Leipzig, den 7. März 98.
Daß ich Ihren letzten Brief, liebster Vater, so lange nicht beantwortet habe, kommt daher, weil ich die Entscheidung wegen Ihres Manuscripts abwarten wollte. Was ich vorausgesehen habe, ist erfolgt. Durch einen Bekannten ließ ich es der Waisenhausbuchhandlung in Halle antragen, diese will den Verlag übernehmen, aber 1) das Werk erst nach der Ostermesse drucken lassen, 2) kein Honorar bezahlen. Dieß war mir nicht gelegen und ich suchte indeß, da ich Ihren letzten Brief erhielt, welchem zufolge Sie es Heerbrandt gratis geben wollten, wenigstens die erste Bedingung zu umgehen und das Werk bei einem andern noch auf die Ostermesse zu bringen. Diese Hoffnung hat fehlgeschlagen. Hätt´ ich auch das Manuscript gleich zurückgeschickt, es hätt´ in Tübingen nicht mehr fertig werden können. Ueberdieß war bei Heerbrandt der Erfolg ungewiß. Sie werden mir also verzeihen, daß ich das Manuscript hier behielt, da es ganz zuverlässig gedruckt wird, und, wenn ich keinen Verleger während der Messe finde, der Honorar dafür bezahlt, auf jeden Fall in den Verlag der Waisenhausbuchhandlung kommt. Sie können sich ganz darauf verlassen. Der Druck soll im letztem Fall gleich nach der Ostermesse anfangen; sollte das Werk in Halle gedruckt werden, so kann ich die Correcturen ganz bequem hieher kommen lassen und Ihnen einen fehlerfreien Druck verbürgen. – Ich bedaure, daß ich Ihre Wünsche nicht ganz realisiren konnte; ich habe alles Mögliche angewandt. – Da das Werk keine ephemerische Schrift ist und nie zu spät kommt, werden Sie den Aufschub zur nächsten Messe weniger unangenehm finden. – Ich erwarte jetzt Ihre weitere Meinung über diesen Vorschlag.
Ich wünsche nichts mehr, als daß dieser Winter für Sie und Ihre Gesundheit ohne Anstoß vorübergehe. Vielleicht haben Sie indeß die Reise nach Stuttgart schon gemacht. Einer Nachricht zufolge hat Dir. R. aufs neue eine gar schlimme Meinung von meiner Orthodoxie – Gottlob, daß ich diesen Erzhammel des würtembergischen Schafstalls auslachen kann. Auf meinen Brief hat er nicht geantwortet; einen zweiten soll er sobald noch nicht bekommen. Meine Schrift ist in den Göttinger gelehrten Anzeigen sehr rühmlich für mich recensirt worden. In der Literaturzeitung wird, hoffe ich, bald eine Recension erscheinen. Lesen Sie denn diese Zeitung nicht mehr? Ströhlin hat mir geschrieben, wenn ich noch Zeit finde, werde ich Ihnen einen Brief für ihn beischließen. Nächsten Sommer bleiben wir nun ganz gewiß hier. Die traurige Lage, in welcher sich die Riedeselschen Güter, zusammt dem ganzen heiligen römischen Reiche befinden, erlaubt jetzt keine Veränderung. Ein Jahr noch auf jeden Fall wird der Studiencursus dauern; vielleicht, daß wir den nächsten Winter in Göttingen zubringen. – Uhland ist eben nicht Prälat geworden. Wie konnte auch das Herzogi. würtembergische hochpreisliche Consistorium einen solchen Mann wegschaffen, dergleichen man erfinden sollte, wenn er nicht existirte. Ein solcher Verlust wäre noch schwerer zu ersetzen, als Storr´s. Eine solche Lücke ist heuzutage nicht zu ersetzen. Wenn sie könnten, sie würden den Mann unsterblich machen. Ein solches Trifolium werden sie in der theologischen Fakultät nicht mehr zu Stande bringen.
Ich habe diese Tage eine große Freude gehabt, da der Dr. Pfaff aus Stuttgart auf seiner Durchreise nach Kiel, wo er Professor wird, beinahe acht Tage hier war. Ich habe an ihm einen vortrefflichen Mann gefunden, und dieser muß nach Kiel wandern. – Sind von Gottlieb immer noch keine Nachrichten angekommen? – Herr Schröder wird wohl vor nächsten Sommer nicht nach Urach kommen; überdieß geht er zu Pferde und kann nichts mitnehmen. Ich werde aber mit Meßgelegenheit ein Packet Kleider schicken. – Wenn Sie mir die Disputation von J. F. Gmelin de irritabilitate vegetabilium mit Meßgelegenheit schicken könnten und was Sie sonst etwa von Disputationen über Physiologie haben, würd´ es mich sehr freuen. – Wenn Sie glauben, daß ein Brief an den Herzog nebst einem Exemplar meiner neuen Schrift anstatt zu nützen, nicht (als Zudringlichkeit angesehen) eher schaden könnte, werde ich ihm ein Exemplar nebst Brief schicken. – Ich habe von Süskind erfahren müssen, daß Sie den Einband meiner Ideen bezahlt haben. Dieß hätten Sie nicht thun sollen; ich danke Ihnen aber für diese Güte. – Ich weiß nicht, wer am Ende noch das Buch in Tübingen recensiren wird. Abel kann es nicht, vielleicht hat dieser es abgegeben, und nun hält es Gaab auf. – Wie mögen Sie sich nach diesem Undankbaren umsehen. Wie ganz anders ist Paulus gegen Sie gesinnt! – Dieser war eine Zeit lang krank, ist aber, wie ich höre, wieder hergestellt. Breyer ist noch in Jena, will aber auf Ostern hieher kommen.
Ich muß jetzt schließen, grüße Sie alle und bleibe
unveränderlich
Ihr
Fritz.
Daß ich Ihren letzten Brief, liebster Vater, so lange nicht beantwortet habe, kommt daher, weil ich die Entscheidung wegen Ihres Manuscripts abwarten wollte. Was ich vorausgesehen habe, ist erfolgt. Durch einen Bekannten ließ ich es der Waisenhausbuchhandlung in Halle antragen, diese will den Verlag übernehmen, aber 1) das Werk erst nach der Ostermesse drucken lassen, 2) kein Honorar bezahlen. Dieß war mir nicht gelegen und ich suchte indeß, da ich Ihren letzten Brief erhielt, welchem zufolge Sie es Heerbrandt gratis geben wollten, wenigstens die erste Bedingung zu umgehen und das Werk bei einem andern noch auf die Ostermesse zu bringen. Diese Hoffnung hat fehlgeschlagen. Hätt´ ich auch das Manuscript gleich zurückgeschickt, es hätt´ in Tübingen nicht mehr fertig werden können. Ueberdieß war bei Heerbrandt der Erfolg ungewiß. Sie werden mir also verzeihen, daß ich das Manuscript hier behielt, da es ganz zuverlässig gedruckt wird, und, wenn ich keinen Verleger während der Messe finde, der Honorar dafür bezahlt, auf jeden Fall in den Verlag der Waisenhausbuchhandlung kommt. Sie können sich ganz darauf verlassen. Der Druck soll im letztem Fall gleich nach der Ostermesse anfangen; sollte das Werk in Halle gedruckt werden, so kann ich die Correcturen ganz bequem hieher kommen lassen und Ihnen einen fehlerfreien Druck verbürgen. – Ich bedaure, daß ich Ihre Wünsche nicht ganz realisiren konnte; ich habe alles Mögliche angewandt. – Da das Werk keine ephemerische Schrift ist und nie zu spät kommt, werden Sie den Aufschub zur nächsten Messe weniger unangenehm finden. – Ich erwarte jetzt Ihre weitere Meinung über diesen Vorschlag.
Ich wünsche nichts mehr, als daß dieser Winter für Sie und Ihre Gesundheit ohne Anstoß vorübergehe. Vielleicht haben Sie indeß die Reise nach Stuttgart schon gemacht. Einer Nachricht zufolge hat Dir. R. aufs neue eine gar schlimme Meinung von meiner Orthodoxie – Gottlob, daß ich diesen Erzhammel des würtembergischen Schafstalls auslachen kann. Auf meinen Brief hat er nicht geantwortet; einen zweiten soll er sobald noch nicht bekommen. Meine Schrift ist in den Göttinger gelehrten Anzeigen sehr rühmlich für mich recensirt worden. In der Literaturzeitung wird, hoffe ich, bald eine Recension erscheinen. Lesen Sie denn diese Zeitung nicht mehr? Ströhlin hat mir geschrieben, wenn ich noch Zeit finde, werde ich Ihnen einen Brief für ihn beischließen. Nächsten Sommer bleiben wir nun ganz gewiß hier. Die traurige Lage, in welcher sich die Riedeselschen Güter, zusammt dem ganzen heiligen römischen Reiche befinden, erlaubt jetzt keine Veränderung. Ein Jahr noch auf jeden Fall wird der Studiencursus dauern; vielleicht, daß wir den nächsten Winter in Göttingen zubringen. – Uhland ist eben nicht Prälat geworden. Wie konnte auch das Herzogi. würtembergische hochpreisliche Consistorium einen solchen Mann wegschaffen, dergleichen man erfinden sollte, wenn er nicht existirte. Ein solcher Verlust wäre noch schwerer zu ersetzen, als Storr´s. Eine solche Lücke ist heuzutage nicht zu ersetzen. Wenn sie könnten, sie würden den Mann unsterblich machen. Ein solches Trifolium werden sie in der theologischen Fakultät nicht mehr zu Stande bringen.
Ich habe diese Tage eine große Freude gehabt, da der Dr. Pfaff aus Stuttgart auf seiner Durchreise nach Kiel, wo er Professor wird, beinahe acht Tage hier war. Ich habe an ihm einen vortrefflichen Mann gefunden, und dieser muß nach Kiel wandern. – Sind von Gottlieb immer noch keine Nachrichten angekommen? – Herr Schröder wird wohl vor nächsten Sommer nicht nach Urach kommen; überdieß geht er zu Pferde und kann nichts mitnehmen. Ich werde aber mit Meßgelegenheit ein Packet Kleider schicken. – Wenn Sie mir die Disputation von J. F. Gmelin de irritabilitate vegetabilium mit Meßgelegenheit schicken könnten und was Sie sonst etwa von Disputationen über Physiologie haben, würd´ es mich sehr freuen. – Wenn Sie glauben, daß ein Brief an den Herzog nebst einem Exemplar meiner neuen Schrift anstatt zu nützen, nicht (als Zudringlichkeit angesehen) eher schaden könnte, werde ich ihm ein Exemplar nebst Brief schicken. – Ich habe von Süskind erfahren müssen, daß Sie den Einband meiner Ideen bezahlt haben. Dieß hätten Sie nicht thun sollen; ich danke Ihnen aber für diese Güte. – Ich weiß nicht, wer am Ende noch das Buch in Tübingen recensiren wird. Abel kann es nicht, vielleicht hat dieser es abgegeben, und nun hält es Gaab auf. – Wie mögen Sie sich nach diesem Undankbaren umsehen. Wie ganz anders ist Paulus gegen Sie gesinnt! – Dieser war eine Zeit lang krank, ist aber, wie ich höre, wieder hergestellt. Breyer ist noch in Jena, will aber auf Ostern hieher kommen.
Ich muß jetzt schließen, grüße Sie alle und bleibe
unveränderlich
Ihr
Fritz.