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Karl von Hardenberg to Novalis TEI-Logo

Cantonierungsquartier Rahne, d[en] 9. May 1795. [Sonnabend]
Vive le 2ième May!! rief ich heute vor 8 Tagen, so froh wie nur ein freier Franke sein vive la Nation! rufen kann, bey dem ersten Glase Wein, unter einer Menge Cameraden, die sehr weislich muthmaßten, der 2te May sey der Geburtstag meines Mädchens; was die Menschen nicht alles erriechen, ich wußte, wessen Gesundheit ich trank, und wer weiß, vielleicht wurde diese Gesundheit zu derselben Zeit in – – – getrunken. Daß dies Dein erster würklich genossener Geburtstag gewesen ist, wollte ich wohl wetten. – Ich habe mir den Tag selbst so oft frohe Stunden gemacht, als ich an Dich dachte, denn ich wußte Dich recht glücklich. –
Oft wünsche ich mir Flügel um zu Euch eilen zu können und Deine heiteren Stunden zu theilen; und daß ich Dich einst in – – – überrasche, ist mein fester Plan; sobald ich es nur möglich machen kann und ich noch einiges Geld gespart habe, will ich mir einige recht vergnügte Tage bei Euch machen und womöglich mit Erasmus. – Du wirst gelacht haben, als ich Dir schrieb, der Vater und Erasmus wären in Wiederstedt, da Du doch selbst dort gewesen bist. – Erasmus hat mir alles erzählt, und unendlich lieb war es mir, da er mir Deine völlige Aussöhnung mit dem Onkel erzählte, der doch unendlich viel zu Deinem Glück beitragen kann [. . .]
Ich fange erst an, Werth zu werden, und denke mit den 20 Thalern recht gut fertig zu werden; ein kleiner Beweis davon ist, ich bin diese Ostermesse in Leipzig gewesen und habe keine Karte angerührt, und seitdem Du hier gewesen bist, habe ich auch nie wieder in der Garnison noch in der Cantonirung gespielt, und Du kannst nicht glauben, wie wohl mir ist, da ich sehe, daß ich doch soviel Gewalt über mich besaß, die so starke Leidenschaft unbefriedigt lassen zu müssen. –
Bis hierher war ich gekommen, als ich Deinen lieben Brief erhielt, der nach einer langen Herumirrung, da Erasmus einige Tage nach Hubertusburg gereist war, endlich zu mir kam [. . .] Wie unendlich freut es mich, mein lieber Friz, daß Deine Gesundheit wieder in Zunehmen ist, und da Deine glücklichen Tage sich auch immer mehr und mehr nähern, so wird gewiß Deine Gesundheit auch immer fester und dauerhafter werden, und die gute Mutter Natur Dir Dein Glück wahrhaft genießen lassen, das Du durch Deine Anstrengungen und Aufopferungen verdient hast. – Daß Du in – – – gewesen bist, erfuhr ich schon vorher durch den pipichten Herrn, der Dich immer auf den Zehen schaukelte, dessen Namen ich aber glücklicherweise vergessen habe, und durch den Hofrat Ettinger, beide habe ich auf der Ostermesse gesehn.
Lützen,18ten May 1795 [Montag]
Metadata Concerning Header
  • Date: 09. bis 18. Mai 1795
  • Sender: Karl von Hardenberg ·
  • Recipient: Novalis ·
  • Place of Dispatch: Rahna · , Lützen · ·
  • Place of Destination: Tennstedt ·
Printed Text
  • Bibliography: Novalis: Schriften. Tagebücher, Briefwechsel, Zeitgenössische Zeugnisse. Hg. v. Richard Samuel, Hans-Joachim Mähl und Gerhard Schulz. Bd. 4. Stuttgart u.a. 1975, S. 378‒379.
Manuscript
  • Provider: Handschrift verschollen
Language
  • German

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