Jena, den 26. April 1802.
Ihren Aufsatz, hochgeehrter Herr Doctor, betreffend, muß ich Ihnen Folgendes mittheilen.
Umstände forderten kurz vor der Messe noch Veränderung des Verlags; dieß der Grund, warum er nicht, wie ich versprochen, schon im März oder April erschienen. Die Zeitschrift wird jetzt von Cotta in Tübingen verlegt.
Indem ich bei der Redaction des ersten Heftes der Neuen Zeitschrift Ihren Aufsatz nochmals, nun erst ganz aufmerksam, durchlas, fand ich, daß für die Zwecke dieser periodischen Schrift die Einleitung theils zu lang, theils mehr Ihren besonderen, mehr anthropologischen An- und Absichten, als den philosophischen Principien der Zeitschrift angemessen seie; das Publicum, das diese liest, bedarf in der That dieser Untersuchungen nicht, deren anderweitigen Nutzen ich damit nicht leugnen will; dann schienen mir besonders einige historische Darstellungen anderer Systeme, besonders des Leibnitzischen, nicht tief genug und in einigen Puncten sogar unrichtig. Ich gebe dieß nur für meine Ansicht; indeß da ich diese für die wahre zu halten hinlänglichen Grund, sowie über den Werth philosophischer Prämissen einiges Urtheil zu haben mir zutrauen darf, so kann ich die Zeitschrift weder zum Debit einer nach meiner Überzeugung falschen Ansicht, noch zu dem von Prämissen, welche die Leser auf einer tieferen Stufe voraussetzen, als auf welcher sie wirklich stehen, herzugeben, mit meinen Grundsätzen vereinen. Zugleich sah ich die Unmöglichkeit ein, ihren beredten Vortrag durch einzelne Nachhülfe, Veränderung oder Wegstreichen etwa unterbrechen oder herausheben zu können. Es blieb daher keine andere Wahl, als: die ersten 10 §§. ganz wegzunehmen, um so mehr, da der Aufsatz auch nach dieser Verkürzung verhältnismäßig fast zu groß (wohl gegen fünf Bogen) wird.
In dem Gedränge der Zeit, da ich überlegte, daß, wenn ich Ihre Einwilligung dazu erst erhalten sollte, der Druck der Zeitschrift aufgeschoben oder wenigstens Ihr Aufsatz für dießmal Zurückbleiben und, da der Platz für die folgenden Hefte schon versprochen und genommen ist, noch lange Zeit liegen bleiben müßte, hielt ich es für besser und entschloß mich, diese Veränderung lieber auch auf die mir doch unwahrscheinlichere Gefahr Ihrer Misbilligung vorzunehmen, dafür aber nun den Aufsatz gleich in dem ersten Heft der Neuen Zeitschrift erscheinen zu lassen, so daß er auch bereits im Druck befindlich ist. So viel ich sehen und begreifen kann, hat der Aufsatz dadurch gewiß nicht verloren, vielmehr gewiß bei Lesern, die ein homogenes Gefühl mit mir haben, gewonnen, auch ist an einem Puncte angefangen worden, wo mit Einschaltung einiger weniger Worte ein sehr guter Anfang gemacht werden konnte. Ich wünsche nun sehr, daß Sie mit dieser Veranstaltung zufrieden seien, ohne welche es meinerseits und nach meinen Maximen unmöglich war, Ihren Wunsch, den Aufsatz entweder überhaupt oder doch wenigstens so bald abgedruckt zu haben, zu erfüllen.
Das Honorar, das ich geben kann, erhalten Sie Ende der Buchhändlermesse, also Ende Mai oder Anfang Juni.
Im empfehle mich Ihnen bestens, indem ich mit bekannter Gesinnung verbleibe
Ihr ergebenster
Schelling.
Ihren Aufsatz, hochgeehrter Herr Doctor, betreffend, muß ich Ihnen Folgendes mittheilen.
Umstände forderten kurz vor der Messe noch Veränderung des Verlags; dieß der Grund, warum er nicht, wie ich versprochen, schon im März oder April erschienen. Die Zeitschrift wird jetzt von Cotta in Tübingen verlegt.
Indem ich bei der Redaction des ersten Heftes der Neuen Zeitschrift Ihren Aufsatz nochmals, nun erst ganz aufmerksam, durchlas, fand ich, daß für die Zwecke dieser periodischen Schrift die Einleitung theils zu lang, theils mehr Ihren besonderen, mehr anthropologischen An- und Absichten, als den philosophischen Principien der Zeitschrift angemessen seie; das Publicum, das diese liest, bedarf in der That dieser Untersuchungen nicht, deren anderweitigen Nutzen ich damit nicht leugnen will; dann schienen mir besonders einige historische Darstellungen anderer Systeme, besonders des Leibnitzischen, nicht tief genug und in einigen Puncten sogar unrichtig. Ich gebe dieß nur für meine Ansicht; indeß da ich diese für die wahre zu halten hinlänglichen Grund, sowie über den Werth philosophischer Prämissen einiges Urtheil zu haben mir zutrauen darf, so kann ich die Zeitschrift weder zum Debit einer nach meiner Überzeugung falschen Ansicht, noch zu dem von Prämissen, welche die Leser auf einer tieferen Stufe voraussetzen, als auf welcher sie wirklich stehen, herzugeben, mit meinen Grundsätzen vereinen. Zugleich sah ich die Unmöglichkeit ein, ihren beredten Vortrag durch einzelne Nachhülfe, Veränderung oder Wegstreichen etwa unterbrechen oder herausheben zu können. Es blieb daher keine andere Wahl, als: die ersten 10 §§. ganz wegzunehmen, um so mehr, da der Aufsatz auch nach dieser Verkürzung verhältnismäßig fast zu groß (wohl gegen fünf Bogen) wird.
In dem Gedränge der Zeit, da ich überlegte, daß, wenn ich Ihre Einwilligung dazu erst erhalten sollte, der Druck der Zeitschrift aufgeschoben oder wenigstens Ihr Aufsatz für dießmal Zurückbleiben und, da der Platz für die folgenden Hefte schon versprochen und genommen ist, noch lange Zeit liegen bleiben müßte, hielt ich es für besser und entschloß mich, diese Veränderung lieber auch auf die mir doch unwahrscheinlichere Gefahr Ihrer Misbilligung vorzunehmen, dafür aber nun den Aufsatz gleich in dem ersten Heft der Neuen Zeitschrift erscheinen zu lassen, so daß er auch bereits im Druck befindlich ist. So viel ich sehen und begreifen kann, hat der Aufsatz dadurch gewiß nicht verloren, vielmehr gewiß bei Lesern, die ein homogenes Gefühl mit mir haben, gewonnen, auch ist an einem Puncte angefangen worden, wo mit Einschaltung einiger weniger Worte ein sehr guter Anfang gemacht werden konnte. Ich wünsche nun sehr, daß Sie mit dieser Veranstaltung zufrieden seien, ohne welche es meinerseits und nach meinen Maximen unmöglich war, Ihren Wunsch, den Aufsatz entweder überhaupt oder doch wenigstens so bald abgedruckt zu haben, zu erfüllen.
Das Honorar, das ich geben kann, erhalten Sie Ende der Buchhändlermesse, also Ende Mai oder Anfang Juni.
Im empfehle mich Ihnen bestens, indem ich mit bekannter Gesinnung verbleibe
Ihr ergebenster
Schelling.