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Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling to Friedrich Immanuel Niethammer TEI-Logo

L. den 16. Jan. – 97.
Herr Repetent Bengel hat einiges hier zurük gelassen, das ich ihm nach Jena schiken soll. Da ich nicht weis, wo er in Jena wohnt, bin ich so frei, es Ihnen mit der Bitte um gütige Bestellung an ihn zuzuschiken.
Mit Ihren Bemühungen um meinen Aufsatz bin ich vollkommen zufrieden, und mache Ihnen und Fichte meine Danksagung dafür'. Ich weis nicht, ob ich einer bestimmten Partei Unlauterkeit der Gesinnung zugeschrieben habe. Wenigstens glaube ich das schon deßwegen nicht gethan zu haben, weil es kein unterscheidender Charakter einer Partei, sondern nur gewisser Menschen seyn kann. Ich verstand darunter den Misbrauch der Philosophie gegen besseres Wissen und Gewissen um Dinge zu bemänteln, die sich jezt nicht mehr bemänteln lassen, und – insofern werden Sie wirklich diese Unlauterkeit in manchen Bemühungen unsrer philos. Politiker, Theologen u.s.w. bemerkt haben. Ich bitte Sie, Fichte'n zu versichern, daß ich mir nie anmaßen werde, eine Darstellung seines System's zu unternehmen, wofern ich nicht gewiß bin, den Sinn desselben zu treffen, und ihm durch meine Bearbeitung eine eigentümliche Form zu geben. Ein bloßer Auszug seiner Schriften würde zu nichts dienen, und die beständige Wiederholung desselben Dings mit denselben Worten, und unter derselben, immer wiederkehrenden, Form soll nicht auf's Neue Mode werden.
Ich habe mir für das nächste Stük eine pragmatische Geschichte der Kantischen Philos, vorgenommen. Ich werde diese aber nicht weiter, als höchstens bis auf Reinhold fortführen, um mir eine detaillirtere Darstellung des Fichteschen System, wenn sie mir gelingt, dadurch vorzubehalten. Schlossern wollte ich im Vorbeigehn mitnehmen, oder ihn zum 3ten Heft vorbehalten. Es ist aber besser, wenn er in instanti abgetan wird.
Was ich mir einbildete u. hoffte ist erfolgt. Die Vormünder meiner jungen Leute beschwerten sich über die großen Ausgaben in unsrer Oekonomie. Ich habe ihnen nun den handgreifln. Beweis vorgelegt, daß sie hier nicht geringer seyn können, und damit den Antrag verbunden, ihre Mündel auf eine andre Universität zu schiken. Nun kann es vollends gar kommen, daß sie nach Göttingen sollen. – Auf jeden Fall werde ich, wenn ich nicht früher von selbst weggeschikt werde, nächsten Sommer meinen Abschied fordern.
Der Brief nach Breslau ist besorgt.
Unveränderlich
der Ihrige
S.
Metadata Concerning Header
  • Date: Montag, 16. Januar 1797
  • Sender: Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling ·
  • Recipient: Friedrich Immanuel Niethammer ·
  • Place of Dispatch: Leipzig · ·
  • Place of Destination: Jena · ·
  • Notations:
Printed Text
  • Bibliography: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Briefe und Dokumente. Bd. 1. 1775‒1809. Hrsg. v. Horst Fuhrmans. Bonn 1962, S. 99‒100.

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