Tennstett den 25 Dec[ember] 1798 [Dienstag]
Wenn es uns würklich gelungen ist, angenehm auf Ihre Empfindungen zu würken mein herzlich geehrter Freund, so kan ich Ihnen den Dank dafür in vollen Maaß wieder zurückgeben – auch werden Sie mir dieß bey aller Bescheidenheit zugestehen müßen wenn Sie hören zu welcher Zeit ich Ihren Brief erhielt. Mein Mann war schon seit mehreren Tagen abwesend, die bey uns schon heftige Kälte, und das noch rauhere Stollberger Klima machte mich für ihn um so besorgter, da auch die Wege schlecht waren. Carolingen [Just] war in Langensalza, und mich hatte die Kälte in die Eberharden ihre Camer Stube vertrieben. Ich war also gewißer maßen ganz aus meinem Creiße herauß, und fühlte am Unbehagen daß nur derjenige ganz sich denken kan, der meine Anhänglichkeit an diesen Craiß kennt – Ihr Brief nun, mein geliebter Freund! führte mich gewißermaßen in seine schönste Periode zurück, durch ihn war ich wieder mitten unter meinen Lieben, ich laß ihn des Tags öfters, und als mein Mann den Sonnabend spät nach Hauße kam, wußte ich für ihn keine angenehmere Unterhaltung als ihn dießes liebe Geschenk mitzutheilen, und würklich bedurfte der arme Mann dieser Erquikung, da er mit seltenen Uebeln zu kämpfen gehabt hat – Auf der Hinreiße ist er bis unter die Arme ins Waßer gefallen, und hätte ihn nicht Zehner die Hand gereicht, so wäre er gewiß in Eiß erstarrt – zwey mahl hat er die Achse gebrochen, und auch bey seiner Ankunft mußte er über eine Stunde zu Fuß gehen, doch alles dieß hat ihn Gott Lob nichts geschadet, er ist gesund, so wie wir alle, Carolingen ist wieder zurück, und unser Carl Just vermehrt auf eine für uns höchst angenehme Weiße unsern häußlichen Cirkel.
Ueber Ihren Vorsatz Jean Paul mit nach Tennstedt zu bringen haben wir alle viel Freude, wie Sie Ihren Enthousiasmuß für uns bey ihm rechtfertigen wollen, ist Ihre Sorge, ich habe mir vorgenommen die Befriedigung seines Geistes meinen Mann zu überlaßen, weil ich weiß daß ich mit den Herzen noch am besten fortkomme, wofür ich nur einen Beweiß, den, von Ihrer Freundschaft gegen mich, anführen darf.
Des Herrn von Römers unangenehme Lage ist schon in Langensalza bekant, allein schwerlich würden Sie errathen wen die dortige Speculative Welt als seinen glücklichem Nebenbuhler nennt. Wenn Ihre aus Erfahrung gegründtete Vermuthung eintrift, so darf ich hoffen, daß unser liebenswürdiges Julyen dieße Tage durch die Befreyung ihrer Schmerzen doppelt froh verlebt. Und nun da sie über standen sind, da ich nicht fürchten darf daß wesentliche Schwäche zurückbleibt, sehe ich von allen Seiten Gewinn. Wir bemerken einen Schatz von Kraft, wo wir nur Reitzbarkeit erwarten konten, nie sehen wir aus Unvollkommenheit Vortreflichkeit nicht.
Das was Sie von Ihren schriftstellerischen Arbeiten sagen mein schätzbarer Freund, war mir ganz aus der Seele geschrieben daß es mir wohl that, was von Ihnen gedacht, zu leßen. Über die Verschiedenheit des Ausdrucks vereinigen wir uns gewiß, so bald der Gegenstand nicht über meiner Faßungs Kraft ist, in letzten Fall werde ich die Ursach gebührend in mir suchen, und durch das Bestreben mich so viel als möglich hineinzudenken, wird meinem Geist mancher Vortheil werden, so wie der Alchimist wenn er auch nicht Gold erhält, sich doch mancher nützlichen Entdeckung freut auf die er anfangs nicht rechnen konnte. Alle grüßen Sie herzlich und keiner mit wahrer Innigkeit als Ihre Freundin
Just
Wenn es uns würklich gelungen ist, angenehm auf Ihre Empfindungen zu würken mein herzlich geehrter Freund, so kan ich Ihnen den Dank dafür in vollen Maaß wieder zurückgeben – auch werden Sie mir dieß bey aller Bescheidenheit zugestehen müßen wenn Sie hören zu welcher Zeit ich Ihren Brief erhielt. Mein Mann war schon seit mehreren Tagen abwesend, die bey uns schon heftige Kälte, und das noch rauhere Stollberger Klima machte mich für ihn um so besorgter, da auch die Wege schlecht waren. Carolingen [Just] war in Langensalza, und mich hatte die Kälte in die Eberharden ihre Camer Stube vertrieben. Ich war also gewißer maßen ganz aus meinem Creiße herauß, und fühlte am Unbehagen daß nur derjenige ganz sich denken kan, der meine Anhänglichkeit an diesen Craiß kennt – Ihr Brief nun, mein geliebter Freund! führte mich gewißermaßen in seine schönste Periode zurück, durch ihn war ich wieder mitten unter meinen Lieben, ich laß ihn des Tags öfters, und als mein Mann den Sonnabend spät nach Hauße kam, wußte ich für ihn keine angenehmere Unterhaltung als ihn dießes liebe Geschenk mitzutheilen, und würklich bedurfte der arme Mann dieser Erquikung, da er mit seltenen Uebeln zu kämpfen gehabt hat – Auf der Hinreiße ist er bis unter die Arme ins Waßer gefallen, und hätte ihn nicht Zehner die Hand gereicht, so wäre er gewiß in Eiß erstarrt – zwey mahl hat er die Achse gebrochen, und auch bey seiner Ankunft mußte er über eine Stunde zu Fuß gehen, doch alles dieß hat ihn Gott Lob nichts geschadet, er ist gesund, so wie wir alle, Carolingen ist wieder zurück, und unser Carl Just vermehrt auf eine für uns höchst angenehme Weiße unsern häußlichen Cirkel.
Ueber Ihren Vorsatz Jean Paul mit nach Tennstedt zu bringen haben wir alle viel Freude, wie Sie Ihren Enthousiasmuß für uns bey ihm rechtfertigen wollen, ist Ihre Sorge, ich habe mir vorgenommen die Befriedigung seines Geistes meinen Mann zu überlaßen, weil ich weiß daß ich mit den Herzen noch am besten fortkomme, wofür ich nur einen Beweiß, den, von Ihrer Freundschaft gegen mich, anführen darf.
Des Herrn von Römers unangenehme Lage ist schon in Langensalza bekant, allein schwerlich würden Sie errathen wen die dortige Speculative Welt als seinen glücklichem Nebenbuhler nennt. Wenn Ihre aus Erfahrung gegründtete Vermuthung eintrift, so darf ich hoffen, daß unser liebenswürdiges Julyen dieße Tage durch die Befreyung ihrer Schmerzen doppelt froh verlebt. Und nun da sie über standen sind, da ich nicht fürchten darf daß wesentliche Schwäche zurückbleibt, sehe ich von allen Seiten Gewinn. Wir bemerken einen Schatz von Kraft, wo wir nur Reitzbarkeit erwarten konten, nie sehen wir aus Unvollkommenheit Vortreflichkeit nicht.
Das was Sie von Ihren schriftstellerischen Arbeiten sagen mein schätzbarer Freund, war mir ganz aus der Seele geschrieben daß es mir wohl that, was von Ihnen gedacht, zu leßen. Über die Verschiedenheit des Ausdrucks vereinigen wir uns gewiß, so bald der Gegenstand nicht über meiner Faßungs Kraft ist, in letzten Fall werde ich die Ursach gebührend in mir suchen, und durch das Bestreben mich so viel als möglich hineinzudenken, wird meinem Geist mancher Vortheil werden, so wie der Alchimist wenn er auch nicht Gold erhält, sich doch mancher nützlichen Entdeckung freut auf die er anfangs nicht rechnen konnte. Alle grüßen Sie herzlich und keiner mit wahrer Innigkeit als Ihre Freundin
Just