
Jena, den 15. [May] 1801.
Ihr letzter Brief, mein verehrungswürdiger Freund, hat mir das innigste Vergnügen bereitet. Viele Arbeiten und mein kränklicher Zustand, der mir kaum zu dem Nothwendigsten Muße ließ, verhinderten mich, ihn früher zu beantworten. Jetzt kann ich es durch die beiliegenden Arbeiten besser thun, als durch einen Brief möglich war. Ich bitte, daß Sie solche mit Güte aufnehmen, und wünsche, daß Sie dieselben in Uebereinstimmung mit Ihren Gedanken finden können. Noch habe ich freilich die Darstellung nicht bis zu dem Punkt führen können, bei [/] welchem sich das Verhältniß dieses Systems, zu dem, was man bisher unter Idealismus gedacht hat, aufklären muß. Für Sie bedarf es dessen nicht. Ihre letzte Aeußerung: „Sie verstehen mich wohl, und haben mich immer so verstanden, nur folge, was ich wolle nicht aus den bisherigen Grundsätzen des Transscendentalismus, sondern, sey ihnen vielmehr entgegen, und nur aus einer Erweiterung des Idealismus in seinen Principien selbst, zu begreifen und abzuleiten,” macht mich hoffen, daß Sie mit meinem Unternehmen im Allgemeinen wenigstens, (was die Erweiterung betrifft) in Uebereinstimmung seyn werden, obgleich ich freilich nicht weiß, ob auch die Art der Erweiterung dieselbe, oder harmonisch ist, mit der, welche Sie dem Idealismus zugedacht haben. Ihre Ankündigung der neuen Darstellung der Wissenschaftslehre mußte mich nothwendig sehr interessiren, und Sie urtheilen leicht, mit welchem Verlangen ich dieser5 und auch dem „Sonnenklaren Bericht” entgegen sehe. Für die Stelle jener Ankündigung, in der Sie meinen Arbeiten die Ehre der Erwähnung erzeigen, bin ich Ihnen auf jeden Fall sehr verbunden; und ich muß auf jeden Fall, und ohne alle weitere Untersuchung, sie für wahr erkennen, da es Ihnen selbst bekannt ist, daß es, besonders, mit meinen naturphilosophischen Arbeiten eben nicht meine Absicht gewesen, der transscendentalen Ansicht, wie sie Ihnen insgemein [/] zugeschrieben wird, oder auch der Ansicht, welche, nach dem oben Angeführten, mit dem was ich will, allerdings in Widerspruch ist, bei dem Publikum Eingang zu verschaffen. Mein sehnlichster Wunsch ist, daß Ihnen bald die Muße werde, das System des Intelligibeln aufzustellen, da ich ahnde, wie sehr dieses geeignet seyn wird, alle obwaltenden Differenzen ganz und für immer aufzuheben, und jede Darstellung, die innerhalb des bisherigen Kreises bleibt, mich über Ihren eigentlichen Sinn und Meinung nicht weiter bringt, indem ich, wie Sie wohl einsehen, eben an einem Punkte stehe, dessen Erörterung außerhalb dieses Kreises fällt, eben darum, weil von ihm die ganze Bedeutung Ihres Systems abhängt. Allzuviel begehrt von Ihrer Freundschaft wäre es, wenn ich Sie, jetzt gleich wenigstens, um einige Mittheilungen Ihrer Ideen aus Veranlassung der mitfolgenden Darstellung bitten wollte. Ich denke immer darauf, wie ich es machen könnte, nächsten Herbst auf kürzere oder längere Zeit nach Berlin zu kommen, um Sie wieder zu sehen; und mündlich mit Ihnen zu sprechen. Nicolais Leben, wovon ich durch Ihre Güte ein Exemplar erhalten habe, ist nicht nur seines Inhalts, sondern ebenso sehr und noch weit mehr der Form wegen, eine ganz neue Acquisition für unsre Literatur. Hoffentlich ist dieses Werk nicht nur für das Individuum, sondern für die ganze Race, zu der dieses gehört, verderblich. [/]
Leben Sie wohl, mein innigst hochgeachteter Freund, und bleiben Sie mir ferner gewogen.
Schelling.
Ihr letzter Brief, mein verehrungswürdiger Freund, hat mir das innigste Vergnügen bereitet. Viele Arbeiten und mein kränklicher Zustand, der mir kaum zu dem Nothwendigsten Muße ließ, verhinderten mich, ihn früher zu beantworten. Jetzt kann ich es durch die beiliegenden Arbeiten besser thun, als durch einen Brief möglich war. Ich bitte, daß Sie solche mit Güte aufnehmen, und wünsche, daß Sie dieselben in Uebereinstimmung mit Ihren Gedanken finden können. Noch habe ich freilich die Darstellung nicht bis zu dem Punkt führen können, bei [/] welchem sich das Verhältniß dieses Systems, zu dem, was man bisher unter Idealismus gedacht hat, aufklären muß. Für Sie bedarf es dessen nicht. Ihre letzte Aeußerung: „Sie verstehen mich wohl, und haben mich immer so verstanden, nur folge, was ich wolle nicht aus den bisherigen Grundsätzen des Transscendentalismus, sondern, sey ihnen vielmehr entgegen, und nur aus einer Erweiterung des Idealismus in seinen Principien selbst, zu begreifen und abzuleiten,” macht mich hoffen, daß Sie mit meinem Unternehmen im Allgemeinen wenigstens, (was die Erweiterung betrifft) in Uebereinstimmung seyn werden, obgleich ich freilich nicht weiß, ob auch die Art der Erweiterung dieselbe, oder harmonisch ist, mit der, welche Sie dem Idealismus zugedacht haben. Ihre Ankündigung der neuen Darstellung der Wissenschaftslehre mußte mich nothwendig sehr interessiren, und Sie urtheilen leicht, mit welchem Verlangen ich dieser5 und auch dem „Sonnenklaren Bericht” entgegen sehe. Für die Stelle jener Ankündigung, in der Sie meinen Arbeiten die Ehre der Erwähnung erzeigen, bin ich Ihnen auf jeden Fall sehr verbunden; und ich muß auf jeden Fall, und ohne alle weitere Untersuchung, sie für wahr erkennen, da es Ihnen selbst bekannt ist, daß es, besonders, mit meinen naturphilosophischen Arbeiten eben nicht meine Absicht gewesen, der transscendentalen Ansicht, wie sie Ihnen insgemein [/] zugeschrieben wird, oder auch der Ansicht, welche, nach dem oben Angeführten, mit dem was ich will, allerdings in Widerspruch ist, bei dem Publikum Eingang zu verschaffen. Mein sehnlichster Wunsch ist, daß Ihnen bald die Muße werde, das System des Intelligibeln aufzustellen, da ich ahnde, wie sehr dieses geeignet seyn wird, alle obwaltenden Differenzen ganz und für immer aufzuheben, und jede Darstellung, die innerhalb des bisherigen Kreises bleibt, mich über Ihren eigentlichen Sinn und Meinung nicht weiter bringt, indem ich, wie Sie wohl einsehen, eben an einem Punkte stehe, dessen Erörterung außerhalb dieses Kreises fällt, eben darum, weil von ihm die ganze Bedeutung Ihres Systems abhängt. Allzuviel begehrt von Ihrer Freundschaft wäre es, wenn ich Sie, jetzt gleich wenigstens, um einige Mittheilungen Ihrer Ideen aus Veranlassung der mitfolgenden Darstellung bitten wollte. Ich denke immer darauf, wie ich es machen könnte, nächsten Herbst auf kürzere oder längere Zeit nach Berlin zu kommen, um Sie wieder zu sehen; und mündlich mit Ihnen zu sprechen. Nicolais Leben, wovon ich durch Ihre Güte ein Exemplar erhalten habe, ist nicht nur seines Inhalts, sondern ebenso sehr und noch weit mehr der Form wegen, eine ganz neue Acquisition für unsre Literatur. Hoffentlich ist dieses Werk nicht nur für das Individuum, sondern für die ganze Race, zu der dieses gehört, verderblich. [/]
Leben Sie wohl, mein innigst hochgeachteter Freund, und bleiben Sie mir ferner gewogen.
Schelling.