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Friedrich Carl Gottlieb von Duisburg to Friedrich Schleiermacher TEI-Logo

d. 21 Xbr 1802
Deine hohen Begriffe von meiner Faulheit und Saumseeligkeit sind doch um einige Noten zu hoch gestimmt, davon hast Du den Beweiß jetzt in Händen. Deinen letzten Brief vom 15. erhielt ich aus des HErrn Postträgers Händen erst den 19ten, dem ohngeachtet erhältst Du heute von mir die bestimmteste Nachricht. Es ist hier allerdings eine Anstalt wo wahnsinnige Personen aufgenommen werden können, und wo für ihre Kur und ihre Verpflegung gesorgt wird; diese Anstalt nennt man hier das Pockenhaus, es liegt im sogenannten Irrgarten, seitwärts dem Thore wo Du hinausgefahren bist. Ich habe nun gestern mit dem Vorsteher dieses Kranckenhauses gesprochen. Die arme Frau des dortigen Kantors – der sich, wie Du zu sagen beliebst, mit mir nicht in eine Linie wird stellen wollen; der aber, setze ich hinzu, auch seine guten Ursachen dazu haben würde, wenn er so mein Inneres Häusliches kennte: es ist nicht alles Gold, was gläntzt! – kann in diesem Kranckenhause aufgenommen werden, aber nicht auf Lebenszeit, sondern bis zur endlichen Beßerung oder Tod, wie der HErr Vorsteher sagte, welches denn aber im Grunde einerley ist, wie es mir bedünckt; aber die unnachläßigen Kosten sind etwas hoch; unter 1 rth, wöchentlich wird Niemand aufgenommen, denn dieß ist die Taxe welche selbst die königliche Kammer bezahlt, wenn sie Jemanden hieher giebt. | Dagegen aber müßen die dortigen Armenanstalten, wenn die Krankheit würcklich so beschaffen ist, daß sie dem Häuslichen des Mannes nachtheilig wird, das erforderliche zuschießen; und wenn auch diese dazu nicht im Stande sind, so muß es der Kammer gehörig angezeigt werden, welche alsdann Rath schaffen muß. Das Armenhaus kann aber von der angenommenen Taxe 1. rth nicht abgehen. Was Du nun näheres darüber zu besorgen und zu verfügen haben solltest, dieß will ich recht gern püncktlich besorgen, ohne daß Du nöthig hast an den Theologen oder den Maurer zu appelliren. – Die Zeitungen mit den Recensionen Deiner Predigten sind noch nicht eingelaufen, denn der Lesezirckel, nimmt auf dem Lande sein Ende, und da muß ich oft lange warten ehe Gelegenheit kömmt daß sie herein kommen; wären sie schon eingegangen, so hättest Du sie ohne Dein Erinnern schon lange erhalten. Ein englisches Lehrbuch, eigentlich für Deutsche Kaufmännischen Standes eingerichtet, existirt nicht; man hat zwar merchant letters, die sind aber so dumm, daß sie nicht zu empfehlen sind. Ficks Grammatik und Lehrbuch; Gedicke’s Lehrbuch, und Ebers englisch deutsche Chrestomatie, sind meines Bedünckens die beßten Bücher. – Da ich dieses Jahr noch einmal schreiben zu können hoffe, so nehme ich noch nicht Abschied für diß Jahr. Meine Frau frägt wie die geräucherten Gänse gerathen sind? – Wenn sie nicht übermäßig theuer sind, so wünscht sie 1 oder 2 gelegentlich zu erhalten. Mit der Collecktion habe ich leider noch nicht verrechnet, weil er noch nicht hat zahlen können; Troschel | hat die Assignaten angenomen, aber noch nicht gezahlt. Ich werde Dir über alles Rechnung ablegen und Dir auch eine vollständige Liste, von allen 5 Klaßen einsenden. Auch laß mir wißen ob ich abermals ein Loos für Dich besorgen soll.
Dein treuer Bruder
Duisburg.
Hast Du schon seit Deiner Rückkunft an Sack geschrieben? und angefragt, wie es doch kommt daß die Danziger kein Bestätigen ihres Pastors erhalten?
Metadata Concerning Header
  • Date: Dienstag, 21. Dezember 1802
  • Sender: Friedrich Carl Gottlieb von Duisburg ·
  • Recipient: Friedrich Schleiermacher ·
  • Place of Dispatch: Danzig · ·
  • Place of Destination: Stolp · ·
Printed Text
  • Bibliography: Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst: Kritische Gesamtausgabe. Abt. 5, Bd. 6. Briefwechsel 1802‒1803 (Briefe 1246‒1540). Hg. v. Andreas Arndt u. Wolfgang Virmond. Berlin u.a. 2005, S. 249‒251.

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