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Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling to Joseph Friedrich Schelling TEI-Logo

Leipzig, den 22. December 1797.
Ich hätte Ihnen längst wieder geschrieben, wenn ich nicht vorher alles hätte anwenden wollen, Ihren Auftrag bestmöglichst zu besorgen. Allein zu meinem größten Verdruß haben alle meine Hoffnungen fehlgeschlagen. Das gänzliche Daniederliegen des orientalischen Sprachstudiums in Deutschland, und die Unterbrechung des literarischen Verkehrs mit Holland und England, wo es zur Noth noch blühte, hat allen meinen Bekannten unter den hiesigen Buchhändlern zum Vorwand gedient, das Manuscript zu verbitten. Breitkopf, der es sonst gewiß angenommen hätte, macht unglücklicherweise gerade jetzt eine neue Auflage von der hebräischen Bibel, die mit Varianten aus Kennicot und de Rossi versehen ist. Sie können darüber nicht unwilliger sein als ich selbst, der ich noch überdieß an die Strohköpfe von Verlegern unnöthige Worte verschwendet habe. Sie versichern einmüthig, daß unter den jetzigen Umständen zehn Jahre vergehen können, ehe sie nur die Druckkosten herausschlagen. Da ich selbst nichts ausrichtete, nahm es Breitkopf über sich, das Manuscript noch einigen gründlichen Buchhändlern anzubieten, die ich nicht kenne. Wär' es möglich gewesen, so war es auf diesem Wege. – Ich hatte mich lange gefreut, Sie bald mit einem gedruckten und corrigirten Exemplar überraschen zu können.
Einen Vorschlag noch will ich Ihnen thun, vorausgesetzt, daß Sie nicht noch einige Zeit zuwarten wollen, da vielleicht günstigere Umstände eintreffen, ob Sie nicht an Eichhorn nach Göttingen selbst schreiben, oder mich schreiben lassen wollen. Ohne Zweifel würd' es dieser mit großem Vergnügen in seine Bibliothek aufnehmen, dort könnte es vielleicht in Einer Suite abgedruckt und soviel Freiexemplarien, als Sie wollen, abgezogen werden, wodurch sie doch beinahe ganz denselben Zweck, wie mit einem besonderen Abdruck erreichten. Da diese Bibliothek hier verlegt wird, so vermuthe ich, daß sie auch hier gedruckt ist, das Manuscript bliebe alsdann hier und ich könnte zugleich für die Correction sorgen. Ist es Ihnen aber gleichgültig, ob das Manuscript, das seinen Werth immer behält, gleich oder in einiger Zeit gedruckt wird, so hoffe ich hier oder anderswo doch noch den Mann zu finden, der Muth genug hat, es unseren ungelehrten Zeiten zum Trotz doch zu drucken. Ich überlasse das Ganze Ihrer Entscheidung. Sie können rechnen, daß ich keine Gelegenheit versäumen werde, Ihnen meinen Eifer in dieser Sache zu beweisen.
Ihren schönen Planen für mein künftiges Glück im Vaterlande wünsche ich bessern Erfolg als den meinigen. – Von Dir. Rouff habe ich keine Antwort erhalten. Schnurrer hat mir einen äußerst verbindlichen Brief über Jena zugeschickt. Was mein künftiges Loos betrifft, so ist alles noch unentschieden und von Weimar aus alles stille. Ich kann das ruhige abwarten; gottlob, daß ich wieder völlig gesund und auch von dem letzten Rest der Krankheit (einem hartnäckigen Fluß im Ohre) durch Seidelbast so ziemlich befreit bin. Die Vormünder meines Eleven wollen, daß ich die Krankheitskosten in Rechnung bringe. Ich werde dies nicht thun, als im äußersten Nothfall.
Wenn Sie noch ein Exemplar meiner Schrift haben, so bitte ich Sie, es an Professor Ströhlin – aber erst eine Woche ungefähr nach Empfang dieses Briefes, weil ich ihm vorher schreiben will – zu schicken. Hofrath Paulus wüßte nichts mit anzufangen. Ist noch eines übrig, so können Sie mir damit vielleicht einen andern Freund machen. Es bleibt Ihrer Disposition überlassen.
Was macht denn August? Ich nehme immer mehr Antheil an ihm, je näher er der Universität rückt. Gottlob, wenn Carl wohl versorgt ist. – Von Gottlieb immer noch nichts? – Meine zärtlichsten Wünsche begleiten Sie ins neue Jahr. Ich muß schließen, weil die Post abgeht; es braucht aber nicht viel Worte, Sie zu versichern, daß ich unveränderlich bleibe
Ihr gehorsamer Sohn
Fritz.
Metadata Concerning Header
  • Date: Freitag, 22. Dezember 1797
  • Sender: Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling ·
  • Recipient: Joseph Friedrich Schelling ·
  • Place of Dispatch: Leipzig · ·
  • Place of Destination: Schorndorf (Rems-Murr-Kreis) · ·
  • Notations:
Printed Text
  • Bibliography: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Briefe und Dokumente. Bd. 2. 1775‒1809: Zusatzband. Hrsg. v. Horst Fuhrmans. Bonn 1973, S. 130‒131.

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