L. den 8ten Okt. – 96.
Zuerst meinen besten Dank für Ihre gütige Besorgung meines Auftrags. Ich seh' es recht gut ein, und sah' es vorher ein, daß der Aufsaz zu weitläufig ist. Allein ich habe mit Leuten zu thun – und muß mit Leuten umgehen und leben, denen er auch so noch nicht wäßerig genug ist. Ich weiß wohl, daß ich weit zurükgegangen bin – allein ein großer Teil des Publikums ist noch viel weiter zurük – (Neulich fand ein Göttinger Rec. die Fichte'sche Terminologie für's Gedächtniß zu beschwerlich) – und mein Aufsaz ist nicht für Männer geschrieben, von denen ich lerne, sondern für solche, die von mir lernen können. Ich bitte Sie, das Fichte'n zu sagen.
Was das Einschneidende betrifft, so wollte ich wirklich den Rec., den ich unter dem Vulgus sr. Collegen suchte, nicht zu hart anfassen. Hätte ich an Erhard gedacht – sonderbar, daß er mir nicht einfiel – so hätt' ich ihn wohl ganz anders geschrieben. So aber wollt' ich den Rec. – als Einen Unbedeutenden – unter dem Haufen stehen lassen, u. mich statt dessen an's Publikum wenden, das in der That bis zur Stunde fast nichts weiß, weil es, müde von Reinholds Philosophie, glaubt, es sei von einer neuen Scherbenphilosophie die Rede. Bücher lesen sie nicht – aber eine Held- und Staatsaktion im Int. B. der A. L. Z. ist – Geistesnahrung für sie. So wird mein Aufsatz vielleicht nüzlr, als es anfangs schien.
Doch – er kann vielleicht kürzer gemacht werden, wenn er noch nicht abgegangen ist. Auf 8 Tage – für's hin- und herschiken – kommt's nicht an. – Da ich glaube, daß E. der Vrf. ist, so wünschte ich, Ihn soviel möglich zu dephlegmatisiren. Könnten ich die Sache zur weitern – öffentlichen – Erörtrung bringen, so wollte ich alles thun, den Streit für die Wissenschaft selbst vorteilhaft zu machen. Aber sie klopfen immer nur auf den Busch, und keiner will in's Freie heraus.
Ebensoviel Dank für Ihr gütiges Anerbieten, mich zum Mitarbeiter am neuen phil. J. aufzunehmen. Was in meinen Kräften steht, werde ich dafür leisten. Mit besondrem Vergnügen übernehme ich den fortlaufenden Artikel über das Neueste in der philos. Literatur. Mit Recensionen schlägt man sich durch den Wust nicht durch, und die literar. Exekutionen en masse werden bei der tägl. wachsenden Miserabilität unsrer zalreichen philos. Schriftsteller eine unvermeidle. Maasregl. Ich werde allmählig eine kurze Übersicht der neusten philos. Geschichte von Kant an bis auf die gegenwärtigen Zeiten geben. Nur kann ich für's erste Stük den Anfang davon nicht versprechen. Dafür werde ich aber von den Produkten der lezten Messe Nachricht geben, und zugleich das Ganze einleiten. Auf jeden Fall können Sie monatl. auf einen Bogen von diesem Artikel rechnen. Die Recensionen sollten meines Erachtens nur Hauptschriften betreffen. Die andern können auf Einmal abgetan werden. Finde ich diesen Winter Zeit – (ich gehe selbst mit einer Schrift zur künftigen Messe um) – so werde ich für das Fach der Rec. eine Anzeige von F. Wissensch. L. und von Beks Einzigmöglichem liefern. Das ist's, wozu ich mich jezt anheischig mache. Der Aufsaz über den Unterschied des gemeinen und des gesunden Verstandes ligt entworfen und zum Teil ausgearbeitet; da ich aber jezt den Kopf von andern Dingen voll habe, so weis ich nicht, ob er noch für's erste Heft fertig wird. Wollen Sie meine Aphor. über's N. R. im neuen Journal fortsezen? – Ich weis nicht, ob es als fortgehendes oder neu angefangenes betrachtet wird – Im leztern Fall, (vorausgeszt, daß Sie sie nicht liegen lassen) – würd' ich Sie bitten, den Anfang wieder mit abdruken zu lassen – er beträgt, wenn ich nicht irre – kaum 1. Bogen. Ihre Aufträge sind besorgt.
Mein Logis hab' ich vorteilhaft – ganz nach Wunsch – verändert. Die Veranstaltung, meine Briefe zu erhalten, war auf der Post getroffen. Ich wohne bei Buchhalter Riccius neben der Post.
Mit unver. Hochachtung
Schelling.
N. S. Welche Produkte der lezten Messe kennen Sie?
Zuerst meinen besten Dank für Ihre gütige Besorgung meines Auftrags. Ich seh' es recht gut ein, und sah' es vorher ein, daß der Aufsaz zu weitläufig ist. Allein ich habe mit Leuten zu thun – und muß mit Leuten umgehen und leben, denen er auch so noch nicht wäßerig genug ist. Ich weiß wohl, daß ich weit zurükgegangen bin – allein ein großer Teil des Publikums ist noch viel weiter zurük – (Neulich fand ein Göttinger Rec. die Fichte'sche Terminologie für's Gedächtniß zu beschwerlich) – und mein Aufsaz ist nicht für Männer geschrieben, von denen ich lerne, sondern für solche, die von mir lernen können. Ich bitte Sie, das Fichte'n zu sagen.
Was das Einschneidende betrifft, so wollte ich wirklich den Rec., den ich unter dem Vulgus sr. Collegen suchte, nicht zu hart anfassen. Hätte ich an Erhard gedacht – sonderbar, daß er mir nicht einfiel – so hätt' ich ihn wohl ganz anders geschrieben. So aber wollt' ich den Rec. – als Einen Unbedeutenden – unter dem Haufen stehen lassen, u. mich statt dessen an's Publikum wenden, das in der That bis zur Stunde fast nichts weiß, weil es, müde von Reinholds Philosophie, glaubt, es sei von einer neuen Scherbenphilosophie die Rede. Bücher lesen sie nicht – aber eine Held- und Staatsaktion im Int. B. der A. L. Z. ist – Geistesnahrung für sie. So wird mein Aufsatz vielleicht nüzlr, als es anfangs schien.
Doch – er kann vielleicht kürzer gemacht werden, wenn er noch nicht abgegangen ist. Auf 8 Tage – für's hin- und herschiken – kommt's nicht an. – Da ich glaube, daß E. der Vrf. ist, so wünschte ich, Ihn soviel möglich zu dephlegmatisiren. Könnten ich die Sache zur weitern – öffentlichen – Erörtrung bringen, so wollte ich alles thun, den Streit für die Wissenschaft selbst vorteilhaft zu machen. Aber sie klopfen immer nur auf den Busch, und keiner will in's Freie heraus.
Ebensoviel Dank für Ihr gütiges Anerbieten, mich zum Mitarbeiter am neuen phil. J. aufzunehmen. Was in meinen Kräften steht, werde ich dafür leisten. Mit besondrem Vergnügen übernehme ich den fortlaufenden Artikel über das Neueste in der philos. Literatur. Mit Recensionen schlägt man sich durch den Wust nicht durch, und die literar. Exekutionen en masse werden bei der tägl. wachsenden Miserabilität unsrer zalreichen philos. Schriftsteller eine unvermeidle. Maasregl. Ich werde allmählig eine kurze Übersicht der neusten philos. Geschichte von Kant an bis auf die gegenwärtigen Zeiten geben. Nur kann ich für's erste Stük den Anfang davon nicht versprechen. Dafür werde ich aber von den Produkten der lezten Messe Nachricht geben, und zugleich das Ganze einleiten. Auf jeden Fall können Sie monatl. auf einen Bogen von diesem Artikel rechnen. Die Recensionen sollten meines Erachtens nur Hauptschriften betreffen. Die andern können auf Einmal abgetan werden. Finde ich diesen Winter Zeit – (ich gehe selbst mit einer Schrift zur künftigen Messe um) – so werde ich für das Fach der Rec. eine Anzeige von F. Wissensch. L. und von Beks Einzigmöglichem liefern. Das ist's, wozu ich mich jezt anheischig mache. Der Aufsaz über den Unterschied des gemeinen und des gesunden Verstandes ligt entworfen und zum Teil ausgearbeitet; da ich aber jezt den Kopf von andern Dingen voll habe, so weis ich nicht, ob er noch für's erste Heft fertig wird. Wollen Sie meine Aphor. über's N. R. im neuen Journal fortsezen? – Ich weis nicht, ob es als fortgehendes oder neu angefangenes betrachtet wird – Im leztern Fall, (vorausgeszt, daß Sie sie nicht liegen lassen) – würd' ich Sie bitten, den Anfang wieder mit abdruken zu lassen – er beträgt, wenn ich nicht irre – kaum 1. Bogen. Ihre Aufträge sind besorgt.
Mein Logis hab' ich vorteilhaft – ganz nach Wunsch – verändert. Die Veranstaltung, meine Briefe zu erhalten, war auf der Post getroffen. Ich wohne bei Buchhalter Riccius neben der Post.
Mit unver. Hochachtung
Schelling.
N. S. Welche Produkte der lezten Messe kennen Sie?