Den 31ten März
Eben da ich Ihren Brief, theuerster Freund, erhielt, wollte ich Ihnen wegen unsres Landsmanns, Fischer, schreiben. Seine totale Apathie hat uns genöthigt, ihn endlich ganz in Vormundschaft zu nehmen. Sie werden wissen, daß Schiller ihn Mounier empfohlen hat, eben zu der Zeit, da er in der verzweifeltsten Lage war. Er zieht wider alles Erwarten die Sache in die Länge; endlich, da gestern ein Brief von Mounier kam, und er nicht länger zaudern konnte, zeigte sich, daß er, um von hier wegzugehen, so viel Geld braucht, als für ihn aufzutreiben unmöglich ist; es kommt jezt alles darauf an, daß er von M. bald entscheidende Antwort bekommt, und dann vielleicht von diesem Vorschuß begehren kann. Ich bitte Sie angelegentlichst, Schiller, der sich für F. so edelmüthig interessirt hat, von der Sache zu unterrichten. – Die Schwierigkeit, daß F. wenig Griechisch versteht, wird sich schon heben lassen; in dem Brief an M. hat er auf unser Zureden seine Schwäche ein wenig zugedekt, und versprochen sich auf seine Lectionen gut vorzubereiten (ohnehin wird es damit nicht soviel auf sich haben); wenn also Schiller kann, wird er gewiß den Abschluß der Sache bei M. beschleunigen, damit dann wenigstens F. mit seiner Bitte hervortreten kann. – Sollte auch diese Aussicht fehlschlagen, so ist für den so lange niedergedrükten, doch eines bessern Schiksals würdigen, Menschen keine Hoffnung mehr.
Ich bin Ihnen für Übersendung von F’s Sittenlehre äußerst verbunden. Ich weiß nicht, wie ich vergessen konnte, Sie selbst darum zu bitten. Ich bitte Sie, mir das Folgende bald nachzuschiken. Mit Gabler kann ich bei’m Honorar für die Recensionen abrechnen, die ich Ihnen, wenn sie noch in’s 11te Heft sollen, gleich – wenn es aber bis zum 12ten Heft Verzug hätte (wie ich wünschte), sobald es nöthig ist, schiken werde. Eine Abh. über Leibnitz kann ich Ihnen nicht schiken, wie ich hoffte, weil ich sie noch besser ausarbeiten will, und dazu nicht Zeit habe; eine andre habe ich einem Verleger überlassen, an der ich, weil sie zur Messe erscheinen soll, ebenjezt noch arbeite.
Das Exercitium von Weiß hat mich, da ich noch überdiß Gelegenheit hatte, die hohe Einbildung und Eingeschränktheit des Menschen näher kennen zu lernen, so geärgert, daß ich von selbst ihm meine Meining öffentlich gesagt hätte, hätt’ ich sie ihm nicht vorher privatim gesagt, und dabei so gut als versprochen, daß ich ihn nicht im philos. Journal (vor dem er einen horror naturalis hatte), recensiren wolle. – Da solche elende Schreibereien über die W.Lehre jezt bald ihren Anfang nehmen werden, so könnte ja Fichte im Journal zum Voraus einen Artikel anlegen, in welchem er alle solche Schriften bloß als elend anführte, wodurch er ihnen keine Wichtigkeit gäbe, und was doch sehr nüzlich wäre, weil manche hohle Köpfe, da ihnen Fichte zu hoch ist, nach dem nächsten besten greifen, was ihnen verständlich ist; (so wird jezt Reinholds Recens. der W.Lehre abgeschrieben, und sogar abgedrukt, und studiert); und manche abstrahiren sich wirklich aus solchen Schriften ihre Idee von der W.Lehre; so hat Ernst Platner erst über Weiß (wie billig) und dann nach seiner Art zu schließen, über den ganzen Geist der neuen Philos. dabei losgezogen; das leztere weiß ich ganz bestimmt. –
Ich bitte Sie, mir wegen Fischer bald zu schreiben. Noch etwas, es ist möglich, daß ich gegen das Ende der Messe eine Reise nach Jena mache, vielleicht auch auf Pfingsten. Ich wünschte sehr, Fichte zu sehen, da Sie mir nun geschrieben, daß er künftigen Sommer verreisen wird, so bitte ich Sie mir, wenn es möglich ist, zu sagen, ob er schon mit Anfang der Messe, oder früher von Jena weggeht.
Sie hoffe ich auf jeden Fall und in Ihnen einen Freund zu finden, der mich gerne aufnimmt.
Mit unveränderlicher Hochachtung
der Ihrige
Schelling.
N. S. Ich weiß nicht, ob Fichte etwa die Göttinger einer Rücksicht würdigen wird. Wenn er diese abzuweisen mir überlassen wird, so fühle ich große Lust dazu.
Eben da ich Ihren Brief, theuerster Freund, erhielt, wollte ich Ihnen wegen unsres Landsmanns, Fischer, schreiben. Seine totale Apathie hat uns genöthigt, ihn endlich ganz in Vormundschaft zu nehmen. Sie werden wissen, daß Schiller ihn Mounier empfohlen hat, eben zu der Zeit, da er in der verzweifeltsten Lage war. Er zieht wider alles Erwarten die Sache in die Länge; endlich, da gestern ein Brief von Mounier kam, und er nicht länger zaudern konnte, zeigte sich, daß er, um von hier wegzugehen, so viel Geld braucht, als für ihn aufzutreiben unmöglich ist; es kommt jezt alles darauf an, daß er von M. bald entscheidende Antwort bekommt, und dann vielleicht von diesem Vorschuß begehren kann. Ich bitte Sie angelegentlichst, Schiller, der sich für F. so edelmüthig interessirt hat, von der Sache zu unterrichten. – Die Schwierigkeit, daß F. wenig Griechisch versteht, wird sich schon heben lassen; in dem Brief an M. hat er auf unser Zureden seine Schwäche ein wenig zugedekt, und versprochen sich auf seine Lectionen gut vorzubereiten (ohnehin wird es damit nicht soviel auf sich haben); wenn also Schiller kann, wird er gewiß den Abschluß der Sache bei M. beschleunigen, damit dann wenigstens F. mit seiner Bitte hervortreten kann. – Sollte auch diese Aussicht fehlschlagen, so ist für den so lange niedergedrükten, doch eines bessern Schiksals würdigen, Menschen keine Hoffnung mehr.
Ich bin Ihnen für Übersendung von F’s Sittenlehre äußerst verbunden. Ich weiß nicht, wie ich vergessen konnte, Sie selbst darum zu bitten. Ich bitte Sie, mir das Folgende bald nachzuschiken. Mit Gabler kann ich bei’m Honorar für die Recensionen abrechnen, die ich Ihnen, wenn sie noch in’s 11te Heft sollen, gleich – wenn es aber bis zum 12ten Heft Verzug hätte (wie ich wünschte), sobald es nöthig ist, schiken werde. Eine Abh. über Leibnitz kann ich Ihnen nicht schiken, wie ich hoffte, weil ich sie noch besser ausarbeiten will, und dazu nicht Zeit habe; eine andre habe ich einem Verleger überlassen, an der ich, weil sie zur Messe erscheinen soll, ebenjezt noch arbeite.
Das Exercitium von Weiß hat mich, da ich noch überdiß Gelegenheit hatte, die hohe Einbildung und Eingeschränktheit des Menschen näher kennen zu lernen, so geärgert, daß ich von selbst ihm meine Meining öffentlich gesagt hätte, hätt’ ich sie ihm nicht vorher privatim gesagt, und dabei so gut als versprochen, daß ich ihn nicht im philos. Journal (vor dem er einen horror naturalis hatte), recensiren wolle. – Da solche elende Schreibereien über die W.Lehre jezt bald ihren Anfang nehmen werden, so könnte ja Fichte im Journal zum Voraus einen Artikel anlegen, in welchem er alle solche Schriften bloß als elend anführte, wodurch er ihnen keine Wichtigkeit gäbe, und was doch sehr nüzlich wäre, weil manche hohle Köpfe, da ihnen Fichte zu hoch ist, nach dem nächsten besten greifen, was ihnen verständlich ist; (so wird jezt Reinholds Recens. der W.Lehre abgeschrieben, und sogar abgedrukt, und studiert); und manche abstrahiren sich wirklich aus solchen Schriften ihre Idee von der W.Lehre; so hat Ernst Platner erst über Weiß (wie billig) und dann nach seiner Art zu schließen, über den ganzen Geist der neuen Philos. dabei losgezogen; das leztere weiß ich ganz bestimmt. –
Ich bitte Sie, mir wegen Fischer bald zu schreiben. Noch etwas, es ist möglich, daß ich gegen das Ende der Messe eine Reise nach Jena mache, vielleicht auch auf Pfingsten. Ich wünschte sehr, Fichte zu sehen, da Sie mir nun geschrieben, daß er künftigen Sommer verreisen wird, so bitte ich Sie mir, wenn es möglich ist, zu sagen, ob er schon mit Anfang der Messe, oder früher von Jena weggeht.
Sie hoffe ich auf jeden Fall und in Ihnen einen Freund zu finden, der mich gerne aufnimmt.
Mit unveränderlicher Hochachtung
der Ihrige
Schelling.
N. S. Ich weiß nicht, ob Fichte etwa die Göttinger einer Rücksicht würdigen wird. Wenn er diese abzuweisen mir überlassen wird, so fühle ich große Lust dazu.