Mein alter Freund, bist Du glücklich in Deiner Heimat angekommen, oder liegst Du irgend wo vom Postwagen verlohren? Oder hat Dich die Critick der Moral so fürchterlich angebellt, daß Du noch nicht Muth hast Deine Feder irgend wo anders anzusetzen? Oder schnürst Du etwan gar schon Dein Bündelchen um mit Sack und Pack über Danzig nach Sankt Königsberg zu ziehn? Oder hat Dich, wo Gott und seine Heiligen vor seyen, der jüngstgebohrne Sohn der Hölle, der Schupfen mit seinen Krallen auf Haubt und Nase geschlagen, daß Dir alle Lust und Liebe zum Briefstellen verschwunden ist, wie er es mir in verfloßener Woche gethan hat; oder bist Du noch nicht rund mit den Schmäusen, welche das angesehene Stolpe seinem rückgekehrten Hirten aufschüßelt; oder willst Du etwa meine nahe Ankunft mit Extrapost abwarten? Oder – oder –? Sieh mit solchen Muthmaßungen zerschlage ich mir bas den Kopf und habe ihn schon auf eine solche Art und Weise damit zerschlagen und zerhämmert und zerarbeitet und zermalmt und zerdacht, daß ich kaum noch weiter im Stande bin etwas ferner mit ihm anzufangen; damit es also nicht ganz und gar um den armen gequälten Kopf geschehen seyn mag, so entschließe Dich nur flugs und melde uns mit ein, zwey, drey Worten, wie Du Dich befindest und wie Du angekommen, und wie Du die Heerde gefunden hast. Wüßte ich daß es Dir zu viel Zeit wegnähme, so fügte ich wohl anliegend die Antwort bey, und Du dürftest Dir dann nur die Mühe nehmen, sie durch Deine geehrte Unterschrift in gehörigen Werth zu setzen. Von mir, mein Freund, kann ich nicht die Ehre haben viel merckwürdiges zu berichten, außer daß wir das Vergnügen gehabt haben, gleich einer blinden Henne 250. rth zu gewinnen, auf welchen Fall ich dann den Himmlischen bitte, daß er mich nach seiner Gnade recht oft mit gleicher Blindheit schlagen wolle. – Was die Griechen machen? – Ach die unglücklichen Griechen! – Viehsterben und Griechen, was | mag zwischen beiden für Verbindung statt finden? – Da hat sich unseres Professor Trendelenburgs Tochter mit einem Landwirth hinter Oliva zu vermählen Lust und Belieben getragen, und bey diesem ehelichen Paar hat sich nun ein Dämon im Stall eingefunden, der, ein wahrer Würgengel mit feurigem Schwerd über die lieben Ochsen hergefallen ist. Kurz es hat sich ein fürchterliches Viehsterben von dort aus in unserer Gegend verbreitet, so daß schon ein Cordon gezogen ist, damit die gesunden Dörfer mit denen wo die Seuche herrscht in keine Verbindung kommen können. Der alte Trendelenburg, der zum Ankauf des Guths und des Inventariums sein schönes Geld hergegeben hat, wohnt nun immer draußen und ist der Griechen wegen jetzt nicht sprechbar. Meine Frau, die sich Seiner HochWürden zum Seegen empfehlen läßt, bittet um die Buchstaben mit welchen sie die Tücher zeichnen soll, damit sie mit nächster Gelegenheit ihres wegen nach Stolpe wandern können. Ich wünsche von Herzen, daß auch Dich der Himmel mit etwas von Berliner Friedrichsd’orn bedencken wolle, damit ich fein mit blasender Extrapost bey der Stolper Widdam vorfahren kann. – Meine Kinder dencken oft an den Oncle aus Stolpe. – Bemercke mir doch in Deinem Briefe den Nahmen des Berliner Buchhändlers dem ich mich zur Übersetzer manufacktur als Handlanger demüthigst empfehlen könnte; ferner auch die Nahmen der bedeutendsten Berliner Antiquarien; ich habe alles wieder vergeßen. – Freund Ribes hat mir so viel wie nichts aus Berlin mitgebracht; denn was er mir gebracht hat, ist so gut wie nichts. Wo ich noch böse und toll werde, sieh so nehme ich mein Novum Testamentum zur Hand, lerne wieder ein Paar griechische Phrasen und verkaufe mich dann mit Haut und Haaren, Leib und Seele an die heilige Donna | Theologia. Und nun gute Nacht Freund; denke meiner täglich und vergiß Deinen alten Freund nicht.
Duisburg
Danzig d. 25 Nov. am Tage der hochheiligen Catharina.
Duisburg
Danzig d. 25 Nov. am Tage der hochheiligen Catharina.