Liebster Bruder
Ich habe deinen Brief erhalten und danke dir daß du so für mich sorgst, daß du krank gewesen bist und es noch bist thut mir herzlich leid und wenn ich nicht glaubte daß es deine gewöhnlichen Plagen sind die dich jeden Winter martern so würde ich mich noch mehr darüber betrüben.
Ich weiß nicht wie es komt, ich denke oft recht gute Briefe an dich und wen es dan zum Schreiben komt so ist mir so troken und nüchtern es geht mir wie mit allem was ich aussprechen will, ich kan meine Liebe so wenig wie meine Poesie in Worte bringen und diese Unbehülflichkeit hat mich schon oft betrübt. Könte ich alles aussprechen wie es meine Seele fühlt und sieht, so dürfte ich kühn behaupten daß das was ich schreibe die Poesie in jedes andere Herz erweken würde und könte ich die Gedanken meines Herzens deutlich machen so würde jeder den ich liebe fühlen wie diese Liebe nicht das Gefühl eines enthusiastischen Augenblicks ist, der bei manchen Menschen oft, bei andern nur zuweilen wiederkehrt, sondern wie jede meiner kleinsten Handlungen in einem innigen Zusammenhang mit dieser Liebe stehen und wie ich nur darum verkant werde weil mich nicht eine einzelne Stunde sondern weil mich mein ganzes Leben erklärt. Mit dieser Wärme kann ich nur wenige Menschen umfassen, die andern bleiben mir gleichgültig, du hast das oft Härte genannt daß ich mich nicht zu der Toleranz gewöhnen kan die nur die tiefste Verachtung ist. Und nur daher ist es gekommen daß du mich zuweilen misverstanden hast. Ich denke nicht zu sterben aber doch bin ich jezt immer ernster als sonst und wen du mich nicht wiederfinden soltest so wirst du dennoch recht deutlich fühlen welche innige Liebe für dich mich bis zu meinem lezten Augenblick begleitet hat. Du wirst es den glauben daß es nicht Kleinlichkeit war wen ich über Kleinigkeiten aufgebracht wurde, sondern nur der Verdruß darüber daß du durch Bernhardi verleitet werden kontest mich mit Dingen zu quälen womit sich die gewöhnlichsten Menschen beleidigen, die nie eine Ahndung von unserer Liebe gehabt haben. Verzeih daß ich das nur hier erwähnte, mit diesen lezten Worten habe ich jeden kleinen Zwist vergessen und wen uns die Sorge daß wir wohl für lange für immer getrent sein könten, recht nahe trift, so werden wir ja wen wir uns wiedersehen die Zeit besser nützen als sie mit unnöhtigen Zänkereien zu verderben. Ich sehne mich wie ein Kind daß die Zeit erst vergehen möchte damit ich den Garten wohnen [!] kann, ich weiß nicht was ich will, mir ist als müßten die warmen Lüfte mich noch anwehen als müßte ich von der ganzen Natur Abschied nehmen. Es wird besser gehen als ich denke, ich glaube es selber, darum nim das was ich gesagt habe nicht zu ernsthaft. Ich habe viele gute Ideen ich schreibe auch manches aber es gefält mir in der Ausführung nicht, ich habe den kindischen Plan dir ein ganzes gedrucktes Buch zu schicken das du gar nicht kenst und wen es mir nun gelingt ihn auszuführen und es gefält dir dan nicht, so weiß ich schon es wird mich ärgern.
Ich will dir nächstens einen Aufsatz schicken den du vieleicht für dein Journal brauchen kanst, ändern magst du daran waß du nur immer wilst, ja wen du ihn gar nicht brauchen kanst so versteht es sich daß ich darüber nicht böse werde, wie kanst du nur dergleichen Umstände mit mir machen. Ich habe schon längst den Plan gehabt ein sehr gutes Buch zu schreiben und werde auch sehr bald anfangen. Ich und Bernhardi wir haben die Idee den Simplizissimus neu zu schreiben, wen du nun etwas für mich thun woltest soltest du einen Verleger dazu schaffen und überhaupt deinen Raht dabei ertheilen. Ich wünschte wohl daß ich die Aussicht hätte einiges Geld zu bekommen da ich bei meiner Kränklichkeit nicht weiß ob mir nicht das Wochenbet viel kosten kann, da ich auch zudem keinen habe der sich um meine Haushaltung in dieser Zeit bekümmern würde. Sieh diese Äußerung aber nicht so prosaisch an als ob ich es blos des Geldes wegen wünschte.
Wir lesen hier den Homer den Jakob Böhm den Göthe den Shaks und freuen uns unaussprechlich auf deine Genovefa. Wir kaufen uns hier noch einen Jakob Böhm für 4 rt und wollen dir also unseren schenken, Malchen soll mir aber dagegen 2 lb englische Baumwolle schenken die hier ganz unmässig theuer ist – wen dan euer Geschenk mehr kostet so will ich euch noch etwas nachschenken. Wenn es aber Malchen thun will so bitte ich es bald zu besorgen den da ich von der Wolle für das Kind brauchen will so möchte ich sie gern bald haben da ich jezt nicht so viel thun kan wie sonst. Ihr werdet euch wundern wie mir alle Behendigkeit und Schneligkeit vergangen ist sogar springe ich nicht mehr aus einem Wagen sondern steige so behende und sanft aus wie eine Frau von 60 Jahren. Gieb doch den beiliegenden Brief der Veit und wen es sich fügen solte daß ihr darüber sprecht so sage doch daß ihr auch ihre Sachen, die ich aufhebe, bei Alberti unterbringt, ich habe es ihr so geschrieben damit sie gar nicht darauf komt mir die ihrigen noch ferner zu lassen. Ich habe außer der Unbequemlichkeit noch andere Gründe wen ich sie nicht behalten mag. Schreib mir doch ob sich Veit hat taufen lassen, hier sagt man es algemein. Köntet ihr dann den Schreibtisch nicht unterbringen das ist das einzige Ding das mir Sorge macht. Sage Malchen sie möchte doch diesen Brief auch als an sie geschrieben betrachten, das Schreiben wird mir so erschrecklich schwer daß ich nicht noch einen schreiben kan, Malchen soll mir doch auch schreiben und antworten ob sie sich das gegenseitige Schenken will gefallen lassen, wen sie mir die Wolle besorgen will so soll sie nicht so fein sein, wie sie schon einmal bekommen habe, sondern etwa so wie Malchens feine. Daß du dich für die Diebe interessiren würdest habe ich gedacht, es ist auch herlich es sind lauter angesehene Bürger mehrere Leute, ein Schneider nahmens Hart welcher in vornehmen Häusern arbeitete wodurch es ihm leicht wurde zu erfahren wer eben Geld oder Sachen von Wehrt im Hause hatte, alle ansehnliche Diebstähle sind von ihnen verübt worden, also beim Fürsten [Name eingebunden] wie der noch lebte, beim Fürsten Saken, beim Baron Alvensleben, in allen diesen Häusern war er Schneider und Vaters Bekanter. Ein Comissar Oldekop der Gläser [?] kaufte und verkauft und Gelder unterbracht, hatte eine gute Gelegenheit zu erfahren wer etwa welches hatte, auch Vaters Bekanter. Ein Kaufmann Loran der der Bande jedesmal wen sie einbrechen wolte eine Rede hielt, wie unrecht das Stehlen sei aber wie angenehm es ihnen doch wäre mit leichter Mühe Geld zu bekommen, auch Vaters Bekanter. Ein Oberamtman Schiefe auch Vaters Bekanter und noch verschiedene andere die mit ihm umgegangen sind, auf deren Nahmen ich mich jezt
[Schluß fehlt]
Ich habe deinen Brief erhalten und danke dir daß du so für mich sorgst, daß du krank gewesen bist und es noch bist thut mir herzlich leid und wenn ich nicht glaubte daß es deine gewöhnlichen Plagen sind die dich jeden Winter martern so würde ich mich noch mehr darüber betrüben.
Ich weiß nicht wie es komt, ich denke oft recht gute Briefe an dich und wen es dan zum Schreiben komt so ist mir so troken und nüchtern es geht mir wie mit allem was ich aussprechen will, ich kan meine Liebe so wenig wie meine Poesie in Worte bringen und diese Unbehülflichkeit hat mich schon oft betrübt. Könte ich alles aussprechen wie es meine Seele fühlt und sieht, so dürfte ich kühn behaupten daß das was ich schreibe die Poesie in jedes andere Herz erweken würde und könte ich die Gedanken meines Herzens deutlich machen so würde jeder den ich liebe fühlen wie diese Liebe nicht das Gefühl eines enthusiastischen Augenblicks ist, der bei manchen Menschen oft, bei andern nur zuweilen wiederkehrt, sondern wie jede meiner kleinsten Handlungen in einem innigen Zusammenhang mit dieser Liebe stehen und wie ich nur darum verkant werde weil mich nicht eine einzelne Stunde sondern weil mich mein ganzes Leben erklärt. Mit dieser Wärme kann ich nur wenige Menschen umfassen, die andern bleiben mir gleichgültig, du hast das oft Härte genannt daß ich mich nicht zu der Toleranz gewöhnen kan die nur die tiefste Verachtung ist. Und nur daher ist es gekommen daß du mich zuweilen misverstanden hast. Ich denke nicht zu sterben aber doch bin ich jezt immer ernster als sonst und wen du mich nicht wiederfinden soltest so wirst du dennoch recht deutlich fühlen welche innige Liebe für dich mich bis zu meinem lezten Augenblick begleitet hat. Du wirst es den glauben daß es nicht Kleinlichkeit war wen ich über Kleinigkeiten aufgebracht wurde, sondern nur der Verdruß darüber daß du durch Bernhardi verleitet werden kontest mich mit Dingen zu quälen womit sich die gewöhnlichsten Menschen beleidigen, die nie eine Ahndung von unserer Liebe gehabt haben. Verzeih daß ich das nur hier erwähnte, mit diesen lezten Worten habe ich jeden kleinen Zwist vergessen und wen uns die Sorge daß wir wohl für lange für immer getrent sein könten, recht nahe trift, so werden wir ja wen wir uns wiedersehen die Zeit besser nützen als sie mit unnöhtigen Zänkereien zu verderben. Ich sehne mich wie ein Kind daß die Zeit erst vergehen möchte damit ich den Garten wohnen [!] kann, ich weiß nicht was ich will, mir ist als müßten die warmen Lüfte mich noch anwehen als müßte ich von der ganzen Natur Abschied nehmen. Es wird besser gehen als ich denke, ich glaube es selber, darum nim das was ich gesagt habe nicht zu ernsthaft. Ich habe viele gute Ideen ich schreibe auch manches aber es gefält mir in der Ausführung nicht, ich habe den kindischen Plan dir ein ganzes gedrucktes Buch zu schicken das du gar nicht kenst und wen es mir nun gelingt ihn auszuführen und es gefält dir dan nicht, so weiß ich schon es wird mich ärgern.
Ich will dir nächstens einen Aufsatz schicken den du vieleicht für dein Journal brauchen kanst, ändern magst du daran waß du nur immer wilst, ja wen du ihn gar nicht brauchen kanst so versteht es sich daß ich darüber nicht böse werde, wie kanst du nur dergleichen Umstände mit mir machen. Ich habe schon längst den Plan gehabt ein sehr gutes Buch zu schreiben und werde auch sehr bald anfangen. Ich und Bernhardi wir haben die Idee den Simplizissimus neu zu schreiben, wen du nun etwas für mich thun woltest soltest du einen Verleger dazu schaffen und überhaupt deinen Raht dabei ertheilen. Ich wünschte wohl daß ich die Aussicht hätte einiges Geld zu bekommen da ich bei meiner Kränklichkeit nicht weiß ob mir nicht das Wochenbet viel kosten kann, da ich auch zudem keinen habe der sich um meine Haushaltung in dieser Zeit bekümmern würde. Sieh diese Äußerung aber nicht so prosaisch an als ob ich es blos des Geldes wegen wünschte.
Wir lesen hier den Homer den Jakob Böhm den Göthe den Shaks und freuen uns unaussprechlich auf deine Genovefa. Wir kaufen uns hier noch einen Jakob Böhm für 4 rt und wollen dir also unseren schenken, Malchen soll mir aber dagegen 2 lb englische Baumwolle schenken die hier ganz unmässig theuer ist – wen dan euer Geschenk mehr kostet so will ich euch noch etwas nachschenken. Wenn es aber Malchen thun will so bitte ich es bald zu besorgen den da ich von der Wolle für das Kind brauchen will so möchte ich sie gern bald haben da ich jezt nicht so viel thun kan wie sonst. Ihr werdet euch wundern wie mir alle Behendigkeit und Schneligkeit vergangen ist sogar springe ich nicht mehr aus einem Wagen sondern steige so behende und sanft aus wie eine Frau von 60 Jahren. Gieb doch den beiliegenden Brief der Veit und wen es sich fügen solte daß ihr darüber sprecht so sage doch daß ihr auch ihre Sachen, die ich aufhebe, bei Alberti unterbringt, ich habe es ihr so geschrieben damit sie gar nicht darauf komt mir die ihrigen noch ferner zu lassen. Ich habe außer der Unbequemlichkeit noch andere Gründe wen ich sie nicht behalten mag. Schreib mir doch ob sich Veit hat taufen lassen, hier sagt man es algemein. Köntet ihr dann den Schreibtisch nicht unterbringen das ist das einzige Ding das mir Sorge macht. Sage Malchen sie möchte doch diesen Brief auch als an sie geschrieben betrachten, das Schreiben wird mir so erschrecklich schwer daß ich nicht noch einen schreiben kan, Malchen soll mir doch auch schreiben und antworten ob sie sich das gegenseitige Schenken will gefallen lassen, wen sie mir die Wolle besorgen will so soll sie nicht so fein sein, wie sie schon einmal bekommen habe, sondern etwa so wie Malchens feine. Daß du dich für die Diebe interessiren würdest habe ich gedacht, es ist auch herlich es sind lauter angesehene Bürger mehrere Leute, ein Schneider nahmens Hart welcher in vornehmen Häusern arbeitete wodurch es ihm leicht wurde zu erfahren wer eben Geld oder Sachen von Wehrt im Hause hatte, alle ansehnliche Diebstähle sind von ihnen verübt worden, also beim Fürsten [Name eingebunden] wie der noch lebte, beim Fürsten Saken, beim Baron Alvensleben, in allen diesen Häusern war er Schneider und Vaters Bekanter. Ein Comissar Oldekop der Gläser [?] kaufte und verkauft und Gelder unterbracht, hatte eine gute Gelegenheit zu erfahren wer etwa welches hatte, auch Vaters Bekanter. Ein Kaufmann Loran der der Bande jedesmal wen sie einbrechen wolte eine Rede hielt, wie unrecht das Stehlen sei aber wie angenehm es ihnen doch wäre mit leichter Mühe Geld zu bekommen, auch Vaters Bekanter. Ein Oberamtman Schiefe auch Vaters Bekanter und noch verschiedene andere die mit ihm umgegangen sind, auf deren Nahmen ich mich jezt
[Schluß fehlt]