Bamberg, den 5. September 1800.
Bis heute habe ich vergebens auf einen Brief von Ihnen gewartet, mein innigst verehrter Freund! Gestern aber hat Schlegel einen Brief von Schleiermacher erhalten, worin dieser von einem mit Ihnen in der Sache des neuen Instituts gehabten Gespräche schreibt. Einiges, [/] was mir daraus mitgetheilt worden, scheint mir ein Mißverständniß anzuzeigen, was ich sehr ungern fortdauern sehe, und wozu vielleicht mein letzter Brief, dadurch daß er die Sache nicht ausführlich genug auseinandergesetzt, Veranlassung gegeben hat.
Der von Schlegel entworfene Plan ist nicht von der Art, daß er den Ihrigen ausschlösse, oder daß beide etwas Entgegengesetztes zum Zwecke hätten. Dies versteht sich von selbst. Es ist Ein Plan, den beide entworfen haben. Schlegel hat nichts gethan, als die äußern Bedingungen der Ausführung – die nöthige Zahl der Mitarbeiter, und den Verleger – herbeigeschafft, und obgleich er so wenig als ich (wie Sie sich erinnern werden) über alle Punkte mit Ihnen sich vereinigen konnte, z. B. daß alles, Kunstwerke ausgenommen, in allgemeine Uebersichten verarbeitet werden müsse, so ist doch der Geist beider Plane derselbe, und dieser Geist gehört Allen und ist Allen gleich eigenthümlich. Wir alle wollen in Wissenschaft und Kunst der Herrschaft der Seichtigkeit, der Plattheit und Gedankenlosigkeit, so wie in der Kritik der Herrschaft der Stumpfheit ein Ende machen. Ich weiß nicht, wodurch Sie Schlegel veranlaßt haben, vorauszusetzen, daß Sie die Idee eines solchen Plans gänzlich aufgegeben, wodurch er ganz natürlich bestimmt wurde, da er die Ausführung desselben nach seiner Art für möglich hielt, [/] sie für sich zu unternehmen; ich weiß nicht, ob Sie ihm, wie mir, ganz bestimmt Ihre Ueberzeugung von der Nichtausführbarkeit mitgetheilt haben, oder nicht, ich denke aber, daß er wenigstens aus Aeußerungen von Ihnen darauf geschlossen hat, und bin überzeugt, daß nicht die einzelnen Abweichungen von Ihrem ersten Plane ihn bestimmt haben, Ihnen nicht sogleich von den Schritten Nachricht zu geben, die er zur Realisirung desselben gethan hatte.
Mich hat es unendlich erfreut, da ich aus Ihrem Briefe ersah, daß Sie der Idee selbst noch treu geblieben und auf einem gleichen Wege begriffen waren; die Andern gewiß ebenso sehr, da sie darauf die sichere Hoffnung gründen konnten, Sie auf eine bestimmtere und ausgedehntere Art theilnehmen zu sehen, als sie nach ihrem Plan hoffen zu dürfen geglaubt hatten. Die Sache hat sich also nicht geändert, und es wäre sehr zu bedauern, wenn sie sich wirklich geändert hätte. Der einzige Grund, der Sie bestimmen könnte, unsern Wunsch nicht zu erfüllen, könnten die Abweichungen von Ihrem ersten Plan seyn, die in dem zweiten Plane liegen, und je mehr ich wünsche, daß sie es nicht seyen, desto nöthiger halte ich, über selbigen Ihnen einige Gedanken mitzutheilen, die Sie vielleicht damit übereinstimmend zu machen im Stande wären.
Es hat mir wenigstens gleich Anfangs und da ich [/] nur Ihren Plan vor Augen hatte, geschienen, daß zur Umfassung eines so großen, und in mehreren einzelnen Punkten noch so heterogenen Ganzen, wie das ist, was durch die beiden Pole der jetzigen Bildung, Wissenschaft und Kunst, gebildet wird, Ein Redacteur kaum hinreichen würde. Sie selbst wollten sogar für jedes einzelne Fach einen besonderen Oberredacteur, mir schien es, daß Ein Hauptredacteur für das, was ins Gebiet der Wissenschaft, und Einer für das, was ins Gebiet der Kunst gehörte, hinreichend wäre. Wenn Sie dieser Trennung Beifall geben, und nicht andre Gründe Sie abhalten, so sind Sie es der Wissenschaft schuldig, die erste Function zu übernehmen, da wir alle Sie allein derselben würdig erkennen, und Sie sich selbst dazu so constituiren, daß auch vor der Welt kein Zweifel über Ihren Beruf dazu möglich seyn wird. Die Zweite wird Schlegel übernehmen, und es in seinem Theile gewiß nicht fehlen lassen.
Die Subordination von Ober= und Unterredacteurs, haben Sie in Ihrem neuen Plan selbst fallen lassen, auch nach Ihnen steht jeder Einzelne für sich selbst, und die Function der beiden Hauptredacteurs bestünde also nur in folgendem:
1) Das blos Mechanische der Einrichtung, der Correspondenz, der Redaction selbst muß nothwendig Einem übertragen werden. Diese Besorgung wird [/] Schlegel gerne übernehmen, der dazu geschickter ist, als wir Alle, und auf dessen Genauigkeit wir uns sicher verlassen können.
2) Alle Arbeiten, die in das Institut aufgenommen werden, gehören entweder in das Fach der Wissenschaft, oder das der Kunst, oder in Beide. In jenem sollen Sie, in diesem Schlegel, im letztem Sie beide die entscheidende negative Stimme haben, daß z. B. Eine Stelle, oder Ein Aufsatz nicht aufgenommen werden können. Sollte sich der Verfasser dagegen setzen, und Gründe anführen können, so müßte die Pluralität der in seinem Fach arbeitenden Mitglieder darüber entscheiden, ausgenommen den Fall, wo politische Gründe ins Spiel kommen, und wo die Uebereinstimmung beider Redacteurs hinreichend ist.
3) Die Bemerkung aller derjenigen Schriften, auf welche Rücksicht genommen werden muß, von Messe zu Messe, rechne ich zum blos Mechanischen der Redaction. Ueber die Wahl derselben vergleichen sich entweder die Mitarbeiter selbst, oder wenn, wie zu erwarten, manches, das doch nicht unwichtig ist in dem einen oder andern Sinne, ungewählt bleibt, so entscheidet der Redacteur, in dessen Fach die Sache gehört, wer die Arbeit übernehmen soll. Ebenso wenn mehrere, sey es wegen einer einzelnen Schrift, oder wegen einer ganzen Bearbeitung in Collision kommen. So habe z. B. ich [/] für den ersten Band schon die Zurüstungen zu einer Uebersicht des gegenwärtigen Zustandes der Philosophie gemacht und glaube darin manches Neue vortragen zu können. Wenn man aber Hoffnung hätte, daß in der Folge Sie selbst diese Bearbeitung übernehmen, so würde ich es für ein Glück achten, und meine eignen Gedanken unter einer andern Form vortragen.
Die übrigen Abweichungen reduciren sich hauptsächlich darauf, daß Sie in wissenschaftlichen Dingen nur Uebersichten, wir dagegen auch Beurtheilung einzelner Schriften wollen. Folgendes sind die Gründe, die mich bestimmen, der letztern Meinung zu seyn, und die ich so frei bin Ihnen zur Beurtheilung vorzulegen.
An manchen Schriften ist nicht nur die Sache, sondern auch die Person oder das Individuum interessant, z. B. durch Vortrag, mehr oder weniger Beredsamkeit, Kunst der Darstellung, oder besondere geistige Idiosincrasien. Ein solches Individuum ist z. B. Jacobi. Zwar nicht viele, aber doch künftig vielleicht mehrere wissenschaftliche Werke könnten zugleich und müssen von Seiten der Kunst betrachtet werden. Für diese gilt also dasselbe, was für Kunstwerke im engern Sinn gilt. Uebersichten bleiben also immer die Regel, und ich bin sogar der Meinung, daß für jedes Fach ein besonderer Mitarbeiter existire, der sich zu der allgemeinen [/] Uebersicht anheischig macht. Einzelne Anzeigen können aber doch das Begleitende seyn.
In den sogenannten empirischen Wissenschaften wird manches auf nicht wissenschaftlichem Wege gefunden. Erlauben Sie mir hier als Beispiel nur Physik und Chemie zu nennen. Entweder ist der Punkt gefunden, wo das eruirte Factum mit dem System zusammenhängt, so gehört die Erwähnung allerdings in die allgemeine Uebersicht, wo nicht (und dieß kann sehr wohl der Fall seyn), so darf das Gefundene nicht unbemerkt bleiben, und ist vorerst Object einer isolirten Anzeige.
Ich weiß nicht ob es mir gelungen, Sie zu überzeugen. Ich bitte Sie jetzt nur, mich mit der Offenheit, deren Sie mich sonst gewürdigt haben, bald möglichst wissen zu lassen, ob ich mir mit vergeblichen Hoffnungen geschmeichelt habe oder nicht, und im ersten Fall, ob es Gründe sind, die in uns liegen, welche Sie zu diesem Entschluß bestimmen. Rechnen Sie mir dieß nicht als Zudringlichkeit an, sondern als Folgen des aufrichtigen Wunsches, der unmittelbar aus meiner Verehrung gegen Sie hervorgeht, zu wissen, wodurch Ihnen dieser Plan mißfällig ist, und was nach Ihrer Ueberzeugung geändert werden müßte, um ihn Ihrer Theilnahme werth zu machen.
Unmöglich können Sie gegen Unger die Verbindlichkeit haben, die wir gegen Cotta, um so weniger, da [/] der Plan, den Sie bei ihm vorgefunden, nur ein Woltmannisches, d. h. gewiß höchst schlechtes und nur auf Finanzspeculationen angelegtes Project war. Cotta wird sich unsäglich geehrt fühlen, wenn Sie sich mit an die Spitze stellen wollen und Ihnen gewiß dieselben, ja noch größere Bedingungen eingehen, als Unger. Ich bitte Sie, diese Bedingungen nur Schlegel zu melden, der, da er Einmal mit Cotta contrahirt hat, sie ihm sogleich vorlegen wird. Die Ankündigung des Instituts, die nothwendig bald geschehen muß, wird freilich eher besorgt werden müssen, als Sie uns Ihren Beitritt melden können, allein dieß kann vorerst bloß die Folge haben, daß gar kein Redacteur genannt wird. Ueber diesen Punkt habe ich Schlegel gefragt. Er will aber lieber auf Ihre entscheidende Antwort warten.
Von meiner Arbeit erscheint das erste, über den gegenwärtigen Zustand der Philosophie zwar auch in den Jahrbüchern, aber doch zugleich als besondere Schrift. Daß aber in demselben Verlag nicht ein allgemeines kritisches Institut und zugleich die kritische Revision einer einzelnen Wissenschaft von einer Bedeutung wie die Philosophie erscheinen können, ist wohl klar, und da Cotta die längst gehabte und gehegte Idee eines solchen Instituts gewiß nicht würde haben fahren lassen, so blieb mir nichts übrig, als die Vereinigung. Dieß werden Sie in Betrachtung zu ziehen die Güte haben, [/] und zugleich die Versicherung der wahrsten Verehrung annehmen von Ihrem
ganz ergebenen
Schelling.
Bis heute habe ich vergebens auf einen Brief von Ihnen gewartet, mein innigst verehrter Freund! Gestern aber hat Schlegel einen Brief von Schleiermacher erhalten, worin dieser von einem mit Ihnen in der Sache des neuen Instituts gehabten Gespräche schreibt. Einiges, [/] was mir daraus mitgetheilt worden, scheint mir ein Mißverständniß anzuzeigen, was ich sehr ungern fortdauern sehe, und wozu vielleicht mein letzter Brief, dadurch daß er die Sache nicht ausführlich genug auseinandergesetzt, Veranlassung gegeben hat.
Der von Schlegel entworfene Plan ist nicht von der Art, daß er den Ihrigen ausschlösse, oder daß beide etwas Entgegengesetztes zum Zwecke hätten. Dies versteht sich von selbst. Es ist Ein Plan, den beide entworfen haben. Schlegel hat nichts gethan, als die äußern Bedingungen der Ausführung – die nöthige Zahl der Mitarbeiter, und den Verleger – herbeigeschafft, und obgleich er so wenig als ich (wie Sie sich erinnern werden) über alle Punkte mit Ihnen sich vereinigen konnte, z. B. daß alles, Kunstwerke ausgenommen, in allgemeine Uebersichten verarbeitet werden müsse, so ist doch der Geist beider Plane derselbe, und dieser Geist gehört Allen und ist Allen gleich eigenthümlich. Wir alle wollen in Wissenschaft und Kunst der Herrschaft der Seichtigkeit, der Plattheit und Gedankenlosigkeit, so wie in der Kritik der Herrschaft der Stumpfheit ein Ende machen. Ich weiß nicht, wodurch Sie Schlegel veranlaßt haben, vorauszusetzen, daß Sie die Idee eines solchen Plans gänzlich aufgegeben, wodurch er ganz natürlich bestimmt wurde, da er die Ausführung desselben nach seiner Art für möglich hielt, [/] sie für sich zu unternehmen; ich weiß nicht, ob Sie ihm, wie mir, ganz bestimmt Ihre Ueberzeugung von der Nichtausführbarkeit mitgetheilt haben, oder nicht, ich denke aber, daß er wenigstens aus Aeußerungen von Ihnen darauf geschlossen hat, und bin überzeugt, daß nicht die einzelnen Abweichungen von Ihrem ersten Plane ihn bestimmt haben, Ihnen nicht sogleich von den Schritten Nachricht zu geben, die er zur Realisirung desselben gethan hatte.
Mich hat es unendlich erfreut, da ich aus Ihrem Briefe ersah, daß Sie der Idee selbst noch treu geblieben und auf einem gleichen Wege begriffen waren; die Andern gewiß ebenso sehr, da sie darauf die sichere Hoffnung gründen konnten, Sie auf eine bestimmtere und ausgedehntere Art theilnehmen zu sehen, als sie nach ihrem Plan hoffen zu dürfen geglaubt hatten. Die Sache hat sich also nicht geändert, und es wäre sehr zu bedauern, wenn sie sich wirklich geändert hätte. Der einzige Grund, der Sie bestimmen könnte, unsern Wunsch nicht zu erfüllen, könnten die Abweichungen von Ihrem ersten Plan seyn, die in dem zweiten Plane liegen, und je mehr ich wünsche, daß sie es nicht seyen, desto nöthiger halte ich, über selbigen Ihnen einige Gedanken mitzutheilen, die Sie vielleicht damit übereinstimmend zu machen im Stande wären.
Es hat mir wenigstens gleich Anfangs und da ich [/] nur Ihren Plan vor Augen hatte, geschienen, daß zur Umfassung eines so großen, und in mehreren einzelnen Punkten noch so heterogenen Ganzen, wie das ist, was durch die beiden Pole der jetzigen Bildung, Wissenschaft und Kunst, gebildet wird, Ein Redacteur kaum hinreichen würde. Sie selbst wollten sogar für jedes einzelne Fach einen besonderen Oberredacteur, mir schien es, daß Ein Hauptredacteur für das, was ins Gebiet der Wissenschaft, und Einer für das, was ins Gebiet der Kunst gehörte, hinreichend wäre. Wenn Sie dieser Trennung Beifall geben, und nicht andre Gründe Sie abhalten, so sind Sie es der Wissenschaft schuldig, die erste Function zu übernehmen, da wir alle Sie allein derselben würdig erkennen, und Sie sich selbst dazu so constituiren, daß auch vor der Welt kein Zweifel über Ihren Beruf dazu möglich seyn wird. Die Zweite wird Schlegel übernehmen, und es in seinem Theile gewiß nicht fehlen lassen.
Die Subordination von Ober= und Unterredacteurs, haben Sie in Ihrem neuen Plan selbst fallen lassen, auch nach Ihnen steht jeder Einzelne für sich selbst, und die Function der beiden Hauptredacteurs bestünde also nur in folgendem:
1) Das blos Mechanische der Einrichtung, der Correspondenz, der Redaction selbst muß nothwendig Einem übertragen werden. Diese Besorgung wird [/] Schlegel gerne übernehmen, der dazu geschickter ist, als wir Alle, und auf dessen Genauigkeit wir uns sicher verlassen können.
2) Alle Arbeiten, die in das Institut aufgenommen werden, gehören entweder in das Fach der Wissenschaft, oder das der Kunst, oder in Beide. In jenem sollen Sie, in diesem Schlegel, im letztem Sie beide die entscheidende negative Stimme haben, daß z. B. Eine Stelle, oder Ein Aufsatz nicht aufgenommen werden können. Sollte sich der Verfasser dagegen setzen, und Gründe anführen können, so müßte die Pluralität der in seinem Fach arbeitenden Mitglieder darüber entscheiden, ausgenommen den Fall, wo politische Gründe ins Spiel kommen, und wo die Uebereinstimmung beider Redacteurs hinreichend ist.
3) Die Bemerkung aller derjenigen Schriften, auf welche Rücksicht genommen werden muß, von Messe zu Messe, rechne ich zum blos Mechanischen der Redaction. Ueber die Wahl derselben vergleichen sich entweder die Mitarbeiter selbst, oder wenn, wie zu erwarten, manches, das doch nicht unwichtig ist in dem einen oder andern Sinne, ungewählt bleibt, so entscheidet der Redacteur, in dessen Fach die Sache gehört, wer die Arbeit übernehmen soll. Ebenso wenn mehrere, sey es wegen einer einzelnen Schrift, oder wegen einer ganzen Bearbeitung in Collision kommen. So habe z. B. ich [/] für den ersten Band schon die Zurüstungen zu einer Uebersicht des gegenwärtigen Zustandes der Philosophie gemacht und glaube darin manches Neue vortragen zu können. Wenn man aber Hoffnung hätte, daß in der Folge Sie selbst diese Bearbeitung übernehmen, so würde ich es für ein Glück achten, und meine eignen Gedanken unter einer andern Form vortragen.
Die übrigen Abweichungen reduciren sich hauptsächlich darauf, daß Sie in wissenschaftlichen Dingen nur Uebersichten, wir dagegen auch Beurtheilung einzelner Schriften wollen. Folgendes sind die Gründe, die mich bestimmen, der letztern Meinung zu seyn, und die ich so frei bin Ihnen zur Beurtheilung vorzulegen.
An manchen Schriften ist nicht nur die Sache, sondern auch die Person oder das Individuum interessant, z. B. durch Vortrag, mehr oder weniger Beredsamkeit, Kunst der Darstellung, oder besondere geistige Idiosincrasien. Ein solches Individuum ist z. B. Jacobi. Zwar nicht viele, aber doch künftig vielleicht mehrere wissenschaftliche Werke könnten zugleich und müssen von Seiten der Kunst betrachtet werden. Für diese gilt also dasselbe, was für Kunstwerke im engern Sinn gilt. Uebersichten bleiben also immer die Regel, und ich bin sogar der Meinung, daß für jedes Fach ein besonderer Mitarbeiter existire, der sich zu der allgemeinen [/] Uebersicht anheischig macht. Einzelne Anzeigen können aber doch das Begleitende seyn.
In den sogenannten empirischen Wissenschaften wird manches auf nicht wissenschaftlichem Wege gefunden. Erlauben Sie mir hier als Beispiel nur Physik und Chemie zu nennen. Entweder ist der Punkt gefunden, wo das eruirte Factum mit dem System zusammenhängt, so gehört die Erwähnung allerdings in die allgemeine Uebersicht, wo nicht (und dieß kann sehr wohl der Fall seyn), so darf das Gefundene nicht unbemerkt bleiben, und ist vorerst Object einer isolirten Anzeige.
Ich weiß nicht ob es mir gelungen, Sie zu überzeugen. Ich bitte Sie jetzt nur, mich mit der Offenheit, deren Sie mich sonst gewürdigt haben, bald möglichst wissen zu lassen, ob ich mir mit vergeblichen Hoffnungen geschmeichelt habe oder nicht, und im ersten Fall, ob es Gründe sind, die in uns liegen, welche Sie zu diesem Entschluß bestimmen. Rechnen Sie mir dieß nicht als Zudringlichkeit an, sondern als Folgen des aufrichtigen Wunsches, der unmittelbar aus meiner Verehrung gegen Sie hervorgeht, zu wissen, wodurch Ihnen dieser Plan mißfällig ist, und was nach Ihrer Ueberzeugung geändert werden müßte, um ihn Ihrer Theilnahme werth zu machen.
Unmöglich können Sie gegen Unger die Verbindlichkeit haben, die wir gegen Cotta, um so weniger, da [/] der Plan, den Sie bei ihm vorgefunden, nur ein Woltmannisches, d. h. gewiß höchst schlechtes und nur auf Finanzspeculationen angelegtes Project war. Cotta wird sich unsäglich geehrt fühlen, wenn Sie sich mit an die Spitze stellen wollen und Ihnen gewiß dieselben, ja noch größere Bedingungen eingehen, als Unger. Ich bitte Sie, diese Bedingungen nur Schlegel zu melden, der, da er Einmal mit Cotta contrahirt hat, sie ihm sogleich vorlegen wird. Die Ankündigung des Instituts, die nothwendig bald geschehen muß, wird freilich eher besorgt werden müssen, als Sie uns Ihren Beitritt melden können, allein dieß kann vorerst bloß die Folge haben, daß gar kein Redacteur genannt wird. Ueber diesen Punkt habe ich Schlegel gefragt. Er will aber lieber auf Ihre entscheidende Antwort warten.
Von meiner Arbeit erscheint das erste, über den gegenwärtigen Zustand der Philosophie zwar auch in den Jahrbüchern, aber doch zugleich als besondere Schrift. Daß aber in demselben Verlag nicht ein allgemeines kritisches Institut und zugleich die kritische Revision einer einzelnen Wissenschaft von einer Bedeutung wie die Philosophie erscheinen können, ist wohl klar, und da Cotta die längst gehabte und gehegte Idee eines solchen Instituts gewiß nicht würde haben fahren lassen, so blieb mir nichts übrig, als die Vereinigung. Dieß werden Sie in Betrachtung zu ziehen die Güte haben, [/] und zugleich die Versicherung der wahrsten Verehrung annehmen von Ihrem
ganz ergebenen
Schelling.