder. Um mich Ihrer Freundschaft ganz völlig zu erfreuen, müßten Sie mich erst noch länger gesehen haben, ich müßte gewiß wissen, daß Ihre Achtung auf Kenntnis meiner selbst, und nicht auf günstige Voraussetzungen beruhete, dann würde sie mich sehr glücklich machen. Empfehlen Sie mich der Fräulein Charpentier.
Charlotte Ernst.
Ich kann es noch gar nicht vergessen, theurer Freund, daß Sie für uns so schnell wieder verschwunden sind, am meisten kränkt es mich, daß ich mich selbst um einige Stunden gebracht, die Sie mir haben schenken wollen, ich war unglückseligerweise beide Abende zu einer Whistpartie mit ein paar alten Geschäftsmännern engagirt, und es ist ein eisernes Gesetz, daß man da die Stunde nicht versäumen darf. Hätten Sie mir nicht gesagt, daß Sie den letzten Nachmittag und Abend bei Manteufels wären, so hätte ich mich auf jeden Fall frei erhalten. – Ich hatte so manches gesammelt, was ich mit Ihnen sprechen wollte, wenn Sie herauf kämen. Ich hatte mir vorgenommen Sie zu bitten, mit mir den Blüthenstaub zu lesen und mir die Deutung von manchem gelehrten Worte zu geben, und nun ist von allem diesem nichts geschehen, wir haben nur im Fluge über die wichtigsten Begebenheiten unsrer Freunde geredet, und auch da bleibt noch vieles zurück, ich möchte auch noch eine ganze Stunde Ihnen von den Liebenswürdigkeiten meiner Schwiegerin [Dorothea Veit] vorerzählen, die sie ihrer Gutmüthigkeit und Häuslichkeit zu danken hat. Indessen bleibt es mir immer von dem größten Werth Ihr Urtheil über meine Angelegenheit mit Fritzen gehört zu haben. Sie müssen nothwendig bald wieder nach Dresden kommen, und wenn es Ihnen möglich ist, schreiben Sie es mir vorher. Haben Sie kürzlich den Diderot sur la peinture gelesen, sonst möchte ich es Ihnen schicken, denn in den Propyläen wird ein Aufsatz darüber erscheinen, könnten Sie das erste Stück einmal missen, so würde es mir sehr angenehm sein, wenn Sie es mir noch einmal mittheilten, ich habe es nur sehr flüchtig lesen können; über den Laokoon habe ich viel Schönes gefunden, der Aufsatz über die Gemälde des Raffaels scheint mir zu trocken. Ueber Ihr eignes Thun und Treiben habe ich nun gar nichts erfahren. Kommen Sie ja bald einmal wieder. Um mich Ihrer Freundschaft ganz völlig zu erfreuen, müßten Sie mich erst noch länger gesehen haben, ich müßte gewiß wissen, daß Ihre Achtung auf Kenntnis meiner selbst, und nicht auf günstige Voraussetzungen beruhete, dann würde sie mich sehr glücklich machen. Empfehlen Sie mich der Fräulein Charpentier.
Charlotte Ernst.