Leipzig, den 19. Mai 1798.
Ich benütze das Anerbieten des Herrn Steinkopf, einen Brief an Sie, liebster Vater, mitzunehmen. Es freute mich außerordentlich, von ihm zu vernehmen, daß Sie gesund und wohl aussehen und wünsche nur, daß dieser Sommer unter ihren vielen Geschäften froh vorübergehe. Ich hoffe Ihnen auf August oder September das erste Exemplar Ihrer Schrift schicken zu können.
Ihrem väterlichen Rath gemäß hatte ich sogleich mit Meßgelegenheit Ihnen die nöthigen Exemplare meiner Schrift nebst Briefen geschickt, allein einige Bogen der auf schönem Papier gedruckten Exemplare müssen erst nachgeschossen werden und sollen also künftig nachfolgen. – Was von den Tübingern zu erwarten steht, haben Sie vielleicht aus der Recension meiner Ideen geschlossen. Ich werde mich nicht geniren, darauf künftig zu erwiedern. Der Verfasser ist Kielmeyer, der in Ermanglung besserer Gesellschaft an den elenden Gaab sich anschließt und sein bester Freund ist. – Wie ich höre, ist Professor La Motte gestorben. Die Stelle bleibt wohl unersetzt. Ich gestehe Ihnen, daß das frohe Leben und die neuen Aussichten in Stuttgart mir es wünschenswerther machen, dort, als in Tübingen angestellt zu werden. – Allen Nachrichten zufolge hat Sp. zwischen zween Stühlen niedergesessen, beim Hof sowohl als beim Volk allen Credit verloren. Überhaupt ist es nicht rathsam, sich zu dieser Partei zu schlagen, die höchst wahrscheinlich in weniger Zeit verschwunden sein wird. Allen Prognosticis nach steht unserem Vaterlande zunächst die Regeneration bevor, Gott gebe nur, daß sie durch uns selbst und nicht durch die Franzosen geschehe.
Diesen Sommer werde ich mich ganz und gar meinem Eleven widmen. Seitdem er allein mit mir ist, bin ich bei weitem glücklicher. Sie können nicht glauben, wie brav und gut er wird: die schöne Hoffnung, mir durch ihn ein Verdienst zu machen, belebt mich immer mehr und so ertrage ich gerne die viele Arbeit, die großentheils meinem Geiste zuwider ist. Es ist ein seltenes Glück, daß ich gerade an diese edle und rechtschaffne Familie gekommen bin.
Wir sind nun hier zu vieren: außer Hauber ist noch Pfaff hier und Griesinger, beide von Stuttgart, der letztere Hofmeister, wie ich, ein Mensch voll Freundschaft und Charaktergüte. – Ich habe jetzt bei den Vormündern meines Eleven alles angewandt, daß wir nächsten Winter noch auf ein Halbjahr nach Göttingen gehen; die Antwort verzieht sich, weil die Entscheidung über literarische Angelegenheiten ganz von dem Minister Gatzert abhängt, der jetzt in Rastatt andere Dinge zu besorgen hat. Doch hat er uns baldige Antwort versprochen.
Das Packet mit Kleidern wird angekommen sein. Wenn Sie wollen, kann ich gelegenheitlich noch zwei andere schicken, die ich entbehren kann. – Einen Brief hab´ ich auch Cotta in Tübingen mitgegeben.
Ich muß jetzt schließen. Ich grüße Sie alle herzlich und bin und bleibe Ihr gehorsamer
Fritz
Ich benütze das Anerbieten des Herrn Steinkopf, einen Brief an Sie, liebster Vater, mitzunehmen. Es freute mich außerordentlich, von ihm zu vernehmen, daß Sie gesund und wohl aussehen und wünsche nur, daß dieser Sommer unter ihren vielen Geschäften froh vorübergehe. Ich hoffe Ihnen auf August oder September das erste Exemplar Ihrer Schrift schicken zu können.
Ihrem väterlichen Rath gemäß hatte ich sogleich mit Meßgelegenheit Ihnen die nöthigen Exemplare meiner Schrift nebst Briefen geschickt, allein einige Bogen der auf schönem Papier gedruckten Exemplare müssen erst nachgeschossen werden und sollen also künftig nachfolgen. – Was von den Tübingern zu erwarten steht, haben Sie vielleicht aus der Recension meiner Ideen geschlossen. Ich werde mich nicht geniren, darauf künftig zu erwiedern. Der Verfasser ist Kielmeyer, der in Ermanglung besserer Gesellschaft an den elenden Gaab sich anschließt und sein bester Freund ist. – Wie ich höre, ist Professor La Motte gestorben. Die Stelle bleibt wohl unersetzt. Ich gestehe Ihnen, daß das frohe Leben und die neuen Aussichten in Stuttgart mir es wünschenswerther machen, dort, als in Tübingen angestellt zu werden. – Allen Nachrichten zufolge hat Sp. zwischen zween Stühlen niedergesessen, beim Hof sowohl als beim Volk allen Credit verloren. Überhaupt ist es nicht rathsam, sich zu dieser Partei zu schlagen, die höchst wahrscheinlich in weniger Zeit verschwunden sein wird. Allen Prognosticis nach steht unserem Vaterlande zunächst die Regeneration bevor, Gott gebe nur, daß sie durch uns selbst und nicht durch die Franzosen geschehe.
Diesen Sommer werde ich mich ganz und gar meinem Eleven widmen. Seitdem er allein mit mir ist, bin ich bei weitem glücklicher. Sie können nicht glauben, wie brav und gut er wird: die schöne Hoffnung, mir durch ihn ein Verdienst zu machen, belebt mich immer mehr und so ertrage ich gerne die viele Arbeit, die großentheils meinem Geiste zuwider ist. Es ist ein seltenes Glück, daß ich gerade an diese edle und rechtschaffne Familie gekommen bin.
Wir sind nun hier zu vieren: außer Hauber ist noch Pfaff hier und Griesinger, beide von Stuttgart, der letztere Hofmeister, wie ich, ein Mensch voll Freundschaft und Charaktergüte. – Ich habe jetzt bei den Vormündern meines Eleven alles angewandt, daß wir nächsten Winter noch auf ein Halbjahr nach Göttingen gehen; die Antwort verzieht sich, weil die Entscheidung über literarische Angelegenheiten ganz von dem Minister Gatzert abhängt, der jetzt in Rastatt andere Dinge zu besorgen hat. Doch hat er uns baldige Antwort versprochen.
Das Packet mit Kleidern wird angekommen sein. Wenn Sie wollen, kann ich gelegenheitlich noch zwei andere schicken, die ich entbehren kann. – Einen Brief hab´ ich auch Cotta in Tübingen mitgegeben.
Ich muß jetzt schließen. Ich grüße Sie alle herzlich und bin und bleibe Ihr gehorsamer
Fritz