Es thut mir leid, daß ich bei Ew. Wohlgeboren noch immer in Schuld mit dem Cumberlandischen Lustspiele, es hat sich aber durch Unpäßlichkeit und überhäufte Arbeiten so gefügt, daß ich es noch immer habe liegen lassen müssen, das Publikum verliehrt unstreitig viel, wenn es durch mich um Ihre Darstellung kömmt, indessen denke ich noch immer diese Arbeit sobald als möglich vorzunehmen. Madame Unger hat mir geschrieben daß sie mein neues Trauerspiel Leben und Tod der Genoveva zu sehen wünschten, ob es der Bühne vielleicht brauchbar wäre. Ich kann es hier nicht abschreiben lassen, wenn ich aber wüßte, daß Sie es wirklich geben wollten, so würde ich es selber für die Bühne umarbeiten und Ihnen dann sehr bald die Abschrift dieser Umarbeitung zusenden können. Sie können sich ohngefähr eine Vorstellung davon machen, wenn Ihnen die alte Legende bekannt ist, an die ich mich im Ganzen sehr angeschlossen habe, weil sie so schön und ächt poetisch ist, dadurch ist nun in das Stück viel katholisches Gemüth und Wesen gekommen, welches unseren Zuschauern vielleicht etwas fremd seyn dürfte, oft gehen die Vorstellungen ganz in’s Kindliche, weil sie nur dadurch rühren und meinem Zwecke dienen konnten. Der Vorgrund des Gemähldes ist Krieg und Getümmel, Mosaische und Christliche Helden im Streit, Schlacht und Ausfälle und dgl. Ich möchte fast sagen, daß ich überzeugt bin, daß dieses Schauspiel unter Ihrer Direction, und wenn Sie mir die Ehre erzeigen wollten, die Hauptrolle darinn zu übernehmen, eine ganz neue Wirkung hervorbringen könnte, nur müßten die übrigen Schauspieler ganz in den Sinn eingehen, in welchem ich geschrieben habe. Das Stück ist fast ganz in Versen, die meist Reime sind, unter denen sich sehr viele künstliche Silbenmaße wie Sonette und Stanzen selbst im Dialog befinden, diese müssen rein und klar gesprochen werden, ohne das sie in’s Steife fielen. Ich habe in diesem Schauspiele den Versuch gemacht, die Shakspearsche Form mit der Spanischen zu verbinden, wozu sich der Stoff auch sehr gut eignet. Auf schöne Dekorationen muß auch beim Effekt gerechnet werden.
Verzeihen Sie gütigst meine Weitschweifigkeit, ich suche Ihnen dadurch nur eine Vorstellung des Ganzen zu geben. So wie das Stück jezt ist, ist es viel zu lang und muß fast um die Hälfte gekürzt, und vieles geändert werden, der Druck des Originals erscheint erst auf Ostern. Wenn es Ihnen also nach diesem möglich ist, mir zu bestimmen, ob Sie mein Product brauchen können, so lege ich auf einige Zeit meine übrigen Arbeiten bei Seit, um Ihnen die Umarbeitung sobald als möglich zuzusenden. Sehr freue ich mich auf die Zeit, in der ich Sie wiedersehen werde, doch kann ich die Zeit noch nicht bestimmen, wenn ich nach Berlin zurückkomme. Ihrer Frau Gemahlinn bitte ich meine gehorsamste Empfehlung zu melden, und ich selber nenne mich
Ew. Wohlgeboren
ergebenster
L. Tieck.
Jena den 16. December 1799.
Verzeihen Sie gütigst meine Weitschweifigkeit, ich suche Ihnen dadurch nur eine Vorstellung des Ganzen zu geben. So wie das Stück jezt ist, ist es viel zu lang und muß fast um die Hälfte gekürzt, und vieles geändert werden, der Druck des Originals erscheint erst auf Ostern. Wenn es Ihnen also nach diesem möglich ist, mir zu bestimmen, ob Sie mein Product brauchen können, so lege ich auf einige Zeit meine übrigen Arbeiten bei Seit, um Ihnen die Umarbeitung sobald als möglich zuzusenden. Sehr freue ich mich auf die Zeit, in der ich Sie wiedersehen werde, doch kann ich die Zeit noch nicht bestimmen, wenn ich nach Berlin zurückkomme. Ihrer Frau Gemahlinn bitte ich meine gehorsamste Empfehlung zu melden, und ich selber nenne mich
Ew. Wohlgeboren
ergebenster
L. Tieck.
Jena den 16. December 1799.