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Antoinette Bamberger to Friedrich Schleiermacher TEI-Logo

Sonnabends Morgens d. 30t. May 1801
Ich sende Ihnen lieber Freund, mit dem herzlichsten Dank die Brieffe zurük, die ich mit vielem Vergnügen gelesen. Die Lesung derselben hat den Wunsch bei mir erwekt den Schreiber kennen zu lernen; ich stelle mir Ihn als einen sehr Hochachtungswerthen, und dabei angenehm gelaunten vor; und fürchte nicht durch Erfüllung dieses Wunsches, wie sonst leider! oft geschehen ist, getäuscht zu werden, da Er Ihr Freund ist. Solte Er einmal in unsere Gegend kommen, und ich noch leben, so führen Sie Ihn mir ja vor! Es ist eine meiner Seelen und HerzensLeidenschaften gute Menschen persönlich zu kennen; und gott lob ich habe diese Freude oft und viel genoßen. – HErr Teller, den ich am Mittwoch Abend noch beim Bruder sprach schäzt den Mann sehr, und sagt: Er habe die Brieffe selbst angezeigt und recensirt – ich weiß aber nicht wo? ver|muthlich im PredigerMagazin. Er lachte eben so wie Sie, über HErrn L[üd] Idee, Fichthianismus darin gefunden zu haben. Ich habe keinen darin gefunden, nach dem Begrif den ich mir davon mache, da ich nemlich nichts davon verstehe; HErr L. müßte denn den Ausdruk: mein Ich der einmal darin vorkömmt dafür genommen haben. Kommt es aber darauf nur an ein Fichthianer zu heißen, so darf man sich nicht mehr Setzen, oder von seinem Ich sprechen ohne dafür zu gelten. Ich beklage also jeden der diesen Nahmen nicht haben will; so muß er ja ewig stehen, und also sehr müde werden, aber es ist wahr! man kann sich ja niederlaßen. – Meinen Mann habe ich sehr froh über meine Rükkunft angetroffen; er trägt mir ausdrüklich auf Ihnen sehr für den prächtigen Käse zu danken, worin er sich Mittags und Abends labt. Es ist aber auch das Non plus ultra aller Käse! Wo haben Sie denselben so köstlich aufgefischt? – Besuchen | Sie doch die arme Lucie ja fleißig; und helffen Sie den Julius beßern, der junge gefällt mir gar nicht! – Erinnern Sie Lucie an Ihre gütige Erlaubnis der Schillerschen Allmanache wegen; und entschuldigen meine Kürze; aber die Zeit drängt. Ich bin mit ganzer Seele lieber HErr Schleiermacher
Ihre treue Freundin
AB.
Metadata Concerning Header
  • Date: Samstag, 30. Mai 1801
  • Sender: Antoinette Bamberger
  • Recipient: Friedrich Schleiermacher ·
  • Place of Dispatch: Potsdam · ·
  • Place of Destination: Berlin · ·
Printed Text
  • Bibliography: Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst: Kritische Gesamtausgabe. Abt. 5, Bd. 6. Briefwechsel 1802‒1803 (Briefe 1246‒1540). Hg. v. Andreas Arndt u. Wolfgang Virmond. Berlin u.a. 2005, S. 539‒540.

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