Single collated printed full text without registry labelling not including a registry

Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling to Joseph Friedrich Schelling, Gottliebin Maria Schelling TEI-Logo

Jena, den 8. Juli 1802.
Sie werden, theuerste Eltern, mein letztes Schreiben erhalten haben, worin ich Ihnen meldete, daß meine Hoffnung diesen Sommer bei Ihnen zu sein, zu nichte geworden ist. Möge es mir doch beschieden sein, Sie auf den Herbst noch zu sehen; dieß, und daß wenigstens den künftigen Sommer, wenn wir leben und gesund sind, nichts Anderes mich abhalten soll, Sie zu besuchen, ist das Einzige, was mich tröstet.
Melden muß ich Ihnen doch, welche Ehrenbezeugung mir kürzlich widerfahren ist, nämlich daß ich unerwarteter Weise zum Doctor der Medicin creirt worden bin; es geschah von der medicinischen Facultät in Landshut bei Gelegenheit der Einweihungsfeierlichkeit der Universität, und zwar hatte sie dieß schon beschlossen, ehe Röschlaub in ihre Mitte trat. Wollen Sie diese Ehre zu Ihrer Satisfaction in vaterländischen Blättern bekannt machen lassen, so können Sie sich der Anzeige bedienen, welche von Landshut selbst an gelehrte Zeitungen eingerückt worden ist, und die ohngefähr so lautet: „Landshut den 5. Juni. Da die hiesige medicinische Facultät in der Überzeugung war, zu den Feierlichkeiten, welche die Ludwigs-Maximilians-Universität seit gestern begeht, ihrerseits nicht zweckmäßiger beitragen zu können, als wenn sie Herrn F. W. J. S., Dr. und Professor der Philosophie zu Jena, in Betracht seiner Verdienste, die er sich in Hinsicht auf wissenschaftliche Begründung der Medicin erworben hat und ferner erwerben wird, zum Doctor der Medicin creirte, so ist genannter Herr – heute durch den zeitlichen Dechant der Facultät, Herrn Dr. Aloys Winter, vor einer zahlreichen und ansehnlichen Versammlung rühmlichst wirklich zum Doctor der Medicin creirt worden". –
Ich wünschte lange einige meiner Bücher, die ich noch in Schwaben habe, hierher zu bekommen. Wollten Sie so gütig sein, durch jemand das kleine Register davon machen zu lassen, und mir zuzuschicken, damit ich selbst bestimmen kann, welche ich wünsche? – Sie, lieber Vater, wären dann vielleicht so gütig, noch Rousseaus Dictionnaire de Musique beizulegen, welches ich sehr zu haben wünschte. – Ferner habe ich ein Verlangen, erstens die Ploucquetschen philosophischen Schriften, besonders seine Logik und Metaphysik, ferner über die Monadenlehre, Bilfingers Dilucidationen, und dann zweitens einige der vorzüglichsten philo- und theosophischen Schriften von Oetinger zu besitzen. Die Auslagen dafür soll Cotta erstatten, mit dem ich in beständiger Abrechnung bin – Dieser besorgt denn wohl auch die Spedition mit Fracht.
Hat Ihnen Karl mein philosophisches Gespräch: Bruno betitelt, zugeschickt? – mit einer der nächsten Gelegenheiten erhalten Sie ein eigenes Exemplar. Ich wünsche sehr, daß Sie dieß lesen, da es am meisten geeignet ist, im Kurzen einen deutlichen und bestimmten Begriff meiner Philosophie zu geben, und dagegen gehegte Vorurtheile zu zerstreuen.
Gleichfalls wünschte ich zu wissen, wie es mit der Uhr steht? Ich habe die in Weimar wirklich wieder abbestellt, und wünsche also die aus Schwaben etwa Ende folgenden Monats zu erhalten.
Ich grüße Sie alle bestens; Karin schreibe ich das nächstemal oder wenigstens doch baldmöglichst. Gott erhalte Sie gesund.
Ihr
Fr.
Metadata Concerning Header
  • Date: Donnerstag, 8. Juli 1802
  • Sender: Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling ·
  • Recipient: Joseph Friedrich Schelling · , Gottliebin Maria Schelling ·
  • Place of Dispatch: Jena · ·
  • Place of Destination: Schorndorf (Rems-Murr-Kreis) · ·
  • Notations:
Printed Text
  • Bibliography: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Briefe und Dokumente. Bd. 2. 1775‒1809: Zusatzband. Hrsg. v. Horst Fuhrmans. Bonn 1973, S. 408‒410.

Zur Benutzung · Zitieren