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Johann Gottlieb Fichte to Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling TEI-Logo

Berl. d. 6. 7br. 1800.
Theurer Freund,
Meinen durch Gründe motivirten Entschluß in der bekannten Sache habe ich an W. Schlegel geschrieben. Demselben habe ich geschrieben, daß ich eine, dem Inhalte nach der Ihrigen durchaus ähnliche Uebersicht entworfen habe, und abdruken lassen werde. Es wird gut seyn, dasselbe, in zweierlei Formen, an zweierlei Orten, zu sagen: und dadurch unser beider Uebereinstimmung zu zeigen.
An welcher Stelle werden Sie Bardili’n besonders fassen? Den Hauptfehler, daß er das Denken in aller Stille, ohne daß es einer merkt, in ein Seyn verwandelt, abgerechnet; werde ich besonders zeigen, daß das Denken, das er aufstellt, sogar kein reelles Denken, sondern nur eine Abstraction sey; daß sonach, mit Klopstok zu reden, statt des Pfeiles ein Bolzen – vor dem Ziele vorbei fliegt. Jacobi’n werde ich zeigen, daß er die Philosophie, welche er beurtheilt, sogar historisch nicht kennt, und daß er z. B. meine Sittenlehre nicht einmal gelesen hat; daß er an mir fast immer die durch mich verbesserten Irrthümer der Kantischen Sittenlehre, und Theologie, rügt.
Die Rec. Ihres transscend. Ideal. in der L.Z. habe ich noch nicht gelesen. Ich werde sie aber, ehe ich jene Uebersicht schliesse, lesen. Ich bin überhaupt nicht abgeneigt, Reinholden allenfals selbst zu Leibe zu gehen.
Ich hoffe, daß Schlegel noch in Bamberg ist. Sollte er es nicht seyn, so erbrechen Sie nur den Brief, der eben sowohl für Sie geschrieben ist, und übersenden ihn demselben.
Ganz der Ihrige
Fichte.
N. Sch. Der Brief ist liegen geblieben, und ich höre, daß Schlegel kaum mehr in Bamberg ist. Ich sende seinen Brief auf einem andern Wege; und setze für Sie hinzu: daß Unger, ohnerachtet meines Zuredens den Plan nicht aufgiebt, und daß ich unter diesen Umständen mich für [/] verbunden halte ihm das gegebne Wort, inwiefern ich es ihm gegeben habe, d. h. für die bestimmt versprochnen Aufsätze zu halten. Von dem ersten Stüke an aber halte ich mich für frei, und könnte dann wohl für Ihr Institut zuweilen etwas arbeiten, ohne doch mich zu etwas bestimmtem zu verbinden.
Herrn Professor Schelling
zu
Bamberg


Metadata Concerning Header
  • Date: 06. bis 12. September 1800
  • Sender: Johann Gottlieb Fichte ·
  • Recipient: Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling ·
  • Place of Dispatch: Berlin · ·
  • Place of Destination: Bamberg · ·
  • Notations:
Printed Text
  • Bibliography: Fichte, Johann Gottlieb: Gesamtausgabe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Abteilung III, Bd. 4: Briefe 1799–1800. Hg. v. Hans Gliwitzky und Reinhard Lauth. Unter Mitwirkung v. Peter K. Schneider und Manfred Zahn. Stuttgart 1973, S. 305‒306.

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