Lieber W.:
Wie kömmt es, daß ich keine Antwort von dir bekomme, da du doch sonst ein so fleissiger Briefschreiber bist? Oder willst du mich etwa in der Länge des Briefs übertreffen, nun dann soll es dir verziehn sein, nur verzeihe mir, daß ich in meinem neulichen Briefe so erstaunlich geschwazt habe, ich war hineingekommen, ich weiß selbst nicht wie, es geht einem mit dem Schwatzen wie mit dem Einschlafen, es kömmt so unvermerkt und man kann nicht wieder gut heraus. – Ich sehe täglich nach dem Briefträger, aber er bringt mir nichts von dir. Oder willst du mich ein wenig ängstigen, um mir zu zeigen, daß du mir im Grunde eben so unentbehrlich bist, als in Halle, denn wirklich, ich fühle es izt, [da ich] nichts von dir höre. – Vielleicht ist ein Brief von dir unterwegs, vielleicht begrüßt er sich mit diesem unterwegs. –
Ich habe mir einen schönen Reiseplan nach Erlangen ausgedacht, wenn es schön Wetter ist, so gehen wir manchmal zu Fuß, und lassen die Post vor oder hinter uns fahren; ach! was hab’ ich nicht alles geträumt und ausgesonnen, wie wir in Erlangen leben wollen, wie wir die Natur und Kunst zusammen geniessen wollen, die Gegend soll, Budberg ist dort gewesen, zu den schönsten in ganz Deutschland gehören. – Schreib mir doch ja, der Tag, an dem ich einen Brief von dir erhalte, ist immer ein Festtag für mich, ich kann dann lange nichts thun. – Ich studiere den Sh. immer fleissig, neulich bin ich auch einmahl, der Abwechselung wegen, ein paar Tage kranck gewesen. –
Wenn Herrschel doch einen Tubus erfände, womit man von hier nach Berlin sehn könnte! Ich wollte den alten Bären u Centauren und all die alten Herren am Himmel in ungestörter Ruhe lassen und dafür recht oft nach deinem Hause sehn, was du anfingst, wie du aussähest, ob du müde oder traurig wärest. – Das Briefschreiben stellt noch am ersten so einen Tubus vor, darum unterlaß es ja nicht; ich bin doch bis izt eben nicht gar zu nachlässig gewesen. – Ich habe an Rambach den Roßtrapp geschikkt, lies ihn doch u zeige ihn, wenn es mögl. ist, meiner Schwester, er ist kläglich, dafür soll er dich aber auf Ostern entschädigen, denn wir müssen durchaus hin. – Lebe wohl, ich muß abbrechen, ich könnte noch durch acht Bogen mit dir sprechen, aber die Post wartet nicht darum lebe tausend, tausendmahl wohl u schreibe ja,
dein Tieck.
Gött. am 16t. Jan
93.
Wie kömmt es, daß ich keine Antwort von dir bekomme, da du doch sonst ein so fleissiger Briefschreiber bist? Oder willst du mich etwa in der Länge des Briefs übertreffen, nun dann soll es dir verziehn sein, nur verzeihe mir, daß ich in meinem neulichen Briefe so erstaunlich geschwazt habe, ich war hineingekommen, ich weiß selbst nicht wie, es geht einem mit dem Schwatzen wie mit dem Einschlafen, es kömmt so unvermerkt und man kann nicht wieder gut heraus. – Ich sehe täglich nach dem Briefträger, aber er bringt mir nichts von dir. Oder willst du mich ein wenig ängstigen, um mir zu zeigen, daß du mir im Grunde eben so unentbehrlich bist, als in Halle, denn wirklich, ich fühle es izt, [da ich] nichts von dir höre. – Vielleicht ist ein Brief von dir unterwegs, vielleicht begrüßt er sich mit diesem unterwegs. –
Ich habe mir einen schönen Reiseplan nach Erlangen ausgedacht, wenn es schön Wetter ist, so gehen wir manchmal zu Fuß, und lassen die Post vor oder hinter uns fahren; ach! was hab’ ich nicht alles geträumt und ausgesonnen, wie wir in Erlangen leben wollen, wie wir die Natur und Kunst zusammen geniessen wollen, die Gegend soll, Budberg ist dort gewesen, zu den schönsten in ganz Deutschland gehören. – Schreib mir doch ja, der Tag, an dem ich einen Brief von dir erhalte, ist immer ein Festtag für mich, ich kann dann lange nichts thun. – Ich studiere den Sh. immer fleissig, neulich bin ich auch einmahl, der Abwechselung wegen, ein paar Tage kranck gewesen. –
Wenn Herrschel doch einen Tubus erfände, womit man von hier nach Berlin sehn könnte! Ich wollte den alten Bären u Centauren und all die alten Herren am Himmel in ungestörter Ruhe lassen und dafür recht oft nach deinem Hause sehn, was du anfingst, wie du aussähest, ob du müde oder traurig wärest. – Das Briefschreiben stellt noch am ersten so einen Tubus vor, darum unterlaß es ja nicht; ich bin doch bis izt eben nicht gar zu nachlässig gewesen. – Ich habe an Rambach den Roßtrapp geschikkt, lies ihn doch u zeige ihn, wenn es mögl. ist, meiner Schwester, er ist kläglich, dafür soll er dich aber auf Ostern entschädigen, denn wir müssen durchaus hin. – Lebe wohl, ich muß abbrechen, ich könnte noch durch acht Bogen mit dir sprechen, aber die Post wartet nicht darum lebe tausend, tausendmahl wohl u schreibe ja,
dein Tieck.
Gött. am 16t. Jan
93.